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14 - Mit Energie planen

   1  Energiebedarf    2 Flüssiges Gold   3 Schnelle Brüter: Nestbeschmutzer?   4 Ein Pakt mit dem Teufel       5  Kernfusion : vielleicht      6  Energiequelle Wasserstoff       7  Zukunftsalternativen   

"Wir sehen keine nennenswerte Preissteigerung für das Öl auf dem Weltmarkt für die nächsten zehn Jahre."

Feststellung der US-Cabinet-Task-Force-on-Oil im Februar 1970

(Damaliger Ölpreis: $ 1,80 pro Faß; heutiger, 1975, § 11,68)

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Noch 1970 konnte ein Mann wie Professor Ali Cambel, Vizepräsident des <Institute of Defense Analysis> und vordem Direktor von Präsident Kennedys <Energy Study Committee>, die Behauptung wagen: «Es wird auf Jahrhunderte hinaus keine Knappheit an Treibstoffen geben!» Diese Voraussage würde sich auch ohne den Druck der arabischen Ölscheichs mittlerweile als unhaltbar herausgestellt haben.

Zwar wird gerade dank des arabischen Anstoßes in näherer Zukunft Energie zu Genüge vorhanden sein. Aber das Problem liegt letztlich nicht in der Frage nach verfügbaren Mengen. Vielmehr geht es darum, wie schnell wir den Verbrauch der Vorräte voranzutreiben gedenken und welchen Preis wir für die dabei entstehende Umweltverschmutzung zahlen wollen. Diese Entscheidungen werden über das Maß unseres Energiebedarfs bestimmen. 

Die arabischen Maßnahmen sind als ein heimlicher Segen betrachtet worden, weil sie den Westen zum Durchdenken der Probleme des Energie­verbrauchs und zur Suche nach alternativen Energiequellen und neuen Techniken zwangen. Sollte sich aber herausstellen, daß wir hierdurch bald schon in eine Energie­schwemme geraten werden, wodurch die Umweltbelastung zweifellos zunähme, dann wäre der Segen am Ende doch ein maskierter Fluch gewesen.

Wir brauchen dringend eine vernünftige Weltenergiepolitik. Bis heute hat der Weltenergieverbrauch jedes Jahr um 5% zugenommen. Unter der Annahme, daß diese Entwicklung weitergeht, sehen die Fachleute eine Verdoppelung des Energieverbrauchs für die Mitte der 1980er Jahre voraus und eine Vervier­fachung bis zum Ende des Jahrhunderts!* 

Das umseitige Diagramm macht deutlich, wie gewaltig diese Zunahme wäre, und der Leser mag in einigen Jahren wieder diese Seite aufschlagen, um zu sehen, wie dann die Dinge stehen.

Cambels Optimismus mag sich auf lange Sicht vielleicht als gerechtfertigt erweisen, denn im Prinzip läßt sich Energie auch aus Erzen minderer Güte und selbst aus Meereswasser gewinnen. Auf kurze Sicht aber, so für die nächsten zwei Jahrzehnte, ist eine Energiekrise wahrscheinlicher — und in ihrem Gefolge auch Preissteigerungen, die sich im Alltag empfindlich auswirken dürften. Die Bemühungen um relativ saubere und effiziente Energiegewinnung aus Kernver­schmelzungs­prozessen wären in einer der unsrigen an Rationalität überlegenen Welt zweifellos ein ebenso wichtiger Gegenstand öffentlichen Interesses wie die Sportergebnisse.

Natürlich muß klar gesehen werden, daß wir Energie auf zwei unterschiedliche Weisen verwenden: Energie aus großen, ortsfesten Kraftwerken und Energie aus kleinen und beweglichen Quellen. Die eine Energieverwendungsform ist an die elektrische Energie, die andere an das Erdöl geknüpft. Autos, Laster, Flugzeuge und Motorboote können nicht mit Atomkraft betrieben werden, erst recht nicht Preßluftbohrer, Kreissägen, Zementmischmaschinen, Lastenaufzüge und viele andere — vor allem tragbare — Geräte. (Zwar kann auch da Elektrizität verwendet werden, aber nur dann, wenn ein Anschluß in Reichweite ist und nur um den Preis eingeschränkter Beweglichkeit.)

Auch wenn die Ölkrise von 1973/74 offensichtlich von den Arabern und den Großkonzernen mutwillig ausgelöst und ausgebeutet wurde — der Blick in die fernere Zukunft der Energieversorgung bleibt ziemlich entmutigend. 

Weder das Öl noch das Erdgas, das sein natürlicher Begleiter ist, werden wieder so billig wie einst zur Verfügung stehen, und die Auswirkungen auf die Landwirtschaft der Dritten Welt sind reichlich düster. Zudem dürfte die intensive Suche nach weiteren Energiequellen, die nun eingesetzt hat, den Tag des Gerichts nur noch schneller herbeiführen. Auf lange Sicht gibt es ohnehin bloß einen Ersatz für Öl: Wasserstoff. Schon zu Beginn des kommenden Jahrhunderts wird man sich auf ihn umstellen müssen. Gegenwärtig jedoch haben wir noch nicht die dazu notwendige neue Technik zur Hand, weshalb wir weiterhin von Öl abhängig sind. Wie aber steht es mit den Versorgungsaussichten beim «flüssigen Gold»?

* Es gibt allerdings Anzeichen dafür, daß bei einem Ansteigen der Stromkosten die Konsumenten ihren Verbrauch stark einschränken werden. Eine amerikanische Studiengruppe, die sich diesem Problem gewidmet hatte, äußerte sich gegenüber einem Ausschuß des Repräsentantenhauses dahingehend, daß die Vorhersagen der Federal Power Commission und die anderer Gremien wohl zu hoch gegriffen seien. Vielleicht werden sich also die so teuer erstellten Kraftwerke schon bald als schlechte Investitionen erweisen.

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2  Flüssiges Gold  

Im Jahr 1972 wurden in der Welt 7 Millionen Tonnen Öl pro Tag verbraucht — 2 Millionen Tonnen allein in den USA.* Die Experten stimmen wohl darin überein, daß die Ölreserven der USA bis zum Ende des Jahrhunderts erschöpft sein werden, die Ölreserven der Welt aber bis 2050.

* In der Branche berechnet man Ölmengen in Barrels. Mengenangaben in Tonnen gelten hier als laienhaft. Ich habe dennoch die meisten Mengenangaben grob in Tonnen umgerechnet (man teilt die Barrelzahl durch 7,5), weil viele Leute sich unter einem Barrel nichts vorstehen können.   wikipedia / Barrel 

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Wie ernst sollen wir derartige Vorhersagen nehmen? Was heißt eigentlich «Reserven» in diesem Zusammenhang genau? Es hat ja auch in der Vergangenheit ernste Warnungen gegeben, die sich dann als falsch erwiesen haben. Und andererseits stand in einem unveröffentlichten Bericht zu lesen, daß in den küstennahen Flachwassern wie in den Uferregionen Südostasiens «Trillionen Barrels» von Öl vorhanden seien.

«Bekannte Reserven» bedeutet im Falle von Erdöl: Vorkommen, über deren Vorhandensein Testbohrungen Aufschluß gegeben haben. Hinzu kommen aber zweifellos unbekannte Reserven in Gebieten, in denen noch gar keine Bohrungen vorgenommen wurden. So sind etwa bis heute die Flachseen der Welt kaum ernsthaft auf Erdölvorkommen untersucht worden. Bei Rohstoffen bedeutet der Begriff «Reserve» gewöhnlich soviel wie «verfügbar zu einem Preis in der Nähe des heutigen Marktpreises». Steigen aber die Preise, dann lohnt sich auch die Schürfung von Erzen geringeren Gehalts, und diese werden dann auch den «bekannten Reserven» zugerechnet.

Heutzutage verfügen die Geophysiker allerdings über Methoden, die Menge unbekannter Reserven abzuschätzen. Zunächst wird die Ölmenge festgehalten, die jeder Meter einer Versuchsbohrung erbringt. Anfangs geht alles leichter, aber je mehr die Ölvorkommen erschöpft werden, desto mehr nehmen die Schwierigkeiten bei der Aufdeckung neuer Vorkommen zu. So erreichte man zum Beispiel in den USA mit 276 Barrels pro Fuß Bohrstrecke einen Rekordwert (gemessen am Durchschnitt der Jahre 1929-1936). «Später sank die Zahl rapide auf den derzeitigen Wert von 35 Barrels pro Fuß, ungeachtet der Tatsache, daß in den Jahren 1936 bis 1966 intensiver, mit besseren Methoden und ausgefeilteren Fördertechniken nach neuen Erdölvorkommen gesucht wurde, als dies bis dahin jemals in der Geschichte der Erdölerzeugung geschehen war.» Das Zitat stammt von Professor M. King Hubbert, dem ehemaligen geologischen Chefberater von Shell und Vorsitzenden der erdkundlichen Abteilung der National Academy of Sciences.

Diese Entwicklung ermöglicht eine Abschätzung der bislang noch nicht entdeckten Reserven. Mit diesen Fakten im Kopf läßt sich jetzt eine graphische Darstellung anfertigen, welche die Menge des jährlich seit Aufnahme der Erdölgewinnung entdeckten Öls angibt. Es entsteht eine Glockenkurve. Durch symmetrisches Ausziehen der Kurve läßt sich zeigen, daß die USA den Gipfelpunkt neuer Ölfunde um das Jahr 1966 überschritten haben und daß 90% der Ölvorräte des Landes im Jahr 1998 entdeckt sein werden. Auch die noch verbleibenden 10% werden bis zum Jahr 2060 aufgefunden sein. Natürlich muß der abschwingende Kurvenast nicht zwangsläufig symmetrisch mit dem aufsteigenden sein. 

