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3. Dicke Luft an Flughäfen?

 

 

 

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Bei den im vorhergehenden Kapitel genannten Mengen an Schadstoffen aus Flugzeugdüsen — muß da nicht die Luft an Flughäfen unerträglich belastet sein? Hierzu liegen einige Berichte vor, in denen die Schadstoffbelastung von Flughäfen beurteilt wird, zum Teil auf der Grundlage von Schadstoffmessungen. Die meisten dieser Untersuchungen kommen zu dem Schluß, daß die Flughäfen kaum ein Problem für die Luftverschmutzung sind. Der Autoverkehr im Einzugs­bereich von Flughäfen ist derzeit zumeist für ungefähr gleichgroße, ja zuweilen sogar höhere Schadstoffmengen verantwortlich als die Flugzeuge. Das Beispiel des Hamburger Verkehrsflughafens Fuhlsbüttel soll ausführlicher dargestellt werden, da hierzu relativ umfassende Berichte vorliegen.

 

Luftverschmutzung am Beispiel des Hamburger Flughafens  

 

Der Hamburger Flughafen ist noch im Stadtgebiet inmitten von Wohngegenden gelegen. Hunderttausende der 1,6 Millionen Einwohner der Stadt haben nicht nur unter dem Fluglärm zu leiden, sondern fragen sich auch schon seit Jahren, wie stark ihre Schadstoffbelastung durch den Flugbetrieb ist.

Im Jahre 1990 kam es nach ersten Angaben insgesamt zu rund 141.000 Flugbewegungen — detaillierte Zahlen lagen bei Drucklegung des Buches noch nicht vor. 1989 waren es 138.428 Flüge, davon waren 108.232 Flüge gewerblicher Art. Damit ist der Flughafen Fuhlsbüttel in der Bundesrepublik ein mittelgroßer Verkehrsflughafen, er reicht z.B. nicht an den bundesdeutschen "Giganten" in Frankfurt heran.

Eine vom TÜV Rheinland für das Jahr 1987 durchgeführte Untersuchung über die Emissionen durch den Flugbetrieb gibt näher Aufschluß über die durch die Flugzeuge ausgestoßenen Schadstoffe. Die in diesem Jahr am häufigsten in Hamburg startenden und landenden Flugzeuge waren in Reihenfolge: die Boeing 737, Boeing 727, Douglas DC-9, Fokker F27 und Airbus A310.

Insgesamt gab es 1987 noch 108.375 Flugbewegungen. In den folgenden zwei Jahren nahmen die Flugbewegungen also um rund 27 Prozent zu. Hierfür wurden vom TÜV für alle Flugzeuge zusammen folgende Schadstoffemissionen auf dem Hamburger Flughafen berechnet (Zahlenangaben in Tonnen, Basis 1987): 

 

 

 

Aus dem Vergleich mit den Zahlen einer im Jahre 1983 in gleicher Form durchgeführten Untersuchung wird deutlich, daß hier gleichzeitig mit der Zunahme des Flugverkehrs auch eine Zunahme der Schadstoffemission einherging. Dies war zu erwarten — auch wenn beispielsweise die Lufthansa gern tönt: "Luftverkehr wächst — trotzdem weniger Lärm und Emissionen".

Eine detaillierte Abschätzung des Buchautors für das Jahr 1989 zeigt, daß es insbesondere bei den Stickoxiden weiterhin starke Zunahmen geben wird. Die hier genannten Zahlen können jedoch nur unter Vorbehalt genannt werden, da es sich keinesfalls um offizielle Daten handelt. Sie werden jedoch ziemlich gut die tatsächlichen Verhältnisse treffen.

In der Emissionserhebung des TUV wird zudem eine Erhöhung des Ausstoßes von polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffen im gleichen Zeitraum um 13 Prozent auf nunmehr 3 kg pro Jahr angegeben. Viele dieser Verbindungen gelten als hochgradig krebserregend. In einer gesonderten Untersuchung

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hierzu konnte auch nachgewiesen werden, daß diese Verbindungen in Flugzeugabgasen in einer deutlich anderen Zusammensetzung vorkommen als in der Nähe sonstiger Emittenten (vor allem Straßenverkehr und Kohlehausbrand). Gerade aufgrund dieses klaren Unterschiedes sollte es laut der Hamburger Umweltbehörde "möglich sein, bei Immissionsmessungen in Flughafennähe einen eventuellen Flugzeuganteil der Umweltbelastung nachzuweisen". Bedauerlich ist gerade nach dieser Erkenntnis, daß dies bisher noch nicht gemacht wurde und erst mit einem Meßprogramm 1989/90 in Angriff genommen werden sollte, worüber jedoch noch keine Ergebnisse vorliegen.

Ein spezielles Meßprogramm zur Erfassung der Luftverunreinigungen am Flughafen wurde trotz sehr lange zurückliegender Ankündigung erst 1987/88 durchgeführt. Zuvor wurde bei standardmäßig durchgeführten Meßprogrammen die Region um den Flughafen miterfaßt.

