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2.  Die Explosion von Privatvermögen

 

Aus 100 Dollar 11O Dollar zu machen, ist Arbeit. Aus 100 Millionen Dollar 110 Millionen Dollar zu machen, ergibt sich wie von selbst.
Milliardär Edgar Bronfman, Seagrams Co.(1)

 

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Jedes Jahr müssen die Amerikaner ihr jeweiliges Jahreseinkommen offenlegen, aber sie werden nie dazu aufgefordert zu offenbaren, wie groß ihr gesamtes Vermögen ist. Erst wenn jemand gestorben ist, versuchen Steuerbeamte festzustellen, was der »Nachlaß« eines vermeintlich Reichen tatsächlich wert ist. Ehe es aber soweit ist, haben die Schlauen - oder ihre schlauen Rechtsanwälte - einen großen Teil ihres Vermögens durch verschiedene Strategien, auf die wir später noch zurückkommen, längst abgestoßen.

Bis vor zehn Jahren wußte man wenig Zuverlässiges über Privatvermögen. Dies galt ganz besonders für personenbezogene Kapitalgesellschaften. Publikumsgesellschaften müssen Stimmrechtsanweisungen vorlegen, wenn eine Person oder Familie mehr als 5 Prozent der Aktien hält. So kann man beispielsweise im Kleingedruckten des Value Line Investment Survey über eine Spedition mit Namen Roadway Services aus Akron etwas lesen, wovon die meisten unter uns nie gehört haben: »Die Familie Roush kontrolliert über 30 Prozent der Stimmen.« Multipliziert man diese Zahl mit dem Wert für 1986, ergibt sich ein Aktienwert von 540 Millionen Dollar. Von Zeit zu Zeit versuchen die Wirtschaftsmagazine, eine Liste der reichsten Amerikaner aufzustellen, wobei sie meistens ein paar Dutzend verzeichnen, die über fünfzig Millionen Dollar wert sind. Wie schon erwähnt, hat das Wirtschafts­magazin Forbes zu Anfang dieses Jahrzehnts die Superreichen aufgespürt und die jeweils neuesten Erkenntnisse jeden Herbst veröffentlicht. Diese Ergebnisse haben viele Menschen verblüfft.

1982 lag beispielsweise das Schwelleneinkommen für die Aufnahme in die Liste der vierhundert reichsten Amerikaner bei einem Reinvermögen von 93 Millionen Dollar. 1987 war das Schwelleneinkommen schon auf 225 Millionen Dollar gestiegen. Zwischen 1985 und 1987 erhöhte sich die Zahl der Milliardäre von vierzehn auf neunundvierzig. Unter ihnen waren vier, die einen neuen Titel in unserer Sprache in Anspruch nehmen konnten - »Multimilliardäre«. Da es so schwierig ist, Reichtum wirklich aufzuspüren, ist die Liste der Zeitschrift Forbes keineswegs unfehlbar und gibt dies auch nicht vor. Sie vermittelt jedoch ein solides Bild der jüngsten Explosion an enorm reichen Menschen in unserem Land. Der Besitzer einer Warenhauskette in Kalifornien, mit dem ich zusammentraf, leugnete nicht, daß Forbes sein Vermögen durchaus richtig auf 200 Millionen Dollar geschätzt hatte, er war aber ärgerlich, weil die Zeitschrift eine Reihe ihm bekannter Mitmenschen, die reicher als er waren, nicht erwähnt hatte.4

Eine ganz erstaunliche Anhäufung von Reichtum in bezug auf das Einkommen eines einzigen Jahres war bei den gewieften Geschäftsleuten der Finanzwelt zu verzeichnen. Ich meine hier ganz besonders die Finanzleute, die Übernahme­geschäfte oder Fusionen einleiteten, und ich denke an die Manager von Investmentfonds. Die Financial World berichtete im Juni 1987, daß die fünf Spitzenverdiener in der Finanzwelt im Jahre 1986 für die Arbeit eines Jahres im Durchschnitt 88 Millionen Dollar kassiert hatten. Nur einer von ihnen aber erschien in der Forbes-Vierhundertliste. Es war Michael Milken, der als König der Junk Bonds bekannt wurde. Als Vorstandsmitglied bei Drexel Burnham Lambert fand er äußerst kreative Verwendungen für Junk Bonds und half den Unternehmens-»Räubern« damit, ihre Unternehmensübernahmen erfolgreich über die Bühne zu ziehen. Forbes bezifferte sein Vermögen 1987 auf 600 Millionen Dollar. Nicht schlecht für ein ehrgeiziges Vorstandsmitglied von nur vierzig Jahren!

Eine solche Explosion von Vermögen hat sich auf allen Ebenen vollzogen - von einfachen Millionären bis hin zu Milliardären. Dr. Thomas Stanley, Marketingprofessor an der Georgia State University, der sich seit einem Dutzend Jahren mit Millionären auseinandersetzt, sagte 1985, daß es in Amerika jedes Jahr einhunderttausend

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neue Millionäre gebe und daß ihre Gesamtheit 1987 eine Million erreichen würde.

Das Bulletin zur Einkommensstatistik, das von den amerikanischen Finanzbehörden herausgegeben wird und worin die Nachlaßzahlen von Verstorbenen veröffentlicht werden - die, nebenher gesagt, meistens untertrieben sind -, war in seiner Schätzung der Gesamtzahl von Millionären vorsichtiger, gab aber an, daß die Zahl der Millionäre sich von 1976 bis 1982 verdoppelt habe. Ein SOI-Beamter meinte 1984, die Anzahl der Personen mit einem Reinvermögen von fünf Millionen Dollar habe sich von 1976 bis 1981 mehr als verdoppelt. Bitte beachten Sie, daß sich diese großen Zuwächse an Individualvermögen vor 1982 abspielten, ehe also die aktienkaufende Öffentlichkeit Unternehmen höher bewertete. Wenn man hört, daß Einzelpersonen mehrere hundert Millionen oder Milliarden Dollar wert sind, sind die hier angesprochenen Summen kaum zu begreifen.

