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Dank  von Sherwin Nuland 1993

 

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Von Laurence Sterne, einem englischen Schriftsteller des 18. Jahrhunderts, stammt die Bemerkung: »Das Schreiben, richtig betrieben, ist nur eine andere Benennung für Konversation.« 

Inhalt und Ton eines Buches oder Essays hängen davon ab, wie sich der Verfasser die Reaktion der Leser auf die Aussagen vorstellt, die er mit jedem seiner Sätze trifft. Der Leser ist immer gegenwärtig. Diesem Buch liegt keine andere Absicht zugrunde, als mit Menschen ins Gespräch zu kommen, die wissen wollen, was vor sich geht, wenn ein Mensch stirbt. Ich habe mich bemüht, antizipierend darauf einzugehen, was ein Leser auf das Gesagte entgegnen könnte. Meine Hoffnung war dabei, ihm treffende und möglichst klare Antworten zu geben.

Der Faden des Gesprächs, der sich durch die Kapitel des Buches zieht, ist jedoch nur ein Auszug vieler anderer Gespräche, die ich im Verlauf meines Lebens geführt habe: mit meiner Familie, meinen Kollegen, vor allem aber mit meinen Patienten — mit allen, die mir nahestanden. Ihre Lebensweisheit habe ich gesucht, um eine Antwort auf die Frage nach unserem Leben und Sterben zu finden. 

Es ist leichter, eine solche Weisheit den Worten anderer Menschen zu entnehmen, als sie aus ihren Erfahrungen gewinnen zu wollen. Ich habe überall gesucht, wo ich hoffte, Spuren dieser Weisheit zu finden. Ich lernte immer wieder von dem einen oder anderen der vielen Menschen, denen ich in meinem Leben begegnet bin, auch wenn ich es selbst gar nicht merkte und wenn die, von denen ich lernte, nicht wußten, was sie mir gaben.

Während das meiste Wissen auf diese Weise übertragen wird, also unmerklich, ohne daß Geber oder Empfänger es gewahr werden, teilt sich vieles auch im direkten Gespräch zwischen zwei Menschen mit. Was mich betrifft, so habe ich einige Gespräche über Jahre oder gar Jahrzehnte geführt; andere fanden nur aus Anlaß dieses Buches statt. Wenn das Gespräch den Menschen reif macht, wie Francis Bacon behauptet, dann bin ich in den vielen Stunden, in denen ich für dieses Buch mit außergewöhnlichen Menschen gesprochen habe, gereift. 

Mehrere Kollegen aus der Ethikkommission des Yale New Haven Hospital haben immer wieder mein Verständnis jener Fragen geschärft, mit denen sich nicht nur Patienten auseinandersetzen müssen und alle, die von Berufs wegen mit Gesundheit und Krankheit zu tun haben, sondern früher oder später jeder von uns. Mein besonderer Dank gilt Constance Donovan, Thomas Duffy, Margaret Farley, Robert Levine, Virginia Roddy und Howard Zonanna. Sie haben mir als Gruppe und in Einzelgesprächen einen Begriff von medizinischer Ethik vermittelt, der von Menschlichkeit, seelischer Größe und geistiger Redlichkeit geprägt ist.

Dank schulde ich auch Alan Mermann, einem weiteren Kommissionsmitglied, der von Haus aus Kinderarzt ist und als kongregationalistischer Pfarrer und Geistlicher unserer medizinischen Fakultät eine neue Lebensaufgabe gefunden hat. Er hat mein Verständnis dafür vertieft, wie wichtig es ist, daß Medizinstudenten und sterbende Patienten sich kennenlernen und miteinander Ängste und Hoffnungen teilen.

Ferenc Gyorgyey hat mir die Schätze der historischen Sammlung in der Cushing/Whitney Library in Yale erschlossen. Noch hilfreicher war mir all die gemeinsamen Jahre über seine Freundschaft und seine umfassende Bildung. Jay Katz hat im Gespräch und durch seine Bücher mein Bewußtsein für die Problematik der ärztlichen Entscheidung geschärft. Was er mir gegeben hat, geht weit über das hinaus, was man von einer Diskussion über klinische Befunde und die Gründe für die Wahl einer bestimmten Therapie erwarten kann. 

Meine Frau Sarah Peterson hat mir ein Gespür für etwas gegeben, das manchmal Caritas und manchmal Liebe genannt wird. In beidem zeigt sich ein Verstehen des anderen und ein unauslösch­licher Glaube. In der Bibel heißt es: »Wenn ich mit Menschen- und mit Engelszungen redete, und hätte der Liebe nicht, so wäre ich ein tönend Erz oder eine klingende Schelle.« Nicht nur der einzelne, sondern auch Gruppen und Berufsstände — vor allem aber wir Ärzte — können aus diesen Worten lernen.

In den vergangenen zehn Jahren hat mich Robert Massey mit seiner Freundschaft reich beschenkt. Er hat als praktizierender Internist, als Dekan der medizinischen Fakultät und als Medizinhistoriker und kritischer Beobachter der Entwicklung der Medizin heute mehreren Ärztegenerationen ein vertieftes Verständnis der ärztlichen Kunst und Pflicht gegeben, das weit über Tages­probleme und engstirnige berufsständische Belange hinausgeht. Für mich war er kritischer Gesprächspartner, Orakel und Autorität in allen Fragen klassischer Bildung, einschließlich lateinischer Grammatik. Fast alles, worüber ich in diesem Buch schreibe, habe ich mit ihm diskutiert. Seine Zuversicht, daß ein solches Unternehmen seine Berechtigung hat, war mir während der langen Monate des Schreibens eine Quelle der Kraft.

