Klaus-Peter Möller

Der wahre E

Ein Wörterbuch der 
DDR-Soldatensprache

 

2000 by Lukas Verlag Berlin 
Autor und Verlag bedanken sich für die freundliche
Unterstützung der Drucklegung durch
die Hans-Böckler-Stiftung, Düsseldorf.  

Klaus-Peter Mölller :  Der wahre E  (2000)   Wörterbuch der DDR-Soldatensprache  -  

2000    338 Seiten, *1960

Google.Buch  mit Lesen bei Amazo und Google

wikipedia  Soldatensprache_der_NVA

 

detopia:   M.htm   Aschebuch 

Viele Rezensionen  Zeitungen 

Der NVA-Jargon von W.Steinacker  

Stasi-Jargon von C.Bergmann 

 

Inhalt

Vorwort  (6)

Einleitung  (8) 

Hinweise zur Benutzung (23) 

Abkürzungsverzeichnis (28) 
Fahneneid (30)  
Gelöbnis der Bausoldaten (31) 


lukasverlag.com  

deutschesfachbuch.de isbn=3931836223 

 

Abbildungen auf dem Umschlag: 
Soldatenstube (Foto: Thomas Heinemann, Berlin) # EK-Inschrift, Berlin 1989 (Foto: Robert Conrad, Berlin)  # Detail auf einer Verpackung des NVA Buch- und Zeitschriftenvertriebs (VEB) Berlin  


Leider konnten nicht in jedem Fall die Urheber von abgedruckten Texten und Bildern ermittelt werden. Außerdem war es nicht möglich, sämtliche abgebildeten Personen auf den zu Dokumentationszwecken abgedruckten Fotos zu ermitteln. Sollte jemand durch die Dokumentation in seinen Rechten beeinträchtigt sein, bitten wir ihn, sich beim Verlag zu melden. 

Wörterbuch der DDR-Soldatensprache 

Wörterverzeichnis A bis Z  (34) 

Numeralien (233) 
Toponyme (237) 
DDR-Militärsprache / Register (239) 

Dokumente

  • EK-Statute (298) 

  • Stubenordnung (302) 

  • Tagesdienstablaufplan (303)  

  • Revierreinigungsplan (305)  

  • Lieder (306)  

  • Sprüche (315)  

  • Witze (319) 

Anhang

Literatur (Auswahl)  323  •  Der Autor  (338) 

 


Das Wörterbuch erschließt erstmals die außergewöhnliche Lexik der DDR-Soldaten­sprache und ermöglicht so deren Einbeziehung in vergleichende militärhistorische und philologische Forschungen. 

Vor allem aber ist es ein Buch, in dem sich die ehemaligen Wehrpflichtigen der DDR wiederfinden können — die Sprache, die sie gesprochen haben, die Probleme, die sie beschäftigten. 

Erfaßt wurde die Soldatensprache im weitesten Sinne, also die Sprache der Soldaten wie der Offiziere, der NVA wie der Grenztruppen, der Bereitschaftspolizei, des Wachregiments, der Baueinheiten des Ministeriums für Nationale Verteidigung, der Luftstreitkräfte, der Landstreitkräfte wie der Volksmarine.  

 

Was für ein erstaunliches Buch    Von Schaefer 2000 bei Amazon:

Ein witziges Wörterbuch, das einen traurig machen kann. Was war das für eine Welt, in der wir da für mindestens 18 Monate lebten? Hier kann man es erfahren. Die Einleitung sorgt dafür, daß diese Wörtersammlung auch unter anderen geographischen und zeitlichen Bedingungen verstanden werden kann. Sie schützt das Buch auch vor möglichen Mißverständnissen: es geht weder um ein schulterklopfend-nostalgisches Suhlen in Erinnerungen noch um eine selbstgerechte Abrechnung mit damals erlittenem Unrecht. Dafür ist der Respekt des Autors vor der Sprache zu groß. 

So besteht seine Leistung auch nicht nur im fleißigen Sammeln (Respekt auch dafür), sondern vielmehr im Aufschließen der Bedeutungen, im Organisieren der Materialfülle (im Ordnen seiner Truppen), im Differenzieren zwischen Soldatenjargon und offizieller DDR-Militärsprache (siehe das unglaublich umfangreiche - fast 60 Seiten! - Register ab S. 235). 