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Wird noch viel Erdöl in küstennahen Flachgewässern entdeckt, so könnte sich das Bild positiv verändern. Andererseits hat die Abbaukurve für die Hämatiterze am Oberen See einen steileren Abstiegsast im Verhältnis zum Aufstiegsast ergeben, und Computeruntersuchungen lassen ein gleiches auch für das Öl möglich erscheinen.

Selbstredend folgt hieraus nicht, daß das Öl auch so schnell verbraucht wie entdeckt wird. Vielleicht entwickeln wir doch noch genug Sparsamkeitssinn, haushälterisch damit umzugehen. Bis jetzt aber hat der Verbrauch meist höher gelegen als die Neuentdeckungen, da man neue Felder so schnell wie möglich auszubeuten pflegt, wie das auch im Falle des Nordseeöls geschieht.

King Hubbert, der die obengenannten Schätzungen für die USA vornahm, hat eine ähnliche Berechnung auch für die Erdölreserven der Welt angestellt, die allerdings weniger zuverlässig sein dürfte, da längst nicht überall auf der Welt intensiv nach Erdöl gesucht worden ist und aus China und Rußland nur wenig Information nach außen dringt. Indes macht geologisches Wissen eine Schätzung möglich; Veranschlagungen reichen von 1350 bis 2100 Milliarden Barrels (18 bis 28 Milliarden Tonnen). Erstellt man nun eine Produktionskurve nach der oben gezeigten Methode, dann ergibt der geringere Schätzwert ein Produktionsmaximum für das Jahr 1990 und eine Erschöpfungsquote von 90% zum Jahr 2025. Bei dem höheren Schätzwert wird das Maximum auf das Jahr 2000 verschoben und der Zeitpunkt der zu 90% erfolgten Ausbeutung auf das Jahr 2033.

Ähnliche Berechnungen in bezug auf Naturgas zeigen das Produktionsmaximum in den USA für das Jahr 1980. Für jedes Barrel Erdöl, das gefunden wird, erwartet man 6400 Kubikfuß Erdgas, dazu etwa ein fünftel Barrel flüssige Erdgasbeimengungen. Die Weltvorräte werden — vielleicht nicht ganz verläßlich — durch Übertragung dieses Verhältnisses auf alle Vorkommen abgeschätzt. Dies läßt vermuten, daß die schließliche Weltproduktion zwischen 8000 und 12.000 Billionen Kubikfuß liegen wird.

Dies bedeutet keineswegs, daß wir in absehbarer Zeit ganz ohne Öl auskommen müßten, Öl kann aus Schiefern und Teersanden gewonnen werden; auch läßt es sich aus Kohle herstellen. Diese Rohstoffe sind reichlich vorhanden, aber die Technik der ölgewinnung zu wirtschaftlichen Preisen müßte erst noch mit einigem Zeitaufwand entwickelt werden. Einige Fachleute glauben, daß diese Quellen erst nach dem Jahr 2000 wirklich in Betracht kommen. Am meisten versprechen die Teersande der kanadischen Provinz Alberta, in denen etwa 40 Milliarden Tonnen Öl gebunden liegen, und zwar öl, das dem Rohöl immerhin so ähnlich ist, daß es in normalen Raffinerien ohne Umstellungen verarbeitet werden kann. Diese Lager befinden sich in wechselnder Tiefe, von der Erdoberfläche bis fast 700 Meter unter Tage. 

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Die obersten Schichten können im Tagebau gewonnen werden, wobei das Öl mit heißem Wasser aus dem Gestein gezogen würde; die Gestehungskosten je so gewonnenem Barrel würden sich auf 4 Dollar belaufen. Da normales Rohöl bis zur gegenwärtigen Krise 2 Dollar pro Barrel kostete, konnten die Ölsande natürlich nicht konkurrieren, und ein wirklicher Versuch zur Ausbeutung dieser Lager wurde nicht gemacht. Angesichts der heutigen Ölpreise jedoch hat sich die Lage gewandelt. Wird sich Kanada jetzt rühren? Sicher dürfte es Teersande auch in anderen Ländern geben, doch ist eine Bestandsaufnahme zu erwartender Weltvorräte noch nicht vorgenommen worden.

Ölschiefer ist zwar viel im Gespräch, stellt aber keine so günstige Möglichkeit wie die ölsande dar. Das aus ihm gewonnene Öl ist schwerer zu raffinieren, und die Gewinnung belastet die Umwelt. Der ölgehalt schwankt von 67 US-Gallonen (rund 265 Liter) pro Tonne bis zu Spuren nahe Null, so daß es schwerfällt, nutzbare Reserven abzuschätzen. Behauptungen, daß die Ölschiefervorräte für Jahrtausende ausreichend seien, sind aus der Luft gegriffen. Zwei amerikanische Fachleute haben die Weltmenge des aus Schiefer gewinnbaren Öls auf 190 Milliarden Barrels geschätzt, wobei sie sich auf einen zusammenfassenden Überblick über die bekannten Lagerstätten stützten. Diese Zahl entspricht aber nur 10% der insgesamt zu erwartenden Rohölförderung, so daß damit der Jüngste Tag auch nicht weit hinausgeschoben wird.

Während die Teersande mit einer zähflüssigen Form des Öls vollgesogen sind, liegen die Dinge beim Ölschiefer anders. Ölschiefer enthalten «zu Myriaden algenähnliche Mikroorganismen, die in den Seen der Erdvergangenheiten lebten, tot auf den Grund sanken und dort im schlammigen Sediment des Sees eingebettet wurden». Dieses feste Gestein setzt bei der Destillation öl frei. Um aber diese Freisetzung zu bewirken, muß der Schiefer auf 425-475°C erhitzt werden, wobei er wie Popcorn an Volumen zunimmt, so daß er nicht wieder in die Grube hineingeschüttet werden kann, aus der er herausgeschürft wurde.

In den USA hat man sich bis zum Jahr 1985 eine Tagesproduktion von 1 Million Barrels Schieferöl als Ziel gesteckt. Dies würde eine jährliche Abbaumenge von 475 Millionen Tonnen Gestein voraussetzen — und dies gleichsam aus dem Stand. Das bedeutete aber nichts anderes, als über Nacht eine Industrie aufzubauen, die ihrer Größe nach dem gesamten amerikanischen Bergbau von heute entspräche. Und wo soll man die 475 Millionen Tonnen mineralischen Röstmais dann hinschütten?

Bei dieser Art der Gewinnung käme das Barrel auf einen Gestehungspreis von 7 Dollar. Wo der Schiefer hart ist, läßt er sich durch Sprengungen aufschließen und in der Folge einer Behandlung mit dem Propangasbrenner unterziehen, wodurch das Öl aus seiner steinernen Hülle befreit wird. Die Zerstückelung des Gesteins ist nötig, da der Schiefer ja nicht porös ist. Gegen Ende des Jahres 1973 war zu lesen, daß die Firma Occidental Oil es mit dieser Methode geschafft habe, Öl mit 1 Dollar Kosten pro Barrel zu produzieren. Aber vielfach — und so auch in England — ist der Ölschiefer zu weich, um auf diese Weise behandelt zu werden.

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Ölverknappung trifft nicht nur den Straßenverkehr, die Elektrizitätswerke und Heizungen, Öl ist ja auch der Grundrohstoff für die gesamte petrochemische Industrie. Allein für diesen Zweck verbraucht Großbritannien alljährlich fast 6 Millionen Tonnen Rohöl. Teures Öl bedeutet auch teureres Schmieröl für jede Art von Maschinen in der Industrie. Die britischen Papierhersteller verbrauchen alljährlich 1,4 Millionen Tonnen Heizöl, ebenso die Textil- und die Lederindustrie.

Noch trüber scheinen die Aussichten in bezug auf das Erdgas. Die bekannten Reserven der USA reichen nur für 10 Jahre. Was dann noch bleibt, entzieht sich der Ausbeutung. Über die verfügbaren Erdgasvorkommen in anderen Ländern wissen wir wenig.

 

3   Schnelle Brüter — Nestbeschmutzer ? 

 

In zunehmendem Maße wird das Öl seiner Verwendung als Energielieferant entzogen werden müssen und ausschließlich als Rohstoff für industrielle Zwecke und als Schmiermittel Verwendung finden. Elektrizität muß dann durch Verbrennung von Kohle oder durch Kernkraftwerke erzeugt werden. Dabei dürfen wir für die nächsten zwanzig Jahre nicht mit dem Durchbruch völlig neuer technischer Verfahrensweisen in die Alltagspraxis rechnen.

Die verbreitete Vorstellung vom Uran als einem unbegrenzt zur Verfügung stehenden Energiespender entbehrt jeglicher Fundierung in der Realität. Wenn davon die Rede war, daß sich mit einer Handvoll Uran ein Großschiff über den Atlantik treiben lasse, so ging man aus von einer realitätsfernen Annahme einer hundertprozentigen Ausnutzung der Energie — und übertrieb noch damit nicht wenig. Tatsächlich erfordert ein 1000-Megawatt-Kraftwerk eine erste Beschickung von 220 Tonnen Uran, und jedes Jahr müssen weitere 110 Tonnen nachgelegt werden. Der gegenwärtige Jahresbedarf liegt bei 19.000 Tonnen, und man erwartet seine Verdreifachung bis 1980, seine Verfünffachung bis 1985 — und wer weiß, was für eine Vervielfachung bis zum Ende des Jahrhunderts. Es kommt hinzu, daß ja bereits während des Baues eines Reaktors Vorräte an Uran gesammelt werden müssen, und R. Faulkner, der sich für die Atomenergiekommission mit Fragen der Rohstoffversorgung befaßt, schätzt den Bedarf für 1980 auf 650.000 Tonnen.

