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Glossar

 

 

 

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Algen

Algen sind fotosynthetische Organismen, die mittels Sonnenlicht organische Verbindungen und Sauerstoff herstellen. Meerespflanzen sind fast immer Algen; einige von ihnen sind Einzeller, andere - etwa Seetang - sind riesige Zellverbände, die bis zu 60 Meter lang werden können. Die ersten Algen entwickelten sich, kurz nachdem vor mehr als drei Milliarden Jahren das Leben entstanden war. Das waren bakterienförmige, mikroskopisch kleine Organismen, und es gibt sie noch immer in großen Mengen: entweder in anderen lebenden Organismen oder, wichtiger noch, als Einschließungen in komplexeren Pflanzenzellen, den Chloroplasten. 

Normalerweise beeinflussen Algen das Klima der Erde: Sie entziehen der Luft Kohlendioxid, und sie produzieren das Gas Dimethylsulfid (DMS), das in der Luft oxidiert und die winzigen Kondensationskerne ergibt, um die sich die Wassertröpfchen von Wolken bilden. 

Ihr Wachstum in den Oberflächenschichten des Meerwassers hängt empfindlich von dessen Temperatur ab: Wenn diese über 10 bis 12 °C steigt, bekommen die Algen wegen der physikalischen Eigenschaften des Ozeans nicht mehr genügend Nährstoffe und gedeihen nicht. Fossile Algen sind ein Bestandteil von Erdöl.

Biosphäre

Der österreichische Geologe Eduard Sueß prägte 1875 den Begriff »Biosphäre« für die geografische Region der Erde, in der sich Leben findet. In diesem Sinn ist er eine präzise und sinnvolle Bezeichnung wie Atmosphäre oder Hydrosphäre, die jeweils definieren, wo auf der Erde Luft und Wasser sind.

Im 20. Jahrhundert erweiterte der russische Mineraloge W. Wernadski die Definition von Biosphäre um das Konzept, dass das Leben aktiv an der geologischen Evolution beteiligt ist, und diese Vorstellung fasste er in die Worte: »Das Leben ist eine geologische Kraft.« Wernadski folgte damit einer Tradition, die Darwin, Huxley, Lotka, Redfield und viele andere eingeleitet hatten, aber im Gegensatz zu diesen formulierte er seine Ideen eher vage.

Biosphäre wird heute mehrheitlich in Wernadskis Sinn als ein ungenauer Begriff gebraucht, der die Macht des Lebens auf der Erde anerkennt, ohne die menschliche Vorherrschaft aufzugeben. Ein Engagement für Gaia oder das Geosystem deckt der Begriff bequemerweise nicht ab.

Chaos und Chaostheorie

Sicherheiten und Gewissheiten prägten die Entwicklung der Wissenschaft im 19. und während des größten Teils des 20. Jahrhunderts; aber wie ein tödlich verwundeter Kriegsheld macht sie heute einfach weiter, ohne sich klarzumachen, dass der Determinismus, der sie so lange am Leben hielt, tot ist. Die Erkenntnis, dass Wissenschaft immer provisorisch ist und keine endgültigen Wahrheiten bietet, hatte gute Wissenschaftler schon immer geprägt; und seit dem 19. Jahrhundert machte die Nutzung statistischer Verfahren - erst in der Wirtschaft und dann in der Wissenschaft - das Denken in Wahrscheinlichkeiten zu einem vernünftigeren Werkzeug als auf Glauben basierende Gewissheit. Die Entdeckung völlig unverständlicher Quantenphänomene zwang die Forscher, eher eine statistische als eine deterministische Welt zu akzeptieren. 

Später wurde das durch Entdeckungen abgerundet, die aus der Verfügbarkeit preiswerter Computer resultierten. Diese haben Wissenschaftler in die Lage versetzt, die Dynamik der Welt zu erforschen, die Mathematik sich bewegender, fließender und lebendiger Systeme. Die Erkenntnisse aus der numerischen Analyse der Dynamik von Flüssigkeiten durch Edward Lorenz und aus der Bevölkerungsbiologie durch Robert May ergaben etwas, das heute »deterministisches Chaos« genannt wird. Systeme wie das Wetter, die Bewegung von mehr als zwei durch Schwerkraft verbundenen astronomischen Körpern oder mehr als zwei miteinander konkurrierenden Spezies sind für die Ausgangsbedingungen außerordentlich empfindlich, und sie entwickeln sich in völlig unvorhersehbarer Weise. Das Studium dieser Systeme ist ein reiches und farbenfrohes neues Wissensgebiet, das durch die optische Brillanz der seltsamen Bilder fraktaler Geometrien belebt wird. 