Angesichts der Fülle des Materials und der gelungenen Aufbereitung treten Einwände (es mag kleine Lücken geben; "Lola" ist wirklich nicht von den "Rolling Stones") zurück ins letzte Glied. Der Autor, lt. Kurzbiographie Reserveoffizier der NVA, hat sich mit diesem Buch selbst befördert: zum Armeewörtergeneral der Aufklärung.

 

Erinnerung an die Hölle auf Erden     Von Dabeigewesener 2014 

Eine beklemmende Erinnerung an eine düstere Parallelwelt. Für mich war der Wehrdienst in der sogenannten NVA die Hölle auf Erden. Schlicht und einfach Haftstrafe und Internierungslager. Junge Männer, nach der damaligen Mode gekleidet und frisiert, durchschritten das Kasernentor, wurden geschoren und in widerliche Filzuniformen gesteckt. Binnen weniger Tage war alles an scheinbarer Kultur und Erziehung vergessen und verschüttet. Das regelrechte Terrorsystem der Ausbildung und des Dienstes setzte sich in der internen Rangordnung auf den Soldatenstuben fort. Die Mannschaften organisierten die eigene Unterdrückung und Überwachung; wehe, dort scherte jemand aus, das wurde lebensgefährlich. Auch in den Konzentrationslagern organisierten Funktionshäftlinge den Lagerbetrieb. Die Lagerleitung machte sich nicht die Finger schmutzig. 

Es ist das Prinzip jeder Diktatur, das Böse im Menschen zu wecken und zu verselbstständigen. Auch wenn es mancher nicht wahrhaben will, es war blanke Abrichtung zum Töten, es sollte im Einsatzfall jeder Befehl ausgeführt werden. Sprache, die für Dich dichtet und denkt - Victor Klemperer. Wer dieses Kompendium der Hölle genau durchliest, kann auf Zustände und Rituale schließen, auch wenn er manches vielleicht nicht selbst erleben musste. Das Schlimmste war, man konnte sich diesem System, dieser perversen Gedankenwelt nicht völlig entziehen. Auch wenn man sich bemühte, z.B. aus religiösen Gründen oder durch Denken und die Familie, Frau und Kinder, anständig zu bleiben. Es ist nicht immer gelungen. Jeder Mensch hat eine dunklle Seite und die hat die EK-Bewegung freigelegt, gnadenlos. Die Geschichte der NVA wird zum größten Teil von ehemaligen hohen Offizieren geschrieben. Die alltägliche Ehr- und Würdelosigkeit des NVA-Dienstes wird so natürlich niemals angesprochen. Damit ist das vorliegende Buch ein ungeheuer wichtiges zeitgeschichtliches Werk, welches wissenschaftlichen Ansprüchen stand hält. Ich wünsche allen jungen Leuten, dass sie niemals in Ihrem Leben eine soche psychische und physische Dauerfolter erleben müssen, es ist eine Bürde für das gesamte Leben, auch noch nach Jahrzehnten.Ich wünsche dem Buch eine weite Verbreitung. Es ist ein Mahnmal und eine Warnung, was man aus Menschen in einer abgeschlossenen Umgebung machen kann.

 


 

<Titanic> 2002      titanic-magazin.de heftarchiv+++   

So heißt ein Wörterbuch der DDR-Soldatensprache, fleißig kompiliert von Klaus-Peter Möller im Lukas Verlag. 
Daß er zwischen Soldatensprache, Offizierssprache und allgemeiner Militärsprache unterscheidet, weist ihn als Mann mit ernsten Absichten aus. 

Was schon wieder komisch wirkt, denn mit den Mitteln des Wörterbuchs ist das schillernde Register von Bedeutungsnuancen und Konnotationen zahlreicher Lexeme, die je nach Situation auf unterschiedliche Weise verwendet werden konnten, nur schwer darstellbar. 

