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1. Im Gasthof zum Grünkernbratling

 

Thesen: 

 

 

   Freuen Sie sich auf den Ökoblockwart  

9-45

Ein strahlender Julitag 1995. Die Sonne gibt ihr Bestes, und die rot-grüne hessische Landesregierung nebst ihrem inoffiziellen Rundfunkorgan, dem HR III, pflegt gerade eifrig den dritten Ozonalarm in diesem Jahr. Ozon, ein heimtückisches Gas, das plötzlich an der Grenze von Bayern nach Hessen in einem entsetzlichen Maße gefährlich wird, zwingt Radarmeßwagen auf die Straße und läßt es ratsam erscheinen, bei körperlichen Arbeiten etwas langsamer zu tun. 

Deshalb ruht sich Lehrer Lämpel auf der Terrasse seines vor einigen Monaten von der Schwiegermutter geerbten Jugendstilhäuschens aus. Diese kleine Villa hegt in einer idyllischen Alleinlage außerhalb Kassels, während der Lehrer selbst in der Nähe seiner Schule wohnt. Da läutet das Telefon. Ein Mitarbeiter vom Bauaufsichtsamt stellt sich vor und fragt, ob Familie Lämpel gerade Renovierungsarbeiten an dem Haus im Trompetental vornähme. Als dies bejaht wird, erklärt der Beamte, ein besorgter Bürger, dessen Namen er nicht nennen könne, habe ihn auf die Bauarbeiten aufmerksam gemacht. Deshalb müsse er sich jetzt erkundigen, ob Herr Lämpel denn eine Baugenehmigung eingereicht habe. Bei ihm jedenfalls würden keine Unterlagen vorliegen.

Herr Lämpel erklärt, daß er lediglich auf Betreiben und auf Anweisung des Entwässerungsamtes eine neue Senkgrube setzen würde, und hierfür habe er die entsprechenden Unterlagen da. Neben diesen Arbeiten möchte er die alten Pflastersteine im Hof neu verlegen, die Regenrinnen erneuern, den alten Heizkessel ersetzen, ein modernes Bad installieren und anschließend die Zimmer tapezieren. Ihm sei nicht bekannt, daß man hierfür einen Bauantrag stellen müsse. Doch, so wird ihm ungerührt und bürgerfreundlich erklärt, das Häuschen stünde nämlich im Außenbereich innerhalb eines Naturschutzgebiets, und da sei das neue hessische Natur­schutz­gesetz vom 19. Dezember 1994 zu beachten. 

Am besten wäre es, wenn er doch einmal beim Bauamt vorbeikäme und dabei auch gleich die Baugenehmigung für das alte Haus vorlegen würde. 

Jetzt wird Herr Lämpel hellhörig und erklärt, daß das Haus vor etwa 100 Jahren gebaut wurde, zwischenzeitlich mehrfach den Eigentümer gewechselt habe, daß seine Schwiegermutter dort über 40 Jahre ohne Beanstandung gewohnt habe und daß er selbstverständlich keine 100 Jahre alte Baugenehmigung in seinen Akten habe.

Außerdem könne die Renovierung nur im Interesse der Allgemeinheit sein, denn er möchte das Haus anschließend an eine junge Familie vermieten und somit also Wohnraum zur Verfügung stellen.

"Wie, Sie wollen nicht selbst einziehen?" ertönt es vom anderen Ende der Leitung. Das könne von der zuständigen Behörde ohnehin nicht genehmigt werden, denn Häuser in dieser Alleinlage dürften nach der neuen Regelung bestenfalls noch vom Eigentümer selbst bewohnt werden. Ja, wenn er vermieten wolle, dann sei es fraglich, ob das Haus überhaupt genutzt werden dürfe, denn die Vermietung stelle ja eine erhebliche Nutzungsänderung dar.

Damit war zunächst das Gespräch beendet.

Kurz darauf wird Lehrer Lämpel, bewaffnet mit einem Architekten und einem Rechtsanwalt, bei der Baubehörde vorstellig. Während der lebhaften Diskussion stellt sich heraus, daß die Baubehörde aus Gründen des politisch formulierten Umweltschutzauftrags sehr wohl ein Wörtchen mitreden darf, wenn ein Bürger in Hessen ein geerbtes Haus im Außenbereich renovieren möchte. 

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Zunächst wird vom Sachbearbeiter auf den Paragraphen 35 des Bundesbaugesetzes hingewiesen. Danach darf im Außenbereich nur ein "privilegierter Personenkreis" bauen. (Zum Beispiel Landwirte! Eventuell noch engagierte Politiker, die auch Jäger sind?) Dies treffe ja wohl in diesem Fall nicht zu. Lehrer Lämpel gibt nicht auf und weist darauf hin, daß er gar nicht bauen wolle im Sinne der Erstellung eines Gebäudes, denn das Gebäude und der Hof würden nicht um einen Zentimeter wachsen. Das hilft ihm nichts. Denn als nächstes greift der Baubeamte auf den bürgerfreundlichen Paragraphen 5 des neuen hessischen "Naturschutzgesetzes" zurück. Dort sind die "Eingriffe in Natur und Landschaft" definiert. 

Insbesondere fällt hierunter: "Die Herstellung, Erweiterung, Änderung oder Beseitigung von baulichen Anlagen ... im Außenbereich." Mit der Renovierung des Hauses sei zwangsläufig eine Änderung verbunden, so wird ihm erklärt. So was bedürfe aber nach Paragraph 6 des gleichen Gesetzes einer Genehmigung, und die würde nicht erteilt. "Dann würde aber das Haus verfallen — und denken Sie an den Denkmalschutz!" wendet der Architekt ein.

Ungerührt wird ihm wörtlich entgegnen "Wo steht es denn geschrieben, daß ein Haus erhalten werden muß? Es ist schließlich die Politik des Landes Hessen und auch die des deutschen Städtetags, das Wohnen im Außenbezirk einzuschränken und auf das Notwendigste zurückzuführen." 

Man erkennt unschwer die Richtlinie: "Ruinen schaffen — ohne Waffen." Nach der Ankündigung des Anwalts, gegen die Behörde zu klagen, verlassen die Besucher die bürgernahe Behörde.

Die Geschichte ist keine Satire, sondern hat sich, von kleinen Änderungen abgesehen, so zugetragen. 

Sie wirft ein grelles Schlaglicht auf das selbstherrliche Auftreten deutscher Behörden und beleuchtet gleichzeitig den Gesinnungs- und Geisteszustand des Gesetzgebers. 

Studienrat Lämpel versteht die ansonsten von ihm gehegte rot-grüne Welt nicht mehr. 

Besonders verärgert ihn, daß er, der sich ganz besonders viele Gedanken um die ramponierte Welt macht, bei der Landtagswahl im Februar 1995 die Grünen gewählt hat. 

Bleibt ihm nur die bittere Erkenntnis: Der rot-grüne Ökoneurosenzirkus frißt langsam, aber sicher auch seine eigenen Wähler!

Ein weiteres Schlaglicht auf den mentalen Zustand der bundesrepublikanischen und insbesondere der hessischen Politkaste wirft der Paragraph 34 des bereits genannten Naturschutzgesetzes. In dem Ökoknaller heißt es:

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"Bei allen Naturschutzbehörden werden unabhängige und sachverständige Naturschutzbeiräte gebildet. Die Naturschutzbeiräte beraten und unterstützen die Naturschutzbehörden in allen Angelegenheiten des Naturschutzes. Sie können Anträge stellen und sind auf Verlangen zu hören."

Ein solcher Beirat ist rechtzeitig zu unterrichten über die Vorbereitung von Rechtsverordnungen, die Aufstellung von Landschaftsplänen und ähnlichem, wie es in Paragraph 3 vorgesehen ist. Das betrifft auch die Aufstellung von Bauleitplänen. Aus welchem Personenkreis setzen sich die Beiräte zusammen? In Paragraph 34 Absatz 5 heißt es dazu:

"Mindestens die Hälfte der Beiratsmitglieder wird auf Vorschlag der nach Paragraph 29 des Bundesnaturschutzgesetzes anerkannten Verbände berufen."

Damit sind unter anderem die Schutzgemeinschaft Deutscher Wald, der BUND, der Naturschutzbund Deutschland (NaBu) gemeint. Mit anderen Worten: Die Ökoverbände regieren inzwischen bei uns mit, und das nicht nur in Hessen, sondern auch auf Bundesebene.

 

Als 1994 das hessische Naturschutzgesetz im Landtag verabschiedet wurde, gab es ordentlich Zoff. Die CDU sah den Konsens im Naturschutz gefährdet und sprach von einer Politik der Spaltung, weil dem Naturschutz die Priorität gegenüber allen anderen Lebensbereichen eingeräumt würde. Der SPD-Minister Jordan stellte die Regierung als Ansammlung um den Naturschutz besorgter Gutmenschen hin und konterte zungenfertig: "Wir müssen die Natur gegen Sie (die Opposition, d. Verf.) verteidigen." Die oppositionelle FDP betrachtete die grüne Ökosoße als Gängelung und unangemessene Ausweitung der Bürokratie.

Dabei ist das Schlimmste gerade noch vermieden worden. Denn einige Naturschutzverbände verlangten ursprünglich, daß der Pflegeschnitt von Hecken und Obstbäumen, der ohnehin nur in der Zeit vom 1. September bis 15. März gestattet ist, auf Antrag amtlich zu genehmigen sei. Was für ein herrliches Betätigungsfeld für durchgeknallte Ökoblockwarte. Als das vom Tisch war, gab der BUND noch nicht auf und forderte den Minister auf, den Bürgern wenigstens die bürokratische Pflicht aufzuerlegen, den Pflegeschnitt bei der unteren Naturschutzbehörde anzuzeigen. Das hätte mit Sicherheit eine feine zusätzliche Abteilung "Obstbaum- und Heckenpflegeschnitt" mit Abteilungsleiter (Mindestbesoldung A 14), Heckenschnitt-Sachbearbeiterin, Sekretärin und Außendienstmitarbeitern gegeben.

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Jetons für das Verschwender-Roulette im Politkasino

Um weitere vier Jahre im Geschäft zu bleiben, hat sich die hessische SPD mit den Grünen darauf geeinigt, in der Legislatur­periode von 1995 bis 1999 keine neuen Straßen zu bauen, die in "Natur und Landschaft eingreifen". Das tut aber fast jede Straße, weshalb die CDU/FDP-Opposition im hessischen Landtag von einem Skandal spricht. Ortsumgehungen, die von lärm- und abgasgeplagten Bürgern gewünscht werden, fallen ins rot-grüne Koalitionswasser. Das Magazin Focus schreibt: "Hans Eichels Wahl zum Ministerpräsidenten hing u. a. vom Verzicht auf die Ortsumgehung des Dörfchens Hirzenheim Glashütten ab." Bernd Kistner, der Sprecher des hessischen Verkehrsministers Lothar Klemm, sagte dazu: "Uns blieb keine andere Wahl."

Wie gesagt, es geht nicht um die Bürger, sondern nur ums Pöstchen.

Damit irgendwer — die Köpfe sind rund und blaß sowie beliebig austauschbar — weitere vier Jahre das Minister- oder Ministerpräsidenten-Rädchen drehen darf, stehen in Hessen eine Reihe von "So-da-Brücken" in der Landschaft. Beispielsweise stecken in der nicht fertiggestellten Ortsumgehung von Nauheim bei Groß-Gerau 5 Millionen Mark. Die von den Grünen ebenfalls blockierte Leuna-Brücke in Frankfurt-Höchst kostete 60 Millionen Peanuts, sie bindet den Ort nicht etwa an die Autobahn an, sondern mündet auf einen Firmenparkplatz der Hoechst AG. Aber Steuergelder sind für unsere Regierenden, solange sie reichlich fließen, so was wie Monopoly-Spielgeld oder Konfetti, das sie mit einem unterdrückten Helau aus der Polit-Narrenkanone in die Gegend feuern. 

Die Vergeudung von Steuergeldern ist keine hessische Spezialität, sondern wahrscheinlich das tragende politische Prinzip zur Pflege der Wählerklientel. Der Bund der Steuerzahler tritt gelegentlich ans Schienbein; so hat er 1994 die Verschwendung von Steuergeldern auf 60 Milliarden Mark geschätzt. Da der ehemalige Wirtschaftsminister Bangemann auf die Frage, wieviel Nullen eine Milliarde habe, nicht recht antworten konnte, sei der obige Betrag noch einmal in Ziffern wiederholt: 60.000.000.000 Mark. Zur Eintreibung der Jetons für das Polit-Roulette greifen die Finanzämter teilweise zu rabiatesten Mitteln. Dabei ist es wurscht, ob ein Klein- oder Mittelbetrieb wegen der nicht gewährten Steuerstundung pleite geht.

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Das Karl-Bräuer-Institut hat herausgefunden, daß der Arbeitnehmer 1994 von 100 Mark 48 Mark und 10 Pfennige an Steuern und Sozialabgaben hergeben mußte. Das heißt, er arbeitet fast ein halbes Jahr nur für die Finanzierung der staatlichen Geldumverteilungs- und Geldvernichtungsmaschinerie. Zur Erinnerung: 1950 waren es gerade mal 115 Tage — ein Drittel des Jahres. Und dennoch kommen unsere Politiker, weil sie seit Beginn der Bundesrepublik notorisch zur Wahl ein paar Luftballons für die Kinderchen als soziale Geschenke versprachen, nicht mit den Einnahmen aus. Ohne Bedenken macht man immer mehr Schulden.

