Stefan Heym

Nachruf - Lebens- und Zeitgeschichte

Die ebenso erregende wie amüsante Autobiographie des großen alten Mannes der DDR-Literatur.

 

1988 by Stefan Heym, 1990  Fischer TB 
68. Tausend: 1995, ISBN 3-596-29549-1

Stefan Heym :  Nachruf   (1988)    Autobiographie    - 

1988    rund 900 Seiten 

DNB.Autor

Wikipedia Autor *1913 in Chemnitz bis 2001 (88) 

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Audio

Alex-Demo 1 am 4.11.1989    +   Alex-Demo 2 länger  

 

2013 zum 100sten Gebu:

Theater a   Krawzyck b    Gedichte c    Rückblick d 

 

 

Lesung des Buches <Nachruf>, MDR Kultur, Kapitel:  01  (Sprecher?)

 

Stefan Heym:  12  Biermann 

 


 

»Für mich ist <Nachruf> das beste und wichtigste und das aufregendste Buch, das einer seit 1945 in deutscher Sprache geschrieben hat. Den Autor hat niemand und nichts jemals brechen und mundtot machen können, und nichts und niemand wird es jemals können, jetzt schon gar nicht mehr. Für alles, woran er sein Leben lang geglaubt hat, wird dieser Autor, der nicht lügen kann, weiterkämpfen bis zum Tod. Viel länger! Denn es bleiben seine Bücher.«   

Johannes Mario Simmel
wikipedia Simmel 1924-2009

 


Stefan Heym hat auf die Frage, wann er denn beginnen werde, über sein Leben zu schreiben, einmal geantwortet: »Ich bin, bittesehr, ein abergläubischer Mensch, und Memoiren, siehe Collin, sind ein gefährliches Unterfangen.« (Wie erinnerlich, stirbt Heyms gleichnamiger Romanheld bei der Abfassung seiner Lebenserinnerungen.)

Trotz aller Bedenken hat sich Stefan Heym darauf eingelassen, sein von der Zeitgeschichte reichlich markiertes Leben aufzuzeichnen. Sein >Nachruf< quillt über von den schönsten Anekdoten. Kostprobe: Als Heym sechzig wurde, gratulierte ihm der damalige stellvertretende Kulturminister. Er wünschte dem Jubilar alles Gute und sich selbst, daß dieser künftig die Gesetze der DDR einhalten möge. Und Heym erwiderte: »Herr Höpcke, ich war schon ein Weltautor, da gab es die DDR noch gar nicht.«

Diese fulminante Autobiographie schlägt den großen Bogen vom jüdischen Elternhaus in Chemnitz mit den antisemitischen Anpöbeleien bereits in der Vor-Nazi-Zeit bis zum Beginn der Gorbatschow-Ära in der UdSSR. 

Heym: »Wie konnte es sein, daß aus diesem Apparat ein Mensch kam, der ihn umzustülpen antritt? Gibt es ihn doch, den Weltgeist, dessen vertracktes Wirken uns alle bewegt?«

Stefan Heym, 1913 in Chemnitz geboren, studierte Philosophie und Germanistik in Berlin, emigrierte 1933, nach einem Zwischen­aufenthalt in der Tschechoslowakei, in die USA, setzte sein Studium in Chicago fort und erwarb mit einer Arbeit über Heinrich Heine das Masters Diplom; 1937-1939 Chefredakteur der Wochenzeitung >Deutsches Volksecho< in New York; seit 1939 Soldat. Die ersten Nachkriegsjahre verbrachte Heym in München; Mitbegründer der >Neuen Zeitung<; wurde wegen prokomm­unistischer Haltung in die USA zurückversetzt und aus der Armee entlassen; aus Protest gab er Offizierspatent, Kriegs­auszeichnungen und US-Staatsbürgerschaft zurück und übersiedelte nach Berlin/DDR. Im Herbst 1994 wurde Stefan Heym, auf der Liste der PDS, in den  Deutschen Bundestag gewählt. 

 


Rede Stefan Heyms am 4.11.1989

 

Liebe Freunde, Mitbürger, 

es ist, als habe einer die Fenster aufgestoßen nach all den Jahren der Stagnation, der geistigen, wirtschaftlichen, politischen, den Jahren von Dumpfheit und Mief, von Phrasengedresch und bürokratischer Willkür, von amtlicher Blindheit und Taubheit. 

Welche Wandlung! Vor noch nicht vier Wochen: die schön gezimmerte Tribüne hier um die Ecke, mit dem Vorbeimarsch, dem bestellten, vor den Erhabenen! Und heute?! Heute hier, die Ihr Euch aus eigenem freien Willen versammelt habt, für Freiheit und Demokratie und für einen Sozialismus, der des Namens wert ist.

In der Zeit, die hoffentlich jetzt zu Ende ist, wie oft kamen da die Menschen zu mir mit ihren Klagen. Dem war Unrecht geschehen, und der war unterdrückt und geschurigelt worden. Und allesamt waren sie frustriert. Und ich sagte: So tut doch etwas! Und sie sagten resigniert: Wir können doch nichts tun. 

Und das ging so in dieser Republik, bis es nicht mehr ging. Bis sich so viel Unwilligkeit angehäuft hatte im Staate und so viel Unmut im Leben der Menschen, dass ein Teil von ihnen weglief. Die anderen aber, die Mehrzahl, erklärten, und zwar auf der Strasse, öffentlich: Schluß, ändern. Wir sind das Volk!

Einer schrieb mir - und der Mann hat recht: "Wir haben in diesen letzten Wochen unsere Sprachlosigkeit überwunden und sind jetzt dabei, den aufrechten Gang zu erlernen." - Und das, Freunde, in Deutschland, wo bisher sämtliche Revolutionen danebengegangen, und wo die Leute immer gekuscht haben, unter dem Kaiser, unter den Nazis, und später auch.

Aber sprechen, frei sprechen, gehen, aufrecht gehen, das ist nicht genug. Laßt uns auch lernen zu regieren. Die Macht gehört nicht in die Hände eines einzelnen oder ein paar weniger oder eines Apparates oder einer Partei. Alle müssen teilhaben an dieser Macht. Und wer immer sie ausübt und wo immer, muß unterworfen sein der Kontrolle der Bürger, denn Macht korrumpiert. Und absolute Macht, das können wir heute noch sehen, korrumpiert absolut. 

Der Sozialismus - nicht der Stalinsche, der richtige -, den wir endlich erbauen wollen zu unserem Nutzen und zum Nutzen ganz Deutschlands, dieser Sozialismus ist nicht denkbar ohne Demokratie. Demokratie aber - ein griechisches Wort - heißt: <Herrschaft des Volkes> !

 

 

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