Leopold Kohr

Das Ende der Großen
Zurück zum menschlichen Maß

The Breakdown of Nations

1957 auf englisch
1986 auf deutsch

 Leopold Kohr Das Ende der Großen Zurück zum menschlichen Maß The Breakdown of Nations

Wikipedia.Autor *1909 bei Salzburg bis 1994 (85)

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The breakdown of the nations 

1957 auf Englisch in London 

1986 erstmals auf deutsch im Orac-Verlag, Wien

2002 im Otto-Müller-Verlag, Salzburg 

 


Die überentwickelten Nationen (2003) 

Lehner, Gerald:  Die Biographie des Philosophen und Ökonomen Leopold Kohr. Wien 1994. 

 


 

Nachruf: 

Leopold Kohr – ein Blatt, ein Bild, ein Wort  

Von Dolores Bauer, 2005  

    

"Klein-Sein oder Nicht-Sein, das ist die Frage. Das Große hat keine Überlebenschance." Mit diesem Wort brachte Leopold Kohr, 1909 in Österreich geboren, 1994 in England verstorben, seine Philosophie, sein Lob der Kleinheit auf den Punkt. Von Kohr sagen Kenner seiner philosophischen und national-ökonomischen Werke, er sei nicht einer der prominentesten, wohl aber einer der bedeutendsten Denker des 20. Jahrhunderts gewesen. 

Um die Größenverhältnisse geht es ihm, wobei er aber nie das Kleine im Sinne von Enge oder Engstirnigkeit im Blick hat. Ihm geht es um das richtige, das menschengerechte Maß, eine Maßeinheit, die in unserem Zeitalter der Gigantomanie, der Elefanten- und Dino-Hochzeiten verloren gegangen ist. Im Vorwort zu seinem Buch „Das Ende der Großen“ schreibt Kohr: 

„Paracelsus, der Gründer der modernen Medizin, hat gesagt: Alles ist Gift. Ausschlaggebend ist nur die Dosis. – Das gilt für Heilpflanzen, aber auch für Atome, für Heuschrecken und Nationen. Was die paracelsische Mengengrenze übersteigt, macht Medikamente zu Gift, das Gute zum Schlechten, Demokraten zu Tyrannen, Friedvolle zu Kriegshetzern, Wachstum zu Krebs.“ 

In diesem Buch geht Kohr vor allem auf die Frage des Gleichgewichtes ein. Es gibt das Gleichgewicht des Stagnierenden, des Starren, des Riesigen, das letztlich tödlich ist: 

„Gott schuf ein bewegliches, dynamisches Universum, das nicht durch Einheit, sondern durch Harmonie aufrechterhalten wird, das auf der Koexistenz zahlloser, beweglicher, kleiner Teile beruht, von denen es keinem erlaubt ist, zu viel Masse zu akkumulieren, um die Harmonie des Ganzen nicht zu stören. Kleinheit ist keine zufällig Laune der Natur, sondern erfüllt den tiefgründigen Sinn einer harmonischen Existenz.“ 

Wir leben in der modernen Industriegesellschaft also anders, als wir gedacht und angelegt sind – und das befördert ungesunde Wucherungen, übergroße Dimensionen, überhöhte Geschwindigkeiten. Das zeigt sich an den ökologischen Schäden ebenso wie an den sinnlosen Entfernungen, die die Güter des täglichen Bedarfs zurücklegen, obwohl diese auch um die Ecke produziert werden könnten. 

Auf Zellteilung beruht Gesundheit, nicht auf Zellwachstum. Teilung also und nicht Vereinigung müsste das Ziel zur Lösung von Problemen sein. Das gilt im Wirtschaftlichen ebenso wie im Politischen. Es wäre also angezeigt, ein kleines Wörtchen wieder neu zu lernen, das Wörtchen GENUG. Dann käme quasi von selber eine alte Tugend wieder ins Spiel: Bescheidenheit. In dieser Tugend war Leopold Kohr ein Meister. 

Ivan Illich sagte in seiner Laudatio zu Kohrs 80. Geburtstag: 

„Wir schulden Ihnen Ehre für Ihre beispielhafte Demut. Sie hat es Ihnen ermöglicht, die Bescheidenheit selbst zum zentralen Objekt Ihrer Forschung zu machen.“

 


 

Aus Wikipedia 2015:

 

Leopold Kohr (* 5. Oktober 1909 in Oberndorf bei Salzburg; † 26. Februar 1994 in Gloucester, England) war Nationalökonom, Jurist, Staatswissenschaftler und Philosoph. Inhaltlich propagierte er Dezentralisierung sozialer Organisationen und Gruppen auf eine Größe in der Funktion noch möglich ist, aber gleichzeitig den Mitgliedern eine Überschaubarkeit erlaubt. Kohr war Anarchist und Vordenker der Umweltbewegung. Er erhielt 1983 den „Alternativen Nobelpreis“.

Leopold Kohr besuchte zwischen 1916 und 1920 die Volksschule in Oberndorf. Danach war er bis 1928 am Akademischen Gymnasium Salzburg. 1928 begann er ein Studium der Rechtswissenschaften an der Universität Innsbruck. Zur gleichen Zeit war er auch Student an der London School of Economics and Political Science. 1929 kehrte er nach Innsbruck zurück, gründete eine sozialdemokratische Studentengruppe und promovierte 1933 zum Dr. jur. Zwischen 1933 und 1937 leistete er Gerichtsjahre in Salzburg und Wien und studierte nebenbei Staatswissenschaften in Wien, die er mit einer zweiten Promotion zum Dr. rer. pol. abschloss. In dieser Zeit hielt er sich regelmäßig in Paris auf.