Und gewiß gehört auch ein hoher Grad Verbissenheit dazu, Tausende Synonyme für den Begriff Nichtstun ("Abdul anbeten", "Radkästen anwärmen") zu archivieren und so bocksteif wie möglich zu erklären. Knapp gefolgt in der Häufigkeitshitparade wird das Faulenzen von den Tarnbegriffen für die geschlechtliche Interaktion ("Kompanieentsafter: Mädchen, dem ein abwechslungsreiches Liebesleben nachgesagt wurde") und die Einnahme von Alkoholika ("0,7-Glasmantelgeschoß", "Granate mit Schraubzünder entschärfen"). Superlative, Kontrafakturen, Schimpfnamen für Feiglinge ("Hustensaftschmuggler"), umgedeutete Abkürzungen (hier: NVA = Nationale Verrückten Anstalt) oder witzige Zielansprachen wie "kniende Ameise, halb links, 400 Meter" wird es sicher in jeder Armee geben (vgl. auch "Humor in Uniform", Rastatt 1990; "So lacht man im Schützengraben", Königsberg 1898). 

Was dieses Wörterbuch wirklich zu etwas Besonderem macht, ist die akribische Auflistung sogenannter EK-Belustigungen. "EK" stand für Entlassungskandidat (noch kürzer "E"; siehe Buchtitel). "Die E's beanspruchten eine Vorzugs- und Vormachtstellung dienstjüngeren Soldaten gegenüber, die nicht selten auch von den Vorgesetzten akzeptiert wurde." Einige der eigenartigsten Rituale seien hier beweishalber kurz zitiert: Erstens: "Heimfahrt. EK-Belustigung: durch Vorbeitragen von Bäumen und Ortsschildern am Fenster, Rütteln am Bett, Bedienung wie durch Mitropa-Kellner usw. wurde die Heimfahrt der EK's simuliert." Zweitens: "Hawaii spielen. EK-Belustigung: mit Hilfe von Sand, der in die Unterkunftsstube getragen worden war, Decken u.a. Utensilien wurde eine Strandsituation simuliert, in der sich der EK von den Soldaten des 1. Diensthalbjahres bedienen ließ." Drittens: "Reisernte. EK-Belustigung: Soldaten des 1. DHJ mußten auf Knien über den Flur rutschen und dabei Ernte-Bewegungen ausführen und Laute von sich geben, die die chinesische Sprache nachahmen sollten: ›Hing hang hung. Wiau Piau. Mejing fingin. Ent las sung!‹ usw." Und, schließlich, viertens: "Staubsauger. Berüchtigte EK-Belustigung: der Atemschlauch der Schutzmaske wurde mit der flachen Hand zugehalten, so daß der Träger der Maske keine Luft bekam, dann wurde der Atemweg plötzlich freigegeben und das Ende des Atemschlauchs in einen vollen Aschenbecher gehalten." 

Selten wohl gab es einen größeren Erfindungsreichtum an Schikanen als in dieser sozialistischen Volksarmee. Wie lustig wären sie wohl erst mit ihren Feinden umgesprungen?


     

Vorwort 2000 von K-P Möller  

6

Mit diesem Wörterbuch, das, wie ich hoffe, einen Beitrag leisten wird zur Dokumentation und Aufarbeitung des Wehrdienstes in der DDR, möchte ich das Resultat einer Arbeit vorlegen, die mich viele Jahre beschäftigt hat. Bereits während meines Wehr­dienstes in der NVA, den ich in den Jahren 1981 bis 1984 in der Unteroffiziers­schule »Max Matern« in Eggesin und im mot. Schützen-Regiment (MSR) 28 »Wilhelm Florin« in Rostock leistete, hatte ich ein erstes Glossar zur Soldatensprache angelegt, in dem ich die merkwürdigen sprachlichen Erscheinungen, die mir aufgefallen waren, nach Sachgruppen geordnet verzeichnete. Auf den Deckel des Notizbuches hatte ich, in Anlehnung an die Bezeichnungen der Dienstvorschriften, den Titel »010/0/0815« geschrieben.

Von dieser ersten, von dem auffälligen Phänomen angeregten Beschäftigung mit dem Gegenstand bis zu dem hier vorliegenden Wörterbuch lag noch ein weiter Weg vor mir. Ohne die Ermutigung, die ich während meines Studiums an der Pädagogischen Hochschule »Karl Liebknecht« in Potsdam von meinem Lehrer Rolf Bock erfahren habe, wäre dieses Buch vielleicht nie entstanden. 