Das Vermögen der von der Zeitschrift Forbes genannten vierhundert Personen entspricht den Spareinlagen aller Amerikaner in Geschäftsbanken. Das Vermögen dieser vierhundert Personen ist außerdem erheblich größer als das jährliche amerikanische Haushaltsdefizit, das den USA so viel Kopfzerbrechen bereitet. Greifen wir nur eine Person als Beispiel heraus. Der reichste Mann in Arkansas, Sam Walton, Gründer der Wal-Mart-Läden, nannte 1987 ein Reinvermögen sein eigen, das dem Jahreshaushalt seines Bundesstaates um mehrere Milliarden Dollar überstieg. Am schwarzen Montag des Oktober 1987 verlor er rund eine Milliarde davon, aber er zuckte nur die Schultern und meinte, es sei lediglich ein Verlust auf dem Papier.

An dieser Explosion persönlichen Reichtums haben die 90 Prozent der Amerikaner, die nicht »reich« sind, keinen Anteil. Das Federal Reserve Board hat die an der Spitze der Vermögensskala stehenden 10 Prozent als die »Reichen«, die »sehr Reichen« und die »Ultra-Reichen« bezeichnet. Um als »reich« bezeichnet zu werden, bedurfte es 1983 eines Haushaltseinkommens von 419 000 Dollar. Nach den »Reichen« kamen die 90 Prozent, die als »alle anderen« etikettiert wurden. Während der vorangehenden zwanzig Jahre war das Reinvermögen der lediglich »Reichen« in konstanten Dollarwerten um 47 Prozent schneller angestiegen als das »aller anderen«.2

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1963 besaßen »alle anderen« 36 Prozent des Wirtschaftskuchens des Staates. 1983 war der Anteil »aller anderen« an diesem Kuchen auf 32 Prozent gefallen. Der Vorsitzende des gemeinsamen Wirtschaftsausschusses des Kongresses, David Obey, kommentierte diesen Rückgang wie folgt: »Es ist... besorgniserregend, daß die 90 Prozent der amerikanischen Familien, die ihren Platz nicht am oberen Ende des wirtschaftlichen Totempfahls haben, rund 10 Prozent ihres Anteils am Volksvermögen verloren haben ... Diese Tendenz läuft der Überzeugung unserer Bürger zuwider, daß Vermögen gleichmäßiger verteilt wird.«3

1987 ging aus den vom amerikanischen Arbeitsministerium veröffentlichten Zahlen hervor, daß amerikanische Arbeiter real weniger verdienten als sechs Jahre zuvor.

Barbara Ehrenreich, Forschungsstipendiatin am Institute for Policy Studies, stellte fest, daß etwa ab 1977 eine »scharfe Umkehr in der Tendenz zu mehr Gleichheit, die sich kurz nach dem Zweiten Weltkrieg entwickelt hatte«, zu verzeichnen war. Felix Rohatyn, ein bekannter Investmentbanker und führender Broker, wurde in dem Bericht wie folgt zitiert: »Eine Demokratie muß, wenn sie fortbestehen will, zumindest als fair erscheinen. Dies ist in Amerika nicht mehr der Fall.«4 Als Beispiel wurde in dem Bericht weiter angeführt, daß es sich eine junge Familie mit mittlerem Einkommen heute nicht mehr leisten kann, ein Haus in mittlerer Preislage zu kaufen. Auch zu den Veränderungen im Anteil am Volksvermögen in den Händen der reichsten Bürger sind Langfristuntersuchungen durchgeführt worden. Ein dem Kongreß im Jahre 1976 durch den Wirtschaftswissenschaftler James D. Smith, damals Penn State, vorgelegter Bericht umspannte den Zeitraum von fünfzig Jahren zwischen 1922 und 1972. Der Bericht konzentrierte sich auf die Veränderungen im Anteil des gesamten Volksvermögens in den Händen von nur einem halben Prozent der Bevölkerung.5

Eine weitere längerfristige Analyse wurde von dem Wirtschaftswissenschaftler Ravi Batra von der Southern Methodist University zusammengestellt. Diese Analyse umfaßt 173 Jahre der amerikanischen Wirtschaftsgeschichte - von 1810 bis 1983. Sie konzentrierte sich auf die Veränderungen im Anteil des gesamten Volksvermögens in den Händen von einem Prozent der Bevölkerung.6

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Für das halbe Jahrhundert, in dem die beiden Untersuchungen einander überlappten, zeigt sich ein im wesentlichen ähnliches Muster. Beide zeigen ein großes Ansteigen der Vermögenskonzentration in den Jahren 1922 bis 1929, wobei in beiden Untersuchungen 1929 als das Spitzenjahr bezeichnet wurde. Beide Untersuchungen zeigen ein relativ stabiles Bild einer durchschnittlichen Vermögenskonzentration für das Vierteljahrhundert zwischen 1945 und 1970. Batras über eine längere Zeitspanne laufende Untersuchung wies für den gesamten Zeitraum von 1810 bis 1983 einen Durchschnitt von 27,5 Prozent des Volksvermögens konzentriert in den Händen von einem Prozent der Bevölkerung aus.

