CDU/CSU im Dienst der Atomkonzerne?

 Linkspartei.PDS wird sich Atomrenaissance widersetzen 

Von Marko Ferst 2006

 

Hätte es für Schwarz-Gelb bei der Bundestagswahl gereicht, die Laufzeiten der Atomkraftwerke wären bereits verlängert. So müssen sich die Christdemokraten auf die Gegenwehr von Umweltminister Gabriel einstellen, der Ihnen via „Spiegel“ die Leviten las.

Im CDU/CSU-Wahlprogramm wurde die Atomkraft sogar zum Klimaschutzfaktor Nummer Eins gekürt. Daß die zahlreichen Produktionsschritte von der Uranförderung bis zum fertigen Brennelement im AKW erhebliche Mengen an Kohlendioxidemission bedeuten, blendet man dabei sorgsam aus. Siemens und Frameatome würden in Deutschland bis 2020 gerne 5-6 neue Atomkraftwerke bauen. Die hohen Investitionskosten für die AKWs, aber auch Massenproteste könnten davon abhalten, diesen Wünschen nachzukommen. Edmund Stoiber und Roland Koch raten auch dazu die Option für den Bau neuer Atomkraftwerke offen zu halten. Die Atomforschung soll aufgestockt und mehr deutsche Atomtechnologie exportiert werden.

Jedoch Versorgungssicherheit ist beim Brennstoff Uran ebensowenig gewährleistet, wie beim Öl und Gas. Der Rohstoff wird insbesondere aus Kanada und Australien sowie Kasachstan, Russland, Niger, Namibia und Usbekistan importiert. Seit 2000 vervierfachte sich der Uranpreis auf 36 Dollar pro Pfund. Bei gleichbleibendem Bedarf würden die Uranvorräte in rund 30 Jahren erschöpft sein. Jährlich werden derzeit 62.000 Tonnen für die weltweit über 400 AKW benötigt.

Die rot-grüne Bundesregierung leitete den Atomausstieg nicht wirklich ein. Nach wie vor werden rund 95% der Menge an Atomstrom produziert wie unter der Kohlregierung. Mit Hermesbürgschaften unterstützte Rot-Grün in China den Bau der beiden russischen Reaktorblöcke nach Tschernobylart in Lianyungang. Die Kapazitäten der Urananreicherungsanlage in Gronau wurden verdreifacht. Künftig können so 35 Atomkraftwerke mit Brennstoff versorgt werden. In Deutschland laufen derzeit noch 17 AKWs. Zwei Uraltmeiler wurden abgeschaltet. Man darf gespannt sein, wie unter Schwarz-Rot gepokert wird, um AKW-Abschaltungen hinauszuzögern.

Die Linkspartei will den kurzfristigen Atomausstieg und nicht warten, bis das technische Ende der Reaktoren erreicht ist. Neue Reaktoren in Osteuropa, subventioniert mit EU-Geldern, wie in Rumänien geschehen müssen verhindert werden, beendet der Export von AKW-Technik. Eine Wiederaufarbeitung atomarer Brennstoffe wird abgelehnt, ebenso die damit verbundenen Atommülltransporte.

Die Einlagerung von hochradioaktivem Müll in den Salzstock Gorleben wäre russisches Roulette. Die CDU/CSU will das massiv vorantreiben. Teils fehlen Deckschichten, die abdichten könnten. Salzhaltige Grundwasserströme führen bis an die Oberfläche. Es zeichnet sich ab, es gibt keine sichere Möglichkeit die Stoffe über 10-20 Millionen Jahre risikofrei zu lagern. Einige hochradioaktive Nuklide bzw. deren Zerfallsprodukte sind extrem dauerhaft und ähnlich gefährlich wie Plutonium. Wir brauchen länderübergreifend eine Diskussion über die hochradioaktiven Abfälle atomarer Energieerzeugung. Ist es wirklich verantwortbar global mehr als 30 Lager in verschiedenen Ländern für hochradioaktiven Müll einzurichten, deren Abschlußdichte auf Dauer nicht garantiert werden kann?

Oder ist eine Konzentration auf wenige Lager besser, wo trotz möglicher radioaktiver Austritte sich der Schaden in Grenzen hält, weil der Raum nicht besiedelbar ist? Man muß sich klar machen, hochradioaktive Stoffe durchdringen selbst die beste Verpackung irgendwann. Sie zerstören die atomare Gitterstruktur. Es dauert nur 5000 bis 10.000 Jahre bis die heißen Stoffe im unterirdischen Endlager sich freigearbeitet haben. Dann können Sie in Gorleben ungehemmt mit dem Salz reagieren, bei entsprechender Temperaturentwicklung auch explosiv. Das ist offenbar noch völlig unbekannt in der Partei von Kanzlerin Merkel? Bei Grünen und SPD wird man sich schon überlegt haben, warum man neue Endlagerstandorte einbeziehen will.