Ich hatte ihm von meiner Sammlung berichtet, daraufhin ermöglichte er mir bereits 1987, eine Jahresarbeit im Fachgebiet Sprachwissenschaft zur DDR-Soldatensprache zu schreiben. Obwohl an eine öffentliche Aufarbeitung des Materials in der DDR nicht zu denken war, begann ich, meine Sammlung kontinuierlich zu vervollständigen und auszubauen. Monatelang war ich damit beschäftigt, Befragungen unter Kommilitonen durchzuführen. 

Besonders ergiebig für die Sammeltätigkeit war meine Zeit als Reserveoffiziers­anwärter (ROA) in Seelingstädt. Mit Papier und Bleistift bewaffnet zog ich abends und an den Wochenenden von Stube zu Stube, um mit Studenten aus allen Landesteilen über ihre Erinnerungen an den Wehrdienst in den verschiedensten militärischen Bereichen zu sprechen. 

Bis 1989/90 war auf diese Weise eine umfangreiche Sammlung entstanden. Während der Wendezeit, als Themen, die zuvor tabuisiert waren, endlich zur Sprache kommen konnten, lag der Gedanke in der Luft, aus dieser Sammlung ein Wörterbuch, wie es Heinz Küpper für die deutsche Soldatensprache im Dritten Reich und für das Bundes­soldaten­deutsch vorgelegt hatte, zusammenzustellen. 

Wie froh war ich, als Rolf Bock seine Bereitschaft erklärte, mit mir gemeinsam an diesem Projekt zu arbeiten. Mit einer öffentlichen Umfrage in der »Wochenpost« und in den Tageszeitungen versuchten wir, einen möglichst breiten Kreis von ehemaligen Wehrdienst­leistenden zu erreichen, um Material aus den unterschiedlichsten militärischen Einheiten und Bereichen zu sammeln. Dem gemeinsamen Weg leuchtete kein glücklicher Stern. Noch bevor die Zusammenarbeit richtig begonnen hatte, war sie unabänderlich beendet. Seit dem 15.11.1991, als Rolf Bock unvermutet aus unserer Mitte gerissen wurde, mußte ich ohne seinen Rat und Zuspruch, ohne seine fachliche Kompetenz und menschliche Wärme auskommen.

Schweren Herzens nahm ich den Faden allein wieder auf, von dem Vorsatz getragen: dieses Wörterbuch soll meinem verehrten Lehrer als ein Zeugnis lebendiger Erinnerung gewidmet sein. Es hat lange gedauert, das komplexe, umfangreiche Material, das auf diese Weise zusammen­gekommen war, zu sichten und zu ordnen, zumal ich diese Aufgabe nur nebenbei betreiben konnte, in Abend- und Nachtstunden, an freien Tagen. Oft genug war der Mut schon von den Alltagssorgen restlos aufgebraucht, so daß die Arbeit immer wieder durch längere Pausen unterbrochen wurde. 

Allen, die durch mündliche oder schriftliche Mitteilungen, durch Hinweise, durch die Zusendung von Fotos, E-Urkunden, persönlichen Briefen und Aufzeichnungen und anderen Materialien dazu beigetragen haben, daß dieses Wörterbuch entstehen konnte, möchte ich an dieser Stelle für ihre uneigennützige Hilfe danken. Ich bitte um Verständnis dafür, daß nicht jedes Foto und jedes Dokument abgedruckt werden konnte. Auch mit persönlichen Briefen habe ich mich in den vergangenen Wochen bei allen Helfern bedankt; nur wo die Anschrift nicht mehr zu ermitteln war, mußte ich darauf verzichten.

Namentlich danke ich Dr. Elisabeth Berner, Dr. Bernd Eisenfeld, Prof. Dr. Bernhard Kroener und Prof. Dr. Wolf Oschlies für ihre Unterstützung und für ihre nützlichen Hinweise. Der Hans-Böckler-Stiftung, die die Publikation durch einen Druckkostenzuschuß ermöglichte, gebührt mein Dank dafür, daß ich diese Sammlung nun der Öffentlichkeit übergeben kann. 

Sollte ich Wesentliches übersehen oder nicht richtig verstanden haben, bitte ich um Berichtigung oder Ergänzung. Auch Mitteilungen, die über das gesammelte Material hinausgehen, sind willkommen. Die Sammeltätigkeit und die Auswertung des Materials werden auch nach der Veröffentlichung dieses Buches fortgesetzt.

7

Potsdam, im Juli 2000,  Klaus-Peter Möller 

 

 

 

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