Die Zunahme im Elektrizitätsverbrauch übersteigt die Zunahme in der Nachfrage nach Brennstoffen insgesamt. Die US-Bergbaubehörde rechnet mit einem Anstieg in der Elektrizitätserzeugung um 72% von 1971 bis 1980 und um weitere 78% für 1990. 

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Ähnliche Schätzungen  liegen für Europa vor, während für Japans Brennstoffverbrauch bis 1980 mehr als eine Verdoppelung erwartet wird. Infolge der gegenwärtigen Ölkrise und ihrer Preissteigerungen könnten sich diese Schätzungen als zu hoch gegriffen erweisen; aber daß der Energiebedarf wächst, steht außer Frage. Woher soll die Energie genommen werden?

Bekannte Uranvorkommen, die zum heutigen Pfundpreis von 7-8 Dollar auszubeuten wären, reichen nicht mehr lange aus. Faulkner schätzt 660.000 Tonnen für die USA und 1.575.000 Tonnen für die gesamte Welt außerhalb des Ostblocks, die USA inbegriffen. «Aus diesen Zahlen geht hervor, daß ein Engpaß in der Uranversorgung zu Kosten in heutiger Größenordnung für die nächsten zwei Jahrzehnte erwartet werden muß», schließt der Ölexperte M. King Hubbert. Faulkner setzt hinzu, daß bei der bestehenden Förderkapazität ohnehin bis 1980 nur 210.000 Tonnen in den USA oder 500.000 Tonnen in der ganzen Welt produziert werden können.

Faulkners Zahlen mögen ein wenig überzogen sein. Nach Ansicht der australischen Atomenergiekommission sind «verläßlich festgestellte» Uranreserven unter einem Pfundpreis von 10 Dollar in der ganzen Welt bloß zu 1 Million Tonnen vorhanden. Der Weltbedarf soll 1980 bei 79000 Tonnen liegen, 1990 bei 200.000 Tonnen, was bis zum Ende des Jahrhunderts zu einer Gesamtmenge von über 3 Millionen Tonnen führen müßte. «Daraus folgt, daß Uranerz sehr knapp werden wird, sofern nicht beträchtliche Mengen aus neuen Vorkommen zu gewinnen sind», sagt der Aufsichtsratsvorsitzende der <Pancontinental Mining>, Anthony Gray.

Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) nennt zwar etwas abweichende Zahlen, kommt aber zur gleichen Schlußfolgerung: «Es ist deshalb unerläßlich, daß dringliche Maßnahmen zur Erhöhung der Uranförderung ergriffen werden.»

Hier steht an erster Stelle das Problem der Anreicherung des Urans, da die heutigen Reaktoren für ein Uran von hohem Reinheitsgrad angelegt sind. Die Anreicherung trägt aber zu einer Erhöhung der Energieumwandlungskosten um 50% bei. Die Nachfrage wird die Anreicherungskapazitäten in den USA wohl bereits 1977 überflügelt haben (zwei Anreicherungsmethoden stehen zur Wahl: Diffusion oder Zentrifugierung), und falls die Vorhersagen der Atomenergie­kommission zutreffen, wird man in den USA ab 1981 alle 1,7 Jahre eine neue Diffusionsanlage erstellen müssen oder alle fünf Monate eine neue Zentrifuge. Das Anreichern von Uran wird bis zum Ende des Jahrhunderts einen Industriezweig mit einem Umsatzvolumen von 5 Milliarden Dollar darstellen.

Derartige Vorhersagen lösten bei ihrer erstmaligen Veröffentlichung eine milde Panik aus. In England beeilte man sich, einen Überblick über die vorhandenen Uranmengen zu gewinnen, und rechnete einige ärmliche tausend Tonnen mit Gestehungskosten von 15 Dollar pro Pfund auf den Orkneys und ein paar hundert Tonnen in England selbst zusammen.

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In dieser Stimmung allgemeiner Aufgeschrecktheit klammerte sich nun alle Welt an einen neuen Reaktortypus, die sogenannten <Schnellen Brüter>, die, einmal in Gang gesetzt, tatsächlich mehr atomaren Brennstoff erzeugen als verbrauchen. Da gab es etwas für nichts! Aber letztlich gab es doch nur ein Schluderprogramm. Präsident Nixon erklärte die Entwicklung der Schnellen Brüter zum nationalen Ziel, und die anderen Länder taten es ihm nach. 

So sind gegenwärtig über 100 Brutreaktoren in Betrieb oder im Auftrag, und zu den bereits arbeitenden gehören der Reaktor von Dounreay in Großbritannien, Phoenix und Rapsodie in Frankreich, Rußlands BN-350 und andere mehr. Die Atomenergiekommission betrachtet die Brutreaktoren als die vorwiegende Energiequelle im Jahr 2020, dank der die Stromkosten bei Abgabe an das Stromnetz unter zwei Drittel des gegenwärtigen Betrags gesenkt werden könnten — und das hieße: unter die Elektrizitätskosten bei Stromerzeugung aus Kohle.

Es gibt verschiedene Arten von Brutreaktoren, von denen einige Uran benutzen, andere aber Thorium oder Plutonium. Einige werden mit Helium gekühlt, mit geschmolzenem Salz oder auch mit flüssigem Natrium, das zwar billig, aber auch gefährlich ist, weil es bei Berührung mit Wasser in Flammen aufgeht. Dieser letztere Reaktortypus, auch als LMFBR (Liquid Metal Fast Breeder Reactor) bezeichnet, hat die meisten Chancen, und das im folgenden Gesagte bezieht sich hauptsächlich auf ihn. 

Natrium kocht bei 800°C, weshalb es ein besserer Wärmeaustauscher ist als Wasser; andererseits aber geht es sehr leicht Verbindungen mit verschiedenen Elementen ein, und bei den ersten Probereaktoren, die Natrium verwendeten, traten alle möglichen Probleme auf. So mußte der amerikanische Experimentalreaktor Fermi I nach bloß 30 Tagen Vollbetrieb stillgelegt werden, weil die Kühlprozesse nicht wie gewünscht verliefen, und bei anderen Reaktoren ergaben sich Verzögerungen in den Programmen.

Leider müssen gegen den LMFBR schwerwiegende Sicherheitsbedenken geltend gemacht werden, da er ständig das gefährliche Plutonium 239 erzeugt, eine Substanz von hoher Radioaktivität, aus der die Nuklearbomben hergestellt werden. Plutonium 239 ist weitaus bedenklicher als alle anderen radioaktiven Substanzen, die zu Brennzwecken verarbeitet werden. Es ist errechnet worden, daß eine Menge von der Größe einer Orange ausreicht, um die gesamte Menschheit radioaktiv zu vergiften. Zur Herstellung einer Bombe benötigt man nur 5 Kilogramm von diesem Plutonium. Ein normaler Reaktor des genannten Typs produziert aber 200-300 Kilogramm pro Jahr — ausreichend für 50 Wasserstoffbomben. Um das Jahr 1980 soll es aber ganze Scharen solcher Reaktoren geben. 

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Nach Schätzungen von Fachleuten wird dann die Menge des alljährlich von Industriereaktoren erzeugten Plutoniums ausreichen, um daraus 10.000 Atomsprengköpfe herzustellen. 

Was aber soll mit diesen Mengen an übergiftigem Material geschehen? Wird es die Internationale Atombehörde aufkaufen? 

Es sind bisher keine Verfahrensweisen ausgearbeitet. In einer von internationalen Spannungen hin und her gerissenen Welt könnte die Versuchung, dieses Material für großangelegte Erpressungsaktionen zu benutzen, allzu verlockend sein. Außerdem fallen bei den Brutreaktoren noch weitere schädigende Abfallprodukte an, wie ich noch ausführen möchte. Ein Teil dieses radioaktiven Materials wird von den Reaktoren zu den Wiederaufbereitungsanlagen und erneut zurück zum Reaktor transportiert werden müssen. Abgesehen von der Gefahr, daß bei der Überführung gelegentlich gestohlen wird — es dürfte ohnehin der größere Teil auch an anderen Orten deponiert werden, wo ebenfalls Diebstahl droht —, besteht immer das Risiko eines Transportunfalls, wie gering die Wahrscheinlichkeit auch sein mag.

In der Zwischenzeit hat sich herausgestellt, daß die Befürchtungen der Atomenergiekommission hinsichtlich eines Knappwerdens von Uran stark übertrieben sind. Auf den Brennstoff entfallen nur 10% der Produktionskosten, die 75 % der Gesamtkosten betragen. So würde Uran, das pro Pfund 30 Dollar kostet (statt etwa 8 Dollar), die Stromkosten bloß um 0,13% pro Kilowattstunde erhöhen, während hierdurch die Uranvorräte der USA von 600.000 Tonnen auf 2,24 Millionen Tonnen vergrößert würden. Akzeptierte man eine weitere Preissteigerung auf 50 Dollar, so würden die Vorräte auf 10 Millionen Tonnen ansteigen und die Kosten sich um 0,25% pro Kilowattstunde erhöhen. Kosten in dieser Höhe wird man indes kaum jemals in Kauf nehmen müssen. Bei Ransted in Schweden wird Uranerz von geringem Gehalt (3 Teile auf 10.000) für Kosten von 10-15 Dollar pro Pfund zu reinem Uranoxid aufbereitet. 