Völlig sicher soll die Atomenergie sein, so erklären die Förderer der Atomkraft und besonders die CDU/CSU und FDP noch immer. Tatsächlich kam es immer wieder zu schweren Atomunfällen, die sich mit den Namen Tschernobyl, Harrisburg, Sellafield, Tscheljabinsk und weiteren verbinden. Für Deutschland ist die Gefahr eines schweren Atomunfalls keineswegs gebannt  Die letzten Betriebsjahre werden die gefährlichsten sein, weil der Verschleiß an vielen Bauteilen zunimmt. Bereits bisher sind über 200 schwerwiegende ungelöste Sicherheitsfragen in deutschen AKW bekannt. Wesentliche Sicherheitsunterlagen wurden verfälscht, um die Anlagen für den Betrieb genehmigt zu bekommen. Terror und Sabotageakte können auch durch noch so viele Sicherheitsvorkehrungen nicht in jedem Fall verhindert werden. AKWs einzunebeln hält Kamikazeflieger nicht wirklich ab. Rot-Grün hielt eine Studie, die die Verletzbarkeit der Anlagen zeigt, nicht ohne Grund unter Verschluß.

Bei einer deutschen Kernschmelze würden anders wie in Tschernobyl, die radioaktiven Nuklide entsprechend der Windrichtung besonders konzentriert im Umkreis der umliegenden 400 Kilometer niedergehen und weniger über die Staatsgrenzen hinweg verteilt. Das hängt mit der anderen Bau- und Betriebsart der deutschen AKWs zusammen. Bei einem Unfall gäbe es weniger Hitzeentwicklung. Diese hatte die Nuklide in der Ukraine in höhere Luftschichten befördert und über viele Länder verteilt. Fünf bis zehn Bundesländer müßten hierzulande zur Sperrzone erklärt werden, wollte man die gesundheitlichen Frevel an der Bevölkerung nicht wiederholen wie sie im Fall Tschernobyl geschehen sind.

Bei einigen Störfällen und Pannen in Atomanlagen wies die Linkspartei in den vergangenen Jahren wiederholt darauf hin, der Stand von Wissenschaft, Technik und auch Fachkunde wird in der Betriebspraxis der AKW nicht erreicht. Sie erinnerte daran, das bereits die gegebenen gesetzlichen Regelungen ausreichen, um die Atomkraftwerke über den Weg des Widerrufs von Betriebsgenehmigungen umgehend stillzulegen. Bedenkliche Defizite in der Anlagensicherheit, technisch nicht realisierbarer Schutz gegen Terrorakte, aber auch Verstöße gegen die Sicherheit können allemal als Gründe zur Abschaltung ausreichen. Völlig unzureichend ist auch die finanzielle Haftpflicht der AKW im Schadenfall. Allein eine ordnungsgemäße Versicherung der Anlagen, würde den Atomstrom zur teuersten Form der Energieerzeugung machen.

Wieder verschärft werden müßte die unter Rot-Grün abgeschwächte Strahlenschutzverordnung. Auch schwach kontaminierte Abrissstoffe haben beim Straßenbau oder recycelt in Alltagsgegenständen nichts zu suchen. Schwangere sind jetzt ungeschützter durch die Verordnung in Einrichtungen mit radioaktiven Quellen. Die Aufweichung von Schutzmaßstäben, damit die Atomindustrie ihre Abrisstoffe preisgünstig entsorgen kann, führt zu hunderten zusätzlichen Todesfällen, die vermieden werden könnten, so Sebastian Pflugbeil.

Um einen schnelleren Ausstieg aus der Atomenergie zu erwirken, reichen allein parlamentarische Initiativen nicht aus. Die Proteste der AKW-Bewegung, auch ziviler Ungehorsam, sind unverzichtbar, um die jeweilige Regierung unter Druck zu setzen. Jedoch muß bei Protestaktionen immer gewährleistet sein, daß Leben und Gesundheit nicht leichtfertig gefährdet werden. Ein zunehmendes Problem ist allerdings auch: Polizei und staatliche Sicherheitsdienste gefährden ganz speziell bei Einsätzen im Wendland die Grundrechte.

Das Wendland gleicht zu Castor-Transportzeiten regelmäßig einer Besatzungszone. Die Staatsmacht bewacht grünbewehrt jede Straßenecke. Das Demonstrationsrecht ist in weiten Bereichen völlig ausgehebelt. Was würde den Atomausstieg in vielen Ländern ganz besonders beschleunigen? Darauf gibt es eine unheimliche aber klare Antwort: Wenn es in einem der etwas mehr als 400 Atomreaktoren, die weltweit betrieben werden, zu einem weiteren Großunfall analog wie in Tschernobyl kommt.

Angesichts der massiven Krankheitsfolgen für die Bevölkerung, kann man nur hoffen, daß dies niemals eintritt, jedoch jeder Tag mit Atomkraft, macht diese Option wahrscheinlicher. Nur eine vollständige solare Energiewende, wie sie die Linke anstrebt, wird unsere Energieprobleme lösen. In diesem Jahr plant die Ökologische Plattform eine Anti-Atom-Konferenz durchzuführen.

 

 

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