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Jedes Kapitel dieses Buches ist von einer oder mehreren Autoritäten auf dem betreffenden Fachgebiet kritisch gegengelesen worden. Immer habe ich wertvolle Hinweise erhalten, wie der Stoff klarer und verständlicher darzustellen sei. Die Kapitel über Herzkrankheiten haben Mark Applefeld, Deborah Barbour und Steven Wolfson gelesen; die Seiten über das Altern und die Alzheimersche Krankheit wurden von Leo Cooney gelesen; das Kapitel über gewaltsamen Tod und Selbstmord von Daniel Löwe; die Kapitel über Aids von Gerald Friedland und Peter Selwyn; die Seiten über die klinischen und biologischen Aspekte der Krebskrankheiten von Alan Sartorelli und Edwin Cadman; die Diskussion der Arzt-Patient-Beziehung schließlich von Jay Katz. Spezialisten dieser Gebiete werden sicher leicht erkennen, was ich meinen Beratern verdanke — ihnen meine Hochachtung zu bezeugen, ist mir eine Ehre. Ihre Hilfsbereitschaft übertraf alle meine Erwartungen.

Ich darf weitere Personen nennen, die mir bei der Beantwortung fachlicher Fragen und bei der Suche nach Quellen behilflich waren: Wayne Carver, Janis Glover, James M.L.N. Horgan, Ali Khodadoust, Laurie Patton, Johannes van Straalen, Mary Weigand, Morris Wessel, Ann Williams, Yan Zhangshou und meine nimmermüde Sekretärin Rafaella Grimaldi. G.J. Walker Smith wertete mit mir eine Reihe von Autopsien aus und half mir, deren Befunde im größeren Rahmen der Alterungsprozesse zu interpretieren.

Alvin Novick öffnete mir während eines gemeinsam verbrachten Vormittags die Augen für politische und sehr persönliche Aspekte von Aids, von denen ich bis dahin nur eine vage Ahnung gehabt hatte. Es war für Al gewiß nicht leicht, einem Fremden gegenüber von seinen seelischen Qualen und seiner immer noch anhaltenden Trauer zu sprechen, aber er fand dann doch die Kraft dazu. Ich werde es ihm nie vergessen.  

Irma Pollock, die ich seit meiner Kindheit bewundere, sprach trotz der Pein der Erinnerung über die Tragödie der Alzheimerschen Krankheit, denn sie wollte damit anderen helfen. Ihre Geschichte hat mein Vertrauen in die Kraft selbstloser Liebe gestärkt.

Das gesamte Manuskript wurde mehreren Personen ganz verschiedenen Hintergrunds zur kritischen Lektüre vorgelegt; ihr Urteil war für mich sehr hilfreich: Joan Behar, Robert Burt, Judith Cuthbertson, Margaret De-Vane und James Ponet. Selbst­verständlich gaben auch Bob Massey und Sarah Peterson kritische Hinweise, die mich Kapitel für Kapitel beim Schreiben des Buches begleiteten. Bob drückt sich dabei sehr diplomatisch aus, aber meine Frau kennt kein Pardon, wenn es darum geht, »Gefasel zu erkennen und Abschweifungen zu verhüten«, wie ich selbst einmal gesagt habe. Ich habe die von ihr rot angestrichenen Passagen immer geändert. 

Schließlich noch ein Wort zu meinen neuen Freunden aus der Welt des Bücher­machens. Dieses Buch wäre nie entstanden, hätte nicht Glen Hartley die Idee dazu gehabt. Auch der Titel stammt von ihm. Auf Anregung von Dan Frank traten er und Lynn Chu mit einer Aufgabe an mich heran, die ich nicht ablehnen konnte. Das Manuskript, das schließlich dabei herauskam, trägt das Siegel seiner Kompetenz als Lektor. Nur seine Autoren wissen, was sie seiner klugen Führung verdanken. 

Sonny Mehta betreute das Projekt umsichtig von Anfang bis Ende als Verleger und Hauptförderer. Wenn es im Verlagswesen eine Mannschaft von Champions gibt, dann diese.

Im zwanzigsten Jahrhundert soll es angeblich keine Musen mehr geben, aber ich habe dennoch eine gefunden. Ihr Name ist Elisabeth Sifton. Ich habe mich bemüht, meine Ideen so in Sprache zu kleiden, daß sie Gefallen daran findet. Ich könnte mir keinen größeren Lohn vorstellen als ihre Anerkennung.

Noch ein anderes Wort von Laurence Sterne gilt für dieses Buch: »Jedermanns Witz muß aus seiner eigenen Seele kommen und aus keiner anderen.«

Das hier ist mein Buch. Gewiß, ich habe Anregung und Hilfe von vielen erfahren, dennoch behaupte ich, daß es in allen seinen Teilen — in jedem zutreffenden und jedem abwegigen Gedanken, jeder wahren und jeder falschen Aussage, jedem hilfreichen Gedanken und jeder unbrauchbaren Interpretation — mein Buch ist. Der Geist dieses Buches ist meiner; denn es kommt aus meiner Seele.

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