Selbstverständlich darf die Riesenfinanzlast der Wiedervereinigung nicht verschwiegen werden. Aber jeder Privatmann hätte bei einem solchen Lebenswandel längst eine eidesstattliche Erklärung — sprich Offenbarungseid — ablegen müssen oder wäre vom Vormundschaftsgericht entmündigt worden!

 

Im Juni 1995 installierte der Steuerzahlerbund in Wiesbaden eine Schuldenuhr. Diese zeigt 4000 Mark Schuldenzuwachs der öffentlichen Hand pro Sekunde an. Täglich sind das über 340.000.000 Mark! Und für welch einen Quatsch das Geld zum Teil in die Landschaft geschossen wird! Als die SPD 1995 in Nordrhein-Westfalen mit den Grünen zusammen ins Bett stieg, wurden u. a. folgende Verschwendungen zur Bedienung der grünen Wählerklientel vorgesehen:

• Bau von 100 Fahrradstationen auf Bahnhöfen: 150.000.000 DM
• Einrichtung eines Schwulen- und Lesbenreferats im Sozialministerium: 700.000 DM
• Schuldnerberatung im Strafvollzug: 1.000.000 DM
• Prostituiertenförderung (wahrscheinlich gibt's noch nicht genug): 500.000 DM
• Internationalismus = Multi-Kulti: 4.000.000 DM
• Förderung von Schwulen- und Lesbenverbänden: 1.400.000 DM
• Gutachten über den Aufbau einer Frauen- (FrauInnen?)-Hochschule: 1.000.000DM
• Rechtsinformation für Abschiebungsgefangene: 2.500.000 DM
• Forschungsprojekt "Antischwule Gewalt": 500.000 DM, usw.

Und damit genügend Bargeld für solche und ähnliche von der "Bevölkerungsmehrheit" (man spricht vom Wählerauftrag!) sehnlichst herbeigewünschte "Segnungen" hereinkommt, hat man/frau die Steuerfahndung von Nordrhein-Westfalen um 170 zusätzliche Dienstleistungsarbeitsplätze aufgestockt. Macht jährlich noch einmal schlappe 15 Millionen. Sage niemand, die Grünen hätten kein Beschäftigungsprogramm!

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Wie steht es aber mit der Akzeptanz der "Grünen-Politik"? Die Zustimmung der Gesamtbevölkerung für wichtige politische Ziele der Grünen 1994 spricht für sich:1,2,3
• Die staatliche Überwachung von Verdächtigen nicht ausdehnen, den großen Lauschangriff verhindern 21 %
• Dafür sorgen, daß die Polizei nicht mehr Macht und Befugnisse bekommt 16 %
• Mehr für Frauen tun 34 %
• Die doppelte Staatsbürgerschaft zulassen 24 %
• Autofreie Innenstadt 14 %

 

Die sanft-rabiate Eindrittelgesellschaft

Die modernistische Ausflippgesellschaft hat noch ganz andere tolle Quatschnummern drauf. Um an die Macht zu kommen und auch dran zu bleiben, ist den Politikern fast jedes Mittel recht. Ein echter Saisonrenner war und ist die Forderung nach Herabsetzung des Wahlalters. Weil man sich an den älteren, nicht so recht auf schrill-schrullige Quatschthemen abfahrenden Bürgern stört, möchte man das Wahlvolk durch Herabsetzung des Wahlalters und Begrenzung des Wahlrechts für Ältere verjüngen. So jedenfalls wollte es die SPD-Frau und Publizistin Heidi Schüller, die 1994 immerhin Mitglied von Scharpings Schattenkabinett war. Da ist was dran, denn junge Menschen sind beliebig emotionalisierbar. Außerdem

• glauben sie informiert zu sein, weil sie ökologische Weisheiten aus der Schule kennen. Das reicht aus. Wirtschaftliche Hintergründe sind sekundär, denn das Geld fällt jeden Monat vom Himmel.
• haben sie keinerlei Lebenserfahrung und können Ereignisse nicht geschichtlich einordnen.
• verfolgen sie kaum seit Jahren die Politik und interessieren sich in der Mehrzahl wohl nicht dafür. Minderjährige haben andere Sorgen.
• stöhnen sie nicht über die Steuer, weil die nur die Eltern zahlen. Deshalb sind sie leicht zu überzeugen, daß wir mit dem Rest der
Welt teilen müssen — weil wir so reich sind. Außerdem kann man die Jetons notfalls bei den Reichen und Besserverdienenden einsammeln.

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Bei der hessischen Landtagswahl hatten die Wähler einmal die seltene Gelegenheit, ihre Meinung zu dieser Paradiesvogel-Idee kundzutun. Nur ein knappes Drittel der Wähler stimmte für die Gewährung des aktiven Wahlrechts schon ab 16 Jahren! Solch eine Kinderquarkspeise kann nur in einer Gesellschaft aufkommen, in der die Kapitäne auf der Kommandobrücke längst die Bodenhaftung verloren haben!

Der Unfug ist sogar noch steigerungsfähig. So hat sich als Ergebnis einer "Expertenanhörung" die Kinderkommission des Bundestags im Februar 1996 dafür ausgesprochen, das Wahlalter sogar auf 14 herabzusetzen. Einer der "Experten", der Münchner Rechtsanwalt Peter Merk, meinte, daß das Wahlrecht ein Grundrecht sei, es "gelte damit ab der Geburt". Das müßten die Väter des Grundgesetzes noch hören können. Die wären fest davon überzeugt, daß die Bundesrepublik des Rinderwahnsinns fette Beute geworden sei!

Würde man den "Experten" beim Wort nehmen, dann müßten wir in Bälde für Kinder im Krabbelalter am Wahltag den Jüngstwählerstimmenforscher berufen, der, am Laufställchen horchend, die Äußerungen der Kleinsten als politische Willensbekundung interpretieren würde. Laute wie "Brabbel-glühn-glüüh" ließen sich als eindeutige Stimmabgabe für "Grün" interpretieren!

In der FDP blockierte jahrelang eine Eindrittelklientelvertretung die Lauschverteidigung — ein Begriff, der als Lauschangriff diffamiert wird — der Rechtsordnung. Dies, obwohl sich Fachleute der Straf­verfolgungsbehörden darüber einig sind, daß dem Mob der organisierten Kriminalität am besten mit den Methoden der elektronischen Beweisführung "unter strenger rechtsstaatlicher Kontrolle" beizukommen sei. Nach endlosem Hickhack kam es endlich im Dezember 1995 zu einer FDP-Mitglieder-Befragung, die ein klassisches Eindrittelergebnis brachte: 63,6 % befürworteten den "Lauschangriff", und nur 35,7 % waren dagegen — eben wieder das berühmte Drittel! Unter Tränen trat die linksliberale Justizministerin Leutheuser-Schnarrenberger (Kollegenspott: Lautheuler-Schluchzberger) zurück.

Oder: Die Stadt Freiburg im Breisgau besitzt einen der ältesten deutschen Flugplätze, der seit 1911 besteht und heute überwiegend von Geschäfts- und Sportfliegern genutzt wird.

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Da die Grünen außer während des Urlaubs praktizierende Gegner der Luftfahrt sind, ist für sie der Bremsklotz das wichtigste Utensil eines Flughafens. Folglich beschloß der rot-grüne Gemeinderat die Stillegung für 1996. Die angeblich von Lärm und Dreck gepeinigte Bevölkerung sammelte 40.000 Unterschriften für den Erhalt des Flughafens. Der so erzwungene Bürgerentscheid zeigte bei hoher Wahlbeteiligung ein erstaunliches Resultat. Hier kam noch nicht einmal das berühmte Drittel zustande. Nur rund ein Viertel stimmte mit den Rot-Grünen überein, während eine Dreiviertelmehrheit für den Erhalt des Flughafens war.4

Oder: Die bereits genannte rot-grüne Blockade der Ostumgehung des hessischen Ortes Nauheim wurde durch einen Bürgerentscheid mißbilligt. Bei einer für einen Bürgerentscheid hohen Wahlbeteiligung von 60,3 % stimmten 61,1 % für den Bau der neuen Straße und nur 38,8 % waren dagegen.5 Kurz danach, am 30. November 1995, erfährt man, daß es trotz des Bürgerentscheids beim "Nein aus Wiesbaden" bleibt, denn die Umgehung würde "Geist und Sinn der Koalitionsvereinbarung" widersprechen. Klar, wer will schon Populismus betreiben? Das Volk wird gefälligst regiert. Wo käme man denn hin, wenn auch dessen Wille durchgesetzt würde?

detopia: Im gleich folgenden Abschnitt rechnet Hug die Wahlbeteiligung mit ein. Aber hier oben tut er es nicht. Ich habe das für ihn getan: 36,8 % der Wahlberechtigten wollten 1995 die Umgehungsstraße. Eben eine klassische "Eindrittelmehrheit".

Sieht man von der unbestreitbaren Notwendigkeit eines wirksamen Umweltschutzes (68 % Zustimmung) einmal ab, finden zentrale Programmpunkte der Ökopartei nur bei einer Wählerminderheit Anklang, dem "magischen Drittel". Da ist schon zu fragen, wie viele überhaupt diese Partei wählen. Bei der Bundestagswahl 1994 gaben 6,5 % der zur Wahl gegangenen Bürger ihre Erststimme den Grünen. Akzeptiert man die These, daß extrem weltanschaulich orientierte Parteien, wie die Grünen oder die PDS, eher ihre gesamte Wählerschaft mobilisieren als die anderen Bundestagsparteien, so kommt man bei einer Wahlbeteiligung von 79 % auf rund 5,1 % grüne Stammwähler.

Der Hamburger Politologe Joachim Raschke sieht sogar nur etwa 3 % als dauerhafte Bündnisgrün-Wähler,6) wobei das strategische Potential der Grünen auf höchstens 20 % geschätzt wird. Inzwischen umwerben alle Parteien diese 20 %, die als Technikangst-Suchtknochen und emanzipathologische Gutmenschen mit Sicherheit das grüne Original wählen werden.
Sogar die einstmals konservative CDU spielt beim grünen Ringelpiez mit Anfassen mit. Sie würde sich aber besser um die Nicht-

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wähler kümmern! Immerhin hat sie 1994 bei der Bundestagswahl 2,447 Millionen (2,447 Mio. • 100 : 17,473 Mio. = 14,0 %) ihrer Wählerstimmen an die Nichtwähler verloren und dank des Geißler-Süssmuth-Pflüger-Dunstkreises von der SPD nur 0,754 Millionen und von den Grünen sogar nur 0,117 Millionen zu sich herübergezogen.7 Schuld daran ist, daß der CDU ein wertkonservativer Flügel fehlt!

Und noch eins ist wichtig: Je mehr sich die Politik um das Eindrittel-Minderheitsgeschäft kümmert, desto mehr verliert sie die Bodenhaftung und die Zustimmung der Bevölkerungsmehrheit.

 

Heute bleibt die Küche kalt

Dem konservativen Wähler geht es heutzutage ähnlich wie einem Gast, der eine Wirtschaft betritt und nach einem saftigen Rumpsteak mit Fritten und einem ungezieferfreien (raupen- und wildkäferfreien) knackigen Salat verlangt. Die Bedienung des Gasthofs "Zum Grünkernbratling" kommt mit schmuckem lila Halstuch einher; ihre nackten Füße stecken — weil Strümpfe krank machen — in Birkenstock-Sandalen aus heimischen Naturhölzern. Vor Aufnahme der Bestellung erklärt sie ungefragt, aber sehr aufgeschlossen, daß sie lesbisch sei und einen Schwulen geheiratet habe. Das Paar freue sich auf den Nachwuchs, der nach der heterologen Insemination demnächst kommen dürfte. Außerdem serviere sie für gesellschaftliche "Reformen", für die Dritte Welt und gegen die Abholzung des Amazonasgebietes. Kurz: Sie führe ein politisch und ökologisch korrektes Leben. Dann kommt sie zur Speisekarte und erläutert dem konservativ wählerischen Gast die Gerichte.

Heute gäbe es als Spezialität gutmenschliches Rührei von freilaufenden Hühnern mit kämpferisch-engagiertem Migrantenkult gewürzt. Dazu reiche man in grünem Ökoküchenkräutersud ("Nouvelle Cuisine Verte") angerichtete Schwarzwurzeln nebst biodynamischen Salzkartoffeln. Statt der zeitgemäß modernisierten Schwarzwurzeln könne der Gast auch rote Bete mit Blattspinat und rote Radieschen aus den neuen Bundesländern haben. Dazu gäbe es das neue Marxismus-Dressing, weil das alte nicht so recht beim Publikum angekommen sei. Man sei aber jetzt sicher, daß es diesmal besser schmecke, denn einmal muß es ja klappen. Zumal man etwas Bananengeschmack beigefügt habe.