Bei der stichpunktförmigen Erfassung der Luftschadstoffe im gesamten nördlichen Hamburger Stadtgebiet ist für Schwefeldioxid und auch Kohlenmonoxid keine erhöhte Belastung rund um den Flughafen feststellbar gewesen. Bei den durchschnittlichen Stickstoffdioxidwerten ist eine leichte Erhöhung der Meßwerte gegenüber dem Umland festzustellen, die bei den Spitzenwerten noch wesentlich deutlicher ausfällt. Ähnliches gilt für den Schadstoff Stickstoffmonoxid, der bei Verbrennungsvorgängen zunächst ausgestoßen wird und sich später in Stickstoffdioxid umwandelt. Für Stickstoffmonoxid konnten rund um den Flughafen deutlich erhöhte Spitzenkonzentrationen festgestellt werden. Die Mittelwerte jedoch unterscheiden sich von der Umgebung kaum.

Beim Ozon sieht es ein wenig anders aus. Dieser Schadstoff entsteht als Sekundärprodukt nach einer luftchemischen Reaktion aus Kohlenwasserstoffen, Stickstoffoxiden und Kohlenmonoxid. Alle drei Schadstoffe werden vom Flugverkehr immer wieder schubweise nachgeliefert, so daß eine kräftige Ozonproduktion in Gang kommen kann. Dies zeigen auch die Meßwerte am Flughafen, der zwar nicht extrem hohe Werte aufweist, jedoch höhere "Werte als die Umgebung. Sowohl die Mittelwerte als auch die Spitzenwerte sind deutlich höher als in der Umgebung. Gerade auch bei Betrachtung der Werte für Stickstoffdioxid und Ozon gemeinsam als "Oxidantien" hebt sich der Flughafen deutlich von seiner Umgebung ab — er birgt das höchste Oxidantien-Potential der Umgebung.

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Insgesamt ist dies ein Ergebnis, das man für diese "klassischen Luftschadstoffe" so erwarten konnte. Die in diesem Stichprobenmeßprogramm im Jahre 1983 festgestellten Konzentrationen liegen zwar über dem Maß, das auf Dauer als gesundheitsschädlich angesehen werden muß. Andererseits liegen diese Meßwerte durchaus im Rahmen dessen, was beispielsweise für die im allgemeinen durch Straßenverkehr belasteten Innenstädte üblich ist.

In dem größer angelegten Meßprogramm der Jahre 1987/88 der Hamburger Umweltbehörde scheint sich diese Aussage zu bestätigen. Auch in diesem Meßprogramm wurden Schwefeldioxid sowie die Stickstoffoxide wieder stichpunktartig erfaßt, wobei teilweise auf Beschwerden aus der Bevölkerung Rücksicht genommen wurde und einige "Sondermeßflächen" eingeführt wurden. Zusätzlich wurde an einem festen Punkt direkt am Flughafengelände in der Einflugschneise über sechs Wochen kontinuierliche, automatische Messungen rund um die Uhr durchgeführt. Außerdem wurde an diesem festen Standort ebenso wie an den Sondermeßflächen eine Palette von 15 verschiedenen Kohlenwasserstoffverbindungen analysiert. Insgesamt handelte es sich also um ein Meßprogramm mit einem deutlich ausgeweiteten Analysenspektrum.

Wenn sich aus diesen Messungen jetzt Kritiker erhofft hatten, Aufschluß über Gesundheitsgefährdungen zu erhalten, so mußte diese Hoffnung enttäuscht werden. Beim Stickstoffmonoxid sind keine erhöhten Mittelwerte feststellbar, lediglich bei den Spitzenwerten ragen einige Meßpunkte heraus. Dieselbe Aussage gilt in dieser Form für das unmittelbare Folgeprodukt des Stickstoffmonoxides, dem Stickstoffdioxid: leicht erhöhte Spitzenwerte, allerdings für eine Stadt mit Autoverkehr absolut nichts ungewöhnliches. Beim Schwefeldioxid war keinerlei Einfluß erkennbar.

Auch die nachgewiesenen Kohlenwasserstoffverbindungen bewegten sich deutlich unterhalb derjenigen Werte, die andere Messungen in der Innenstadt bzw. an Straßen gebracht hatten. Einzig für den Schadstoff Ethylbenzol (CsHio) wurden vergleichbare Ergebnisse festgestellt, allerdings unterhalb der Grenze, die für diesen Stoff als gesundheitlich bedenklich gilt.

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Abb. 5: 

Schadstoffmessungen um den Hamburger Flughafen: an den Kreuzpunkten des Rasterfeldes wurden Luftschadstoffe stichprobenartig erfaßt. Ebenso an den mit A gekennzeichneten "Sondermeßflächen". Am Punkt B wurden Kohlenwasserstoffe regelmäßig gemessen sowie für einen Zeitraum von sechs Wochen ständig gemessen. In den Ergebnissen ließen sich kaum höhere Luftbelastungen durch den Flugverkehr nachweisen (Quelle: Umweltbehörde Hamburg).

Im nördlichen Gebiet des Flughafens konnte nicht gemessen werden: Das Gebiet gehört bereits zu Schleswig-Holstein und, somit nicht mehr in die Zuständigkeit des Hamburger Meßtrupps... 

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Die Aussage, daß diese Stoffe unterhalb der in einer mit Autoverkehr belasteten Stadt liegen, heißt jedoch noch lange nicht, daß dies unbedenklich ist.

Ganz besonders für Kohlenwasserstoffe gilt dies. So konnte Benzol in der Flughafenumgebung in einer Spanne von 3,6 bis 5,1 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft nachgewiesen werden. Diese Werte liegen ca. bei einem Viertel des in einer stark befahrenen Straße gemessenen Benzols. Allerdings ist Benzol mittlerweile als ein stark krebserregender Stoff überführt. International setzt sich langsam die Erkenntnis durch, daß ein Wert von höchstens einem Mikrogramm Benzol pro Kubikmeter Luft anzustreben sei. Der Flughafen liegt noch weit hierüber. Aus den Messungen geht allerdings nicht hervor, wie groß der Anteil des Flugverkehrs an diesen Werten ist. Ähnliches gilt analog für andere der nachgewiesenen Kohlenwasserstoffe.