Bei Untersuchungen, die Dr. R. Spence und Mitarbeiter in Harwell anstellten, zeichnete sich die Möglichkeit ab, Uran aus dem Meerwasser zu Kosten von 20-40 Dollar pro Pfund zu gewinnen. Da im Meerwasser Uran in hinreichender Menge für Millionen von Jahren enthalten ist, entfallen eigentlich die Argumente für eine beschleunigte Inbetriebnahme der Brüter. Zweifellos sollte man lieber etwas mehr für den Strom bezahlen, als die Zukunft der Menschheit aufs Spiel zu setzen. Wir stehen hier vor einer ethischen, nicht vor einer technischen Entscheidung, und nur vernagelte Technomanen können da anderer Auffassung sein.

Es wäre viel sinnvoller, die leistungsfähigsten Typen der konventionellen Reaktoren vom Konvertertypus weiterzuentwickeln (so etwa den gasgekühlten Hochtemperatur-Reaktor). Die Firma General Atomics hat bereits ein halbes Dutzend in der ganzen Welt verkauft, dann aber die Entwicklung eingestellt, weil auch hier wie zuvor schon in Großbritannien die Schnellen Brüter vorgezogen wurden.

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   4  Ein Pakt mit dem Teufel  

 

«Viele mit der Materie vertraute Beobachter glauben, daß die Hunderte von industriellen LMFBR-Reaktoren, welche das LMFBR-Programm vorsieht, auf lange Sicht die ernsteste Umweltgefahr darstellen, mit denen sich unsere Gesellschaft konfrontiert sieht», bemerkt hierzu das National Radiation Defence Corps. Bei der Konferenz von Pugwash, 1972, drangen berühmte Wissenschaftler auf eine Beendigung dieses Programms.

Trotz allem, was über diese Fragen bereits geschrieben wurde, bleibt die Öffentlichkeit über die Gefahren nuklearer Abfallprodukte doch schlecht informiert. Zwar besteht eine vage Vorstellung von möglichen Gefahren, doch weiß niemand genau, wieweit den Zusicherungen der Atomtechniker zu trauen ist oder wie ernst die Warnungen der Umweltschützer zu nehmen sind. 

Bei der ersten internationalen Konferenz über atomaren Abfall, die 1973 stattfand, sagte D. Marley, daß bis zum Jahr 2000 die Strahlungsmenge der Abfälle 600 Milliarden Curie betrage (4 Milliarden durch Plutonium 239), was aber kein Anlaß zu Befürchtungen sei, weil die auf die Weltbevölkerung entfallende Durchschnittsdosis an Strahlung nur 0,2 % der natürlichen Umweltstrahlung ausmache. Da wird gleich zweimal ein beliebter Trick offizieller Augenwischerei vorgeführt. 

Trick eins ist die stillschweigende Voraussetzung, daß die natürliche Strahlung unserer Umwelt harmlos sei, da wir sie alle offenbar ausgehalten haben. In Wahrheit aber erzeugt sie in meßbarem Umfang Krankheiten und genetische Schäden, und jegliche zusätzliche Strahlenbelastung müßte diese Schäden erhöhen. 

Der zweite Trick ist die statistische Verteilung dieser Strahlenmenge über die ganze Weltbevölkerung. Wenn neun Personen eine sehr geringe Strahlungsdosis empfangen, eine zehnte Person aber eine sehr hohe, so kann sie daran sterben, obwohl das Mittel für die ganze Gruppe noch tolerierbar wäre. Man könnte also einen akzeptablen Durchschnitt in der Strahlungsbelastung erhalten, müßte dabei aber doch eine Sterblichkeit von 10 % in Kauf nehmen.

Die aus radioaktivem Material resultierenden Risiken lassen sich in vier Kategorien einteilen: 

  1. Risiken beim Betrieb von Kernkraftwerken, 

  2. Risiken bei der Wiederaufbereitung des Kernbrennstoffs, 

  3. Risiken beim Transport vom und zum Kraftwerk, 

  4. Risiken durch unkontrollierte Verbrennung — eine «überschnelle Energiefreisetzung», wie in offiziellen Stellungnahmen eine solche Kernexplosion beschönigend genannt wird.

Eine der aufrüttelndsten Untersuchungen über die Risiken nuklearer Programme, die ich je zu lesen bekam, stammt von Dr. Alvin Weinberg, dem Direktor des <Oak Ridge National Laboratory>, der seit langem ein Befürworter der Nutzung nuklearer Energie ist. Er schätzt, daß die USA bis zum Jahr 2000 über 1 Million Megawatt Nuklearenergie verfügen werden, die zu zwei Dritteln von den gefährlichen LMFBR-Reaktoren stammt.

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Dies würde aber bedeuten, daß im Jahr 7000-10.000 Transportaktionen mit verbrauchtem radioaktivem Brennstoff stattfinden müßten, wobei zu jedem gegebenen Zeitpunkt 60-100 Transportbehälter mit strahlendem Material unterwegs wären. Bei jeder einzelnen Transportaktion würde eine Strahlungsmenge von 75 Megacurie freigesetzt werden, dazu etwa 300 Kilowatt Wärmeenergie. «Die technische Entwicklung eines völlig zuverlässigen Tränsportbehälters für eine solche radioaktive Ladung ist ein ganz schönes Stück Arbeit», sagt Weinberg — und das ist noch untertrieben, da der ganze Behälter ständig gekühlt und gleichzeitig strahlungssicher abgeschirmt werden müßte.

Das Problem des Transports verblaßt jedoch neben dem Problem der Lagerung. Viele dieser nuklearen Abfälle haben eine eminent lange Lebensdauer. Technetium 99 muß viele tausend Jahrhunderte gelagert werden, bis es einigerrpaßen unbedenklich wird, und bei Plutonium 239 steht es nicht besser.* Weinberg schätzt, daß es in den USA bis zum Jahr 2000 Kernabfälle mit einer Strahlung von bis zu 27.000 Megacurie geben wird, die eine Wärme von 100 Megawatt erzeugen. Von 1972 bis 1985 wird der Transport der «gefährlicheren Arten radioaktiven Materials in den USA von 1800 Tonnen auf 32.000 Tonnen jährlich anwachsen». Wie Dr. W. Bennett Lewis von den Chalk-River-Anlagen in Kanada meinte, bedeutet ein Sicheinlassen auf die Kernenergie ein Sicheinlassen für alle Ewigkeit.

Auch Weinberg räumt dies freimütig ein: «Wir werden nie ganz frei von Besorgnissen hinsichtlich der Reaktorsicherheit sein, auch nicht hinsichtlich des Transports radioaktiven Materials und der Abfallverwahrung.» Und er erklärt mit großer Geste: 

«Wir Leute von der Kernenergie haben die Gesellschaft bewogen, einen faustischen Pakt mit dem Teufel zu schließen. Auf der einen Seite bieten wir eine unerschöpfliche Energiequelle ... Aber der Preis, den wir von der Gesellschaft für diese magische Energiequelle verlangen, ist eine Langlebigkeit und Wachsamkeit in ihren Institutionen, die über alles bisher Vorstellbare hinausgeht.» 

Weinberg schließt mit den Sätzen: 

«Die Gesellschaft ist jetzt vor die Wahl gestellt, eine Wahl, die wir Leute von der Kernenergie nicht zu diktieren vermögen ... Ist die Menschheit überhaupt fähig zu einer künftig durch alle Zeiten sich erstreckenden Wachsamkeit, die notwendig ist zur Gewährleistung einer angemessenen und sicheren Handhabung ihres nuklearen Energiesystems? ... Was wir im Austausch dafür bieten ... scheint mir den Preis wohl wert zu sein.»

 

* Die ganze Wahrheil ist: Wenn der Zerfall von Strontium 90 und Cäsium 137 zum größten Teil erfolgt ist, also nach 600 bis 800 Jahren, entstehen Aktiniden mit großen Halbwertzeiten, darunter das Americium 241 (Halbwertzeit 487 Jahre) und das Plutonium 239 (Halbwertzeit 24.000 Jahre). Das letztere wird erst nach 500.000 Jahren einen stabilen Zustand erreicht haben. Es bleiben aber Plutonium 242 (Halbwertzeit 380.000 Jahre) und Neptunium 237 (Halbwertzeit 2200 Jahre), die über Jahrhunderte hin kühl gehalten werden müssen und für die Dauer erdgeschichtlicher Zeiträume von der belebten Umwelt fernzuhalten wären. 

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Wir, die wir nicht zu den <Leuten von der Kernenergie> rechnen, möchten zwar der von Weinberg selbst vorgenommenen Gleichstellung dieser Leute mit dem Teufel gern beistimmen, glauben aber doch, daß die Menschheit den geforderten Preis zu zahlen eigentlich nicht in der Lage ist, gleich, ob sie den Handel nun machen möchte oder nicht. Zumindest ich für meinen Teil lehne es ab, darauf zu wetten, daß die Menschheit eine Viertelmillion Jahre lang sich an die Maximen des Doktor Weinberg hält.

Kurz nach Veröffentlichung der Weinbergschen Offerte in der Zeitschrift <Science> äußerte sich der hervorragende Biochemiker John Edsall aus Harvard in einer entschlossenen Erwiderung folgendermaßen: «... Ich ziehe den umgekehrten Schluß: Der faustische Pakt ist eben tatsächlich ein Pakt mit dem Teufel, den wir ablehnen müssen.» 