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Alternativ hätte man auch noch die Hausspezialität, gefühlssprechbetonte Grünkernbratlinge — da sei dann alles drin: gutmenschliches Sülzsprech, engagierte Technikängste, wegschauende Friedenspolitik, kämpferisches Ökoentsetzen und Politik für Minderheiten.

Tischgespräche sollten nur "politisch korrekt" über nicht tabuisierte Themen, die von der im Hintergrund hörbaren Combo-Band vorgetrommelt würden, geführt werden. Der Gast könne sich auch gerne an den Ökochonderstammtisch oder zur Selbsterfahrungs-Radfahrergruppe mit gelegentlichem Urschrei in der linken hinteren Ecke setzen.

Obwohl man im Gasthaus "Zum Grünkernbratling" tolerant bis zur Selbstverleugnung sei, sei man in jedem Fall intolerant gegen die Intoleranten. Die werde man sofort vor die Tür setzen. Das habe aber nichts mit Lokal- oder Denkverbot zu tun. Reinen Wein würde man zwar nicht führen, dafür gäbe es aber naturtrüben Öko-Most von Streuobstwiesen, der würde auch ganz schön den Verstand umnebeln. Vom gleichen Lieferanten habe man auch Apfelsekt mit Bio-CO2. Der konservative Gast lehnt dankend ab und verläßt das Lokal seiner einstigen Wahl. Er bleibt künftig schlicht zu Hause, brät sich dort sein Rumpsteak im trauten Familienkreis und hofft auf andere Köche in seinem einstigen Stammlokal. Man nennt ihn auch den konservativen Nichtwähler.

 

Der lange Marsch an die Spitze des giftig-ätzenden Eisbergs

Den Marsch durch die Institutionen begannen die grünen Lichtgestalten so um 1968. Damals gab es, von Amerika ausgehend, in der Bundesrepublik — nicht in der DDR — eine vorher nicht gekannte Unruhe. Der Radau der 68er Apo-Bewegung kulminierte in Hausbesetzungen, in gewalttätigen Vietnam-Demos der Friedensbewegung (!), Krawallen des Heidelberger "Sozialistischen Patientenkollektivs" (waren die alle krank?), in Antikernkraft-Kampftruppen, dem SDS und anderen Gruppierungen, die wie Pilze nach einem warmen Regen aus dem mit Marxismus gedüngten Boden schossen.

Der drögen, technikbegeisterten, zufriedenen Wiederaufbaugeneration mit dem blankgeputzten VW-Käfer vor dem "Häuschen im Grünen" konnte man mit Parolen wie "Komm herunter vom Balkon — reih dich ein für den Vietkong" nicht imponieren. 

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Die hielten das zu Recht für vollkommen abgedreht und zeigten höchstens mal den Vogel. Der Radikalenerlaß — so etwas gab es mal, heute sitzen die damals "Bedrohten" im Bundestag (!) oder auf hohen Beamten- und Regierungspöstchen — hielt kaum jemand davon ab, den neuen Wohlstand und den ersten Urlaub auf Mallorca zu genießen. Auch drangen die perfide "repressive Toleranz" des "Polizeistaates" und die Gefährdung der Freiheit durch "Notstandsgesetze" nicht so recht in die mit Nierentischchen ausgestatteten Wohnstuben.

Trotz allem machte sich seit ungefähr 1969 ein diffuses Gefühl der Unzufriedenheit bei den Wählern breit, die in eine Sehnsucht nach besseren, demokratischeren Zeiten mündete. Zehn Jahre zuvor hatte die SPD ihr stramm marxistisches Klassenkampf-Mäntelchen abgestreift und war mit dem Godesberger Programm auch für Bürgerliche wählbar geworden. Das Ergebnis war 1972 die Ablösung der aus CDU und SPD bestehenden Großen Koalition durch eine SPD/FDP-Reformregierung unter Willy Brandt. Die neue linksliberale Regierung münzte flugs einige "Flower-Power-Highlights" der 68er-Philosophie in praktische Politik um.

Trotz allem Entgegenkommen seitens der sozialliberalen Regierung ließen sich die 68er nicht so recht integrieren. Die roten Brauseköpfe wollten mehr. Leider zog das Umweltargument trotz der Krawalle um das Kernkraftwerk Whyl noch nicht so recht. Dann aber, Gott sei Dank, stellte sich die moderne Chemie mit der Entwicklung der instrumentellen Spurenanalyse selbst ein Bein: Plötzlich ließ sich das Pflanzenschutzmittel DDT in bisher nicht bestimmbaren Mengen überall nachweisen, Cadmium, Blei und Quecksilber fanden sich überall — insbesondere im Wattenmeer und in jedem Hering. Die chemische Keule war entdeckt.

Zupaß kam auch die Contergan-Tragödie, in deren Folge in den 60er Jahren Kinder mit furchtbaren Mißbildungen auf die Welt kamen. Ein paar Jahre später, 1976, entdeckte man nach dem Seveso-Unfall das Dioxin als das Lehrmittel der Katastrophenpädagogik ("Dioxin-GAU").

Danach ging es Schlag auf Schlag: Der krebserregende Formaldehyd waberte in den Kindergärten, und der Wald würde sterben, weil der Regen so sauer wie Essigwasser sei. Im Fernsehen wurden unter Ableiern der Katastrophenorgel Bildmontagen von Heidelberg und Umgebung ohne Bewaldung gezeigt. Den Bundesbürgern begannen schön langsam die Haare zu Berge zu stehen. Die 68er und der ihnen nahestehende Ökomärchen-Strickkreis der Medien dümpelten argumentationsselig auf der Heavy-Metal-Welle.

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Übertreibung schadet nicht, und was am lautesten quietscht, kriegt am meisten Fett — will sagen die meisten Abonnenten. Die Geburtsstunde des Angst, Schrecken, Betroffenheit und Entsetzen verbreitenden Ökomanipulations-Journalismus war gekommen. Waschmittel wurden zur "Spitze eines giftig-ätzenden Eisbergs". Weil Bio-Obst ohne "Chemokeule" wächst, wurde der Wurmkanal im Apfel zum Gütezeichen einer genießbaren Frucht. Der standesbewußte Ökochonder von Welt preist heute jede Made im Apfel und knutscht jede Raupe im Salat.

 

Zu der Zeit erfand man den Schlüsselbegriff fürs schlechte Gewissen: die Wegwerfgesellschaft. Das allein reichte natürlich nicht aus, denn die Verbraucher konsumierten fleißig weiter. Da die Abfälle und die hochgejubelten Umweltskandale proportional zu unterem Wohlstand wuchsen, beruhigte vor allem der jugendliche Dunstkreis studierender 2-CV-Fahrer sein schlechtes Gewissen, indem er einfach Grün mit rotem Untergrund wählte.

Ein besonders erhellendes Licht auf das Selbstverständnis des Ökologismus wirft eine Versammlung der "Bundeskonferenz (Bu-Ko) der Bewegung gegen die Atomanlagen", die im Januar 1987 in Nürnberg stattfand. Dort gab sich ein bunter Haufen ökomarxistischer Traumtänzer ein Laber-Stelldichein. Unter anderem trat die grüne Europa-Abgeordnete Brigitte Heinrich auf. Die Frau war sechs Jahre vorher wegen Verstoßes gegen das Kriegswaffenkontrollgesetz und das Sprengstoffgesetz rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von 21 Monaten verurteilt worden, weil sie 16 Handgranaten und ähnlichen Plunder über die deutsch-schweizerische Grenze geschmuggelt hatte. Rein zufällig tauchte das Öko-Diplomatengepäck "in konspirativen Wohnungen einer Nachfolgeorganisation der Baader-Meinhof-Bande" auf. Zweifellos ein versprengter Sozialarbeiterhaufen, der nur ein bißchen zu weit gegangen war.

Auf der Nürnberger "BuKo", zu deren Mitveranstaltern die Bundestagsfraktion der Grünen sowie deren Landtagsfraktionen aus Bayern und Niedersachsen zählten, wurden alle möglichen Traumtänzereien gefordert. So stand man für die ersatzlose Streichung des Paragraphen 129a (Bildung terroristischer Vereinigung) oder die Abschaffung des Paragraphen 130a (Anleitung zu Straftaten), auch wollte man die "militante Debatte" durchsetzen. 

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Eine Arbeitsgruppe "Schrauben" dachte mehr ans Praktische und beschäftigte sich damit, wie man Befestigungselemente an Strommasten entfernen könne.

Besonderen Beifall erhielt der inzwischen verstorbene "Zukunftsforscher" und unermüdliche Technikkritiker Robert Jungk (Hauptwerk: "Heller als tausend Sonnen"). Er meinte, daß Tyrannen zwar schnelle Erfolge hätten, aber sie seien alle gestürzt worden. Mit Blick auf die in der Bundesrepublik "regierende technokratische Klasse" rief er aus: "Weg mit den Tyrannen, fort mit den Tyrannen."

Als er merkte, daß er damit zu weit gegangen sein könnte, fügte er schnell hinzu, er hoffe, daß ihm das nicht als Aufforderung zur Gewalt ausgelegt werde.(8)

Natürlich nicht!

 

Das macht Sinn

Am Anfang wurde die Öko-Agitprop meist ohne naturwissenschaftlich-technische Kenntnisse unters Volk gestreut. Beispielsweise stand in der Illustrierten Quick vom 8. Februar 1979: "Die gekörnten Abflußreiniger enthalten Ätznatron, das mit Wasser verbunden zu einer aggressiven Säure wird." Den Journalisten war halt unbekannt, daß Ätznatron Natriumhydroxid ist, dessen wäßrige Lösung Natronlauge ergibt und keine Säure!

Die Siegener Zeitung vom 9. Juni 1979 gab andere profunde Chemiekenntnisse zum besten: "Der Schwefel wird gewaschen, mit bestimmten Säuren angereichert und verfestigt sich dann zu Gips." Das klingt in den Ohren eines Chemikers ähnlich, als würde jemand behaupten, man könne durch Verreibung von Brombeeren mit Erde ein Körbchen frischer Erdbeeren synthetisieren und gleichzeitig das Element Brom freisetzen.

detopia: Das liegt am "System der bunten Blätter". Also daran, daß es nicht seit 1945 eine staatliche Umweltzeitschrift gibt, in der Chemiker mit pädagogischen Neigungen — z.B. Berufsschullehrer —, die Meinung der Fachwelt beschreiben. — Also daran, daß die Meinung des Volkes durch die Privatinstitute gebildet wird. (Deutschlandfunk und Fernsehen wirken durch ihren elektronischen Vermittlungsweg anders, als Papierschrift. Außerdem haben die Programmdirektoren die eigentliche Macht und die lassen sich nicht einfach absetzen — bis heute.)

Üblicherweise tötet ein Insektizid den Pflanzenschädling ab (Empörung nicht vergessen, weil es statt Pflanzenschädlingen nur Biotopnützlinge gibt!). Noch 1984 erklärte eine große Illustrierte die Wirkung eines Insektizids folgendermaßen: Die "vom Befall gefährdeten Agrarprodukte (werden) für die Schädlinge so ungenießbar gemacht, daß diese sich nicht mehr rantrauen und schließlich verhungern". Wenn das keine Tierquälerei ist!

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Inzwischen sind die Katastrophalos geschickter. Einschlägige Organisationen halten heute hochqualifizierte Naturwissenschaftler mit dem entsprechendem Bewußtsein unter Dampf. Die beliefern die Redaktionsstuben selektiv mit den notwendigen spinatmarxistischen Schmiermitteln. Umweltbelastungen werden seither naturwissenschaftlich exakter und weniger lächerlich kommentiert. Das ist bei weitem noch kein Garant für eine objektive Information der Bevölkerung. Denn die Redaktionen werden selbstverständlich nur mit dem Grünfutter versehen, das der Biological Correctness genügt. Forschungsergebnisse, die nicht zum Katastrophenzirkus passen, werden einfach totgeschwiegen oder als unqualifiziert zu den Akten gelegt.