Die letzten von Batra genannten Zahlen für das Jahr 1983 stammten aus einer Schätzung des Joint Economic Committee of Congress aus dem Jahre 1986. Hier zeigte sich, daß sich die Vermögenskonzentration in den Händen von einem Prozent der Bevölkerung seit 1969 drastisch erhöht hatte. Sie hatte eine Quote von 34 Prozent erreicht. Das ist über ein Drittel des Volksvermögens in den Händen von lediglich einem Prozent der Bevölkerung. Diese Zahl blieb nur zwei Prozent unter den 36 Prozent aus dem Jahre 1929, als - aus reinem Zufall - die gesamte Wirtschaft des Landes erschüttert wurde. Diese beiden Analysen deuten die Möglichkeit an, daß eine hohe Konzentration des Vermögens in relativ wenigen Händen nicht nur- wie Rohatyn es ausdrückte - eine unfaire, sondern möglicherweise auch unkluge nationale Politik sein könne, eine Behauptung, die wir später noch näher untersuchen werden. Lassen Sie uns in die Stratosphäre der immens reichen Menschen zurückkehren, mit denen wir uns hier hauptsächlich beschäftigen. Daß es inzwischen Tausende gibt, die ihr Reinvermögen mit mehr als fünfzig Millionen Dollar beziffern können, heißt nicht unbedingt, daß wir mit einer wachsenden Zahl brillanter Unternehmer gesegnet sind. Allein die Veränderungen in der amerikanischen Wirtschaft und in der Weltwirtschaft könnten durchaus für diese Explosion von Privatvermögen verantwortlich sein. Beispiele sind die folgenden:

1. Da schnelle Transportmittel zur Verfügung stehen, haben sich national und international große Massenmärkte auf getan.
2. Großes Wachstum ist außerdem bei Unternehmen zu verzeich-

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nen, die - anders als Unternehmen der Grundindustrie - explosionsartig wachsen können. Ich meine damit besonders die zahllosen Filialketten zur Bereitstellung von Gütern und Dienstleistungen. Weitere Explosionen wurden möglich durch das Füllen vakuumähnlicher Nischen, die durch die Computerrevolution entstanden. Hier zumindest haben wissenschaftlich brillante Errungenschaften den Prozeß unterstützt.

3. In den letzten beiden Jahrzehnten ist Grund und Boden für kommerzielle Nutzung und auch für Wohnbebauung sehr viel knapper geworden. Folglich sind die Preise in die Höhe geschossen. Allein aus dieser Tatsache sind viele hundert große Vermögen entstanden.
4. Die Reagan-Revolution hat zwar auf der einen Seite eine enorme öffentliche Verschuldung verursacht, auf der anderen Seite aber mit ihrer Steuerpolitik und vielen anderen Maßnahmen dazu beigetragen, ein für Vermögensscheffler positives Umfeld zu schaffen.
5. Gutbetuchte Amerikaner, die Vermögen zu Anlagezwecken übrig hatten, brauchten keine brillante Intelligenz, um ihre Investitionen im amerikanischen Wertpapiermarkt innerhalb von sechs Jahren zu verdoppeln, verdreifachen oder gar zu vervierfachen. Das durch massives »Deficit Spending« des Staates geschöpfte Geld, Geld von ausländischen Anlegern und das aus den immer größer werdenden Pensionsfonds wetteiferte um die auf dem Markt angebotenen Anteile an amerikanischen Unternehmungen, die daraufhin im Wert stiegen.

Wer sind diese Ultra-Reichen? Wo sind sie? Wie haben sie ihre enormen Vermögenswerte erworben? Forbes stellte fest, daß über die Hälfte der vierhundert reichsten Amerikaner aus nur sechs Staaten kommen: New York, Kalifornien, Texas, Florida, Illinois und Delaware (du-Pont-Land). Eine Reihe von Staaten hatten 1985 nicht einen einzigen Reichen auf der Liste der vierhundert zu verzeichnen. Dazu gehörten Maine, Mississippi, Montana und die beiden Dakotas.

Fast die Hälfte der in der Liste aufgeführten Ultra-Reichen hatte ihr Geld oder zumindest einen sehr guten Grundstock einer Erbschaft zu verdanken. 59 Personen führten ihr Vermögen ausschließlich

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oder hauptsächlich auf Immobiliengeschäfte zurück. Bei weiteren drei Dutzend macht der Grund- oder Immobilienbesitz den Hauptanteil des Vermögens aus. Der New Yorker Immobilienmakler und Milliardär Harry Helmsley bezeichnete Immobilien aus folgenden Gründen als attraktiv: »Man braucht nichts zu tun. Man muß bloß dasitzen und warten. Die Werte gehen in die Höhe.« James Mills, ein Berater von Immobilienmaklern, erzählte mir, es sei ganz einfach, 20 000 Dollar Eigenkapital nur durch Manipulierung von Hypothekengeldern in Millionenwerte in Form von Gebäuden zu verwandeln. Eine beträchtliche Zahl von Vermögen ist auf Öl oder auf das produzierende Gewerbe zurückzuführen. Überraschend aber ist, daß ein Viertel aller Großvermögen heute auf Filialgeschäften oder Medienimperien aufgebaut sind, die häufig Filialgeschäfte involvieren. Mit einer Kette kann der Erfolg relativ schnell, regelrecht explosionsartig kommen, weil sie relativ geringe Ausgaben für Produktionsstätten, Führungspersonal und Forschungsaufwand erfordert, und weil sich eine solche Geschäftsform der Nachfrage entsprechend ohne weiteres ausweiten oder abbauen läßt. Holdings im Bereich der Medien sind attraktiv, weil sie häufig Franchisen auf gesicherten Märkten beinhalten. Von den 26 Milliardären, die Forbes im Jahre 1986 entdeckte, betrieben acht Kettenläden im Bereich des Handels oder der Medien.