Vus dieser Untersuchung sind also kaum Anhaltspunkte auf ernöhte Schadstoffbelastungen am Flughafen Hamburg zu ersehen. Dies mag auch daran liegen, daß die äußeren Bedingungen im Meßzeitraum ungewöhnlich waren. So gab es in dem äußerst milden Winter 87/88 keinerlei austauscharme Wetterbedingungen, in denen es zu einer erheblichen Schadstoffansammlung bzw. -anreicherung in der Luft hätte kommen können. Trotz der aufwendigen Untersuchung ist also nichts darüber bekannt, wie sich unter solchen Bedingungen, die im Winter hin und wieder auftreten, die Luftschadstoffe aus den Flugzeugdüsen verhalten. Es ist durchaus wahrscheinlich, daß es an Großflughäfen während solcher typischen Smogsituationen zu gesundheitlich kritischen Schadstoffkonzentrationen kommt.

Sehr ungeschickt ist unter diesem Aspekt auch die Wahl des Zeitraumes für den Einsatz der kontinuierlich messenden Geräte. Diese sind ausgerechnet während des Sommers (Ende Juli bis mit September '88) aufgestellt worden — ein Zeitraum, in dem die Luftdurchmischung besonders gut ist. So war von vornherein keine Anreicherung der Luftschadstoffe am Flughafen zu erwarten.

Auch ein anderes Faktum ist bei dieser Messung weitgehend unberücksichtigt geblieben: Aufgrund des thermischen Auftriebs in Folge der sehr hohen Abgastemperatur sowie wegen der sehr hohen Austrittsgeschwindigkeit der Abgase an den Düsen (600 Meter pro Sekunde) tritt die höchste Schadstoffbelastung durch Flugzeuge nicht in unmittelbarer Nähe des Flughafens auf. 

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Wissenschaftliche Untersuchungen aus den 70er Jahren besagen, daß erst ab einer Entfernung von einem Kilometer von Flughäfen die Schadstoffe überhaupt erst meßbar zu erfassen sind. Die höchsten mittleren Immissionswerte treten sogar erst in fünf Kilometer Entfernung vom Flughafen auf. Allerdings ist dann in der Regel aufgrund zahlreicher anderer, sich überlagernder Einflüsse (Autoverkehr, Industrie der Umgebung) nicht mehr im einzelnen nachvollziehbar, welche gemessene Schadstoffmenge nun tatsächlich aus den Triebwerken der Flugzeuge stammt.

 

Ist Gestank am Flughafen nur eine Belästigung?  

 

Etwas weiter als die erfolglosen Untersuchungen der Umweltbehörde Hamburg führt da schon ein Gutachten des TÜV Norddeutschland. In diesem Bericht werden die im Umfeld immer wieder zu Recht beklagten Geruchsbelästigungen näher untersucht. Die Ergebnisse dieser Untersuchung sind offenbar für die Umweltbehörde unbequem. Trotzdem wurde in einem internen Schreiben vorgeschlagen, diese zu veröffentlichen, allerdings: "Vorher sollten ... die möglicherweise erhebliche politische Brisanz und die Folgen für das Verwaltungshandeln (z.B. Ausweisung von Wohnbebauungen, Minderungsmaßnahmen) innerbehördlich diskutiert werden." Denn das Gutachten des TÜV "kommt zu dem Ergebnis, daß erhebliche Belästigungen im Sinne des § 1 BImSchG in einigen Wohngebieten der Flughafenumgebung durch Gerüche gegeben sind."

Es ist durchaus lobenswert, daß das Gutachten des TÜV trotz der "politischen Brisanz" veröffentlicht worden ist. Worauf beruhen diese für die Anwohner unzumutbaren Gerüche, die es natürlich nicht nur in Hamburg, sondern ebenso an allen anderen Flughäfen gibt?

Hier werden vom TÜV vor allem vier Punkte genannt, die hauptverantwortlich für den Gestank sind und die analog auf allen Flughafenbetrieben (Ausnahme die in Hamburg angesiedelte Lufthansa-Werft) anzutreffen sind: 

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a) Flugbetrieb (Starten, Landen)
b) Vorfeldbetrieb (Rollen vor Start und nach Landung, Hilfstriebwerke, Triebwerkscheck, Betanken)
c) Lufthansawerft (Triebwerksprüfstand, Lärmschutzhalle)
d) Lagerung und Umschlag von Flugbenzin.

Nachdem in der Untersuchung in akribischer Arbeit dargestellt worden ist, wie groß die "Geruchs-Emission" der einzelnen Flughafen-Aktivitäten jeweils sind, ließen sich die Verhältnisse relativ genau unterscheiden. Zur Erläuterung der Ergebnisse soll hier kurz der Begriff der Geruchseinheit bzw. der Geruchskonzentration erläutert werden. Der Geruchsschwelle des Menschen entspricht die definierte Größe von einer Geruchseinheit (GE) pro Kubikmeter. Dies bedeutet, daß in diesem einen Kubikmeter soviel (bzw. so wenig) Geruchsstoffe enthalten sind, daß diese gerade vom Menschen gerochen werden können.