 

Einen weiteren Sachverhalt muß man den Öko-Hofsängern um die Ohren schlagen. Denn gemäß ihrer Doktrin ist ausschließlich unser Wohlstand für sämtliche Umweltschäden verantwortlich. Nicht nur, daß damit die in den exkommunistischen Ländern angerichteten Verwüstungen ohne Erklärung bleiben, greift das Argument zu kurz, weil es die Zahl der Konsumenten außer acht läßt. Zudem hat es uns eine schwere gesellschaftliche Sinnkrise beschert. Einerseits möchte man ganz gern die Arbeitsplätze erhalten, andererseits aber auch verhindern, daß die Leute die an diesen Arbeitsplätzen produzierten Waren (etwa Autos) nutzen. So kommt es, daß technikfeindliche Techniknutzer mit dem Auto in den Ferien locker 8000 km runterspulen und gleichzeitig auf jeden eindreschen, der mit dem Pkw zur Arbeit fährt, oder der es wagt, an ihrer Wohnung vorbeizufahren. Das darf man getrost als galoppierende "Schizogreenie" bezeichnen.

detopia: Hier kann ich eigentlich nur noch schweigen und mich mit meiner eigenen Seele insofern beschäftigen, als daß ich trainiere, die Dinge hinzunehmen — sie sind halt nicht zu beeinflussen. ——— Das einzige äußerlich Befreiende, was mir einfällt, ist: Alle Grünen, alle Naturschutzverbände sind von ihrer Verantwortung entlastet. "Die Konterrevolution" gewinnt sowieso immer. Das liegt daran, weil ihnen keine Dummheit zu groß ist, um recht zu behalten. Daher muß ich leider sagen: Das Engagement der "grünen Menschen", denen die ökologische Zukunft des deutschen Volkes am Herzen liegt, ist nunmehr unnötig. Vielmehr müssen sie (ab jetzt) nur noch ihr Wissen aufschreiben und sagen: Wir wissen es besser! — Ja: ich meine das ernst: Der ganze Hickhack um Grenzwerte, raubt nur Zeit und Kraft (in Zukunft — bisher war es notwendig). So bitter es klingt: 10000 Verkehrstote und 150000 Schwerverletzte pro Jahr reichen noch nicht aus, um durchschnittliches Volksbewußtsein — hier mit der Stimme eines 52jährigen Chemielehrers — irgendwie zum Zweifeln zu bringen. Wenn man diese Zahl über einige Jahre kumuliert, dann muß eigentlich jeder Deutsche irgendeinen Bekannten haben, der mal (in diesen Jahren) einen schweren Unfall mit bleibenden Körperschäden hatte. (Ich bin versucht, jetzt etliche Bekannte anzurufen, um diese Theorie zu überprüfen.) — Wieviel muß denn noch passieren, bis das Volk zumindestens solcherart ähnliche Wahrnehmungen hat, daß es zusammen reden kann? ——— Also: Für eine langfristige, dauerhafte und wirkliche Sanierung der Umwelt in Deutschland scheint es mir günstiger, wenn alle "Bewegten" sich — außer natürlich auf sich, etwa das Wegziehen von Atomkraftwerken — die passive Erkenntnis konzentrieren. — Der Grund: Die "Verwischung" der Lage durch allerlei kleine Verbesserungen, ist langfristig schädlicher. (Es tut mir leid, das sagen zu müssen.) — Die "machbaren" Dinge können Stoiber und Schröder genauso gut tun. Aber diejenigen Umweltschützer, denen das zuwenig ist, die können (wenn sie wollen), das sein lassen. Sie tun mehr für die Menschheit (und die Deutschen), wenn sie auch etwas Kraft dem widmen, was wirklich hilft.

 

Die eigentliche Umweltkatastrophe, nämlich der weltweite explosive Zuwachs der Bedürfnisträger — sprich Menschen —, wird durch die ökomarxistische Wohlstandskritik in den Hintergrund gedrängt. Während der Dachstuhl lichterloh brennt, führen wir scholastische Diskussionen, ob der ein oder andere Grenzwert noch zu hoch sei. Es könnte ja sein, daß von 50 ausgelegten Feuerwehrschläuchen einer keinen Druck hat.

Das Ergebnis des gigantischen Panikgeschäfts ist, daß wir uns ständig durch Wohngifte, Elektrosmog, Dioxin, Kernkraft und andere unsägliche Gefahren außerhalb der Tempo-30-Zonen bedroht fühlen. Einer Umfrage von 1995 nach glaubt jeder zweite Bundesbürger nicht mehr daran, daß es möglich sei, gesund zu leben.9 

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An sich müßten wir an den Landesgrenzen Schilder aufstellen, die jeden Einreisenden vor den potentiellen Gesundheits- und Dachschaden von Teilen der Bevölkerung warnen, die als Ökolehrer mit Tempo 100 die linke Fahrspur blockieren. Alles ist in Deutschland vergiftet, sogar der Wein, der neben "Glykol" auch noch das giftige Ethanol enthält, das 1993 für 40.000 Tote sorgte. Im Ozon-Jammertal lebend, sind wir zu einem ziemlich weinerlichen Haufen von Ökochondern verkommen, der alle vier Jahre mit einem wahren Goldregen überschüttet würde, wenn es die olympische Disziplin des "Angsthabens" gäbe. Im grünfriedlichen "Angstschleuder- und Empörungsweitwurf" oder in "den gestrichen vollen Hosen" wäre Deutschland unschlagbar!

Längst kursieren deutsche Ökotaumelbegriffe als Fremdwörter im Ausland, wie "l'angst" in Frankreich, "il Gift" in Italien und "el Waldsterben" in Spanien. Verräterisch sind auch die neuerdings in den Vereinigten Staaten kursierenden Germanismen. Jack Rosenthal vom New York Times Magazine nennt als Beispiele deutsche Begriffe wie "Schadenfreude", "Wunderkind", "Zeitgeist" und vor allem "Weltschmerz" und "Angst".

detopia: Die — ausländischen Medien — brauchen sich doch gar nicht um uns kümmern! Das sind auch "Medien", die nach "Aufhängern" und "Quote" — also Geld — suchen. Im privaten Bereich wird doch oft empfohlen, sich nicht darum zu scheren, ob dieses und jenes dem Nachbarn gefällt.

Umgekehrt wird manche angloamerikanische Redewendung geschmäcklerisch eingedeutscht. Von der Modernismussucht geplagte Neusprechler haben die englische Redewendung "It makes sense" mit "Es macht Sinn" ins Deutsche übertragen und merken noch nicht einmal, wie sie dabei die Hosen runterlassen. Wer hip-hop und trendy sein will, verwendet den Ausdruck anstelle der alten Redewendung "Es ergibt einen Sinn". Fazit: Wir leben also nicht nur im Land der Lieder-/Gedichte-/Theater-/Filme-/Spaß-/ Angst-/Bilder-/Medien- und Modemacher, sondern auch im Land der Sinnmacher.

 

Schon 1923 war bei Oswald Spengler nachzulesen, daß die Presse nicht informiert, sondern die "freie Meinung" erzeugt — eben Sinn macht. Spengler formulierte das so:(10)

"Was ist die Wahrheit? Für die Menge das, was man ständig liest und hört. Mag ein armer Tropf irgendwo sitzen und Gründe sammeln, um ›die Wahrheit‹ festzustellen — es bleibt seine Wahrheit. Die andere, die öffentliche des Augenblicks, auf die es in der Tatsachenwelt der Wirkungen und Erfolge allein ankommt, ist heute ein Produkt der Presse. Was sie will, ist wahr. Ihre Befehlshaber erzeugen, verwandeln, vertauschen Wahrheiten. Drei Wochen Pressearbeit, und alle Welt hat die Wahrheit erkannt."

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Und so ist es. Die ständige Öko-Agitprop zeigte und zeigt Wirkungen. Wenn die bei ARD und ZDF akkreditierten Hiobsbotschafter unheilbeschwörend loslegen, genießen sie die ungeteilte Aufmerksamkeit der von Lustangst beseelten Endzeitgemeinde. Richtig konsumierter Ökohorror schlägt heute jeden Dracula- oder Frankensteinfilm um Längen. Was an den Meldungen Science und was daran Fiction ist, ist zwischenzeitlich vollkommen belanglos geworden. Hauptsache Angst, Entsetzen und Empörung. Beim Blick in die Zeitung denken die meisten gar nicht mehr an das schöne alte deutsche Sprichwort "Der lügt wie gedruckt", sondern fühlen sich ernsthaft informiert. Tatsächlich sind sie nicht mündiger und aufgeklärter als die Kleinen auf den Kindergartenstühlchen, denen die Tante ein paar Märchen vorliest.

 

Wer noch Zweifel hat und meint, man würde uns beispielsweise beim sommerlichen Ozonklamauk nicht zum Ökonarren halten, der braucht nur einmal nachzulesen, was der Gutmenschen-Prediger Franz Alt in einem Anfall von Offenheit 1976 unumwunden zugegeben hat:

"Aber natürlich gibt es hier keinen objektiven Journalismus, aber natürlich müssen wir manipulieren — im Fernsehen noch mehr als beim Rundfunk und bei der Zeitung und im Magazin noch mehr als bei der Tagesschau. Ein Journalist, der sein Tun reflektiert, wird die Subjektivität seiner Arbeit nicht bestreiten können."11

Obwohl heutzutage jedermann Zugriff auf einen ungeheuren Informationsapparat hat, wird er immer weniger objektiv informiert. Und deshalb ist es eine der verblüffendsten Paradoxien der Neuzeit, daß die Bevölkerung trotz enorm gestiegenen Bildungsniveaus und trotz ungehemmten Zugangs zu einer ungeheuren Informationsfülle nicht klüger, kritischer und aufgeklärter, sondern lediglich manipulierbarer und auch manipulierter geworden ist.

Hanebüchene Lügen lassen sich am besten im Fernsehen verkaufen. Dies fand im Februar 1995 der Psychologe R. Wiseman von der britischen Universität Hertfordshire (Hatfield) mit Hilfe von 41.471 menschlichen Versuchskaninchen heraus. Je einem Drittel der Personen wurden Lügengeschichten über die Medien Fernsehen, Radio und Zeitung vermittelt. Am skeptischsten waren die Radiohörer, von denen nur 26,6 % die Märchen glaubten. Dann folgten die Zeitungsleser, die sich nur zu 35,8 % leimen ließen. Am naivsten waren die Fernsehzuschauer, von denen 48,2 % die Lügen für die Wahrheit hielten.12

Die Allensbacher Demoskopieforscherin Noelle-Neumann hat das Meinungsfabrikations-Problem schon vor Jahren mit ihrem Modell von der Schweigespirale aufgegriffen.13

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 In ihrer Untersuchung berichtet sie einleitend von einem Experiment des amerikanischen Sozialpsychologen Salomon Asch:

"Eine Gruppe von acht Personen, in der sich jeweils eine uneingeweihte Versuchsperson befand, wurde angewiesen, die Länge einer vorgegebenen Linie mit drei anderen, verschieden langen Linien zu vergleichen. Jedes Mitglied gab laut sein Urteil ab. Während dieses Tests sah sich die Versuchsperson plötzlich mit ihrer Meinung im Widerspruch zu den übrigen sieben, die von einem bestimmten Zeitpunkt an ständig und bewußt eine falsche Aussage machten. Von 10 Versuchspersonen waren nur 2 standfest genug und blieben bei ihrem Urteil. Die anderen schlossen sich der Mehrheitsmeinung an."

Oder andersherum ausgedrückt: Sie akzeptierten das, was sie als "Expertenmeinung" ansahen.

 

Frau Noelle-Neumann greift dieses Versuchsergebnis auf und untersucht den Einfluß der Medien auf die Meinungsbildung: Zuerst gibt es da eine Minderheitenmeinung, die von einer selbstbewußten Gruppe vorgetragen wird. Ihr folgen zunächst nur vereinzelt einige Anhänger — dann immer mehr. Die Tendenz dieser neugebildeten Avantgarde-Gruppe zu reden wird immer stärker, und um der Isolation zu entgehen, schweigt die andere Gruppe immer mehr. Es entsteht eine Schweigespirale. Man braucht sich nur vorzustellen, daß die Medien das Transportmittel für Meinungen schlechthin sind, dann ist auch die Zusammenfassung von Frau Noelle-Neumann schlüssig: "Aus der Vorstellung von diesem Interaktionsmodell einer ›Schweigespirale‹ wird öffentliche Meinung als herrschende Meinung beschrieben, die zu ihrer Beachtung im eigenen Verhalten und Handeln zwingt, indem sie den Zuwiderhandelnden mit Isolation bedroht."

Wohin die politische Reise geht, war schon vor über 20 Jahren nachzulesen. Damals wählten 80 % der Redakteure die SPD oder die zu dieser Zeit besonders linksliberale FDP.14 Eine neuere Umfrage von 1993 ergab unter den Medienmachern für das linksliberale beziehungsweise liberale, sozialdemokratische, grün-alternative und sozialistische Spektrum eine Mehrheit von 70,1 %. Nur 4 % bezeichneten sich als neutral, und lediglich 2,4 % schätzten sich als eher konservativ ein.15 Die Szene ist zweifellos bunter geworden. In der Summe aber nutzen die journalistischen Manipulationsträger ihre Lufthoheit über der Schweigespirale weidlich aus, um durch Wählermanipulation die Republik schrilli-schrulli-femi-öko-hipi-hopi-multi-kulturell ausflippen zu lassen. 

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Dabei tragen die Meinungsfabrikanten weder Verantwortung, noch sind sie jemals für den von ihnen angerichteten geistigen Flurschaden zur Verantwortung zu ziehen. Für das, was ein Fernsehjournalist in den Köpfen kaputtmacht, muß er niemals geradestehen. Man fragt sich, was hat so ein Mann eigentlich davon? Vielleicht das Ansehen, das nicht bescheidene Gehalt, die öffentliche Beachtung?