Eine weitere Überraschung besteht darin, daß viele Menschen, die wir als enorm reich betrachten, es nach heutigen Normen gar nicht sind. Seit langem glauben wir, daß die Manager an der Spitze von Großunternehmen - sagen wir die Vorstandsvorsitzenden unserer größten Gesellschaften - auch an der Spitze unseres Entlohnungssystems stehen. Tatsächlich können sich die meisten glücklich schätzen, wenn sie acht Millionen Dollar ihr eigen nennen. Dem ist tatsächlich so, obwohl Gehalt und Gratifikationen der Spitzenführungskräfte in unserem Lande in dem mit dem Jahre 1987 endenden Jahrzehnt etwa viermal schneller wuchsen als die Durchschnittslöhne und etwa dreißigmal schneller als die Unternehmensgewinne. Dies geht aus einer Untersuchung von Sibson and Company hervor, über die am 27. April 1988 in der New York Times berichtet wurde. Nur diejenigen, die in Ausübung langfristiger Aktienbezugsrechte zu einem Kurs von vorvorgestern tatsächlich ein Schnäppchen machten,

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sind nach heutigen Normen wirklich reich. Diese Möglichkeit ist größtenteils dafür verantwortlich, daß »die Gesamtvergütung« vieler Vorstandsmitglieder während der Hausse am Aktienmarkt Mitte der achtziger Jahre in die Höhe schnellte. Dies gilt besonders für die Fälle, in denen es ihnen gelang, ihre Gewinne vor dem Zusammenbruch der Börsenkurse im Oktober 1987 mitzunehmen. Der Präsident von Waste Management erhielt beispielsweise im Jahre 1987 950 000 Dollar an Gehalt und Gratifikationen und dreizehn Millionen Dollar an »langfristigem Entgelt«, mutmaßlich aus der Ausübung von Aktienbezugsrechten.

Jedes Frühjahr veröffentlicht Business Week eine Übersicht über die Gehälter von Spitzenmanagern. Die am 5. Mai 1986 und am 2. Mai 1988 publizierten Tabellen über die Vorjahresvergütungen zeigen die Veränderungen, die sich in lediglich zwei Jahren in der »Gesamtvergütung« für die Spitzenmanager der sieben größten amerikanischen Unternehmen vollzogen. Diese Zahlen beinhalten nicht nur Gehalt und Gratifikationen, sondern auch langfristige Entgelte.

1985 1987
General Electric $1614000 $12631000
DuPont $2002000 $ 5948000
Exxon $ 3 5610001 $ 5464000
Ford $1692000 $ 37300002
General Motors $1782000 $ 2180000
Procter & Gamble $1003000 $ 1444000
IBM $ 736000 $ 841000
Durchschnitt für die
sieben Unternehmen $1770000 $ 4605000
1 Hauptsächlich aus Aktienbezugsrechten
2 Hauptsächlich Gratifikationen
Die Gesamtvergütung hat sich also innerhalb von zwei Jahren beinahe verdreifacht. In den meisten Fällen ging dieser Anstieg auf einen generellen Boom der Aktienkurse zurück, der mit den Unternehmensgewinnen relativ wenig zu tun hatte.

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Die niedrigen IBM-Zahlen sind von besonderem Interesse, da IBM seit langem als das gewinnträchtigste und das »meist bewunderte« Großunternehmen in der Geschichte gilt. Nach der heutigen Logik zum Aufbau von Privatvermögen müßte Thomas J. Watson jr. einer der reichsten Männer Amerikas sein, da sein Vater vor nur wenigen Jahrzehnten IBM zu einem großen weltweit operierenden Unternehmen ausgebaut hat. Auf der Forbes-40Q-Liste ist aber nie ein Watson erschienen, und generell gilt die Watson-Familie nicht als wirklich reich.

Viele Jahre lang hielt Watson senior praktisch alle Macht beim Aufbau von IBM in seinen Händen. Er war in Amerika als wohlwollender Diktator berühmt, der jedem Mitarbeiter Kleidung und Körpergewicht vorschrieb. Er kaufte andere Unternehmen. Ein langjähriger Spitzenmann von IBM erzählte mir, daß er sich selbst bei vielen Gelegenheiten in das Unternehmen hätte einkaufen können und, sagen wir, 12 Prozent der IBM-Aktien hätte erwerben können. Diese 12 Prozent wären zum Zeitpunkt der Niederschrift dieses Buches zehn Milliarden Dollar wert gewesen.

Sein Nachlaß aber war, als er starb, fünf Millionen Dollar wert.7 Zum drastischen Vergleich führen wir vor, wie unser Entlohnungssystem für Topmanager entlang zweier Linien verläuft. Nehmen wir den Fall William Miliard (den wir besuchen werden). In wenigen Jahren führte er seine Computer-Land-Geschäfte bis zu dem Punkt, daß das Magazin Forbes sein Reinvermögen im Jahre 1984 auf 600 Millionen Dollar schätzte. (Das hat sich seitdem geändert.) Wichtiger Faktor für seinen Erfolg war eine günstige Abmachung mit IBM zum Vertrieb der kleineren IBM-Computer.