Wird für eine Geruchsquelle z.B. ein Wert von 100 GE pro Kubikmeter angegeben, dann bedeutet das, daß auf 1 Teil Abluft hiervon 99 Teile absolut geruchsfreier Luft vonnöten sind, damit dieses Gemisch gerade noch riechbar ist. Hiermit lassen sich die verschiedenen Geruchskonzentrationen der Flugzustände bestimmen. 

Die TÜV-Untersuchung für Hamburg ergab folgende durchschnittliche Werte:

  • Flugzeugstart 1.015 GE/m3

  • Flugzeuglandung 420 GE/m3

  • Rollen zum Start 320 GE/m3

  • Rollen nach Landung 320 GE/m3

  • Hilfstriebwerke 4.000 GE/m3

  • Betankung 4.200 GE/m3

  • Umschlag von Kerosin 4.200 GE/m3 

  • Triebwerksprüfstände je nach Leistungsstufe.

Für eine gesamte Quantifizierung der Geruchsbelästigungen am Hamburger Flughafen muß neben der obigen Konzentrationsangabe noch die Anzahl der einzelnen Vorkommnisse, deren Dauer sowie deren Luftdurchsatz (also die gesamte Abgasmenge) berücksichtigt werden. Hiernach kam der TÜV zu folgenden Anteilen an der gesamten Geruchsverursachung:

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  • Flugzeugstart 50,3 %

  • Hilfstriebwerke 15,9 %

  • Lufthansawerft 13,4 %

  • Rollen vor Start 9,5 %

  • Rollen nach Landung 6,4 %

  • Flugzeuglandung 4,4 %

  • Kerosin-Umschlag u. Lagerung 0,1 %

  • Betanken < 0,1 %

Zu diesen Zahlen betont der TÜV, daß es sich um eine Abschätzung handelt. Dies ist so, weil die Geruchsemissionen der verschiedenen Triebwerksarten im einzelnen nicht bekannt sind und nur aus wenigen Einzel-Untersuchungen bestimmt wurden.

Diese Geruchsemissionen führen in der Umgebung des Flughafens, wie schon erwähnt, zu Belästigungen. Diese sind natürlich umso stärker, je näher man an den Flughafen herankommt. Insgesamt sind es Zehntausende von Personen, die hierunter zu leiden haben.

Besonders kräftiger Gestank breitet sich in den Morgenstunden zwischen 6.00 und 9.00 Uhr aus, wozu besonders die normalerweise windarme Wetterlage beiträgt sowie der Kaltstart der Flugzeuge. Zusammenfassend wird festgestellt, daß neben den Triebwerken und den Hilfstriebwerken andere Emissionsquellen eine nur untergeordnete Rolle spielen.

Die Aussage, daß dort starker Gestank herrscht, beinhaltet allerdings noch keine Aussage darüber, ob eine konkrete Gefahr für die Gesundheit besteht. Zunächst einmal ist durch diese Feststellung "nur" eine erhebliche Belästigung der Umgebung durch Geruchsstoffe manifestiert. Erst bei der Feststellung der genauen Zusammensetzung dieser Gase stellt sich eine mögliche Gesundheitsgefährdung heraus.

 

  Flughäfen nicht im Immissionsschutzgesetz berücksichtigt  

Man muß sich also endlich Gedanken darüber machen, was diese "Geruchs-Stoffe" beinhalten. Es handelt sich hierbei mit Sicherheit um einen sehr reichhaltigen Cocktail aus diversen Verbrennungsprodukten, aber eben auch unverbrannte oder nur teilweise umgewandelte Schadstoffe. Es ist höchst wahr-

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scheinlich, daß diese Geruchsfahnen auch mit krebserzeugenden Stoffen geschwängert sind, mit denen dann die Anwohner an über fünf Prozent aller Jahresstunden konfrontiert sind. Eine erhöhte Krebsrate an Flughäfen wäre demzufolge keine Überraschung — und erste Hinweise hierauf gibt es auch bereits.

Die Verhältnisse sind in dieser Form untragbar. Es mutet da insgesamt schon äußerst absurd an, daß ein Flughafen keine nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz (BImSchG) genehmigungsbedürftige Anlage ist. Wäre dies der Fall, dann müßte beispielsweise ein solches Gutachten, wie das vom TÜV zum Flughafen in Hamburg-Fuhlsbüttel, Konsequenzen haben. Dies würde dann unumgänglich zu nachträglichen behördlichen Anordnungen zur Reduzierung der Luftverschmutzung führen (dies wird von der Hamburger Umweltbehörde intern auch so festgestellt). Allerdings sind solche Anordnungen lediglich bei Industriebetrieben möglich — nicht bei Flughäfen oder auch bei Straßen. Also ist man auch als gefährdeter Anwohner vom Gesetz alleingelassen.

Und die wenigen in der TA-Luft verankerten Grenzwerte: sie haben daher ebenso keine Gültigkeit für Flughäfen und sind bei Neu- und Ausbauten nicht von Bedeutung. Auch die Smog-Verordnungen der Länder machen vor Flughäfen bisher Halt und sorgen nicht für einen Stopp des Flugverkehrs während Smog-Situationen.