Edsalls Zuschrift verdient eine ausführlichere Wiedergabe. Der Wissenschaftler rechnet mit einer Zunahme sozialer Spannungen. 

«Kernkraftwerke werden ein Hauptanziehungspunkt für Saboteure und Erpresser sein. Eine gut angebrachte Sprengladung inmitten dieser Konzentration radioaktiven Materials vermag genug Radioaktivität in die Luft zu blasen, die dann durch den Wind über Tausende von Quadrat­kilometern verbreitet wird, wodurch weite Gebiete auf Jahrzehnte hinaus unbewohnbar wären ... es genügt eine kleine Anzahl derartiger Täter, um uns alle in Gefahr zu bringen.» 

Ich stimme der jüngst von Hannes Alfven (dem bekannten norwegischen Astrophysiker) in einern gedankenreichen Aufsatz geäußerten Ansicht zu, daß «...Kernspaltungsenergie keine annehmbare Lösung für das Energieproblem ist. Sie bürdet kommenden Generationen eine nicht zu tragende Bürde auf». 

Edsall kommt zu dem Schluß, daß wir unsere Forschungsanstrengungen bei der Suche nach neuen Energiequellen intensivieren sollten, so auf dem Gebiet der Sonnenenergie und der Kernfusion, und uns vorläufig an die Kohle halten müssen, bei äußerster Sparsamkeit im Verbrauch elektrischer Energie. Leider sind bereits enorme Summen in die Entwicklung von Kernreaktoren gesteckt worden, und die politisch Verantwortlichen scheinen entschlossen, die Sache durchzudrücken.

 

   5  Kernfusion — vielleicht   

 

Die ideale Energiequelle, deren Verwirklichung alle unsere Energieprobleme — oder fast alle — zu lösen imstande wäre, bleibt die Kernfusion, die Energie­erzeugung nach dem Verfahren der Sonne. Das Ausgangsmaterial wäre hier Wasserstoff, der unschwer aus gewöhnlichem Wasser zu gewinnen ist und daher in nahezu unbegrenzten Mengen zur Verfügung stünde und außerdem ohne große Kosten herzustellen wäre. Überdies ist das Verfahren der Kernverschmelzung unter dem Gesichtspunkt der Umweltbelastung mit Radioaktivität ziemlich «sauber». Leider aber weiß kein Mensch, wie eine Kernfusion zu bewerkstelligen wäre.

   259


Die Atomenergie, über die wir heute verfügen, basiert auf atomarer Spaltung, das heißt auf dem Aufbrechen eines Atoms unter Neutronen-beschuß. Wird ein Atom gespalten, so wiegen die beiden Teile zusammen weniger (genauer: haben weniger Masse) als das unzerspaltene Atom zuvor. Die fehlende Masse ist bei der Spaltung in Energie umgewandelt worden, gemäß Einsteins berühmter Formel E = mc2. (In der Praxis läßt sich nur ein kleiner Prozentsatz des spaltbaren Materials auch wirklich zur Spaltung bringen; daher liegt die reale Energieausbeute weit unter dem theoretischen Maximum.)

Kernfusion ist etwas ganz anderes. 

Hier muß der atomare Brennstoff auf unvorstellbar hohe Temperaturen gebracht werden, bis alle Elektronen vom Kern abgelöst werden und dieser gleichsam ohne Elektronenhülle ist. Diese Kerne ohne Elektronen sind das Plasma, in dem sämtliche Teilchen mit unglaublicher Geschwindigkeit durcheinanderwirbeln. Dabei stoßen die Kerne mit solcher Gewalt zusammen, daß einige miteinander verschmelzen, wobei sie neue Atome bilden, die sich in ihrem Bau von den Kernen des Ausgangsmaterials unterscheiden, gleichzeitig aber auch einen Teil ihrer Masse in Energie umwandeln. Doch während bei der Kernspaltung das spaltbare Material aus schweren Atomen besteht, die durch den Beschuß mit Neutronen zerlegt werden, kommen bei der Kernfusion leichte Atome zur Anwendung, und es bedarf keiner Neutronen, wenn auch einige im Prozeß selbst entstehen. Die hierzu am besten geeigneten leichten Atome sind die von Deuterium und Tritium, den etwas schwereren Formen des Wasserstoffs, doch wären auch andere prinzipiell möglich. Deuterium läßt sich aus gewöhnlichem Meerwasser recht billig gewinnen — zu einem Hundertstel der Kosten, die für die Kohlengewinnung aufzuwenden sind.

Daß solch ein Prozeß wie die Kernverschmelzung überhaupt möglich sei, war bereits vor dem Krieg bekannt, aber erst die Erfindung der auf Kernspaltung beruhenden Atombombe gab eine Möglichkeit zur Hand, jene unwahrscheinlich hohen Temperaturen zu erzeugen, deren man bei der Kernfusion bedarf; daher die Wasserstoffbombe, die 1951 erstmals erprobt wurde.

Die benötigten Temperaturen liegen bei 350 Millionen Grad Celsius. Es liegt auf der Hand, daß kein bekanntes oder unbekanntes Material ein Plasma von dieser Temperatur aufnehmen oder enthalten könnte. Die einzige Möglichkeit wäre offenbar, ein magnetisches Feld als Behälter zu erzeugen. Nun ist es ziemlich leicht, einen magnetischen Schlauch zu erzeugen; schwer ist nur, ihn an beiden Enden magnetisch zuzustöpseln.

5  Kernfusion  260


Seit über zwanzig Jahren probieren die Wissenschaftler magnetische Felder verschiedener Form und Anordnung aus, die geeignet sein könnten, das Plasma so lange in sich zu halten, bis es die nötige Temperatur erreicht hat. Eine einzige Sekunde würde bereits genügen. Leider sind diese Felder sehr instabil: Die magnetischen Feldlinien bauschen und winden sich wie wild gewordene Gummifäden und reißen sehr schnell ab. Man hat Magnetspulen in der Form eines Pfefferminzbonbons oder geschwungen wie die Naht eines Tennisballs erprobt; es wurden so komplizierte Formen entwickelt, daß sie «Mathematikers Freud, Technikers Leid» genannt wurden. 

In den Forschungsinstituten der USA, der UdSSR, Großbritanniens, Frankreichs und Japans knobelte man über mögliche Lösungen, und mehrmals schon schien ein Erfolg in Reichweite. Im Jahr 1958 feierte man bereits das ZETA-System der britischen Atomenergie­behörde als den entscheidenden Durchbruch. Doch als man die großen Schwankungen in der Stabilität der Felder unter Kontrolle hatte, machten sich plötzlich die kleinen Schwankungen unliebsam bemerkbar.

Niemand vermag mit Gewißheit zu sagen, ob hier eine Lösung möglich ist, aber die Wissenschaftler glauben, daß sie stetige, wenn auch langsame Fortschritte machen, und sie sind zuversichtlich, was den schließlichen Erfolg angeht. Aber selbst wenn im Laboratorium das Ziel erreicht sein wird, steht der Nachweis immer noch aus, ob dieses Verfahren auch in größerem Maßstab realisierbar ist — und unter Kosten, die mit den Kosten anderer Energie­gewinnungs­methoden vergleichbar sind. Bislang hat es den Anschein, als müsse ein solches Kraftwerk gigantische Ausmaße besitzen und eine Energie­leistung von 5000 Megawatt erbringen (die gegenwärtigen Spaltungsreaktoren liegen zwischen 1000 und 2000 Megawatt).* 

Berechnungen, die P. Carruthers für die britische Atomenergiebehörde 1967 angestellt hat, veranschlagen Produktionskosten von etwa 70 Pfund Sterling für jedes Kilowatt produzierter Elektrizität, also 350 Millionen Pfund für jedes Kraftwerk, wovon allein 10 Millionen Pfund auf das atomare Material zu rechnen wären. Ein solches Kraftwerk könnte Energie um ein weniges billiger erzeugen als die besten heutigen Brutreaktoren. Natürlich sind diese Zahlen durch die Inflation überholt und werden zweifellos noch unrealistischer sein, wenn ein solches Kraftwerk einmal tatsächlich existieren sollte. Außerdem enthält diese Berechnung nichts über Entwicklungskosten, die sehr hoch sein dürften, und wie ich glaube, sind auch die Kosten für die Verwahrung radioaktiver Substanzen hier allzu niedrig veranschlagt.

* Neuerdings ist man an das Problem der Kernverschmelzung unter der Perspektive herangegangen, daß der Reaktor klein genug gehalten werden kann, um eine Fabrik oder ein Schiff mit Energie zu speisen - vielleicht bis zu einer Leistung von 20 Kilowatt. Dies setzte gezielte Pulse kohärenten Lichts aus einer Laserbatterie voraus, die sich auf winzige Zellen des spaltbaren Materials richten; eine jede «implodiert» dabei durch Verschmelzung und setzt als eine Miniaturbombe einen Wärmestoß frei.

5  Kernfusion  261


Fraglos ist der Fusionsreaktor weitaus «sauberer» als die teuflischen Einrichtungen, von denen wir im vorangegangenen Abschnitt sprachen, und dies hat ihm den Ruf eingetragen, völlig sauber zu sein. Indes erzeugt auch er zwei Arten radioaktiven Abfalls. Dies hängt vom Brennmaterial ab. Da das wahrscheinlichste Brennmaterial das Deuterium ist, von dem auch das stärkste Maß an Verschmutzung zu erwarten wäre, soll es hier besprochen werden. 

