Ken Wilber 

Halbzeit der Evolution

Up From Eden 

Eine interdisziplinäre Darstellung der
Entwicklung des menschlichen Geistes 

 

1981 by Ken Wilber 

2009 Fischer-TB

Ken Wilber (1981) Halbzeit der Evolution - Up From Eden 

1981   (*1949)  

390+24 Seiten  

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detopia

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1980-Buch

F.Capra   

 

Inhalt

Vorwort (7) 

Einführung  (13-34)

Übersetzung von E. Schuhmacher

ISBN 3-442-11498-5 

Bibliographie (391) 

Personenregister (406) 

Sachregister (409)  


»Ken Wilber ist einer der differenziertesten Vordenker und Wegbereiter des Wertewandels in Wissenschaft und Gesellschaft.«  Psychologie heute
»Bei Wilber treffen sich enzyklopädisches Wissen, Offenheit für unterschiedlichste Denkmodelle, präziser und bildkräftiger Stil mit ungewöhnlicher Kraft zur Zusammenschau und seltener Klarheit des Denkens.« 

Prof. Edith Zundel, Die Zeit


Ken Wilber (Jahrgang 1949) promovierter Biochemiker, hat sich durch seine Publikationen in den USA bereits den Ruf des führenden Denkers und Theoretikers im Bereich der Bewußtseinsforschung, der Transpersonalen Psychologie und des »New-Age«-Denkens erworben.

Er ist Chefredakteur der interdisziplinären Zeitschrift ReVISION, die zu einem Forum für den Meinungsaustausch führender Natur- und Geisteswissenschaftler über die Implikationen eines neuen ganzheitlichen Weltbildes geworden ist.

I.  Vor langer Zeit im Garten Eden  (35) 

1. Die geheimnisvolle Schlange (37) 

II.  Das Zeitalter des Typhons  (55) 

2. Die alten Magier (57) 
3. Aufdämmern des Wissens um den Tod (76) 
4. Reisen ins Überbewußte (90)  

III.  Mythische Gruppenzugehörigkeit  (107) 

5. Der Zukunftsschock (109) 

6. Die Große Mutter (136) 

7. Die Große Göttin (160) 

8. Mythologie des Mordes (178) 

9. Polis und Praxis (189) 

IV.  Das solare Ego 

10. Etwas noch nie Dagewesenes (211) 
11. Der Typhon wird erschlagen (223) 
12. Neue Zeit, neuer Körper (235) 
13. Solarisierung (252) 
14. Ich und der Vater sind eins (280) 
15. Eine Persönlichkeit entsteht (298) 
16. Morgendämmerung des Elends (328) 

V. Wo stehen wir heute 

17. Die Erbsünde (339) 
18. Vor uns: die Zukunft (365)
19. Gesellschaftstheorie von morgen (378)

 

 

Ken Wilber zeigt die Entwicklung des menschlichen Geistes aus transpersonaler Sicht in den größeren Zusammenhängen der kosmischen Evolution. In einer großartigen interdisziplinären Zusammenschau der Erkenntnisse der verschiedenen Wissenschaften, die Aussagen über das »Woher« und »Wohin« des Menschen machen, entwirft er hier erstmals eine umfassende Evolutionstheorie des Bewußtseins.

»Ken Wilber vereint wissenschaftliche und religiöse Begriffe von Wirklichkeit, Gott, Bewußtsein, Geschichte und Evolution in einem atemberaubenden kosmischen Bogen. Ich kenne keinen anderen modernen Autor, der über diese tiefen existentiellen Fragen mit solch bestechender Klarheit schreiben kann.«   Fritjof Capra

Ausgehend von einem berühmten Ausspruch des griechischen Philosophen Plotin, weist Wilber nach, daß der Mensch erst die Hälfte seiner Entwicklung vom animalischen zum umgreifenden kosmischen Bewußtsein hinter sich hat. 

Wilber begnügt sich dabei nicht mit der Feststellung einer Krise unseres Bewußtseins in der Gegenwart, sondern er zeigt auch auf, warum es wahrscheinlich ist, daß wir in die zweite Hälfte unserer Entwicklung eintreten werden. Von bedeutenden amerikanischen Human- und Naturwissenschaftlern wurde Ken Wilber nach Erscheinen dieses Buches als der »Einstein der Bewußtseins­forschung« bezeichnet.