Das trickreichste Werkzeug unserer Berufshysteriker ist die Anwendung des Ökomakro/mikroskops - ein Manipulationsinstrument, mit dem man je nach Bedarf beliebig vergrößern und verkleinern kann. Als beispielsweise während des Golfkrieges die Ölquellen in Kuweit abfackelten und Unmengen schwarze Brühe in den Persischen Golf flössen, reduzierten die Berufsapokalyptiker den Globus auf die Größe des Golfgebietes. Sie prophezeiten den Weltuntergang, weil der sich über die gesamte Erde verteilende Qualm eine neue Eiszeit verursachen würde; zumindest würden die Quellen noch jahrelang brennen, und das Öl würde sämtliche Fische im Meer vergiften. Da war selbstverständlich Kollektivhysterie angesagt. Doch der Spuk fand schnell ein Ende. Mit einigen gezielten Sprengladungen blies der amerikanische Feuerwehrmann Red Adair die Ölkerzen in wenigen Wochen aus, und der Persische Golf war nach einigen Monaten so sauber oder dreckig wie zuvor.

detopia: Na, na: Nicht vergessen, daß diese "wenigen Wochen" genau das angerichtet haben, wofür die Zeit ausreichte. Die "Ölkerzen" haben schon ihren Beitrag geleistet und zwar in die Atmosphäre hinein und nicht in den Golf. -—— Es natürlich gut, daß bisher der Mensch immer noch und immer wieder einen Ausweg gefunden hat. Möge er das immer tun! — Wo ist übrigens "Red Adair" denn heute (August 2000)? — 20000 Feuerleute ("Fire fighters") können nichts tun. "Der Spuk" fand damals ein Ende, ja!, und jetzt "flammt" er eben wieder auf. Und dann findet er wieder ein Ende und dann flammt er wieder auf. Und immer so weiter.

"Ölkerzen" ist völlig fehlausgedrückt für den, der ein jemals im Leben ein Foto davon gesehen hat, wo ein Mensch zum Größenvergleich — zum Beispiel "Red" — danebenstand. Für den ist auch kein "Spuk" mehr. Und dieser läßt sich auch nicht davon beeindrucken, daß der Persische Golf so sauber oder dreckig wie zuvor sei, weil er weiß, daß die Schadstoffe in die Luft gegangen sind. (Aber nach Hug gibt es ja keine Schadstoffe, es ist ja immer nur die Dosis. Und diese ging hier in den Golf. Und der war ja vorher schon "dreckig".)

 

Wer das Klima retten will, ißt keine Leberwurst

 

Neben dem blinden Glauben hat der Ökomanipulations-Journalismus ein weiteres wichtiges Werkzeug, nämlich das Prinzip Wirkung=Ursache. Es geht um die Erfindung und um die manipulative Verwendung von Nonsens-Zusammenhängen. Was irgendwo, irgendwie und in irgendwelchen Spuren als Schadstoff bestimmbar ist, wird mit dem Ausbruch einer Krankheit in Zusammenhang gebracht oder als Ursache einer Umweltveränderung hingestellt. Das funktioniert in der Praxis frei nach dem Motto: Weil die Störche fast ausgestorben sind, gibt es auch weniger Kinder. Oder die Eierschalen von Singvögeln gehen kaputt, weil sie durch den sauren Regen dünner geworden sind.

Auf einen weiteren Nonsens-Zusammenhang stießen britische Forscher vor einiger Zeit. Sie fanden heraus, daß in der Nähe von Kirchtürmen die Leukämierate in der Bevölkerung signifikant erhöht ist. Wendet man das "Wirkung=Ursache"-Prinzip an, so kommt man nicht umhin festzustellen, daß es sich um Strahlenschäden handelt, die wahrscheinlich mit der göttlichen Ausstrahlung der Gotteshäuser zusammenhängen.

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In den von der Gesellschaft Deutscher Chemiker (GdCh) herausgegebenen "Blauen Blättern" wurde in der 1992er April-Ausgabe das "Wirkung = Ursache"-Prinzip in dem Aufsatz "Achtung! Leberwurst!" aufs Korn genommen.16 Seit Jahren beobachtet der Chemiker Knarf Elzneik (leicht zu entzifferndes Pseudonym) mit großer Sorge den ständigen Anstieg aller möglichen Mißliebigkeiten wie Todesfälle, Krankheiten, Verkehrsunfälle, Scheidungen, Kriminalität, Drogenmißbrauch und anderen entsetzlichen Alltagshorror. In satirischer Form schildert Elzneik seine Forschungsbemühungen und wie er plötzlich die Ursache aller Übel erkennt.

Im Gefolge eines erfreulichen Schlachtfestes mit reichlichem Genuß deftiger Leberwurst und kräftiger Verdauungsschnäpse stolpert er etwas benommen mit einem unguten Gefühl im Bauch nach Hause. Sein naturwissenschaftlich gut durchtrainiertes Gehirn beschäftigt sich unaufhörlich mit der Ursache aller bekannten oben aufgezählten Mißliebigkeiten inklusive der seines revoltierenden Magens. Plötzlich überkommt ihn die Erleuchtung wie ein Blitz: "Es ist die Leberwurst! Leberwurst tötet, Leberwurst ist die Ursache aller Krankheiten, der Kriminalität, der Unfälle, von allem Übel!"

Als er, zu Hause angekommen, ins Zimmer taumelt, ahnt es auch seine Frau sofort: "Was ist passiert? Wie du wieder aussiehst, schau dich doch einmal im Spiegel an!" "Ja", so schreibt der Satiriker weiter, "ich wußte nun, was meine Pflicht war. Als Wissenschaftler, der gewohnt war, kausale Zusammenhänge sofort zu erkennen, war ich es der Menschheit schuldig, die Gedanken konsequent durchzudenken und zu verfolgen bis zum bitteren Ende. Und jetzt bin ich sicher. Die Tatsachen liegen auf der Hand, aber ich überlasse es dem Leser, die gleichen Schlußfolgerungen wie ich zu ziehen, nämlich: ›Die Leberwurst ist an allem schuld !‹
1. Fast alle Personen, die in Europa während des letzten Jahres gestorben sind, haben in ihrem Leben einmal Leberwurst gegessen.
2. Fast jeder, der in einen Autounfall verwickelt war, hat Leberwurst gegessen. Man überlege: Eskimos, die keine Leberwurst essen, sind selten in Autounfälle verwickelt.
3. Viele Kommunisten essen Leberwurst (das gilt übrigens ebenso für die Nazis).

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4. Es ist schockierend, aber alle, die zwischen den Jahren 1840 und 1890 Leberwurst gegessen haben, sind heute tot!
5. Fast jeder, der zwischen 1900 und 1930 Leberwurst gegessen hat, ist heute gezwungen, eine Brille zu tragen.
6. Alle, die zwischen 1910 und 1960 Leberwurst gegessen haben, müssen zur Zeit einmal im Jahr zum Zahnarzt. — Ist es nicht auffällig, daß kleine Kinder, die normalerweise Leberwurst hassen, selten zum Zahnarzt gehen müssen?
7. Die meisten Menschen, die durch eine Lawine getötet wurden, haben in ihrem Leben Leberwurst gegessen. Bemerkenswerterweise werden Araber, die bekanntlich auch keine Leberwurst essen, selten durch Lawinen getötet.
8. Ein großer Prozentsatz derjenigen, die von Heuschnupfen geplagt werden, haben in ihrem Leben Leberwurst gegessen. Bemerkenswert auch hier, daß Heuschnupfen bei Eskimos und Arabern nicht vorkommt.
9. Viele Drogenabhängige haben Leberwurst gegessen. In der Arktis und Antarktis, wo, wie gesagt, nicht viel Leberwurst gegessen wird, findet man interessanterweise kaum Drogenabhängige.
10. Auffallend ist auch, daß in einer gescheiterten Ehe mindestens einer der Partner Leberwurst gegessen hat.
11. Es ist wohl auch kein Zufall, daß jeder Europäer, der einmal Leberwurst gegessen hat, auch schon einen Sonnenbrand hatte. Auch hier mache ich wieder auf die Tatsache aufmerksam, daß Eskimos und Araber selten einen Sonnenbrand haben."

Zum Schluß resümiert der Autor, daß man die bahnbrechenden Erkenntnisse auch auf die Blutwurst ausdehnen solle, und erklärt: "Erste Hinweise deuten darauf hin, daß vielleicht zwischen der Blutwurst und höheren Armeeoffizieren, Top-Industriemanagern, amerikanischen Fußballspielern und Kamikazepiloten ein Zusammenhang besteht."

 

Führt man die Überlegungen konsequent weiter, so läßt sich bestimmt die Einrichtung eines neuen, satt mit Steuergeldern ausgestatteten "Sonderforschungs­bereichs" (SFB) begründen, der unbedingt mit einem tollen Cray-Superrechner ausgestattet werden muß. Wenn man das Erkenntnisnetz nur dicht genug legt, findet man sicher eine 95prozentige Wahrscheinlichkeit dafür, daß die Leberwurst mit ihrem Zwiebelgehalt auch das Klima verändert. Man denke nur an die vielen nicht nur geistigen Blähungen und das dabei gebildete Methangas, das als ultragefährliches Treibhausgas gilt.

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Das perfide an dem vom Ökomanipulations-Journalismus benutzten "Wirkung = Ursache"-Prinzip ist, daß es weder belegbar noch widerlegbar ist, weil es viel mit Grundsätzen zu tun hat, die auch von den Weltreligionen genutzt werden. Entweder man glaubt daran, oder man ist ein Ketzer. Auch das falsche Erkenntnisprinzip der unvollständigen Induktion steht bei den Ökosprechtüten in höchstem Ansehen. Dabei reiht man nur eine größere Zahl von zum Weltbild passenden Beobachtungen aneinander, und schon ist der "Beweis" geglückt.

 

Reale Anwendungsbeispiele gibt es zuhauf. Da brauchen nur einmal ein paar heiße Sommer hintereinander zu kommen, schon ist in den ökoerhitzten Köpfen die Klimakatastrophe da, insbesondere wenn die These wie 1993 nicht nur von den Medien, sondern auch vom damaligen Bundesumweltminister Töpfer vertreten wird.

Ein anderes Beispiel: Vor einiger Zeit verendeten in der Nordsee während eines heißen Sommers Tausende Seehunde. Durch das Fernsehen gingen ans Herz rührende Bilder von klagenden Seehundbabys mit niedlichen schwarzen Kinderaugen, deren Muttertiere verendet waren. Was kann dafür nur verantwortlich sein? Natürlich nur die grenzenlose Verschmutzung der Nordsee durch den Menschen. Als sich diese Behauptung als Quatsch herausstellte, weil eben das Seehundsterben auf einer Viruserkrankung beruhte, wurde eilig nachgekartet und behauptet, die Tiere wären wegen der mit Giftstoffen belasteten Umwelt für das Virus anfällig geworden. Das ist nicht belegbar, aber auch nicht widerlegbar. Die Vorgehensweise ist charakteristisch für den bioaktiven Gehirnwasch-Journalismus. Schon Einstein stellte fest, daß es leichter sei, ein Atom zu spalten als die Meinung eines Menschen.

 

Stadtluft macht dumm oder Bodenversiegelung ohne Bohnerwachs

Ein anderes schönes Beispiel für die Arbeit des Menetekel-Journalismus ist die Bodenversiegelungs-Agitprop vom Winter 1994/95, als ein Hochwasser ungewöhnlichen Ausmaßes die Uferstädte an Rhein, Mosel und einigen anderen Flüssen überflutete. Was ist den bundesrepublikanischen Ökohorror-Sprechtüten dazu eingefallen? Natürlich, der Mensch ist daran schuld.

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Der Mensch hat es nicht nur sauer-, sondern auch dauerregnen lassen, weil er das Klima verändert hat. Dazu hat er die Bäche und Flüsse in Rinnen verbannt oder zumindest so begradigt, daß das Wasser schneller abfließt und sich weiter unten zum Hochwasser aufstaut. Zu allem Überfluß hat er den Boden versiegelt (besonders schlimm sind freistehende Einfamilienhäuser), und das nur, damit er ozonschleudernd und kindergefährdend mit seinen Blechkisten sinnlos auf den Pisten herumrasen kann. Auf besonders fruchtbaren geistversiegelten Boden fällt ein solches Argument in der Bundesrepublik, wenn es von einem anerkannten Naturschutzverband, wie dem World Wide Fund for Nature (WWF) im Januar 1995, medienwirksam vertreten wird. Der Dauerregen von oben und der Meinungsregen der rot-grünen Hofberichterstatter sensibilisierten die Bevölkerung hinreichend, und die Bodenversiegelungstheorie wurde besonders von jenen geglaubt, die in einer Stadt wohnen, denn dort hat man die dichtbebauten Straßen und Plätze ständig vor Augen. Daß dies eine Mehrheit der Bevölkerung ist, leuchtet ein, denn der Urbanisierungsgrad der Bundesrepublik beträgt immerhin 90,4 %. Und so macht die Stadtluft eben dumm!