Bei der Verwendung von Deuterium entsteht Tritium, ein tückischer Stoff. Seine Atome sind derart winzig, daß sie durch Aluminium sickern und selbst noch aus Behältern rostfreien Stahls austreten. Deuterium schlüpft durch die meisten Ventile und Dichtungen. Es dringt in den Körper ein — entweder durch Atmung oder über das Trinkwasser, wahrscheinlich sogar mittels Diffusion durch die Haut. Jene Mengen von Tritium, die beim Verschmelzungsprozeß nicht verbraucht worden sind, werden also irgendwie entweichen und müssen ersetzt werden. Don Steiner vom Oak Ridge National Laboratory rechnete aus, daß dieses Entweichen auf eine Strahlungsmenge von 8 Curie pro Tag bei einem Reaktor von 5000 Megawatt beschränkt werden müsse. Das heißt nichts anderes, als daß nur der zehntausendste Teil des Tritiums verlorengehen darf. Die Kosten für eine Abdichtung des Reaktors in dem hierdurch vorgeschriebenen Maß dürften zur entscheidenden Frage werden. «Nach meiner Meinung», warnt Steiner, «wird das Austreten von Tritium im Falle einer Störung am meisten Kopfzerbrechen machen.» Das aus Spaltungsreaktoren und Aufbereitungsanlagen für Kernbrennstoffe ausgetretene Tritium wird wohl bereits alarmierende Werte erreicht haben, wenn die Fusionsreaktoren zur Anwendung gelangen, so daß jedes weitere Risiko dann als untragbar erscheinen mag.

Tritium hat eine relativ kurze Halbwertzeit von 12,3 Jahren (es verliert also innerhalb von etwas mehr als 12 Jahren die Hälfte seiner Radioaktivität, die wiederum in den nächsten 12 Jahren auf die Hälfte reduziert wird — usw.). Anders sieht es in dieser Beziehung bei der anderen radioaktiven Gefahrenquelle aus, die sich aus der kühlenden Lithiumhülle ergibt, welche den heißen Kern und die ihn umschließenden Vorrichtungen abschirmt. 

Lithium reagiert sehr intensiv mit anderen Stoffen und kann daher nur in Behältern aus den Metallen Vanadium und Niobium aufbewahrt werden. Diese beiden Metalle werden durch die aus dem Kern des Reaktors kommende Strahlung radioaktiv. Vanadium ist weniger gefährlich, doch bleibt seine Anwendbarkeit auf niedrigere Betriebstemperaturen beschränkt, so daß wahrscheinlich Niobium verwendet werden muß. Radioaktives Niobium besitzt aber eine Halbwertzeit von 29.000 Jahren, und es ist ein Problem, was mit diesen Materialteilen, die durch das Strahlenbombardement auch deformiert werden könnten, geschehen soll. Hier wird also, wenn auch in kleinerem Umfang, wieder das bereits besprochene Problem der Abfallbeseitigung akut.

5  Kernfusion  262


Abgesehen von alldem ist Kernverschmelzung eine gute Idee — sofern sie sich verwirklichen läßt. Doch selbst dann, wenn sie sich im Laboratorium verwirklichen ließe, noch ehe dieses Buch erscheint, wäre mindestens mit weiteren zwanzig Jahren zu rechnen, ehe wirtschaftlich arbeitende Anlagen in Betrieb sind. Als wenigstes müßte eine Versuchsanlage in den vollen Größenverhältnissen errichtet werden, und es dauert heute acht Jahre, wenn ein Land einen Spaltungsreaktor bauen will, obwohl es sich dabei schon auf zwanzigjährige Vorerfahrung stützen kann. Die Technologen unterschätzen immer die Schwierigkeiten, so bereits im Falle der Kernspaltung. Aber solange wir nicht Energie aus Kernverschmelzung gewinnen können, können wir auch nicht unsere Wirtschaft auf den Wasserstoff umstellen.

 

  6  Energiequelle Wasserstoff   

 

Unter allen möglichen Energiespendern entspricht der Wasserstoff den Idealvorstellungen am besten. Er ist das einfachste aller Elemente. Von Wasserstoff getrieben, erreichten die Raketen den Mond. Wasserstoff läßt sich leicht aus Wasser gewinnen und gibt bei der Verbrennung als Abfallprodukt ausschließlich Wasser und keine umweltverschmutzenden Verbindungen. Er würde für Küche und Haushaltsheizung ganz neue Möglichkeiten eröffnen, da kein Abzug für seine flüchtigen Verbrennungsprodukte nötig wäre. Wasserstoff ließe sich durch Sonnenlicht aus nahezu wartungsfreien Anlagen mit einem Wirkungsgrad von 60% gewinnen — ein weitaus besseres Verfahren als die nur 40% Energieausnutzung, die ein mit Öl betriebenes Kraftwerk bietet. Kleinere Änderungen vorausgesetzt, könnte Wasserstoff auch normale Verbrennungsmotoren ohne eine Spur von Umweltverschmutzung betreiben.

Zur Verteilung des Wasserstoffs könnte man sich der bestehenden Erdgasleitungen bedienen; zwar erreicht der Wasserstoff nicht ganz den Heizwert des Erdgases, aber seine geringere Dichte, die rasches Strömen gewährleistet, würde dies wieder ausgleichen. Die Lagerung großer Mengen schafft größere Probleme als beim Öl, wiewohl die NASA auf Cape Canaveral immerhin einen Tank von 900.000 Gallonen unterhält, dem kleinere an anderen Orten zur Seite stehen. Alles in allem genommen scheint der Wasserstoff ein wahres Gottesgeschenk zu sein.

Nun hat jede Münze ihre Kehrseite, und beim Wasserstoff ist es der niedrige Flammpunkt, die leichte Entzündbarkeit. Immerhin aber verwendet die Industrie Wasserstoff dank strikter Sicherheitsvorschriften weithin unfallfrei, und auch in der Raumfahrt ist man mit großen Mengen ohne Pannen umgegangen. 

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Für den Haushaltsgebrauch müßte man wohl Geruchsstoffe zusetzen, so daß austretendes Gas sofort bemerkt werden könnte. Schließlich geht ja auch das Haushaltsgas explosive Mischungen mit der Luft ein, aber daraus resultierende Unfälle ereignen sich nicht häufig genug, um die Menschen von seiner Nutzung abzuschrecken. Allerdings dürfte unter diesen Aspekten der Wasserstoff für normale Autos des Alltagsgcbrauchs nicht in Frage kommen.

Der Hauptgrund, warum wir nicht über eine auf Wasserstoff aufgebaute Wirtschaft verfügen, liegt in den hohen Kosten — den Herstellungs- wie den Verteilungskosten.

Will man Wasserstoff herstellen, so geschieht dies am einfachsten dadurch, daß man einen elektrischen Strom durch Wasser leitet, wobei dieses sich in Wasserstoff und Sauerstoff aufspaltet. Daraus folgt, daß Wasserstoff teurer ist als Elektrizität, und bislang war er auch teurer als Öl. Auch mit dem Erdgas kann er nicht konkurrieren. Sollte aber der Preis für die Erzeugung von Elektrizität fallen, weil zu ihrer Erzeugung Kernbrennstoffe verwendet werden, könnte dadurch Wasserstoff billiger als öl und vielleicht auch billiger als Gas werden. Auch durch die Vergasung von Kohle läßt sich Wasserstoff herstellen, doch wäre dies nur interessant, falls Kernenergie nicht vorhanden ist.

Es gibt jedoch ein quantitatives Problem: 

Wollte man an die Stelle des Erdgasversorgungsnetzes ein Wasserstoffversorgungsnetz setzen, so hätte dies eine Vervierfachung der Stromversorgung zur Voraussetzung. Die Versorgung von Fahrzeugen aller Art mit Wasserstoff zwänge zur Erzeugung derart großer Mengen elektrischen Stroms, daß nun erneut die Probleme der radioaktiven Umweltverschmutzung sowie der Wärmeableitung akut werden müßten. Wasserstoff kann also nur dann ernstlich ins Gespräch kommen, wenn Fusionsreaktoren zur Verfügung stehen.

Andererseits wäre die Fernleitung von Wasserstoff über Distanzen von mehr als 300 Kilometern billiger als die Leitung von Strom, und bei Entfernungen von 1500 Kilometern wäre Wasserstoff nur halb so teuer wie Elektrizität. Er ist auch noch billiger als der Haushaltsstrom oder als durch Tanker geliefertes Erdöl. Keine häßlichen und platzraubenden Transformatorenanlagen wären nötig. Da die Leitungen unterirdisch verlegt würden, bliebe die Landschaft ohne Beeinträchtigung. So könnte es sein, daß in einem Jahrhundert unser weitverzweigtes Netz von Hochspannungsleitungen sich als unnötiger Luxus erweisen wird. In der Form des Wasserstoffs ließe sich die Energie leicht von Ort zu Ort bringen, wo sie dann für den Ortsgebrauch wieder in Strom umzuwandeln wäre.

Es ist ausgerechnet worden, daß Wasserstoff gegenwärtig als Treibstoff für Fahrzeuge nur dann konkurrieren könnte, wenn zu seiner Herstellung Nachtstrom verwendet würde. Aber ein Mr. Morris Klein aus Miami fuhr mittels Wasserstoffantrieb einen Lieferwagen zu Kosten von

6  Wasserstoff   264


weniger als einem halben Cent pro Meile (rund 1,6 Kilometer). Aber wenn auch die Wasserstoff-Autos selbst nicht zur Luftverschmutzung beitrügen, so wäre doch von den Fusionsreaktoren, die ja Voraussetzung für die nötige billige Stromgewinnung bei der Wasserstofferzeugung zu sein hätten, eine radioaktive Belastung zu befürchten: Die Gesamtmenge erzeugter Radioaktivität stiege etwa um 60 %, wenn von der Voraussetzung ausgegangen wird, daß bis zum Jahr 2000 alle Autos mit Wasserstoff fahren.