Um auf Watson zurückzukommen: Ich glaube, daß seine ureigene Philosophie eine wichtige Rolle spielte. Ich habe den alten Herrn häufig in unserer Kirche in New Canaan in Connecticut beobachtet, wie er sich mit einem kleinen Goldbleistift Notizen zu den Predigten machte. Er begriff seine Rolle als die eines Kämmerers und nicht als die eines Gewinnmachers. Eine solche Einstellung wird in der Wirtschaftswelt von heute zur Ausnahme. Am W.August 1984 lautete die Überschrift des Leitartikels im Wirtschaftsteil der New York Times wie folgt: »Das Zeitalter des

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>Erst-ich<-Management«, und so begann der Artikel: »Es bedarf keines Revolutionärs, um festzustellen, daß in der amerikanischen Wirtschaft heute etwas nicht stimmt, daß sich zunehmend eine Extravaganz nach dem Motto >Ich zuerst, greif was du kannst< unter den Spitzenmanagern unseres Landes breitmacht.« Da das große Geld einfach nicht vorhanden ist, wenn man in Lohn und Gehalt steht, suchen viele nach Möglichkeiten, mit denen sie ihr Geschäft durch Anteilseignerschaft, Provisionen oder Prozente machen können.

Während viele Unternehmer oder Anleger ihr Reinvermögen jährlich um zig Millionen Dollar vermehrten, während Spitzenführungskräfte von Großunternehmen einen Zuwachs von lediglich Millionen pro Jahr verzeichneten, erhielt der Mann, der sich zuvorderst um die Funktionsfähigkeit der gesamten amerikanischen Wirtschaft kümmerte, lediglich 89000 Dollar pro Jahr. Dieser Mann war bis 1987 Paul Volker, Präsident des Federal Reserve Board, der amerikanischen Zentralbank, der häufig als der zweitmächtigste Mann in Amerika bezeichnet wurde. Sein lumpiges Gehalt kam von uns, den Steuerzahlern. Um im teuren Washington über die Runden zu kommen, nahm seine Frau eine Stelle als Buchhalterin an. Man sagte von ihm, er lebe »wie ein armer Student in einer Wohnung, deren Möblierung aus abgelegten Stücken seiner Tochter Janice bestehe. Grüne Milchkästen dienen als Beistelltische.«8 Eine Gruppe, die sich zumindest in bezug auf ihren Bruttojahresver-dienst in die Ränge der sehr Reichen aufschwingt, sind Stars der Unterhaltungsindustrie.

Der einzige Unterhaltungskünstler, der 1985 in der Forbes-400-Liste zu finden war, war Gene Autry, 78 Jahre alt, früherer singender Cowboy, der seine Kinokarriere vor drei Jahrzehnten beendete. Sein Vermögen von 150 Millionen Dollar bestand hauptsächlich aus Immobilien, einer Radiokette und einem Musikverlag. Ein weiterer Unterhaltungsstar, der an prominenter Stelle auf der Liste erschienen wäre, wäre er Amerikaner, ist der britische Beatle und Rockstar Paul McCartney.

Nachdem Bob Hope in der Forbes-Ausgabe 1983 mit einem Vermögen von 200 Millionen Dollar beziffert wurde, forderte er das Magazin heraus: »Wenn mein Vermögen mehr als fünfzig Millionen Dol-

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lar wert ist, putze ich euch den Arsch. Das meine ich ernst.«9 Alsdann veranlaßte die Zeitschrift eine gründlichere Untersuchung mit eigens dafür angeheuerten Schätzern. Das Problem bestand darin, daß der Großteil seines Vermögens aus rund achtzig Grundbesitzparzellen bestand. Der größte Teil waren Tausende von Hektar unbebauten Landes in Südkalifornien, die schwer zu bewerten waren. Das Magazin kam zu dem Schluß, daß sein Vermögen bei vorsichtiger Schätzung mindestens 119 Millionen Dollar wert war. Wenn dem so war, lagen beide Seiten falsch. Hope war Anfang der Achtzig und verdiente immer noch viel Geld durch TV-Shows und Werbespots für Unternehmen wie Texaco. Auf der Bühne zu stehen -oder sein Vermögen zu mehren - war offensichtlich eine Art zwanghafter Handlung.

Unter den unter 75jährigen Unterhaltungskünstlern erschien ein weiterer Rockstar, Michael Jackson, der zu den größten Gewinnern gehört. Auf der Forbes-Liste. des Jahres 1984 rangierte er mit einem Vermögen von siebzig Millionen Dollar unter den Aufsteigern. Auch Plattenstar Bruce Springsteen dürfte verhältnismäßig reich sein.

Im September 1987 befaßte sich Forbes nur mit den Stars der Unterhaltungsszene und fand unter ihnen zehn, die alleine 1987 mindestens zwanzig Millionen Dollar gemacht zu haben schienen. Topverdiener war der Fernsehkomödiant Bill Cosby, nicht nur Schauspieler, sondern auch Autor, Unternehmer in der Unterhaltungsbranche und hochbezahlter Produktwerber. Sein Bruttoeinkommen wurde auf 57 Millionen Dollar geschätzt. Der Filmkomödiant Eddie Murphy lag bei geschätzten 27 Millionen und Sylvester Stallone, Meister der Gewalt im Kino, bei 23 Millionen Dollar. Fünf der zehn an der Spitze, unter ihnen Springsteen, waren Rock- oder Pop-Sänger. Als Überraschung galt die Einschätzung, daß der Cartoonist Charles Schulz, der um seine »Peanuts«-Figuren ein international florierendes Unternehmen aufgebaut hatte, etwa dreißig Millionen Dollar verdiente.