 

Andere Flughäfen, ähnliche Verhältnisse

Nach dieser ausführlichen Darstellung der Verhältnisse am sehr stadtnah gelegenen Hamburger Flughafen soll hier noch auf sonstige Ergebnisse von Untersuchungen an anderen Flughäfen eingegangen werden. Interessant ist sicherlich vor allem der Flughafen Frankfurt, der mit Abstand größte bundesdeutsche Flughafen. Leider jedoch gibt es hierzu bisher in der Öffentlichkeit nur sehr alte und wenige Zahlen. Die Luftverschmutzung wurde gemessen zwischen 1973 und 1975. Zudem wurden für 1979 einmal gesondert die Emissionen abgeschätzt (und im Luftreinhalteplan der hessischen Landesregierung "aktuell" veröffentlicht — im Jahre 1988Ü), außerdem berechnete man natürlich in der großangelegten TÜV-Studie die Emissionen für 1984. 

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Sonstige Untersuchungen sind bisher nicht über die Frankfurter Grenzen hinaus bekannt geworden. Dort hatte man sich in der Untersuchung für 1979 einmal die Mühe gemacht, nicht nur die Flugzeuge selbst einschließlich der US-Militärflugzeuge der angegliederten US-Air-Base zu berücksichtigen, sondern auch den mit dem Flughafenbetrieb verbundenen Autoverkehr (Zufahrtsstraßen, Parkgelände, Parkhäuser und der Vorfeld-Verkehr auf dem eigentlichen Fluggelände) sowie die stationären Quellen (Heizwerk, Triebwerksprüfstand, Großküchen, Feuerungsanlagen, Tanklager etc.). 

Die festgestellten Schadstoffmengen lagen natürlich aufgrund des insgesamt wesentlich größeren Verkehrsaufkommens deutlich höher als beispielsweise in Hamburg. Bei dieser Studie wurden die im folgenden kurz zusammengefaßten Emissionsdaten errechnet:

 

 

 

Dies sind erhebliche Mengen an Schadstoffemissionen. Berücksichtigt werden muß die Tatsache, daß sich seit 1979 die Anzahl der Starts und Landungen auch in Frankfurt erheblich erhöht hat. Binnen zehn Jahren gab es 50 Prozent mehr Flugbewegungen, was für den Schadstoffausstoß selbstverständlich Folgen hat. Aufgrund der in diesem Zeitraum vermehrt eingesetzten neuen Triebwerke ist anzunehmen, daß die Stickoxide deutlich überproportional (also um mehr als 50 Prozent) angestiegen ist. Dagegen sind wahrscheinlich die Mengen an unverbrannten Kohlenwasserstoffen sowie an Kohlenmonoxid unterproportional angestiegen, also um weniger als 50 Prozent.

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Auffällig ist, daß die Flugzeuge selber für alle Schadstoffe den größten Beitrag liefern. Der mit dem Flugbetrieb verbundene Kfz-Verkehr spielt vor allen Dingen beim Kohlenmonoxid eine Rolle, die Bodenquellen beim Schwefeldioxid und bei den Kohlenwasserstoffen (vor allem Lagerung und Umschlag von Treibstoff sorgen hier für die relativ hohen Zahlen).

Zur Relativierung dieser Ergebnisse wird in der genannten Untersuchung jedoch erwähnt, daß auf der am Frankfurter Flughafen entlangführenden Autobahn pro Jahr Schadstoffmengen in nahezu gleicher Menge von den Autos ausgestoßen werden. Bei den Stickstoffoxiden ist die auf den Autobahnen emittierte Menge sogar höher als diejenige der Flugzeuge.

Aber trotzdem: In der breit angelegten Untersuchung für den "Luftreinhalteplan Untermain" der hessischen Landesregierung wird deutlich, daß der Flughafen ein ganz massiver Luftverpester in Frankfurt ist. Zu dem Erhebungsgebiet gehören unter anderem die Städte Frankfurt, Offenbach, Hanau, Mülheim, Eschborn, Kelsterbach und Raunheim. Dieses Gebiet hat man in 1 km2 große Flächen aufgeteilt und in allen diesen quadratischen Flächen die Schadstoffemissionen ermittelt. Heraus kam, daß nach zwei industriellen Großquellen auf den Flächen vor dem Terminal auf dem Flughafen beim Kohlenmonoxid die absolut höchste Emissionsdichte herrscht. Dies heißt, daß im gesamten Frankfurter Stadtgebiet sowie in der Umgebung durch den Autoverkehr und den Hausbrand nirgendwo auf einer solchen kleinen Fläche auch nur anähernd eine so große Schadstoffmenge ausgestoßen wird.

Ähnliches gilt für die gefährlichen Stickoxide: Nur an wenigen Industriebetrieben gibt es höhere, auf einigen wenigen Autobahnknotenpunkten (z.B. dem Frankfurter Kreuz) gibt es vergleichbare Emissionsdichten wie auf dem Frankfurter Flughafen. Nirgendwo in dem Gebiet wurde durch den Verkehr auch nur annähernd eine so große Emissionsdichte für Schwefeldioxid und Stäube erreicht wie auf dem Flughafen — allerdings überwiegen hier noch die industriellen Luftverpester. Bei den Rußemissionen ist der Flughafen im Untermaingebiet einsame Spitze. Zumindest im Jahre 1981, für das diese Angaben veröffentlicht wurden. Sie hätten lieber aktuellere Angaben? — nun, dem Buchautor geht es ebenso. Aber entweder gibt es derzeit noch keine aktuelleren Daten, oder aber sie werden vom hessischen Minister für Umwelt und Reaktorsicherheit bewußt zurückgehalten.