Wichtig ist aber anzumerken, dass effiziente dynamisch-mechanische Systeme wie etwa der Autopilot eines Flugzeugs im Wesentlichen frei von chaotischem Verhalten sind, und dasselbe gilt auch für gesunde Organismen. Das Leben kann sich opportunistisch des Chaos bedienen, dieses ist aber kein charakteristisches Merkmal seines normalen Funktionierens.

Erneuerbare Energie

Nach dem ersten Hauptsatz der Thermodynamik kann Energie nicht erneuert werden. Wenn wir umgangssprachlich von Energie reden, meinen wir in der Regel den Energiefluss, der uns Wärme und Licht liefert, uns Transport und Kommunikation erleichtert und uns natürlich vor allem das Leben ermöglicht. Erneuerbare Energie ist ein irritierender Begriff, der sich gut anhört, aber einer genaueren Analyse entzieht. Von der aus der Verbrennung fossiler Träger gewonnenen Energie sagt man, sie sei nicht erneuerbar, doch das dabei produzierte Kohlendioxid wird von Pflanzen verwertet, und letztlich wird ein Teil davon vergraben und ergibt neue fossile Brennstoffe. Über das Verbrennen von als Treibstoffen angebauten Nutzpflanzen sagt man, es liefere erneuerbare Energie, aber wenn wir versuchten, die heutigen Transportbedürfnisse der Welt auf diese Weise zu befriedigen, würden wir die Klimakatastrophe nicht verzögern, sondern beschleunigen. Das für den Anbau solcher Pflanzen benötigte Land wird für Nahrungsmittel gebraucht und, was noch viel wichtiger ist, für Gaia. Bei Energie kommt es auf die Quantität, nicht die Qualität an. Wir können jede Energiequelle nutzen, solange der Gesamtumfang bescheiden ist und Gaias Ökonomie nicht schadet.

Gaia-Hypothese

James Lovelock und Lynn Margulis postulierten Anfang der siebziger Jahre, dass das Leben auf der Erde aktiv die Oberflächenverhältnisse immer so regelt, dass sie für das sie gerade bewohnende Ensemble von Organismen günstig sind. Anfangs lief diese Vorstellung der Schulweisheit zuwider, dass das Leben sich an die planetaren Bedingungen angepasst hätte und beide sich getrennt entwickelt hätten. Wir wissen heute, dass sowohl die ursprüngliche Gaia-Hypothese als auch jene Schulweisheit falsch waren. Die Hypothese entwickelte sich zur heutigen Gaia-Theorie weiter und die Schulweisheit zur Geosys-temwissenschaft.

Gaia-Theorie

Eine Sicht der Erde, die sie als sich selbst regulierendes System betrachtet, das aus der Gesamtheit der Organismen, der Oberflächenfelsen, der Meere und der Atmosphäre besteht, die eng zu einem einzigen sich evolvierenden System verknüpft sind. Die Theorie betrachtet dieses System so, als hätte es ein Ziel -die Regulierung der Oberflächenverhältnisse auf eine Weise, die stets für die gegenwärtigen Lebensformen so günstig wie möglich ist. Sie basiert auf Beobachtungen und theoretischen Modellen, ist fruchtbar und hat zu zehn erfolgreichen Voraussagen geführt.