Aus einer Erhebung der Illustrierten People aus dem Jahre 1986 ging jedoch hervor, daß die Spitze an Einkommen unter den Unterhaltungskünstlern wohl von Barbra Streisand gehalten wird. Ihr Einkommen liegt bei fünf Millionen Dollar pro Film. Insgesamt hat

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sie in ihrem Künstlerleben rund einhundert Millionen Dollar eingenommen. Und einen großen Teil davon dürfte sie immer noch haben, denn sie hat es sich zur Gewohnheit gemacht, sich von anderen zum Theater mitnehmen zu lassen, um so Taxikosten einzusparen, Lebensmittelcoupons zu sammeln und Weihnachtskarten aus Recycling-Papier zu versenden. Ein Friseur behauptete, sie sei äußerst zögerlich, wenn es um die Begleichung von Rechnungen geht.10 1986 fanden sich die ehemaligen Fernsehunterhaltungsstars, die sich auf die Produktion verlegt hatten, eindeutig in den Rängen der wirklich Reichen wieder. Sie hatten es geschafft, mit Reinvermögen in Höhe von Hunderten von Millionen Dollar auf die Forbes-Liste der vierhundert reichsten Amerikaner zu gelangen.

Talk-Show-Moderator Merv Griffin schaffte es in hohem Maße - über zweihundert Millionen Dollar - durch die Entwicklung des Wheel of Fortune. Der bestbezahlte Sport ist offensichtlich, wenn man sich an der Spitze halten und die Schläge einstecken kann, das Boxen. Ein CBS-Kommentator bezifferte das Lebenseinkommen des Weltmeisters Larry Holmes mit 45 Millionen Dollar. Dieses Lebenseinkommen mag dem gegenwärtigen Reinvermögen entsprechen oder auch nicht. Er hat sein Geld hauptsächlich in Läden und Hotels angelegt. 1988 hatte der jüngste Weltmeister im Schwergewicht, Mike Tyson, etwa dasselbe Reinvermögen zu verzeichnen. Stars in anderen Sportarten, in denen es um Einzelspieler geht, scheinen sehr viel weniger einzunehmen. Die Asse vom Tenniscourt und dem Golfplatz rangieren zu aktiven Zeiten unter den Verdienern relativ weit hinten. John McEnroe, Ivan Lendl und Jimmy Connors konnten 1985 lediglich auf Gesamtgewinne von fünf Millionen Dollar verweisen.

Selbst 1987 hatte noch kein einziger Golfspieler während seiner aktiven Zeit solche Summen verdient. In jenem Jahr setzte die New York Times Jack Nicklaus mit einem Lebensverdienst von 4959000 Dollar an erster Stelle. Ihm folgten in abfallender Reihenfolge Tom Watson, Ray Floyd, Lee Trevino, Tom Kite, Lanny Watkins, Hai Irwin, Ben Crenshaw und Andy Bean mit einem Lebensverdienst von 2,5 Millionen Dollar am unteren Ende. Unter den Mannschaftssportarten scheint Baseball die größten Verdienstmöglichkeiten zu offerieren. Im Jahre 1988 hatten die Mannschaften der ersten Liga 73 Spieler, die mindestens eine Million Dol-

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lar pro Jahr verdienten. Eine Analyse der New York Times vom 1. April 1988 zeigte, daß sich die Zahl der Spieler, die mindestens zwei Millionen Dollar pro Jahr verdienten, in einem Jahr von fünf auf zehn verdoppelt hatte. Der höchstbezahlte Spieler war Ozzie Smith von den Cardinais mit 2 340 000 Dollar. Die übrigen neun in der Zwei-Millionen-Dollar-Gruppe waren Dale Murphy von den Braves, Eddie Murray von den Orioles, Jim Rice von den Red Sox, Rick Sutcliffe von den Cubs, Dan Quisenberry von den Royais, Fernando Valenzuela von den Dodgers, Gary Carter von den Mets, Don Mattingly von den Yankees und Mike Schmidt von den Phillies.

Auch zwei Basketball-Superstars verdienten Mitte der achtziger Jahre etwa zwei Millionen Dollar pro Jahr auf dem Spielfeld. Es waren Larry Bird, Boston, und Kareem Abdul-Jabbar, Los Angeles. Football-Stars verdienen eine Million pro Jahr, wenn sie Glück haben.

Für einige Sportstars aber bedeutet die Bezahlung für ihre Leistung im Sport häufig nur einen kleinen Teil ihres Gesamteinkommens. Handelt es sich um Sympathieträger, beziehen sie den größten Teil aus Werbeeinnahmen und -auftritten. Jack Nicklaus gilt als Kapitalist Nummer eins in der Sportwelt. Er ist in vielen Fernseh-Werbespots für Produkte zu finden, die mit Golf nichts zu tun haben. Häufig legt man auch bei der Anlage von Golfplätzen Wert darauf, sagen zu können, daß der Entwurf von Jack Nicklaus stammt. Im übrigen hat er intensiv in Immobilien investiert. 1986 schätzte der Miami Herald Jack Nicklaus aus North Palm Beach unter den reichen Bürgern Floridas auf einhundert Millionen Dollar. Früher entstanden die wirklich großen unternehmerischen Vermögen aus Investitionen in »Grundindustrien«, beispielsweise Stahl, Verkehr, Fleisch Verpackung, Automobilherstellung. Heute ist der Bereich High-Tech zur Grundindustrie geworden - mit rund einem Dutzend Vertretern unter den vierhundert der Forbes-Liste. Viele der neuen Ultra-Reichen aber haben ihr Vermögen mit ganz anderen, viel simpleren Dingen verdient. Unter den vierhundert reichsten Amerikanern der Forbes-Liste aus dem Jahre 1985 waren beispielsweise folgende Titanen mit der Quelle ihres Reichtums aufgeführt:

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• ein Hersteller von Geräten, die zu schnell fahrende Auto- oder Lastwagenfahrer auf kommende Radarfallen aufmerksam machen,
• ein Hersteller von Teddybären,
• ein Mann mit einer Coca-Cola-Abfüllizenz (1984 gab es zwei Coca-Cola-Abfüllizenznehmer),
• ein Erbauer von Country Clubs,
• ein Hersteller von Produkten für Haustiere,
• ein Hersteller von Laufschuhen,
• vier Männer im Bereich der Süßwarenherstellung,
• zwei Männer im Pizza-Geschäft,
• drei Verleger, deren Haupterwerbsquellen die Zeitschriften Penthouse, Hot Rod und National Enquirer waren,
• ein Mann, der fast jedes Produkt verkauft, von dem er glaubt, daß es sich als »günstige Gelegenheit« anpreisen läßt,
• zwei Casino-Betreiber,
• mehrere Unternehmensaufkäufer,
• drei Vermarkter von Kosmetikartikeln,
• ein Produzent von Mietwohnwagen,
• ein Verleger von Gelben Seiten für Telefonbücher,
• zwei Eigentümer eines riesigen Vermarktungsunternehmens, bei dem der Verkauf entweder von Tür zu Tür oder per Telefon erfolgte,
• ein Vermarkter von Gruß- und Glückwunschkarten.

Wenn diese Geschäftstätigkeit auch als Randtätigkeit erscheinen mag, können wir vielleicht doch erkennen, daß viele Unternehmer in diesen rätselhaften Wirtschaftszeiten am Rand der Wirtschaft die spektakuläreren Entgelte finden als in den Grundindustrien.

Amerika scheint pro Kopf sehr viel mehr hundertfache Millionäre aufzuweisen als jedes andere Land. Wobei Kanada und auch die Niederlande möglicherweise gleichzusetzen sind. Kanada verfügt über riesige Ressourcen, und die Niederlande sind seit eh und je äußerst intensiv im internationalen Handel engagiert. Ein offensichtlicher Vorteil für die amerikanischen Unternehmer besteht darin, daß sie einen solch riesigen Markt zur Verfügung haben.

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Im Oktober 1987 führte das amerikanische Magazin Fortune in einer Erhebung über die Milliardäre der Welt allein siebenundvierzig Milliardäre für die Vereinigten Staaten von Amerika auf. Wenn man die Staatsoberhäupter ausschließt, hatten die Vereinigten Staaten mehr Milliardäre als alle Staaten der Welt zusammengenommen. In der Analyse wurden sechs Milliardäre in der Bundesrepublik, fünf in Kanada und den Niederlanden, vier in Japan, drei in England, vier in Italien, einer in Frankreich aufgespürt. In ganz Lateinamerika wurde nur ein hundertfacher Millionär ausgemacht, der sein Vermögen auf nichtkriminelle Aktivitäten zurückführen konnte. Er war Brasilianer. Kein einziger Milliardär fand sich in dreizehn europäischen Ländern. Eine Analyse des im Oktober 1987 in der Zeitschrift Fortune erschienenen Berichts über die reichsten Einzelmilliardäre der Welt verzeichnet die folgenden Privatbürger als die reichsten Personen in den fünfzehn Ländern der Welt, in denen es damals Milliardäre gab:

1. Vereinigte Staaten - Sam Walton (Discount-Läden), 8,7 Milliarden Dollar
2. Kanada - Kenneth Thomson (Zeitungen, Kaufhäuser, Immobilien), 5,5 Milliarden Dollar
3. England - Gerald Grosvenor, sechster Herzog von Westminster (ererbter Grundbesitz), 4 Milliarden Dollar
4. Niederlande - Godfried Brenninkmeyer (Bekleidungskette usw.), 3,4 Milliarden Dollar
5. Bundesrepublik Deutschland - Friedrich Karl Flick (Stahl, Autos, Versicherungen), 2,8 Milliarden Dollar
6. Japan - Yoshiakiu Tsutsumi (Eisenbahnerbe), 2,5 Milliarden Dollar
7. Hongkong - Li Ka-Shing (Handelskonglomerat), 2,5 Milliarden Dollar
8. Indonesien - Liem Sioe Liong (eingewanderter Banker aus China), 2 Milliarden Dollar
9. Saudi-Arabien - Suliman Saleh Olayan (Öl, Bankwesen, Immobilien), 2 Milliarden Dollar
10. Italien - Raul Gardini (Zucker, Chemikalien, Nahrungsmittel), 1,9 Milliarden Dollar
11. Frankreich - Liliane Bettencourt (Kosmetikprodukte), 1,5 Milliarden Dollar

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12. Ägypten - Osman Ahmed Osman (Bauindustrie), 1,5 Milliarden Dollar
13. Taiwan - Y. C. Wang (Kunststoffe), 1,2 Milliarden Dollar
14. Brasilien - Sebastio Ferraz de Camargo Penteado (Bauindustrie, Bergbau, Viehzucht), 1,2 Milliarden Dollar
15. Singapur- Lee Seng Wee (Bankwesen, Gummi, Ananas), 1 Milliarde Dollar.
Gelegentlich sind große Zusammenbrüche individueller Vermögen zu verzeichnen. Generell aber gilt, wie Bronfman sagte, daß großes Geld naturgemäß mehr und mehr wird. Das gilt besonders, wenn es ererbt ist und daher von gewieften Vermögensverwaltern in gut gestreuten Portfolios und Grundbesitz angelegt wird. Am meisten exponiert sind die neuen Reichen, deren Geld hauptsächlich in einem einzigen Unternehmen gebunden ist, oder aber Unternehmer, denen es in einer Krisenindustrie allmählich an den Kragen geht. Ein weiteres Beispiel sind außerordentlich reiche Menschen, denen es das Glücksspiel im großen Stil angetan hat, wie beispielsweise die Gebrüder Hunt aus Texas. (Auf sie werden wir später zurückkommen.) Clint Murchison jr. aus Texas, einst enorm reich, wurde schließlich von seinen Gläubigern besiegt. Er hatte sich zu sehr in spekulativen Risiken verfangen. Hinzu kamen Familienkämpfe und ein Hirnschlag, der seine körperliche Bewegungsfähigkeit einschränkte.11