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Schadstoffmessungen am Frankfurter Flughafen gab es nur bis 1975

Untersuchungen über die tatsächliche Schadstoffbelastung der Luft am Flughafen in Frankfurt sind spärlich. So hat es die für Luftmessungen zuständige Landesbehörde, die Hessische Landesanstalt für Umwelt, bisher noch nicht einmal fertiggebracht, in Flughafennähe (z.B. in Terminalnähe, wo sich relativ viele Personen aufhalten) eine feste Luftmeßstation einzurichten. Bei einem Flughafen dieser Größenordnung ist dies auf jeden Fall ein fatales Versäumnis. Schon allein zum Erkennen von Trends und besonders schweren Belastungssituationen wäre eine solche Maßnahme zur ständigen Kontrolle von höchster Dringlichkeit.

Hieran zeigt sich jedoch in der zuständigen Behörde bisher wenig Interesse. Gern verweist man auf eine in den Jahren 1975 bis 1978 erstellte Studie des Instituts für Wasser-, Boden- und Lufthygiene des Bundesgesundheitsamtes. Dort heißt es in der Zusammenfassung lapidar: "Lufthygienisch kritische Immissionen wurden nicht vorgefunden". Trotzdem mußte festgestellt werden, daß die Schadstoffbelastung am Frankfurter Flughafen besonders bei den Stickoxiden, aber teilweise auch beim Kohlenmonoxid, höher lag als in der Innenstadt von Frankfurt (beide Schadstoffe wurden nur 1975 ! mit kontinuierlich messenden Geräten erfaßt). 

Bei den Stickoxiden wurde damals am Flughafen ein um 40 Prozent höherer Durchschnittswert als in der Innenstadt ermittelt. Bei den Höchstwerten wurde ein sogar um 72 Prozent höherer "Wert festgestellt. Auch bei den besonders gefährlichen polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffen wurden teilweise deutlich höhere Spitzenwerte als in der Innenstadt registriert. Und wer wollte schon behaupten, daß die Luft von Innenstädten nicht gesundheitsgefährdend — und somit "lufthygienisch kritisch" ist?

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Gerade die Innenstädte sind immer durch Autoabgase besonders belastet, wenn beispielsweise in Frankfurt auch etwas weniger als die Flughafenluft. Zudem haben sich seit der damaligen Untersuchung viele neue Erkenntnisse über die schädliche Wirkung von Schadstoffen ergeben, die immer wieder dazu führen, daß die als schädlich erkannten Grenzen bei den Luftschadstoffen nach unten gesetzt werden müßten (was jedoch nur selten passiert). Auch haben sich seit der damaligen Messung die Analysengerätetechniken wesentlich verbessert.

Bei dem aktuellen Stichproben-Meßprogramm im Untermaingebiet, das für den schon erwähnten "Luftreinhalteplan Untermain" angefertigt wurde, wurde auch das Gebiet um und im Flughafen mitberücksichtigt. Zu diesen Stichprobenmessungen muß man jedoch bedenken, daß sie mit erheblichen Unsicherheiten behaftet sind, da in einem 1 x 1 Kilometerraster die Luftverschmutzung jedes Eckpunktes im Laufe zweier Jahre nur 13mal für jeweils eine halbe Stunde festgestellt wird. Und dies auch nur während der Arbeitstage zwischen 8.00 und 16.00 Uhr. Erstellt wurde dieses Meßprogramm in der Flughafenregion zwischen 1984 und 1986.

Es muß verwundern, daß bei diesen Messungen für keinen einzigen Schadstoff höhere Konzentrationen als in der Innenstadt festgestellt wurden — gerade bei Berücksichtigung der Tatsache, daß die Emissionsdichte auf dem Flughafen zum Teil extrem hoch ist. Lediglich bei den Stickoxiden und teilweise beim Kohlenmonoxid sind Erhöhungen gegenüber den ländlichen Gebieten festzustellen. Es wurden auch Werte festgestellt, die zwar mit Sicherheit als gesundheitlich höchst bedenklich gelten müssen — auch wenn die bundesdeutschen Grenzwerte dies nicht so definieren wollen.

Andererseits werden die Schadstoffkonzentrationen der zum Untermaingebiet gehörenden Innenstädte auf und an dem Flughafengelände nicht erreicht. Warum dies so ist, bleibt völlig offen und kann nur verwundern.

Erwähnt werden muß zu diesem Meßprogramm noch, daß man ausgerechnet bei der Messung des Staubniederschlags gekniffen hat. Denn bei der Erfassung dieser "schweren" Staubteile, die zu Boden sinken (im Gegensatz zum "leichteren" Schwebstaub), hat man ausgerechnet das Flughafengebiet ausgespart. Dies ist besonders bedauerlich, da bei diesen Messungen der Anteil der enthaltenen Schwermetalle recht komfortabel miterfaßt werden kann. Möglicherweise ist dies jedoch auch beabsichtigt gewesen?

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Besonders tut sich der Flughafen auch als "Stinker" hervor. Nur in der Umgebung der Chemiefabriken in Frankfurt-Höchst sowie in einem kleinen Gebiet der Innenstadt stinkt es so häufig wie am Flughafen. Diese "Geruchsereignisse"bedeuten erhebliche Gefährdungen der Umgebung (s. Abschnitt über Ergebnisse einer Hamburger Untersuchung).