Kaum jemandem ist aufgefallen, wie absurd das ist, denn von den 356.697 qkm der Bundesrepublik entfallen 12,2 % auf Siedlungs- und Verkehrsfläche. Davon sind nur 1 % durch Häuser, Garagen und Zufahrten "versiegelt", und 5 % dienen als Verkehrsfläche.17,18)

Der Flächenanteil der besonders umstrittenen Bundesstraßen und Autobahnen macht gerade einmal 0,19 % aus. Weiterhin sind 2,5 % der Fläche Felsen u. ä., die neben den 1,8 % Wasserfläche ohnehin kaum Wasser versickern lassen.19

detopia: Ich will mich eigentlich nicht mehr in die Sachfragen einmischen. Hier jedoch muß gesagt werden, daß auch landwirtschaftlichen Nutzflächen verdichtet, also versiegelt sind. Und diese fehlen hier in Hug's Rechnung. Außerdem gibt es noch andere Gründe, warum das Wasser schneller zu Tale fließt. Z.B. dann, wenn die Vegetation mit weniger Kraft das Wasser hält. —-- UND: Hug hat hier nichts zum "Dauerregen" gesagt. Er hat hier nur was über den Abfluß gesagt. Es kann doch sein, daß es deshalb öfter höhere Wasser gibt, weil mehr Regen fällt? (Auf einmal.) Oder etwa etwas nicht? —- UND: Ist es denn nicht, verdammt noch mal, nicht 100 Mal so plausibel, daß solche Phänomene (wie El Ninjo) Menschentat sind als Nicht-Menschentat? —- Ein Mähdrescher kann bis zu 14 Tonnen auf die Waage bringen, welche sich auf vier Räder verteilen. Also 3 Tonnen auf 3 (?) dm3. Ob es da wohl einen Unterschied bei der Wasseraufnahmefähigkeit des Bodens gibt? — Im übrigen brauchen wir ja nicht zu streiten. Warten wir doch einfach ab.

Der Erftwasserverband hat durch einen ingenieurwissenschaftlichen Modellversuch die Bodenversiegelungstheorie experimentell überprüft und ist zu dem Ergebnis gekommen, daß die Versiegelung ein Mehr an Wasser von nicht einmal 1 % erbringt.20 Diese Erkenntnis wurde von unseren öffentlich-rechtlichen Katastrophentrompetern verschwiegen, weil sie nicht in den Kram paßte. Abgesehen davon zeigen einschlägige Hochwassermarken an Häusern für den Rhein wesentlich extremere Hochwässer in den Jahren 1682 und 1784 an. Wahrscheinlich gab es schon damals zu viele zugepflasterte Straßen, auf denen Pferdekutschen rumrasten.

detopia: Hugs Argumention ist so, wie jene, welche er anzugreifen glaubt. (›Unvollständige Induktion‹) Ich werfe ihm das nicht vor, aber ich will darauf hinweisen. — Im nächsten Kapitel geht Hug nicht mehr auf den "menschlichen Dauerregen" ein, aber er tut so, als hätte er hier eine Ökolüge aufgedeckt. —- Es wird sich in den nächsten 30 Jahren herausstellen, was "Ökosprechtüten" sind und was nicht. Nur eines ist vollkommen sicher: Die Hugsche Sprache trägt nicht zur Klärung bei, weil sie selber bewußt oder unbewußt "verlogen" ist. (Das Wort "verlogen" und "Lüge" findet sich oft bei Weber und Schauerhammer und sinngemäß bei Hug). Vielleicht verstehen sie gar keine andere Sprache mehr? Deshalb verwende ich hier dieses Wort.

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Rutschen Sie zweimal im Jahr auf Knien zum Dankgottesdienst

Das Ergebnis jahrelanger Apokalyptiker-Bemühungen ist eine gepflegte Technikangst, weil wir uns von morgens bis abends von unsäglichen, schrecklichen Gefahren umgeben sehen. Die daraus folgende Ökomassenpsychose ist inzwischen in eine auf der Welt einmalige Technik- und Industriefeindlichkeit umgeschlagen.
Ängste, mit denen unter Elferrat-Schellengeläut hausieren gegangen wird, verdüstern das Leben und stören unser geistiges Wohlbefinden. Dabei gibt es wahrhaftig keinen Grund zu klagen. Wir haben einen warmen Hintern, wohnen statt in fensterlosen Läusehütten in mehr oder minder komfortablen, zugfreien Häusern, haben immer ein paar Klamotten auf dem Balg und stehen im Vergleich zu anderen Ländern bis zur Halskrause in der Überflußsahne. Das Wasser muß nicht mit Eimern vom Brunnen geholt werden, sondern fließt einfach aus der Wand — meist sogar wunschgemäß warm oder kalt. Hunger ist uns fremd. Dabei ist es gerade einmal 150 Jahre her, als in Europa die Kartoffelernte durch aus Amerika "importierten" Mehltau zerstört wurde. "Als 1846 sich der Befall wiederholte, waren Hungersnot, Skorbut, Durchfall, Cholera und Typhus die Folgen." Heute haben wir andere Probleme, nämlich mit unserer Figur, weil wir uns zu voll stopfen!

Wenn wir nur den Finger krumm machen, wird es in einem Raum hell, und um Musik zu hören, müssen wir im Gegensatz zum Feudaladel des 17. Jahrhunderts keine eigene Kapelle unterhalten. Für unsere Zerstreuung sorgt eine riesige Industrie, und wenn wir eine Blinddarmentzündung bekommen, sterben wir nicht mehr daran. Von den Öko- und Denknorm-Direktoren der Naturschutzverbände und der Journaille angesteckt, sehnen wir uns heute zur heilen Welt der Bronzezeit zurück, als das Spontangrün auf dem Acker noch nicht mit der Chemiekeule erschlagen wurde. Damals wurden die Frauen kaum älter als 30 bis 35 Jahre. Ausgebrochene Zähne, Karies, Kieferabszesse, Rippen- und Schädelbrüche sowie Fehlgeburten beendeten das junge Leben. Dafür gab es so gut wie keine Mammakarzinome — weil keine Frau alt genug dafür wurde!21

Man hat die Mumie einer vor 2900 Jahren gestorbenen ägyptischen Tempelsängerin computertomographisch untersucht und gefunden, daß die junge Frau an einem Zahnabszeß gelitten hatte.

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Dieser fraß sich durch den Oberkiefer und führte unter fürchterlichen Schmerzen schließlich zum Tod durch eine Blutvergiftung. Heute leben wir zwar nicht notwendigerweise gesünder, weil wir eben zuviel Süßigkeiten essen! Aber der regelmäßige Gebrauch von Zahnpasta mit Laurylsulfat — vor einiger Zeit einmal Schadstoffrenner der Woche — verhindert erfolgreich Karieserkrankungen. Und im Zweifelsfall geht man zum Zahnarzt, der die Zähne unter Betäubung zieht, gegebenenfalls bohrt und mit einer Kunststoffüllung versieht. Bloß kein Amalgam, Gift, Hilfe, Weltuntergang!

Im Mittelalter hat man den Kindern bei Zahnschmerzen einen Hundezahn um den Hals gehängt, "bei Augenentzündungen wurde empfohlen, den Mist eines weißen Hahnes zusammen mit Honig und Essig aufzulegen", und bei Stuhlzwang durch eine Ruhrerkrankung erhoffte man Linderung durch ein Zäpfchen aus gepulverten Käfern mit Bocksfett.22

Zwischen 1348 und 1350 raffte die Pest schätzungsweise ein Drittel der zwischen Island und Indien lebenden Bevölkerung dahin. Gegen den Erreger Yersinia Pestis hat man heute Antibiotika als wirksame Waffe zur Verfügung. Wobei wir uns darüber im klaren sein müssen, daß die Krankheit nicht ausgerottet ist, sondern immer mal wieder in Ländern wie Indien auftaucht. In Europa verschwand sie einfach. Weshalb weiß man nicht recht. Im Pestjahr 1348 wußte man keine andere Behandlungsmethode, als die Krankheit als Strafe Gottes anzusehen und zur Buße als Geißler durch die Lande zu ziehen. "Die medizinischen Kenntnisse reichten nicht aus, die hygienischen Verhältnisse waren, wie man seit 1894 weiß, geradezu ideal für die Vermehrung des Krankheitserregers."

Die Cholera trat 1892 zum letztenmal epidemisch in Deutschland auf. In Hamburg starben 70 % der Erkrankten, weil das Trinkwasser mit Choleraerregern belastet war. Heute wird wegen der Überschreitung von Grenzwerten durch die keimtötende Chlorierung lamentiert, die unser tägliches Naß zu einem Chemie-Cocktail mache (ZDF, Sendung Frontal vom 21. November 1995). Wie in Bild l gezeigt, waren bis ins frühe 20. Jahrhundert Infektionskrankheiten durch unsauberes Trinkwasser und verdorbene Lebensmittel die Todesursache schlechthin! Die meisten Menschen starben im Säuglings- und Kindesalter. Ohne die böse Chlorchemie gäbe es heute kein Natriumhypochlorit, mit dem wir unsere Babynuckel desinfizieren. All die fürchterlichen Sachen gehören zum Teufel gejagt. Lieber gesund, aber tot!

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Wir werden ständig älter und fürchten dennoch permanent um unser Leben. Zu Zeiten des römischen Imperiums betrug die durchschnittliche Lebenserwartung gerade einmal 20 Jahre — auch wenn man nicht im Teutoburger Wald dabei war! Anfang des 19. Jahrhunderts konnte Mann/Frau/Fräulein eine Lebensspanne zwischen 35 und 40 Jahren erwarten. Trotz der ständigen Bedrohung durch Pestizidrückstände in Lebensmitteln, unsäglich gesundheitsschädliche Abgase, heimtückisch meuchelnde Gifte im Trinkwasser, krebserregenden Elektrosmog wurde man/frau bereits 1970 durchschnittlich 71 Jahre alt, weil unter anderem die Sterblichkeitsquote durch klassische Infektionskrankheiten massiv zurückgegangen ist.

Obwohl das grüne Panikorchester in den 70er Jahren die ersten Töne von unserem baldigen Ende anschlug, stieg die Lebenserwartung in Deutschland weiter. 1995 betrug sie für Männer 73 und für Frauen 79 Jahre. 1975 hatte ein 65jähriger Mann eine Lebenserwartung von 77,1 Jahren, 1991 ist sie auf 79,6 gestiegen. Die entsprechenden Zahlen für eine 65jährige Frau lauten 77,1 Jahre und 83,4 Jahre. Diese schlichten Zahlen müßten jedem ökopathischen Gutmenschen eigentlich unter die Jammermütze gehen.

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Vielfach wird argumentiert, die Kinder würden besonders unter den Umweltbedingungen leiden. Das stimmt, aber nicht bei uns, wo die Kindersterblichkeit trotz der erschreckenden Bedrohung durch den automobilen Wahnsinn gerade einmal 0,8 % beträgt und die Kinder eher unter dem Videorekorder leiden, der als heimlicher Erzieher im Kinderzimmer wirkt. Auf die Umwelterkrankungen, unter denen Kinder bei uns angeblich leiden, komme ich noch zurück.

In der russischen Föderation ist die Kindersterblichkeit mit 2,4 % dreimal so hoch wie bei uns, und in Rumänien beträgt sie 2,8 %. Als Folge des Drecks und der mangelnden Hygiene sieht es in den Entwicklungsländern noch übler aus. Nur eine kleine Auswahl: in Angola 21,5 %, in Äquatorialguinea 19,8 %, in Benin 18,3 %, in Mocambique 27,6 %, in Nigeria 18,3 % und in Zaire 15,0 %.23 Diese Zahlen gelten, obwohl dort zweifellos weniger Autoabgase emittiert werden. Hausmüllverbrennungsanlagen als Dioxinschleudern sollen dort relativ unbekannt sein, und Nitrate im Kindertee bedrohen die Heranwachsenden in Entwicklungsländern wohl kaum. Die Kinder sind dort nicht nur kränker, sterben dort nicht nur häufiger, sondern auch früher, aber nicht an Wohngiften, die uns angeblich dezimieren.
Die früheren medizinischen Zustände sind nicht annähernd mit den unsrigen zu vergleichen. Goethes Frau starb unter entsetzlichsten Qualen nach wochenlangem Leiden offensichtlich an einer Urämie. Heute bekäme sie rechtzeitig ein Antibiotikum verschrieben und wäre nach wenigen Tagen wieder auf den Beinen.
In einem in neuerer Zeit gefundenen Tagebuch beschreibt der 1814 in Mackenzell geborene Damasus Gerlach, wie ihm 1835 im Fuldaer Krankenhaus eine Knochengeschwulst vom linken Oberschenkel ohne Narkose entfernt wurde:24
"Mit drei bis vier tiefen, gezogenen Schnitten hatte Dr. Adelmann eine handlange Wunde geschaffen. Das Blut wurde mit nassen Schwämmen aufgefangen. Mit starken, blanken Stahlinstrumenten wurden die zwei Flechsen (Sehnen) von zwei Mann festgehalten. Nun wurde rings um die Geschwulst geschnitten, als solle sie abgelöst werden. Meine Brust und mein Leib bewegten sich so schnell, als sei eine Dampfmaschine drin. Daraufhin wurde ein Instrument gereicht, das ich noch nicht gesehen hatte. Dasselbe wurde angelegt und mit aller Kraft gedreht. Ich konnte nicht mehr zusehen ... und durchbiß zwei Kissen. Nach anhaltendem Drehen tat es einen Krach, und ein großes Stück der Geschwulst war abgedreht."

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Nach einer weiteren halben Stunde gelang es dem Arzt im dritten Versuch, die Geschwulst zu entfernen. Wegen den in der Wunde verbliebenen Knochensplittern entzündete sich das operierte Bein. Der Patient berichtet weiter: "Damit gehörig Ausfluß da sei, wurde die Wunde mit einem krummen Messer weit geöffnet. Nun kamen täglich viele junge Ärzte und auch Bader und untersuchten die Wunde mit langen Sonden und stießen dadurch alles wund." Trotz dieser Behandlung überlebte der Patient die Operation.