Von den vierhundert Menschen, die 1982 auf der Forbes-Liste verzeichnet waren, fehlten 1983 nur fünf aufgrund von »ernsthaften finanziellen Rückschlägen«. Diese fünf wurden aber immer noch als »beneidenswert reich« geführt.

Die du Ponts, seit langem prominente Namen unter den amerikanischen Unternehmen - seit der Herstellung von Schießpulver -, sind ein interessanter Fall, der unsere Argumente unterstreicht. Zusammen sind sie sicherlich Amerikas vermögendste »Familie« mit einem Reinvermögen von über zehn Milliarden Dollar. Niemand in der Familie aber hält eine bedeutende Position innerhalb des Unternehmens du Pont inne. Keiner von ihnen hat als Unternehmer überragende Erfolge irgendwo anders zu verzeichnen. Dennoch wurden im Jahre 1982 neunundzwanzig du Ponts in der Forbes-400-Liste aufgeführt. 1985 war die Zahl der du Ponts in der Liste auf 33 gestie-

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gen. Von diesen 33 waren neunzehn Frauen, und von denen führten nur neun den Namen du Pont als Familiennamen. Auf ihren Familientreffen zu Neujahr tragen die Familienmitglieder häufig Namensschilder. Es heißt, daß jede Familie in regelmäßigen Abständen mit Informationen dazu versorgt wird, wer wer im Clan ist, wer von wem geschieden worden ist usw.

Einer der du-Pont-Neueinträge in der Liste der vierhundert Reichsten der Zeitschrift Forbes war von besonderem Interesse. Es handelte sich um Lammot du-Pont Copeland jr. oder auch »Motsey« genannt, der Jahre zuvor mit zahlreichen Unternehmungen versucht hatte, selbst zum großen Unternehmer aufzusteigen. Er behauptete, er sei dem Einfluß einiger skrupelloser Partner erlegen, und mußte 1970 den größten Privatbankrott in der Geschichte mit Schulden von 59 Millionen Dollar anmelden. Vor seiner Tür warteten damals etwa einhundert Gläubiger. Nach einigen Jahren stand ein von einem Bundesschiedsrichter genehmigter Vergleich fest. Die verbleibenden Gläubiger sollten von ihm über eine Periode von zehn Jahren zwanzig zu eins verglichen werden. Sein Vermögen war inzwischen in einer Reihe von nichtantastbaren Treuhandvermögen festgelegt, und er lebte zumindest bis zum endgültigen Vergleich in einer stattlichen Villa außerhalb von Wilmington.12 Im Jahre 1985 -vermutlich mit Hilfe neuer Erbschaften - war sein Reinvermögen so hoch, daß er auf der Forbes-Liste der vierhundert reichsten Amerikaner mit einem Reinvermögen von 150 Millionen Dollar verzeichnet wurde.

Keine dieser Ausführungen über die seltsamen Wege, auf denen manche große Vermögen unserer Zeit aufgebaut werden, ist dazu gedacht, die Bedeutung des unternehmerischen Geistes in der Aufrechterhaltung des wirtschaftlichen Wohlstandes unseres Landes zu verunglimpfen. Dieser unternehmerische Geist ist im Gegenteil entscheidend und wird dringend gebraucht.

Wir sollten aber nicht vergessen, daß der Händler und auch der Farmer genauso Unternehmer sind und auch oft alles auf eine Karte setzen müssen.

Wenn sie versuchen, sich Gläubiger vom Hals zu schaffen, haben sie keinerlei Großunternehmen, Stiftungen oder Batterien von Rechtsanwälten zur Verfügung, die sie vor bitterem Elend schützen.

Mehrere Bekannte aus dem Geschäftsleben wiesen mich darauf hin, daß es für jeden spektakulären Erfolg im Risikokapitalismus eine Reihe von Menschen gibt, die versagen oder straucheln. Deswegen meinen sie, nicht ein­mal der Himmel sollte die Grenze für einen in Dollar gemessenen Erfolg für den Unternehmer bilden, der bereit ist, Risiken einzugehen. Einige waren beleidigt, daß ich überhaupt die Frage stellte: »Wieviel ist zuviel?«

Ist das triftig? Oder gibt es heute einen Punkt oder eine Ebene in der Anhäufung von enormen Vermögen durch Familien, wobei die Gesellschaft zu Recht fragen sollte, ob individuelle Vermögen über das rechte Maß hinausgeschossen sind und daß ein guter Teil dieses Vermögens eindeutiger für gesellschaftliche Zwecke verwandt werden sollte?

Um darauf Antworten zu finden, werden wir nun die Lebensumstände und die Denkweise zum Vermögen der Ultra-Reichen beleuchten. Von ihnen haben wir einige befragt, deren Vermögen so riesig sind, daß sie für viele kaum begreiflich erscheinen.

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Teil II
Wie sie zu ihrem Reichtum stehen,
und was sie damit anfangen

 

 

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