Geosystemwissenschaft

Diese innerhalb der Gemeinschaft von Geowissenschaftlern entstandene neue Disziplin wurde von denen begründet, die mit der traditionellen Geologie als intellektuellem Bezugsrahmen für die Flut neuen Wissens über die Erde nicht mehr zufrieden waren. Vor allem lehnen Geosystemwissenschaftler die Aufteilung der Erde (und damit der Naturwissenschaften) in eine Geosphäre und eine Biosphäre ab; sie betrachten die Erde vielmehr als eine einzige dynamische Entität, deren materielle und lebendige Bestandteile eng miteinander gekoppelt sind. Zusammen mit der Schlussfolgerung, dass die Erde ihr Klima und ihre chemische Zusammensetzung selbst reguliert, wurde dieses Konzept öffentlich mit der Amsterdamer Erklärung von 2001 verkündet. Von der Gaia-Theorie unterscheidet sich das Konzept nur insofern, als man noch nicht genug Zeit hatte, um die mathematischen Konsequenzen einer Vereinigung von Geo- und Biowissenschaften zu durchdenken, von denen die wichtigste das Problem ist, dass Selbstregulierung ein Ziel braucht. In der Gaia-Theorie besteht das Ziel darin, die Erde für alles bewohnbar zu halten, was sie gerade belebt.

Leben

Da das Leben gleichzeitig Gegenstand von so unterschiedlichen Gebieten wie Physik, Chemie und Biologie ist, gibt es dafür keine genaue Definition. Physiker definieren es vielleicht als etwas, das innerhalb von Grenzen existiert und spontan seine Entropie (Unordnung) reduziert, während es gleichzeitig Unordnung in die Umwelt ausscheidet. Chemiker würden vielleicht sagen, dass es aus Makromolekülen besteht, die hauptsächlich die Elemente Kohlenstoff, Stickstoff, Sauerstoff und Wasserstoff enthalten und geringere, aber gleichfalls notwendige Anteile von Schwefel, Phosphor und Eisen, daneben noch eine Auswahl von Spurenelementen wie Selen jod, Kobalt und andere. Biochemiker und Physiologen betrachten das Leben als etwas, das stets innerhalb zellulärer Begrenzungen existiert, die ein wässriges Milieu umfassen, dessen Zusammensetzung aus Ionen der Elemente Natrium, Kalium, Kalzium, Magnesium und Chlor in engen Grenzen reguliert ist; jede dieser Zellen beinhaltet einen kompletten Bauplan und eine Bauanleitung in Form eines Codes aus langen, linearen Molekülen von Desoxyribonukleinsäure (DNS). Biologen würden Leben als einen dynamischen Zustand von Materie definieren, der sich selbst replizieren kann; die einzelnen Komponenten entwickeln sich dabei durch natürliche Auslese weiter. Leben kann beobachtet, zerlegt und analysiert werden, aber es ist ein emergentes Phänomen und wird der rationalen Erklärung vielleicht niemals zugänglich sein.

Ökosysteme als »Dienstleister«

Unter Ökosystem versteht man das Zusammenwirken und die Wechselwirkungen zwischen Organismen verschiedener Spezies und dem gemeinsam genutzten Habitat, zum Teil auch die Wechselwirkungen zwischen diesen und den nicht organischen Bestandteilen des Lebensraums. Alle Ökosysteme - zum Beispiel tropische Wälder oder Sumpfland - sind offene Systeme, die sich weiterentwickeln. 1974 erweiterte der amerikanische Biologe Paul R. Ehrlich diese Definition um die Vorstellung von Ökosystemen als »Dienstleistern«. Damit wollte er herausstreichen, dass Ökosysteme mehr sind als Orte, an denen Biologen die Biodiversität studieren können, und dass sie eine wichtige Rolle spielen, indem sie das Kleinklima, Wasser und die chemischen Ressourcen regulieren. Der Begriff ist sinnvoll, wenn man ihn in diesem lokalen Sinn für ein Ökosystem wie einen Regenwald gebraucht; er wird aber vage, unpräzise und allzu oft anthropozentrisch, wenn man ihn global anwendet. Wie »Biosphäre« dient er manchmal dazu, sich vor komplexeren Konzepten wie »Gaia« oder »Geosystemwissenschaft« zu drücken.