Man hat von Seiten des hessischen Umweltministeriums wiederholt versucht, den Flughafen "sauberzubeten", doch hierzu besteht kaum Anlaß. Die Schadstoffemissionen und somit auch die meßbare Luftbelastung sind seit dem Erhebungszeitraum ohne Zweifel noch einmal dramatisch gestiegen. Besonders für die Stickoxide wird dies gelten, so daß die Forderung nach Einrichtung einer festen Luftmeßstation nur noch einmal wiederholt und bekräftigt werden kann.

 

Schadwirkungen von Flugzeugabgasen

 

In einer 1970 veröffentlichten Studie kamen Forstwissenschaftler der Universität München bei der Untersuchung von seinerzeit noch weitgehend unbekannten Waldschäden in der Nähe des Münchener Flughafens Riem zu dem Ergebnis, daß hierfür vor allen Dingen Flugzeugabgase verantwortlich sein müssen. Andere unmittelbar einwirkende Schadstoffemittenten waren damals auszuschließen. Insbesondere die damals noch in deutlich größerem Maße als heute dem Treibstoff beigemengten Bleiverbindungen wurden für die Pflanzenschäden verantwortlich gemacht. Auch wurde vermutet, daß weitere, den Autoren noch nicht bekannte Spurenstoffe aus Flugzeugdüsen hierfür verantwortlich waren.

Nun sollte man meinen, daß solche Ergebnisse aufhorchen lassen und weitere Forschungen in Gang setzen. Allerdings liegt man mit solchen Vermutungen nicht richtig. Nur vereinzelte Veröffentlichungen sind in der Fachliteratur ausfindig zu machen — diese kommen zumeist zu dem Schluß, daß kaum Schäden nachzuweisen sind. So wurde 1990 eine Untersuchung des "Amtes für Wehrgeophysik" veröffentlicht, in der mittels "Bioindikatoren" (Bewuchs von empfindlichen Flechten an Bäumen) die Auswirkung von Luftverschmutzungen an Militärflugplätzen unter die Lupe genommen worden war. Diese Studie war an den beiden Flugplätzen Büchel (Eifel) sowie Pferdsfeld (Hunsrück) erstellt worden. Beide Flugplätze sollen derzeit über rund 14.000 Flugbewegungen jährlich verfügen.

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Zusammenfassend kam das Amt für Wehrgeophysik zu folgender knappen Aussage: "Der durch den lokalen Flugbetrieb auf den Flugplätzen Büchel und Pferdsfeld verursachte Schadstoffausstoß liegt den Untersuchungsergebnissen zufolge in einer Größenordnung, die durch die noch relativ intakten Ökosysteme der Umgebung abgepuffert werden kann und zu keiner sichtbar nachweisbaren Schädigung der Vegetation führt."

Es lassen sich trotzdem einige grundsätzliche Vermutungen über mögliche Schadwirkungen der Flugzeugabgase anstellen, wie sie von anderen Emittenten wie z.B. dem Autoverkehr zumindest teilweise bekannt sind.

Die auch aus Flugzeugabgasen ausgestoßenen Stickoxide sind z.B. für eine ganze Palette von Umweltwirkungen verantwortlich zu machen. So sind sie als Reizgas giftig vor allem für Menschen und Tiere, sind aggressiver als beispielsweise Schwefeldioxid und gelangen eher in den tiefer gelegenen Atemwegen zur Wirkung. Die Wirkungen können sowohl reversibel als auch irreversibel (rückgängig sowie nicht rückgängig) sein und stellen sich im wesentlichen im Bereich der Bronchiolen und Alveolen ein. Vermehrtes Auftreten von Atemwegserkrankungen ist somit auch den Stickoxiden zuzuschreiben. Auch eine karzinogene (= krebserzeugende) Wirkung kann bisher nicht ausgeschlossen werden. Zudem sorgen die Stickoxide für die Bildung des extrem giftigen photochemischen "Sommersmogs" (vor allem Ozon) und bilden in der Luft in Verbindung mit Wasserdampf Salpetersäure. Diese ganze Palette von äußerst schädlichen Wirkungen der Stickoxide ist allgemein bekannt.

Das aus Flugzeugdüsen stammende Kohlenmonoxid (CO) ist für Menschen und warmblütige Tiere ein Atemgift. Wirkungen aufpflanzen oder Materialien sind jedoch bisher nicht erkannt worden. Dieser Stoff wirkt vor allem dadurch, daß er aus der Lunge ins Blut diffundiert und dort eine wesentlich schnellere und stärkere Bindung mit den roten Blutkörperchen eingeht als Sauerstoff. CO bewirkt also eine geringere Sauerstoff-Aufnahmefähigkeit des Blutes. In Extremfällen kann es hierdurch zu Sauerstoffarmut in Organen kommen. Die derzeit in der Literatur als gesundheitsgefährdend angegebenen Werte liegen jedoch weit über denjenigen, die an den Flughäfen erreicht werden. In dieser Beziehung ist beispielsweise Kneipenluft um ein Vielfaches stärker belastet als Flughafenluft.

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Klagen aus der Bevölkerung — woran liegt's?

 

Obwohl für die genannten Schadstoffe nur relativ geringe Konzentrationen gemessen wurden, kommt es doch immer wieder zu vielen Klagen aus der an Flughäfen wohnenden Bevölkerung. Und dies sicherlich auch zu Recht. Denn die gesundheitlichen Gefahren scheinen weniger aus den erklärten Schadstoffen her zu stammen als vielmehr aus den in geringeren Mengen ausgestoßenen Spurenstoffen. Auch insbesondere die Luftbelastung durch Ruß und außerdem Schmieröle scheint kritisch zu sein. Möglicherweise ein Grund dafür, warum diese Stoffe bisher nicht in Meßprogrammen erfaßt werden?