 


d-2009: 
ich habe hier eine 'gute negative' leserrezension von amazon eingestellt. mir scheint, wilber betreibt noch sehr 'gemäßigte' esoterische wissenschaft.  vor ihm sollten wir däniken und buttlar verurteilen. jene sind viel volkswirksamer. - wer liest schon wilber?


Leseberichte

 

Biologisierung des Sozialen      30.12.99 Von Ein Kunde bei amaz

Der vielgelesene Autor Wilber behauptet durch alle Gegensätze der Wirklichkeit hindurch mittels Zusammenfassung gegensätzlichster Wissenschaften und religiöser Auffassungen reale Harmonie zu entwickeln: Sie entsteht durch die Vereinigung alles und jedens. Die Menschheit stehe in einem Evolutionsprozeß, der in dem erweiterten Bewußtseins seinen guten Abschluß finden könne. 

Dazu macht Wilber eine unglaubliche Melange von verschiedensten Vorstellungen auf: So ist er exzessiver Eklektizist im negativsten Sinne. 

Dabei negiert er nicht nur alle notwendigen Unterschiede der Wissenschaften, womit er deren Existenzberechtigung überhaupt bestreitet (ohne selbst in Konsequenz zu betreiben, wozu er im Sinne seiner eigenen Ansicht gezwungen ist), sondern schafft darüber hinaus dabei unter der Hand (und das wird der wesentliche Sinn des Buches sein) eine Apologetik der bestehenden materiellen Verhältnisse, deren Eigenschaft, Ausbeutung und zu Unterdrückungen zu ermöglichen und (im Sinne ihrer Erhaltung) nötig zu machen, ihm als in dieser Weltgesellschaft lebend erfahrbar (und so ebenso analysierbar) ist.

Obwohl Wilber materialistische Wissenschafts- und Gesellschaftskritiker als Baustein in seinem unendlichen Bewußtseinsmosaik heranzieht, hat er Ideologie- und Idealismus-Kritik augenscheinlich nicht verstanden.

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Wer nicht von dreitausend Jahren, Sich weiß Rechenschaft zu geben, 
Bleib im Dunkeln unerfahren, Mag von Tag zu Tage leben.
Goethe, West-Östlicher Divan

 

Der Mensch mag entschuldigt sein für seinen Stolz, zum Gipfel der organischen Stufenleiter aufgestiegen zu sein, wenn auch nicht durch eigene Anstrengungen. Die Tatsache, daß er auf diese Weise aufgestiegen ist, statt daß man ihn von Anbeginn an diesen Platz gestellt hat, vermag ihn vielleicht auf ein noch höheres Geschick in ferner Zukunft hoffen lassen.  (Charles Darwin, Die Abstammung des Menschen)

 

   

Vorwort 1981 von Ken Wilber

7-10

«Die Menschheit befindet sich auf halbem Wege zwischen den Göttern und den Tieren», schrieb einst Plotin. Dieses Buch zeichnet den Ablauf der Geschichte und Vorgeschichte nach, der die Menschheit in diese problematische Situation geführt hat. Dabei werden wir an dem Punkt beginnen, an dem Menschen oder menschenähnliche Geschöpfe vor einigen Millionen Jahren auf der Erde in Erscheinung traten — in jenen unvordenklichen Zeiten, die in Sagen und Geschichten als der verlorene Garten Eden und das vorgeschichtliche Paradies bezeichnet werden. 

Wir werden die Geschichte schrittweise bis zur Gegenwart verfolgen und uns dann bemühen, einen Blick auf das Morgen zu werfen, und den Versuch wagen, ein Bild unserer zukünftigen Evolution zu zeichnen. Denn wenn die Menschheit sich aus dem Tier entwickelt hat, wird sie wahrscheinlich bei den Göttern enden. 

Die Entfernung zwischen Mensch und Göttern ist nicht so viel größer als die zwischen Tier und Mensch. Die eine Spanne haben wir bereits überwunden, und es besteht kein Grund anzunehmen, daß wir nicht schließlich auch die andere überwinden werden. Sri Aurobindo und Teilhard de Chardin haben es bereits ausgesprochen: Die Zukunft der Menschheit heißt kosmisches Bewußt­sein. Diese Zukunft wollen wir im gesamten Kontext der menschlichen Geschichte studieren.