Rückkopplung, positive und negative

Wenn ein Auto, das wir steuern, vom beabsichtigten Kurs abkommt, ändern wir die Ausrichtung der Vorderräder so, dass die Abweichung ausgeglichen wird. Unsere Fehlerkorrektur wird von der Servolenkung verstärkt und so weitergegeben, dass das Auto wieder den richtigen Kurs hält. Das ist ein Beispiel für negative Rückkopplung. Wenn die Lenkung zufällig defekt wäre und die Kursabweichung nicht korrigiert, sondern vergrößert würde, würde der Fehler verstärkt, und das wäre ein Beispiel für positive Rückkopplung. Oft führt positive Rückkopplung geradewegs in eine Katastrophe, aber sie kann auch von entscheidender Bedeutung sein, um ein System lebensfähig zu machen und ihm rasches Reagieren zu ermöglichen. Wenn wir von einem Teufelskreis reden, denken wir an positive Rückkopplung, und in einem solchen Zustand ist die Erde offensichtlich jetzt; Klimaabweichungen werden verstärkt, nicht unterdrückt, sodass mehr Hitze zu immer größerer Hitze führt.

Thermodynamik

Die Lehre von der Energieumwandlung. Der erste Hauptsatz der Thermodynamik besagt, dass bei der Umwandlung von Energie von einer in eine andere Form oder in mechanische Arbeit keine Energie verloren geht. Der zweite Hauptsatz der Thermodynamik besagt, dass bei der Energieumwandlung in geschlossenen Systemen die Entropie - ein Maß für die Unordnung des Systems - immer mehr zunimmt. Aus diesem Grund ist eine hundertprozentige Umwandlung von einer Energieform in eine andere nicht möglich. (Der dritte Hauptsatz der Thermodynamik ist in diesem Zusammenhang nicht von Belang.)

Treibhauseffekt

Die Sonne strahlt größtenteils im sichtbaren und infraroten Spektrum. Die Atmosphäre ist, wenn sie frei von Wolken und Staub ist, für diese Strahlung so durchlässig wie das Glas eines Gewächshauses. Oberflächen auf der Erde - also innerhalb des Treibhauses - werden vom Sonnenlicht erwärmt, und ein Teil dieser Wärme wird an die Luft abgegeben, die mit den Oberflächen in Kontakt steht. In einem Gewächshaus bleibt die Luft warm, weil die gläsernen Wände und das Glasdach verhindern, dass der rastlose Wind sie vertreibt. Die Erde wird auf ähnliche, aber nicht identische Weise warm gehalten, indem Wasserdampf und die Gase Kohlendioxid und Methan die von den warmen Oberflächen emittierte Wärme wieder absorbieren. Diese Gase sind zwar für Licht durchlässig, nicht aber für die längeren Wellen der Wärmestrahlung. Dieser sogenannte Treibhauseffekt hält die Erdoberfläche seit Langem warm, und solange es noch keine Umweltverschmutzung gab, war er ein Segen; ohne ihn wäre die Erde 32 °C kälter und wahrscheinlich nicht für Leben geeignet.

Verwitterung

Da die glühend heißen, halbflüssigen Gesteinsschichten unterhalb der Erdoberfläche die auf ihnen treibenden Felsplatten ständig miteinander kollidieren lassen, wachsen Berge unablässig in die Höhe. Unseren zeitlichen Maßstäben nach sind Berge permanente Landmarken, aus Gaias Sicht aber sind sie kurzlebig und werden von der Witterung erodiert. Felsen werden von Frost gespalten, vom Wind mittels Sand abgetragen und vor allem vom Regen weggespült. Diese Auflösung von Bergen durch Regenwasser nennen Geochemiker »chemische Felsenverwitterung«, denn der Regen enthält gelöstes Kohlendioxid, das mit dem Gestein reagiert, wodurch wasserlösliches Kalziumbikarbonat entsteht. Diese Lösung wird von Bächen und Flüssen ins Meer gespült. Diese Ausscheidung und Ablagerung von Kohlendioxid ist von fundamentaler Bedeutung, und bis etwa 1980 glaubten Geowissenschaftler, sie sei ein rein chemischer Vorgang. Wir wissen heute, dass ein breites Spektrum von Organismen - von Bakterien und Algen auf den Felsen bis hin zu den Bäumen - die Felsenverwitterung und damit die Abscheidung von Kohlendioxid um das Drei- bis Zehnfache steigert. Der Vorgang ist für Gaias Selbstregulierung und die Kühlung der Erde von überragender Bedeutung.

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