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Teil 1    Metaloge

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Definition: Ein Metalog ist ein Gespräch über ein problematisches Thema.
In diesem Gespräch sollten die Teilnehmer nicht nur das Problem diskutieren, sondern die Struktur des Gesprächs als ganzes sollte auch für eben dieses Thema relevant sein. Nur einige der hier vorgelegten Gespräche genügen diesem doppelten Anspruch. Insbesondere die Geschichte der Evolutionstheorie ist zwangsläufig ein Metalog zwischen Mensch und Natur, in dem die Entstehung und Wechselwirkung von Ideen notwendig den Evolutionsprozeß exemplifizieren muß.


Warum kommen Sachen durcheinander?

Geschrieben 1948

vorher nicht veröffentlicht

T = Tochter

V = Vater 

T:  Pappi, warum kommen Sachen durcheinander?
V
:  Was meinst du? Sachen? Durcheinander?

T:  Na ja, die Leute verbringen viel Zeit damit, Sachen aufzuräumen, aber sie scheinen nie Zeit zu brauchen, um sie durcheinander zu bringen.
      Alles scheint irgendwie von selbst durcheinander zu geraten. Und dann müssen die Leute wieder aufräumen.
V:  Aber kommen deine Sachen durcheinander, wenn du sie nicht anrührst?

T:  Nein - nicht, wenn niemand sie anrührt. Aber wenn du sie anrührst - oder wenn irgendwer sie anrührt -, kommen sie durcheinander, und das Durcheinander ist schlimmer, wenn ich es nicht bin.
V:  Ja - deshalb versuche ich dich immer davon abzuhalten, die Sachen auf meinem Tisch anzufassen. Denn meine Sachen kommen in ein schlimmeres Durcheinander, wenn jemand anderes als ich sie anfaßt.

T:  Aber bringen Leute immer anderer Leute Sachen durcheinander? Warum machen sie das, Pappi?
V:  Augenblick mal. Das ist nicht so einfach. Sag mir erst, was du mit »durcheinander« meinst.

T:  Ich meine - so, daß ich nichts mehr wiederfinde und so, daß alles durcheinander aussieht. So wie es ist, wenn nichts seine Ordnung hat -
V:  Na gut, bist du sicher, daß du dasselbe mit »durcheinander« meinst, was jeder andere auch meinen würde?

T:  Aber natürlich, Pappi, ich bin ganz sicher, weil ich nicht besonders ordentlich bin, und wenn ich sage, daß Sachen durcheinander sind, dann würde ganz gewiß jeder mit mir übereinstimmen.
V:  In Ordnung — aber glaubst du denn auch, du meinst dasselbe mit »ordentlich« wie alle anderen Leute? Wenn Mammi deine Sachen aufräumt, weißt du dann, wo du sie findest? 

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T: Hmmm ... manchmal - weil, siehst du, ich weiß, wo sie sie hinlegt, wenn sie aufräumt -
V: Ja, ich versuche auch, sie daran zu hindern, meinen Tisch aufzuräumen. Ich bin sicher, daß sie und ich nicht dasselbe unter »ordentlich« verstehen.

T: Pappi, verstehen du und ich dasselbe unter »ordentlich«?
V: Ich bezweifle es, mein Schatz - ich bezweifle es.

T: Aber Pappi, ist das nicht komisch, daß jeder dasselbe meint, wenn er »durcheinander« sagt, aber alle unter »ordentlich« etwas anderes verstehen. Und »ordentlich« ist doch das Gegenteil von »durcheinander«, oder nicht?
V: Jetzt geraten wir langsam an schwierigere Fragen. Laß uns noch mal von vorne anfangen. Du hast gefragt: »Warum kommen Sachen immer durcheinander?« Wir haben einen oder zwei Schritte getan - und jetzt wollen wir die Frage abändern in: »Warum kommen Sachen in einen Zustand, den Cathy als >nicht ordentlich< bezeichnet?« Verstehst du, warum ich diese Änderung vornehmen möchte?

T: ... Ja, ich glaube - denn wenn ich eine besondere Bedeutung für »ordentlich« habe, dann werden mir einige »Ordnungen« anderer Leute als Durcheinander vorkommen - selbst wenn wir uns über das meiste einig sind, was wir als Durcheinander bezeichnen -
V: Genau. Dann wollen wir uns mal ansehen, was du ordentlich nennst. Wenn ein Malkasten da steht, wo er hingehört, wo ist er dann?

T: Hier, am Rand dieses Regals.
V: Na gut, und was ist, wenn er irgendwo anders steht? 

T: Nein, das wäre nicht ordentlich. 
V: Was ist mit der anderen Seite des Regals, hier? So etwa? 

T:  Nein, da gehört er nicht hin, und überhaupt müßte er gerade stehen, nicht so schief, wie du ihn hingestellt hast.
V:  Oh — an der richtigen Stelle und gerade.

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