Auch wenn der Mensch sich bereits auf dem Weg vom Tier zu den Göttern befindet, verbleibt er in der Zwischenzeit in einem recht tragischen Zustand. In der Schwebe zwischen beiden Extremen ist er den stärksten Konflikten ausgesetzt. Nicht mehr Tier, aber auch noch nicht Gott — oder schlimmer, halb Tier, halb Gott: So steht es um die Seele des Menschen. Anders ausgedrückt: Der Mensch ist eine im tiefsten Wesen tragische Erscheinung mit einer vielversprechenden Zukunft — wenn er es schafft, den Übergang zu erleben.

Es ist deshalb eine tragische Perspektive, aus der ich Wachstum und Evolution der Menschheit beschrieben habe. Wir neigen ohnehin dazu, unserem Aufstieg von den Affen allzuviel Bedeutung beizumessen und uns vorzustellen, jeder neue evolutionäre Schritt sei ein wunderbarer Sprung nach vorn, der uns neue Möglichkeiten, neue Intelligenz und neue Fertigkeiten beschert. Das mag in gewissem Sinne durchaus wahr sein. 

Wahr ist aber auch, daß jeder neue evolutionäre Schritt uns neue Verantwortung, neue Ängste, neue Sorgen und neue Schuld beschert. Die Tiere sind sterblich, aber sie kennen diese Tatsache nicht oder begreifen sie nicht ganz. Die Götter sind unsterblich, und sie wissen das. Der armselige Mensch jedoch, schon nicht mehr Tier und noch nicht Gott, wurde zu einer unglücklichen Mischung: Er ist sterblich, und er weiß es. Und je weiter er sich entwickelte, desto deutlicher wurde er sich seiner selbst und der Welt bewußt. In dem Maße wie seine Erkenntnisfähigkeit und  sein Verstand wuchsen, wurde er sich auch seines Schicksals bewußt, seines sterblichen, vom Tode gezeichneten Schicksals.

Kurz gesagt: Für jedes Wachstum unseres Bewußtseins haben wir einen Preis zu zahlen. Meines Erachtens läßt sich die evolutionäre Geschichte der Menschheit nur aus dieser Perspektive in den richtigen Zusammenhang stellen.

Die meisten Berichte über die Evolution des Menschen weichen nach der einen oder anderen Seite von dieser Gleichung ab. Entweder sie betonen zu stark den Wachstumsaspekt und sehen in der Evolution nichts weiter als eine Aufeinanderfolge von Fortschritten und Sprüngen nach vorn, wobei sie die Tatsache übersehen, daß die Evolution nicht ein Film aus der heilen Welt mit dem unvermeidlichen Happy-End, sondern ein schmerzhafter Wachstumsprozeß ist. Oder aber sie neigen in die andere Richtung: Angesichts der Agonie und Verzweiflung der Menschheit empfinden sie eine nostalgische Sehnsucht nach dem verlorenen Garten Eden und seiner Unschuld, nach der Zeit vor der Selbstbewußtheit, in der der Mensch friedlich mit den Tieren zusammenlebte. 

Aus dieser Sicht erscheint jeder Schritt aus dem Garten Eden als ein Verbrechen. Die Nostalgiker zeigen uns mit überzeugenden Beweisen, daß Krieg, Hunger, Ausbeutung, Sklaverei, Unterdrückung, Schuld und Armut — daß alles das eine Folge des Aufsteigens der Zivilisation und Kultur und der fortschreitenden Evolution des Menschen sei. Der Urmensch litt — im großen und ganzen — unter keinem dieser Probleme. Wenn also der moderne zivilisierte Mensch ein Produkt der Evolution ist, dann, bitte schön, möchten wir weniger davon haben.

Ich möchte behaupten, daß im Grunde beide Ansichten richtig sind. Jeder Schritt innerhalb des evolutionären Prozesses war wirklich ein Fortschritt, eine Wachstumserfahrung; sie wurde jedoch zu einem sehr hohen Preis erkauft. Jeder Schritt lud uns neue Verantwortung auf, der die Menschheit sich nicht immer gewachsen zeigte — mit all den tragischen Ergebnissen, die auf den folgenden Seiten aufgezeichnet sind.