Während niemand mit sofortiger Umstellung rechnet — ich sprach bereits von den Gründen —, gibt es auch Sachverständige, die sogar für die weitere Zukunft skeptisch bleiben. Timothy Johnson hat in der britischen Wissenschaftszeitschrift <New Scientist> die Begeisterung für den Wasserstoff als Brennstoff mit der Bemerkung, sie sei «unsinnig», abqualifiziert. Nach den Gesetzen der Thermodynamik, schreibt Johnson, sei es unwirtschaftlich, mittels Elektrizität aus Wasser den Wasserstoff zu gewinnen, um ihn dann wiederum in Elektrizität zurückzuverwandeln. Demzufolge 

«wäre im Hinblick auf die Umwelt mehr Schaden als Nutzen zu erwarten, selbst wenn die Umweltbelastungen ein bißchen verteilt würden. Aus diesem und einer Reihe von anderen Gründen kann man auch ziemlich sicher sein, daß der Gedanke an den Wasserstoff schon bald wieder für die nächsten zehn Jahre ad acta gelegt werden wird, sobald sich die derzeitige Begeisterung etwas beruhigt hat.»

Diese Ansicht wird allerdings nicht geteilt von einem Mann, dem man in diesen Fragen größere Kompetenz wird zubilligen müssen. Francis Bacon, bekannt geworden als Erfinder der Brennzelle, glaubt durchaus, daß der Ausnutzungsgrad bei der elektrischen Dissoziation des Wassers zur Wasserstoffgewinnung sich noch verbessern läßt. Auch meint er, daß auf Wärmeenergie beruhende Prozesse zur Erzeugung des Wasserstoffs entwickelt werden könnten. Ein mit Helium gespeister Reaktor könne genug Wärme erzeugen, um Wasser zu verdampfen, und dieser Dampf müsse dann über ein bis zwei chemische Reaktionsstufen die Wasserstofferzeugung möglich machen. Wasserstoff sowie andere Brennstoffe wie Methanol oder Hydrazin «wären nicht Luxusartikel, sondern Notwendigkeiten des Alltags», meint Bacon, und er fährt fort: «Sie werden wohl noch vor Ende des Jahrhunderts in großen Mengen verbraucht werden.» Die gleiche Auffassung vertraten einige Wissenschaftler, die über diesen Gegenstand Referate auf der Tagung der American Chemical Society von 1972 hielten. In einem der Tagungspapiere hieß es: «Wasserstoff könnte der wichtigste Brennstoff des 21. Jahrhunderts werden.»

Professor J. Bockris von der australischen Flinders University macht darauf aufmerksam, daß Wasserstoff wegen seines geringen Gewichts die Reichweite von Düsenflugzeugen vergrößern müsse und einen Ein-Mann-Hubschrauber praktikabel mache. Außerdem könnte er die Kosten für zahlreiche chemische Prozesse senken, von der Aluminiumherstellung bis zur Hydrierung von Fetten. Die Kosten für die Ammoniakherstellung ließen sich um die Hälfte verringern. So gesehen ist es sehr zu bedauern, daß Großbritannien 1967 sich dafür entschied, die Forschung auf dem Gebiet der Kernfusion zu beschneiden.

6  Wasserstoff   265


   7  Zukunftsalternativen   

 

Ob nun die Menschheit weiter mit den Brutreaktoren leben wird oder nicht — auf jeden Fall wird die Elektrizität zumindest bis zum Jahr 1985 knapp werden. Öl dürfte es noch für eine Weile genug geben, sofern die Araber ihre Einschränkungen aufheben (was sie sofort tun werden, sobald Öl aus anderen Quellen verfügbar ist), aber nach und nach werden sich die Vorräte dennoch erschöpfen. Fällt die Entscheidung für die Brutreaktoren, dann könnte der Strom sogar noch billiger werden. Doch was nach 1985 sein wird, hängt davon ab, ob eine größere Betriebskatastrophe oder eine gewaltsame Erpressung mit Plutonium sich ereignet, ehe das Programm für die Brutreaktoren schon so weit angelaufen ist, daß es nicht mehr gestoppt werden kann. Ohne die Brutreaktoren müßte der Strom sich bis zum Jahr 1990 leicht verteuern.

Die Kohle wird erneut eine Gnadenfrist erhalten und zur Herstellung von Gas und Öl vor allem dort Verwendung finden, wo ihre Gewinnung leicht ist. Während dieser späten Blütezeit des Kohlenbergbaues werden die Bergarbeiter ihre Löhne höherschrauben, wodurch die Kohle wieder teurer werden wird und mit dem Öl gleichzieht. Wenn allerdings nach 1985 die Hauptmenge des Stroms durch Kernreaktoren erzeugt werden wird, sind auch die Tage der Kohle vorüber.

Durch das Nordseeöl und die reichen Kohlenvorkommen dürfte Großbritannien bis 1985 nicht schlecht liegen; gegen Ende des Jahrhunderts steckt es dann sicher wieder in Schwierigkeiten. Die europäischen Länder, Norwegen ausgenommen, werden 1985 immer noch große Ölmengen importieren.

Die höheren Kosten verlangen ein haushälterisches Wirtschaften. Viele Herstellungsprozesse verschwenden Energie auf absurde Weise. Charles A. Berg vom National Bureau of Standards ist der Ansicht, daß ein Viertel des gesamten nationalen Energieverbrauchs auf vermeidbare Verluste beim Umsatz in die gewünschte Wirkung entfällt. Die Wärmeisolation von Häusern und Büroräumen und erst recht von Öfen, Eisschränken usw. wird durch die Herstellungskosten bestimmt. Gleiches gilt für Ventilationsanlagen, Heizungssysteme und ähnliches. Die Kosten der meisten Wärmeisolationseinrichtungen amortisieren sich in fünf Jahren (oder früher, wenn das Heizmaterial teurer wird), und die Häuser verbrauchen zu ihrer Beheizung 40 % mehr Energie als notwendig.

7  Zukunftsalternativen  266


Große Aussichtsfenster sind wohl schon nicht mehr im Einklang mit den Erfordernissen der Zeit. Auch die Kraftwerke sind große Verschwender, da sie zwei Drittel ihrer Energie als Abwärme durch Kühltürme oder über Flüsse an Luft und Wasser verlieren. Gestreift sei auch die Energieverschwendung durch Flutlicht, Lichtreklame und ähnlichen Luxus. 

Auch die Luftfahrtgesellschaften dürften zu einer Rationalisierung ihres Betriebes gezwungen werden. Es ist errechnet worden, daß sich jährlich 800 Millionen Gallonen Hochleistungstreibstoff allein in den Vereinigten Staaten einsparen ließen — ohne daß dabei die Zahl der Transportkilometer verringert werden müßte —, sofern die Gesellschaften nur optimale Flugpläne erstellen wollten.

Aber steigende Treibstoffkosten werden sich allenthalben in höheren Preisen niederschlagen. Vor allem werden sich Auswirkungen zeigen auf das Zahlungsgleichgewicht all jener Länder, die Energie importieren müssen, vor allem für Länder der Dritten Welt, die noch über keine eigene Versorgung mit Treibstoffen verfügen. Wie wir gesehen haben, wird von der Energieverteuerung vor allem die Landwirtschaft betroffen sein.

Wir stehen daher vor der Aufgabe, neue Energiequellen zu finden, vor allem solche, die sich automatisch erneuern. Für mich besteht kein Zweifel, daß es am besten wäre, die Energie direkt aus der Sonne zu beziehen oder — falls dies wirtschaftlich nicht zu machen wäre — durch indirekte Gewinnung aus dem Temperaturgefälle der Weltmeere. Alle anderen Quellen sind relativ unbedeutend, wie nützlich sie auch unter besonderen Bedingungen sein mögen.

Geothermische Energie könnte für das eine oder andere kleine Land wie etwa Äthiopien von Bedeutung sein, wäre aber für ein Land wie die USA nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Noch begrenzter ist die Verfügbarkeit der Gezeitenkräfte als Energiespender.

Wirtschaftlich ist die Sonnenenergie noch lange nicht zu nutzen außer für die Beheizung von Häusern oder Schwimmbecken. Aden und Marjorie Mcinel (Aden Meinel ist Direktor des Optical Sciences Center an der Universität von Arizona) haben ausgerechnet, daß die Erzeugung von 1 Million Megawatt Energie aus Sonnenlicht ein Gebiet von 5000 Quadratmeilen selbst unter den günstigen Verhältnissen Arizonas, wo die Sonne 230 Tage im Jahr scheint, beanspruchen würde. Die Kosten müßten fraglos dem Doppelten einer vergleichbaren Anzahl von Kernkraftwerken entsprechen. Dies mag noch zu niedrig angesetzt sein, wie Paul Gast vom Argonne National Laboratory glaubt, da es nicht die Möglichkeit der Wärmespeicherung einbezieht, die über wolkige Tage hinweghilft; man müßte also wohl das Dreifache der Kernkraftwerkskosten veranschlagen. 