Damals gab es nur die Fünf-Mann-Operation, bei der drei festhalten mußten, einer schnitt und einer schrie. Als 1846 der Chirurg J. C. Warren erstmals schmerzlos einen Halstumor unter Anwendung von Äthernarkose entfernte, war es damit vorbei.
Um diese Zeit fand Joseph Lister, daß die "Verwesung" die Ursache des Eiterns von Wunden sei. 1865 verwendete er erstmals Karbolsäure (Igitt, eine Säure! Frißt die sich nicht überall durch?) mit ausgezeichnetem Erfolg zur Sterilhaltung einer Operationswunde.
England besaß um 1700 gerade einmal fünf Krankenanstalten, zwei davon in London, in denen die Patienten eher zu Tode gepflegt wurden statt geheilt.
Heutzutage ist Hygiene für jedermann, der sie haben will, eine Selbstverständlichkeit. Zur Erinnerung: 1892 trat die Cholera in Hamburg vor allem in den Wohngebieten der ärmeren Bevölkerungsschicht auf, weil deren Trinkwasser nicht über Feinsandfilter vorgereinigt wurde! Die Tatsache, daß Seife kein Luxusartikel für Wohlhabende ist, sondern für wenige Pfennige an jeder Ecke gekauft werden kann, rettet zweifellos unzählige Menschenleben.
Im 19. Jahrhundert herrschten unvorstellbar unhygienische Zustände. So gab es 1845 in Manchester 35 Klosetts auf 1000 Einwohner. Das hielte man heute noch nicht einmal in Gefängnissen für vertretbar. Im Gegenteil: Im hessischen (Bad) Weiterstatt hat man unter rot-grüner Sonne ein Luxusgefängnis mit Hallenschwimmbad für 19 Millionen Mark gebaut!

Von der 35-Stunden-Woche konnte im 18. und 19. Jahrhunden nicht entfernt die Rede sein. 1750 mußten Frauen und Kinder im Sommer zwölf, im Winter acht Stunden täglich arbeiten und 70 % ihres Lohns für Nahrungsmittel aufwenden. Heutzutage machen sich die Grünen nebst den Gewerkschaften Gedanken über eine 30-Stunden-Woche. Das hat Folgen: Wer in unseren modernen

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Zeiten bei einer Behörde oder einem sonstigen Dienstleistungsbetrieb nach 15 Uhr anruft, hat meist einen Anrufbeantworter am Telefon, der ihm mitteilt, daß man bitte in der Kernarbeitszeit von 9 bis 14.30 Uhr wieder anrufen solle.

Statt daß wir je nach Glaubensrichtung dem Herrgott oder unserem Schicksal von morgens bis abends auf Knien rutschend für unser Wohlergehen danken, leisten wir uns eine gepflegte angstgenährte Nörgelkultur; eine lautstarke Gegen-alles-Minderheit hat uns in einen freudlosen Haufen endzeitsüchtiger Öko-Zombies verwandelt. Alles, so wird uns von morgens bis abends vorgesungen, hat ein Janusgesicht, und die Folgen der auf moderne Technik gestützten Wohlstandsgesellschaft seien schlimmer als ihr Nutzen.

Als der Kurfürst Friedrich Wilhelm 1649 die ersten Erdäpfel als neuartige Blumenpflanze in seinem Berliner Lustgarten anpflanzen ließ, dachte er nicht im Traum daran, vorher die Umweltverträglichkeit prüfen zu lassen. Heutzutage wäre so etwas unmöglich, und wenn man es recht bedenkt, hätten unsere bundesrepublikanischen Hysteriezündhütchen, wären sie nur rechtzeitig auf dem Plan gewesen, nicht nur den Anbau von Kartoffeln unterbunden, sondern auch die folgende Auswahl von Technikanwendungen blockiert:
1. Die alkoholische Gärung, da Ethanol, der wissenschaftliche Name des Trinkalkohols, nicht nur lebertoxisch, sondern auch krebserregend ist und sicher mehr Krebstote verursacht als sämtlicher Formaldehyd der Welt. Und nicht nur dies, auch Mißbildungen werden durch Alkoholgenuß während der Schwangerschaft verursacht. Zur Erinnerung: Contergan verursachte Mißbildungen bei 3000 Kindern. Alkohol brachte es im vergleichbaren Zeitraum auf die stolze Zahl von 50.000.25
2. Das Fleischbraten, weil durch die bei jeder thermischen Behandlung von Lebensmitteln auftretende Maillard-Reaktion Stoffe entstehen, die zumindest im Tierversuch eindeutig krebserregend wirken. Das Chemikalienrecht müßte hier eingreifen, damit die Pfanne im Schrank bleibt und wir mit rohem Fleisch im Mund und Trichinen im Körper künftig gesünder leben!
3. Das WC, weil damit eine Unmenge Wasser vergeudet wird; alternative Plumpsklos sind umweltfreundlicher und murksen nicht so viele Bakterien ab, die ja schließlich auch ein Lebensrecht haben!
4. Die industrielle Papierfabrikation wegen Gewässerverunreinigung durch Linginsulfonsäuren und Abholzen der Wälder.

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5. Den Betrieb von Dampflokomotiven (Steinkohleteer ist krebserregend, Schienen verschandeln die Landschaft) und von E-Lokomotiven (Elektrosmog, CO2-produzierende Energiewandlung, landschaftsverschandelnde Strommasten). Als 1835 die erste deutsche Strecke zwischen Nürnberg und Fürth eröffnet wurde, gab es Proteste, die mit ähnlichen Argumenten geführt wurden wie heute gegen den Bau der Transrapidbahn!
6. Die Seifenproduktion; dazu wird Natronlauge benötigt, die mittels stromfressender Chloralkalieelektrolyse aus Steinsalz hergestellt wird mit dem Nebenprodukt Chlor. Außerdem kann Seife bei empfindlichen Menschen Hautekzeme verursachen. Nicht vergessen: Zu Risiken und Nebenwirkungen fragen Sie Ihren Arzt oder Apotheker!
7. Die großtechnische Glasproduktion-, je Kilogramm neues Glas fallen etwa 200 g nutzloses Caiciumchlorid als Sondermüll aus der Sodasynthese an.
8. Die Verwendung von Waschmittel; Verunreinigung der Gewässer.
9. Die Elektrifizierung und das Telefon. Beides wäre mit Sicherheit durch die Umweltverträglichkeitsprüfung gefallen wegen Verschandelung der Landschaft, Gefährdung durch elektrische Schläge und des entsetzlichen Elektrosmogs.
Für die meisten Bundesbürger kommen die Brötchen vom Bäcker. Das ist nur die halbe Wahrheit, denn die Brötchen kommen, salopp formuliert, aus der Schwefelsäurefabrik. Denn 60 % der Weltschwefelsäureproduktion werden zur Gewinnung von Superphosphatdünger eingesetzt. Da beißt die Ökomaus keinen Faden ab. Da wir bei einem Urbanisierungsgrad von 90,4 % unsere phosphathaltigen Ausscheidungen dem WC anvertrauen und wegen der Schwermetallschwermut auch keinen Klärschlamm auf die Felder bringen wollen, muß das Phosphat eben auf einem anderen Weg auf den Acker gelangen, sonst bleibt der Backtrog leer.

 

Technikpessimismus, wohin man schaut

Wer heute die überall in der Gegend wohlfeil herumliegenden Ökoargumente aufgreift und benutzt, gilt als informierter, aufgeklärter und nachdenklicher Zeitgenosse. Das sollte man nicht gleich mit einer Handbewegung abtun, denn zweifellos gibt es ökologische Probleme, die bewältigt werden müssen. 

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Zunehmend müssen wir uns aber um Hysteriegrenzwerte bemühen, damit die finanziellen Mittel nicht für Umweltkosmetik wie die Asbest- und PCB-Sanierung von Gebäuden verschossen werden und das wirklich Notwendige aus Mangel an Kapital unterbleibt.

In seinem Buch "Die Ohnmacht der Macht" analysiert der langjährige FAZ-Redakteur Konrad Adam die Entwicklung der Industrie­gesellschaft unter ökonomischen und ökologischen Gesichtspunkten und kommt zu der trüben Einsicht, daß der Nutzen naturwissenschaftlicher und technischer Forschung geringer als der angerichtete Schaden sei.

Zweifellos war die Entdeckung der Kernspaltung durch Otto Hahn die Voraussetzung zur Entwicklung der A- und der H-Bombe durch Robert Oppenheimer und Edward Teller. Alle drei "haben die Welt bewegt und Politik im allergrößten Maßstab betrieben". Der Vollständigkeit halber muß hier insbesondere noch Albert Einstein genannt werden, denn ohne seine Relativitätstheorie hätte ein ganz wesentlicher Fundamentstein zum Bau der Atomwaffe gefehlt. Auch darf sein Brief an Roosevelt von 1939 nicht fehlen, in dem er den US-Präsidenten vor den Möglichkeiten der deutschen Atomforschung warnte.

Naturwissenschaftler betreiben Politik, ob es ihnen paßt oder nicht. Konrad Adam greift als Beispiel die Entwicklung der Ammoniaksynthese (1908-1913) nach dem Haber-Bosch-Verfahren auf. Haber sicherte damit Deutschland nach der Blockade der Salpetertransporte aus Chile die Fortführung des Ersten Weltkriegs, denn ohne Ammoniak funktioniert auch das Ostwald-Verfahren zur Salpetersäuresynthese nicht. Salpetersäure wiederum ist unabdingbarer Ausgangsstoff für die Produktion von Nitroglycerin, Dynamit, Nitropenta, Trinitrotoluol (TNT) und anderen "feinen" Sprengstoffen — aber auch von Kunstdünger. So weit, so gut. Auch der Kunstdünger hat ein Janusgesicht, denn die Folgen sind Überdüngung der Böden und Emission von Distickstoffoxid, das als "Klimagift" gilt. Konrad Adam resümiert: "Gut und Böse lassen sich nicht mehr voneinander trennen, und die Frage, ob man eine Technik als Fortschritt begrüßen oder als Rückschritt verdammen will, läßt sich nur noch willkürlich beantworten."

Sicher ist diese Kritik nicht ganz unberechtigt. Nur, ohne den Kunstdünger würde auch in Deutschland nach wenigen Jahren mit Sicherheit ein bisher nicht gekannter Mangel aufkommen, und zwar dann, wenn die "Chemisierung" der Böden komplett abgebaut wäre und wir wieder zur Dreifelderwirtschaft zurückkehren müßten.

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Welche Probleme ohne Schädlingsbekämpfungsmittel auftauchen, erleben wir in manchen Jahren, wenn dank Insektizidfreiheit die Schwammspinner im Frühjahr die Wälder und Obstbäume kahlfressen. Eine solche Aussage muß jeden Öko aus den Latzhosen fahren lassen. Es ist aber so. Selbst die Länder der Dritten Welt leben nur teilweise von ökologischer Folklore-Landwirtschaft. Würden sie sich nämlich ausschließlich darauf verlassen, wäre das Unterernährungsproblem noch größer. Das eigentliche und einzige Problem der Menschheit ist die explodierende Überbevölkerung, und sonst nichts! Die Lösung dieses Problems verdient unser aller Anstrengung, denn wahrscheinlich ist es schon fünf nach zwölf.

Im übrigen werden nur 5 % der Welt-Salpetersäure-Produktion für Sprengstoffe verwendet, was zweifellos noch zuviel ist.

Verfolgt man den Gedanken zu Ende, wonach die Pandorabüchse von neugierigen Naturwissenschaftlern geöffnet wurde, dann darf man nicht erst bei Otto Hahn und Fritz Haber beginnen. Nein, die wissenschaftliche Chemie fing um 1790 mit Lavoisier an. Und selbst dabei kann man nicht verweilen, denn für die Entwicklung der Ammoniaksynthese benötigte man grundlegende Erkenntnisse der physikalischen Chemie, eines Spezialgebiets der Chemie, das ohne Entdeckung der Infinitesimalrechnung um 1670 durch Isaac Newton und Gottfried Wilhelm Leibniz nicht auskommt. Nicht nur die Chemie ist auf die Mathematik angewiesen. Ohne diese Wissenschaft wären die Physik und sämtliche moderne Technik undenkbar. Den Gedanken kann man beliebig weiterspinnen und landet im Altertum, als der Mensch zu zählen und zu messen anfing. Damals beherrschte die Menschen die Angst vor strafenden, Seuchen schickenden Göttern und nicht die Angst vor der unkontrolliert amoklaufenden Technik.

"Angst kann warnen oder auch dumm machen", so überschreibt der Medizinprofessor Bochnik einen Artikel in der FAZ über psychiatrische und politische Aspekte der Angst. Er meint:

"Hysterische Ängste sind gewissen politisch manipulierten Ängsten verwandt: Heute gehört in manchen Kreisen eine sonderbare schamlose Lust am Behaupten von Ängsten zum guten Ton. Sie paßt zur neuen Wehleidigkeit, in der es die Deutschen vermutlich zur führenden Nation gebracht haben ... Das Schlimme daran: Angst wird nicht als Widersacher der Besonnenheit erkannt, sondern als politischer Ratgeber begrüßt." 