Ich habe mich dazu entschlossen, die Geschichte des schmerzhaften Wachstums der Menschheit in mehrere «Ären» aufzugliedern, weil das für mein Vorhaben als die passendste Methode erscheint. Dabei halte ich mich nicht an die von der Geschichts­wissenschaft praktizierte starre Einteilung nach Zeitaltern. Dennoch besteht für mich eine strukturell entwicklungs­mäßige Anschauung vom individuellen Bewußtsein, so daß die von mir dargestellten «Ären» auf der durchschnittlichen Bewußtseins­struktur beruhen, die in jeder Periode dominierte.

Um der ziemlich komplexen Darstellung eine klare Linie zu geben, habe ich außerdem die Zahl der zitierten Quellen auf ein Minimum begrenzt. Für jedes Hauptgebiet (Mythologie, Anthropologie, Psychologie und so weiter) habe ich nur ein oder zwei Autoritäten ausgewählt und sie unter Ausschluß aller anderen zitiert. Für die Mythologie fiel meine Wahl auf Joseph Campbell. Sobald ich zur Unterstützung meiner Darstellung ein Zitat aus diesem Gebiet brauchte, habe ich zunächst versucht, es bei Campbell zu finden, obwohl ich ohne weiteres aus Dutzenden anderer Quellen hätte zitieren können. Für den Bereich der existentiellen Anthropologie habe ich Ernest Becker und Norman O. Brown ausgewählt; zum Thema «Ären» zitiere ich Jean Gebser. In gleicher Weise entschied ich mich für L.L. Whyte für das Gebiet der biologischen Evolution und wählte Erich Neumann als Autorität für die psychische Evolution. 

Diese Begrenzung der zitierten Quellen soll den Leser in die Lage versetzen, in jedem der folgenden Kapitel nur vier oder fünf Stimmen zu vernehmen und nicht einen Mischmasch von Zitaten aus zahllosen Quellen. (Die meisten anderen Quellen werden in alphabetischer Reihenfolge in der Bibliographie aufgeführt.)

Dieses Buch wird nicht als endgültige, auf genaue und massive Dokumentation gestützte soziologische These präsentiert. Es ist vielmehr ein wohlüberlegt vereinfachter und allgemeinverständlich formulierter Bericht, eine Einführung und zugleich Erläuterung des umfassenden «großen Entwurfs» der historischen Entwicklung und Evolution des Bewußtseins, aber auch eine Vorbereitung auf künftige präzise Studien.

Aus dem gleichen Grund wird der Leser sehr wenig anthropologische und archäologische Angaben finden. Denn die Daten, aus denen ich meine Schlüsse gezogen habe, findet man bereits in den jeweiligen Lehrbüchern, weshalb ich keinen Anlaß hatte, diese konventionellen Beobachtungen hier zu wieder­holen. Außerdem befasse ich mich hier vor allem mit der Bedeutung dieser Fakten für die umfassende Evolution des Bewußtseins.

Zentraler theoretischer Ausgangspunkt dieses Buches sind nicht einfach die Philosophia perennis, die «Ewige Philosophie», und nicht nur die Entwicklungslogik, sondern eine auf beiden Wissenschaften beruhende soziologische Theorie. Die Ewige Philosophie und die Entwicklungslogik werden in den einleitenden Kapiteln dargestellt. Die komplexere soziologische Theorie aber wird erst nach und nach eingeführt und kommt dann in der zweiten Hälfte voll zur Geltung. Wer den ersten Teil vom soziologischen Standpunkt aus weniger ergiebig finden sollte, wird im zweiten mehr Substanz antreffen.

Dieses Buch erzählt die Geschichte der Seele, die sich auf halbem Weg zwischen dem Tier und den Göttern befindet, der Seele, die sich aus dem tierischen Zustand befreit und sich auf den Weg zum Himmel gemacht hat, der Seele, die in einer evolutionär aufsteigenden Kurve in Richtung Unsterblichkeit klettert — die diese Tatsache aber erst in jüngster Zeit entdeckt hat.

7-10

Ken Wilber

 

 

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