7   Zukunftsalternativen  267


Die Meinels rechnen für die Anlage mit einer Lebensdauer von vierzig Jahren. Niemand aber weiß wirklich, welche Lebensdauer solchen Großflächen voll Wärmcsammellinsen und Leitungen zuzuschreiben ist, die den Temperaturschwankungen und dem Wüstensand ausgesetzt sind; ebenso unbekannt sind die Wartungskosten. Ganz sicher aber werden diese Fragen der Wartung bei den teuren Sonnenzellen eine Rolle spielen, die für die Energieversorgung von Raumschiffen entwickelt wurden. Gleichwohl sind internationale Firmen wie Honeywell in Minneapolis der Auffassung, daß es auch da Möglichkeiten gibt. Die US-Raumfahrtbehörde rechnet damit, daß im Jahr 2000 Sonnenenergie 20 % des Bedarfs der USA decken wird.

Mehr Erfolg dürfte die Ausnutzung des Temperaturgefälles im Meer bieten. 

Bei einem Eisschrank wird Energie verwendet, um ein Temperaturgefälle zu erzeugen; umgekehrt läßt sich aus einem Temperaturgefälle Energie gewinnen. Diese Konzeption des «umgekehrten Eisschranks» geht davon aus, daß durch Absenken von Röhren bis zum Kaltwasser der Tiefsee und durch Zirkulation einer Flüssigkeit, die beim Einströmen in Rohre der wärmeren Zone verdampft, beim Einströmen in die Rohre der kälteren Zone aber kondensiert, eine Art Dampfmaschine geschaffen wird, die als Dampfturbine konstruiert ist. In der Idee ist diese Maschine schon fast hundert Jahre alt — der französische Physiker Jacques d'Arsonval hat sie 1881 zur Diskussion gestellt. Er schlug dabei Ammoniak als Zirkulationsflüssigkeit vor. 

Clarence Zener, Professor an der Carnegie-Mellon University, griff diese Idee wieder auf und rechnete vor, daß die Gestehungskosten etwa die gleichen wie bei einem Kraftwerk auf der Basis fossiler Energie wären. Da aber die Gestehungskosten nur die Hälfte der Kosten bei der Stromerzeugung ausmachen, während der Rest zum größten Teil auf die Brennstoffe entfällt, wäre der «umgekehrte Eisschrank» ohne Brennstoffbedarf in der Lage, Strom zur Hälfte der bisher zu veranschlagenden Kosten zu erzeugen. Zusätzlich könnte er auch noch frisches Wasser in beträchtlichen Mengen produzieren. Das schwierige Problem bei diesem Konzept bleibt aber die Übertragung der Energie vom Meer auf das Land — und hier böte wieder Wasserstoff in Rohrleitungen eine mögliche Lösung.

Zener kommt für sich zu dem Schluß, «daß die Wahrscheinlichkeit einer wirtschaftlichen Verwirklichung so hoch ist, daß selbst die technisch fortschrittlichen, mit flüssigem Metall arbeitenden Schnellen Brüter, wie sie von der Atomenergiekommision entwickelt werden, noch vor Vollendung ihrer Entwicklung technisch überholt sein dürften».

Ich selbst glaube, daß das Interesse für kleine, autarke Energiequellen zunehmen wird, und dies aus zwei ziemlich unterschiedlichen, aber doch ineinandergreifenden Gründen: zum einen aus dem romantischen Wunsch nach Selbstgenügsamkeit und Unabhängigkeit, der zusätzliche Impulse erhält durch die reale Aussicht auf mögliche Verknappungen; zum anderen wegen der zunehmenden Wahrscheinlichkeit von Störungen in den großen Versorgungssystemen, gleich, ob durch Streiks, technisches Versagen oder terroristische Anschläge.

7  Zukunftsalternativen  268


Für die Beheizung von Wohngebäuden kommt in dieser Hinsicht der Sonnenenergie besondere Bedeutung zu. Weniger bekannt ist, daß Systeme zur Nutzung von Sonnenenergie ebenso für Klimaanlagen im Sommer verwendet werden können. Vielversprechende Möglichkeiten eröffnet auch das Methan, das Sumpfgas, das sich aus dem Abfall von Haushalten und landwirtschaftlichen Betrieben gewinnen läßt, der gegenwärtig meist ungenutzt in die Abwasserkanäle gelangt und in Flüssen und Küstengewässern zur Verschmutzung beiträgt. Die' Nutzung des Methans böte also zwei Vorteile. Darüber hinaus kann Methan auch Antriebsenergie zur Fortbewegung von Fahrzeugen liefern. Schließlich könnte die Energieerzeugung durch Müllverbrennung, wie sie bereits in London, Paris und anderen Großstädten eingeführt wurde, weiterentwickelt werden.

Auf Haiti benutzt man Sonnenenergie dazu, in einer Schule die Mahlzeiten für 240 Studenten zu kochen und Trinkwasser zu destillieren. In Syrien ist eine Heizkiste mit Sonnenenergie im Gebrauch, die nur 14 Dollar kostet und der Trocknung und Konservierung von Gemüsen dient. Diese umstandslos zu verwendenden Geräte wurden vom Brace Research Department der McGill University entwickelt, einer der vielen Institutionen, die sich auf die Entwicklung simpler Technologien spezialisiert haben, etwa der «öltonnentechnologie», der «Sparflammentechnologie» oder der «Übergangstechnologie», dafür gedacht, unterentwickelten Ländern den Übergang zur Industrialisierung zu erleichtern.

Sollte dies alles zutreffen, so müßte die in den USA vorgesehene Aufteilung der Geldmittel für Energieforschung und Entwicklung einer Revision unterzogen werden. Läßt man die großen Summen beiseite, die für die Optimierung bereits bestehender Energiequellen und für die Erzielung von Energieeinsparungen festgesetzt sind, dann ergibt sich bei den vom President's Advisory Council on Energy für die Fiskaljahre 1975-1979 festgesetzten Ausgaben für neuartige Energieformen folgendes Bild:

7  Zukunftsalternativen  269


 

Millionen Dollar

Fossile Brennstoffe

3675

Spaltungsprogramme:

 

Hochtemperatur-Gasreaktor,

 

Sicherheit und Abfallbeseitigung

1660

Bruttoreaktoren

2730

Andere Programme:

 

Fusionsreaktoren

1550

Sonnenenergie

200

Geothermische Energie

185

rmeaustauschmaschinen im Meer

0

Kleinformatige Energiespender

0

Insgesamt

10.000

Hieraus geht hervor, daß die Brutreaktoren immer noch zu den Stars der Energieplanung gehören — aber der größte Teil der Summe, wenn nicht gar alles Geld sollte besser anderen Programmen zufließen.

Ich habe die Programmvorschläge der USA herangezogen, weil kein anderes Land auf diesem Gebiet über eine zehn Jahre umfassende Vorausplanung verfügt und weil auch kein anderes Land mit ähnlich gewaltigen Summen rechnen kann — selbst nicht im Verhältnis zum Bruttosozialprodukt.

Es kann kein Zweifel daran bestehen, daß dieses Geld auf gewinnträchtige Weise zur Verfügung gestellt werden wird. Im Juli 1973 gründeten sechs internationale Banken die International Energy Bank zur Finanzierung von Energieprogrammen. Ein Sprecher gab zu verstehen, daß von den Banken die weltweite Kapitalnachfrage der Energieindustrie für das nächste Jahrzehnt auf 500 Milliarden Pfund Sterling geschätzt werde — das ist mehr als das Hundertfache der erwarteten Erschließungskosten für das Nordseeöl.

Angenommen nun, wir lösen das Energieproblem: Was dann? 

Werden wir weiter wie bislang den Weg des Materialismus gehen, die Rohstoffe aufbrauchen und mit ungeschmälertem Eifer die Umwelt verschmutzen? Es ist nur allzu wahrscheinlich. Aber die wirkliche Fragestellung lautet ja nicht: Wo können wir die Energie herbekommen? Sie lautet vielmehr: Wollen wir weiterhin eine Wachstumsgesellschaft wie bisher? 

Natürlich hat auch Wachstum sein Gutes. Es wäre Narretei, wollte man die Dinge auf dem Stand der Gegenwart einfrieren. Jegliche Einrichtung, die mehr menschliche Zufriedenheit gewährleistet — vorausgesetzt, daß sie dafür nicht in anderen Bereichen Zufriedenheit schmälert (von der reinen Luft bis zum sozialen Zusammenhalt) —, ist dringend zu wünschen. Die Frage lautet, ob wir die Fähigkeit besitzen, unter mehreren Möglichkeiten die richtige Wahl zu treffen, anstatt gedankenlos ständig materielles Wachstum über andere Möglichkeiten der Erfüllung zu setzen.

Und wenn wir uns dennoch für das materielle Wachstum entscheiden: Sollen wir dies in der Weise wie bisher tun und auch künftig die Kluft zwischen armen und reichen Völkern stets nur weiter aufreißen, uns mit immer ausgeklügelterem Krimskrams umgeben und viele unserer Erzeugnisse auf den Schrotthaufen werfen, längst ehe sie wirklich schrottreif geworden sind, während die Hälfte der Weltbevölkerung am Rande der Armut dahinlebt, wenn nicht gar verhungert? 

Das scheint nicht länger mehr möglich, selbst wenn der Westen so von aller Vernunft verlassen wäre und trotz alldem auch künftig draufloslebte wie bisher. Die Länder der Dritten Welt stellen uns vor Probleme, die wir noch nicht einmal ernst zu nehmen begonnen haben, die aber unausweichlich auf uns zukommen.

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Gordon Rattray Taylor   Zukunftsbewältigung  1975