Niemand kann heute mehr alle Aspekte der Technik überblicken und verstehen. Das aber, was man nicht versteht, wird schnell als Bedrohung wahrgenommen, die "die Selbstsicherheit überwiegt, die sich auf die Einschätzung der Chance des Bestehens oder der Überwindung stützt".

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Was ich nicht weiß, macht mich nicht heiß

Die wenigsten Techniknutzer setzen sich mit den einfachsten Funktionsprinzipien einer Stereoanlage, eines Videorekorders, eines Computers, eines digitalen Handytelefons, eines CD-Players, der Einspritz- oder Abgasreinigungsanlage ihres Autos auseinander. Nur wenige machen sich die Mühe oder sind in der Lage, die Prinzipien der von Meteorologen vorgestellten Klimamodelle nachzuvollziehen. Kaum jemand überlegt, wie die Produktion in einer Chemieanlage abläuft und welche Gefährlichkeit die dort gehandhabten Stoffe differenziert betrachtet haben – oder nicht haben.

Das Bekenntnis, über technische Dinge und die Gesetze der Naturwissenschaften nichts zu wissen, wird von manchem Hochschulabsolventen fast mit ähnlichem Stolz getragen wie das spätere Bundesverdienstkreuz. Ordnet aber jemand die Operette "Der Zigeunerbaron" dem Komponisten Karl Maria von Weber zu, so gilt er als ungebildet, ebenso wenn er den preußischen General von Clausewitz mit einer alkoholfreien Biersorte verwechselt. Vollkommen mitleidig belächelt wird derjenige, der unter Goethes "Faust" eine frühe Boxkampfnovelle versteht. Ätzendes Natriumhydroxid als Säure zu betrachten, ist nicht weiter tragisch, wer aber den Philosophen Schopenhauer mit einem Trinkgefäß oder einer mittelalterlichen Schlagwaffe verwechselt, hat sich "geoutet" (modernes Sülzsprech).

Geschichtliche Detailkenntnisse zieren den Journalisten und Politiker. Aber wenn er von der Chemie gerade so viel weiß, daß es dort "kracht und stinkt", daß Säuren irgendwie rot und Laugen blau färben, daß alles magischerweise mit schwerverständlichen Buchstaben beschrieben wird und daß die Arbeit in einem Chemiewerk sehr gefährlich und unverantwortbar ist, dann gilt er als Insider. Insbesondere wenn er seinen Glaubenssprit vorher bei ausgesuchten Experten getankt hat. Die sind natürlich immer glaubwürdiger als die in der Wirtschaft angestellten Industrieknechte. Deren Sachverstand wird schließlich nur zur Vertuschung benutzt.

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Der Chemiker Siegfried Kabuß schreibt: "Die kollektive Verweigerung des Sachwissens hat Konsequenzen für die Qualität des öffentlichen Diskurses: Betroffenheit tritt an die Stelle von Kompetenz und Urteilsfähigkeit ... Öffentliche Sachdiskussionen entarten in aller Regel zu weltanschaulichen Auseinandersetzungen."

Täglich stößt man auf verblüffende Beispiele naturwissenschaftlicher Legasthenie. Als beispielsweise 1986 ein Umweltskandal vor einem Wiesbadener Gericht verhandelt wurde, äußerte der zuständige Richter im Wiesbadener Kurier: "Ich weiß ja nicht, was Trichloräthylen ist, aber es hört sich ziemlich gefährlich an." Er hätte sich genausogut entsetzt über Qi-D-Glucopyranosido-D-fructo-furanosid äußern können und nicht gemerkt, daß er vom Rohrzucker spricht. Was würde derselbe Richter sagen, wenn sich ein im Halteverbotsbereich ertappter Verkehrssünder die Ausrede einfallen ließe: "Ich dachte das >Parkverbot< sei Bestandteil des Bundesbaugesetzes, wonach in bestimmten Wohngebieten nur kleinere Gärten zulässig sind."

Hochschullehrer, die sich mit immer mehr studierunfähigen Abiturienten herumschlagen müssen, finden, daß beispielsweise nur wenige der jungen Studieroptimisten sachlich richtig erklären können, weshalb das Wasser auf einem Berggipfel bei niedrigerer Temperatur als im Tal siedet. Der Energieerhaltungssatz, wonach Energie nur von der einen in die andere Form umgewandelt werden kann und nicht "erzeugt" wird, ist genauso unbekannt wie das Prinzip des Wirkungsgrades bei der Energieübertragung, ganz zu schweigen vom Entropiebegriff. Es ist eine Schande, daß in einem Land, das seine Außenhandelsbilanz durch den Export technischer Güter ausgleicht, die naturwissenschaftliche Bildung zugunsten anderer Fächer immer mehr gekappt wird. Nichts kennzeichnet unseren geistig-mentalen Standort mehr als der fast perfekte chemisch-physikalisch-biologische Analphabetismus unserer Führungsschicht.

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Gerade diejenigen, die später keine Naturwissenschaft studieren, müßten bis zum Abitur unbedingt und unabwählbar in einer Zweifächerkombination in Chemie, Physik oder Biologie unterrichtet werden. Das darf aber keine Chemie sein, die sich mit den Feinheiten der chemischen Bindung — noch dazu ungenau — auseinandersetzt. Denn die Halbkenntnis von "Orbitalen als Aufenthaltswahrscheinlichkeitsräume der Elektronen im Atom" hat für den späteren Juristen oder Wirtschaftswissenschaftler soviel geistigen Nährwert wie das Auswendiglernen des Telefonbuchs von Wanne-Eickel. Wenn aber im Unterricht ein Verständnis für Stoffmengen und den Ablauf chemischer Produktionsprozesse geweckt sowie der Einsatz und der verantwortungsvolle Umgang mit wichtigen alltäglichen Produkten erarbeitet würde, dann hätte auch derjenige etwas davon, der sich später nie mehr mit Chemie beschäftigt. Es müßte in den Schulen gelehrt und in der Öffentlichkeit gesagt werden, wozu wir überhaupt Chemie treiben! Dabei sind die Chancen und Risiken ausgewogen gegenüberzustellen. Auch gehörte in einem ordentlichen Chemieunterricht etwas gesagt über die Wirkungsmechanismen von Giften, die Dosis-Wirkungs-Kurve und über die unterschiedliche Karzinogenitätswirkung entsprechender Stoffe aus natürlichen und künstlichen Quellen.

Der Biologieunterricht sollte kritisches Verständnis und nicht nur Furcht vor der modernen Biotechnologie wecken. Der Physikunterricht müßte vom Wasserkochen wegkommen und zum Technikverständnis führen. Und vor allem muß klargemacht werden, was alles nicht mehr möglich ist, wenn diese oder jene Technik eingeschränkt oder gar verboten würde. Wir leben in einer von der Technik und den Naturwissenschaften geprägten Welt und leisten uns dennoch eine profunde Unkenntnis auf diesen Gebieten. Es gibt sogar immer wieder Bestrebungen der Ständigen Konferenz der Kultusminister (KMK), wonach naturwissenschaftliche Fächer in den letzten Schuljahren vor dem Abitur abgewählt werden können sollen und nicht mehr Bestandteil der Abiturprüfungen zu sein brauchen. Vielleicht sollte man an deren Stelle einen Leistungskurs "Wie habe ich richtig Technikangst?" einführen?

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   In gestrecktem Schweinsgalopp  

 

Zunächst bleibt zu resümieren: Mit den "Modernisierungen" der sozialliberalen Zeit — Gutmenschen bezeichnen sie als "Reformen" (westdeutsches Discount-Abitur für über ein Drittel eines Jahrgangs, neues Strafrecht mit Gefängnissen als Streichelzoo für Gestrauchelte, Demonstrationsrecht als Krawallfetisch) — verfiel die Bundesrepublik in einen sanften Dekadenz-Trab. Mit dem Einzug der Grünen in die Parlamente und vor allem seit ihrer Regierungsbeteiligung in einigen Ländern änderte sich die Gangart, und das Land rast seither in gestrecktem Schweinsgalopp in die Dekadenz und Teilentindustrialisierung. Selbstverständlich hat die Industrieabwanderung noch andere Gründe, aber so ganz darf man die Schadstoffhysteriker und Strahlinisten nicht aus der Verantwortung entlassen.

Zweifellos wäre die Bundesrepublik ohne die grüne Öko-Partei in wenigen Jahren auf einen Umweltstandard gelangt, wie er in den Ländern des ehemaligen Ostblocks üblich war und teilweise noch ist. Das ist ein Verdienst, das hoch anzurechnen ist. Das war's dann aber auch!

Seit 1983 die Partei des abgestorbenen Tannengrüns mit Anti-Kernkraft-Stickern, "Rauschebärten, Turnschuhen, Schlabberpullovern" (Spiegel) für "das Nicaragua der freien Menschen" in den Bundestag gezogen ist, wird zunehmend Politik für Minderheiten und gegen die Bevölkerungsmehrheit betrieben. Idealistisch-traumtänzerische Utopiejägerei ist Trumpf!

Den gleichen Ökomeiern, die bei jedem Schwermetallion im Trinkwasser Beklemmungen bekommen, ist jahrelang zu den für jeden erkennbaren offensicht­lichen Umwelt­belastungen in der ehemaligen DDR nichts eingefallen. Dies obwohl seit den 60er Jahren die Schadstoffmengen in Werra oder Elbe sattsam bekannt waren. Weil das aber gute, sozialistische Schadstoffe waren, hat man die grünfriedlichen Schlauchboote lieber den Schlotbaronen von der BASF vor die Nase gesetzt. Erst nach dem Zusammenbruch des Schrott-Regimes, das sich zum Spott auch noch mit dem Emblem "demokratisch" geziert hatte, fiel es den Gutmenschen wie Schuppen von den Augen.

Rührend ist auch der naive Grünkinderglaube an die beglückende Wirkung der "Befreiungsbewegungen" in der Dritten Welt. 

Die dortige Bevölkerung schätzte diese meist ganz anders ein als die realitätsentrückten Friedenstraumtänzer. So entschieden sich die Nicaraguaner in ihrer ersten freien Wahl nicht für die von den Öko-Gutmenschen geschätzten marxistischen Sandinisten, sondern für die eher konservative Partei der Frau Chamorra.

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Nur die CSU bietet noch nachhaltigen Widerstand und läßt sich nicht verführen. So hängen Theo Waigel schwarz-grüne Koalitionsspekulationen genauso zum Hals heraus wie die ökobewußte Partei selbst: "Die Grünen fressen und zehren die anderen Parteien auf. Bekämpfen muß man sie, die Wähler muß man ihnen wegnehmen und nicht mit ihnen herumpoussieren." 

Was aber macht die CDU? Ihr oberster Chef äußerte in einem Gespräch mit der Bild-Zeitung, ein Teil der Grünen habe "Visionen", die ihm "sympathisch" seien. Kein Wunder, wenn also die CDU in den letzten Jahren immer mal eine kräftige Grünkernmahlzeit verschlungen hat.

Der ehemalige Fraktionsvorsitzende der Union, Rainer Barzel, beschreibt in der FAZ das zeitgeistlich-modernistische Surfen auf der Politbühne mit den Worten: "... von ›Koalitionsaussagen‹, ›multikultureller Gesellschaft‹, ›rot-grün‹ und ›grün-schwarz‹ ist viel zu hören. Von dem, was die Bürgerinnen und Bürger interessiert und angeht, von Politik also, hört man wenig — von zuwenig bis nichts. Der Betrieb betreibt sich selbst".

Problematisch an den Grünen ist ihr vollkommen abgedrehtes Sendungsbewußtsein, das keine anderen Meinungen mehr zuläßt, sowie ihr Gesellschafts- und Rechtsverständnis, das sich allmählich staatsgefährdend auswirkt, weil es beispielgebend wirkt.

Daß die grün-alternativen Gutmenschen den Umweltschutz nur als Geißfuß benutzen, um unsere Staatsordnung auszuhebeln, wird in einer Dokumentation der CDU von 1995 mit folgenden Worten herausgestellt: 

"Wer sich zum Beispiel mit den programmatischen Aussagen der Bündnisgrünen auseinandersetzt, trifft auf eine ganz andere Partei – nicht auf die freundlichen Naturschützer und engagierten Bürgerrechtler, denen man an der kommunalen Basis oft begegnet, sondern auf linkssozialistische Fundamentalisten, ideologische Alt-68er und radikale Öko-Utopisten. Nach wie vor bestimmen sie den Kurs der Bündnisgrünen stärker, als vielen bewußt war."26

Es ist viel schlimmer: 

Seit die Grünen in die Parlamente eingezogen und in einigen Ländern sogar an der Regierung beteiligt sind, möchten die anderen Parteien die grünen Wähler auf ihre Seite ziehen. Dies führte zu einem Wettstreit, wer die größere Irrationalität gebiert. Keine der Altparteien merkt, daß ein solcher Wettkampf nicht zu gewinnen ist, denn im Belegen von Quatschthemen sind die Grünen unschlagbare Meister. Im Gegenzug dazu vergraulen die Altparteien mit der Sozial­pädagogisierung der Politik ihre Stammwähler.

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