Vor allem aber ist bisher wenig bis gar nichts über die Wirkungen der breiten Palette von Kohlenwasserstoffverbindungen bekannt. Nicht einmal die chemische Zusammensetzung der in Flugzeugabgasen vorkommenden Kohlenwasserstoffe ist bisher vollständig bekannt.

Noch weniger weiß man jedoch über die Wirkungen, die diese Verbindungen auf Menschen, Tiere und Pflanzen haben. Auch für die zahlreichen Additive des Treibstoffs sowie deren Folgeprodukte gilt: Umweltwirkung völlig unbekannt. Man handelt da lieber nach einem Motto, das so auch schon in der Steinzeit angewandt wurde: erstmal ausprobieren und gucken, was passiert.

Aber gerade hier scheint sich ein giftiges Potential zu sammeln. Dieses Potential ist nur äußerst schwierig abzuschätzen, da die Additive zum Flugzeugtreibstoff zumeist kaum bekannt sind. Es gibt Experten, die die Bildung so hochgiftiger Verbindungen wie Dioxine, Furane, PCB's für wahrscheinlich halten. Dies würde das Vorhandensein von Stoffen der chemischen Gruppe der Halogene im Treibstoff voraussetzen. Dies wird von offizieller Seite zwar bestritten bzw. auf ein zu vernachlässigendes Maß heruntergeredet, allerdings haben Privatpersonen bisher auch noch keine Gelegenheit bekommen, das von den Großraumjets verwendete Kerosin auf eigene Kosten bei einem unabhängigen Institut untersuchen zu lassen. Man weigert sich schlicht, den billigen Treibstoff hierfür herauszugeben.

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Angaben über die komplette Zusammensetzung des Kerosins sind deswegen nicht erhältlich und nur auf allgemeine, öffentlich zugängliche Quellen zu beschränken.

Solche Geheimniskrämerei läßt natürlich Schlimmes vermuten — denn wenn man nichts zu verbergen hätte, könnte man sich ja problemlos den Sprit für detaillierte Analysen abkaufen lassen. Die Anwohnerinnen und Anwohner von Flughäfen werden stattdessen lieber im Dunkeln gelassen. Und dies, obwohl sie seit langem erheblichen Luftbelastungen durch Flugzeuge ausgesetzt sind. In einem gut recherchierten Artikel der Zeitschrift "Quick" wird das Elend der Menschen dargestellt, die am Flughafen Frankfurt oder in den Einflugschneisen leben. Dort ist immer wieder die Rede von rußgeschwärzten Fenstern, Ölfilmen in Freibädern und massiv auftretenden Atemwegserkrankungen — nicht nur bei Kindern und Alten. Auch eine der Umgebung gegenüber deutlich erhöhte Krebssterblichkeit wurde festgestellt — von einem Institut der Frankfurter Universität.

Vieles deutet daraufhin, daß vor allem Ruß und Kohlenwasserstoffe für diese Menschen eine Bedrohung sind. Doch die verantwortlichen Entscheidungsträger wollen dies bisher nicht wahrhaben, verweisen auf Industrie und Autoverkehr und darauf, daß es in dem komplexen Umweltsystem immer unmöglich ist, einzelne Verursacher auszumachen. Andererseits gibt man jedoch auch erhebliche Wissenslücken zu (ohne ernsthaft deren Behebung anzustreben) und leugnet nicht, daß krebserregende Stoffe ausgestoßen werden könnten.

Die Hamburger Behörde für Arbeit, Gesundheit und Soziales drückt dies so aus: "Gesundheitsgefährdende Stoffe, darunter auch krebserregende, können in Kerosinabgasen enthalten sein. ... Der derzeitige Kenntnisstand über die Inhaltsstoffe des Kerosins, dessen Abgasprodukte, sowie deren Konzentrationen in der Umwelt ist jedoch noch unvollständig. In dieser Hinsicht und insbesondere bezüglich der Rußablagerungen aus Kerosinabgasen muß offen bleiben, ob mit gesundheitlichen Auswirkungen zu rechnen" ist.

So kann (oder will?) nicht einmal die Bundesregierung Schätzungen, geschweige denn konkrete Zahlen liefern, wieviele Flugbewegungen bei Smogsituationen und Inversionswetterlagen stattfinden. Doch gerade hier wird es kritisch. Handelt es sich bei diesen besonderen Wetterlagen doch um Situationen, bei denen es nicht wie üblich zu einem guten Luftaustausch und somit zu einem Verdünnen der Luftschadstoffe kommt. Auch bei solchen extremen Luftschadstoff­belastungen dürfen die Flugzeuge munter weiterfliegen, denn es gibt nirgendwo ein Verbot des Flugverkehrs, wenn Smog herrscht. Während Bürgerinnen und Bürger ihre Autos stehen lassen müssen und die Raumheizung auf 18 Grad drosseln sollen (was alles ja auch gut und sinnvoll ist), stoßen Flugzeuge unbehindert ihre gewaltigen Schadstoffmengen weiterhin aus. Dies muß für die in solchen Situationen besonders betroffenen Personen (Atemwegserkrankte, Alte, Kinder) wie ein Hohn erscheinen.

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