Anfang Mai 1937 arbeitete Kohr gegen die Franquisten als Berichterstatter im Spanischen Bürgerkrieg für verschiedene Zeitungen in Österreich und der Schweiz und die französische Nachrichtenagentur Agence Viator. Dabei knüpfte er erste Kontakte zur Anarchistenbewegung. Im Sommer 1937 diskutierte er in Valencia mit dem Schriftsteller George Orwell und saß zusammen am Schreibtisch mit dem späteren Literaturnobelpreisträger Ernest Hemingway und auch dem späteren Schriftsteller, Abenteurer, Philosophen und Minister André Malraux. Mit Verbissenheit berichteten sie von den Wirren des spanischen Bürgerkrieges und versuchten die Welt wach zu rütteln im Kampf gegen den Faschismus.

Gemeinsam mit Otto von Habsburg gründete Leopold Kohr im Frühling 1938 in Paris eine Widerstandsgruppe. Bei einer Rückkehr nach Salzburg entging er knapp dem Zugriff der Nazis. Im Herbst ging Kohr in Le Havre aufs Schiff und kam am 31. Oktober in New York an. Dort konnte er beim früheren Oberndorfer Bäcker Lämmermeyer wohnen, bis er nach Toronto reiste. Hier wurde er von der Familie des Historikers George Wrong aufgenommen.

Ab 1939 arbeitete Kohr in einem Goldbergwerk im Nordwesten Kanadas am Rande der Arktis. Durch die harten Arbeitsbedingungen erlitt er einen Hörsturz, wodurch sich sein Hörsinn zunehmend verschlechterte. Kohr war in Kanada ein wichtiger Repräsentant der „Österreich-Frei-Bewegung“ im politischen Kampf gegen Hitler. Von 1941 bis 1943 arbeitete Kohr für die „Carnegie Endowment for International Peace“ in Washington, D.C. Er arbeitete eng mit Egon Ranshofen-Wertheimer zusammen, der ihn mit den wichtigsten Chefredakteuren der USA bekannt machte. Wertheimer war zu dieser Zeit Berater im Weißen Haus.

Am 26. September 1941 erschien Kohrs erster Artikel über die notwendige Zerschlagung der Großmächte im linkskatholischen <New Yorker Magazin The Commonweal>; er trug den Titel <Disunion Now>. Im Januar 1942 startete Kohr mit einem Artikel in der Washington Post eine lange Serie im publizistischen Kampf gegen Hitler. Er setzte sich in der amerikanischen Öffentlichkeit massiv für österreichische Flüchtlinge ein. Gemeinsam mit Otto Habsburg und Egon Ranshofen-Wertheimer beeinflusste er die Politik der USA, um nach Kriegsende Österreichs Unabhängigkeit wiederzuerlangen und die Rückgabe Südtirols an Österreich zu erreichen.

Wissenschaftliche Betätigung
Zwischen 1943 und 1955 unterrichtete Kohr Nationalökonomie und politische Philosophie an der Rutgers University in New Jersey. Dabei entstanden Freundschaften mit dem Lateinamerika-Experten Robert J. Alexander und dem Geldexperten Anatol Murad sowie enge Kontakte zum venezolanischen Staatspräsidenten Rómulo Betancourt.

1951 vollendete Leopold Kohr sein Hauptwerk The Breakdown of Nations, das aber erst 7 Jahre später in England publiziert wurde. Im Jahr 1953 besuchte er das erste Mal Liechtenstein, um den Regierungschef Alexander Frick zu treffen.

Kohr lehrte zwischen 1955 und 1973 auch an der Staatsuniversität von Puerto Rico in San Juan. Er unterstützte die Unabhängigkeitsbewegung der Insel und kämpfte gegen die Zerstörung der Altstadt von San Juan durch US-amerikanische Industriegiganten. Hier begründete er sein Konzept der Dorferneuerung und Verkehrsberuhigung.

1958 unternahm er die erste Reise nach Wales zum Pazifisten und führenden Unabhängigkeitsaktivisten Gwynfor Evans und war als Gastprofessor in Swansea tätig. Leopold Kohr half mit, auf der Karibikinsel Anguilla 1967 einen unabhängigen Staat zu gründen. Doch Fallschirmjäger der britischen Kolonialmacht bereiteten dem Experiment ein gewaltsames Ende.

 

Ende der 1960er Jahre bekannte der britische Nationalökonom Ernst Friedrich Schumacher, mit Kohr jenen Denker kennengelernt zu haben, dessen Thesen für die ökologische Rettung der Erde am wichtigsten zu sein scheinen. 

 

1973 vollendete Schumacher sein Buch Small is beautiful im Hause seines Freundes Kohr in Aberystwyth; das Buch wurde ein Bestseller.

Gemeinsam mit seinem Freund John Papworth reiste Kohr zu Kenneth Kaunda, dem Staatspräsidenten von Sambia. Kaunda war ein großer Verehrer von Kohrs Lebenswerk und beauftragte ihn, in Sambia eine Akademie zu gründen, was Kohr jedoch ablehnte. Kaunda schrieb auch das Vorwort zu Kohrs Buch <Development without Aid> (dt. Titel: Entwicklung ohne Hilfe).

Nach seiner Pensionierung in Puerto Rico übersiedelte der 63-jährige Kohr nach Aberystwyth, wo er an der Universität weiterlehrte und die Partei Plaid Cymru im Kampf gegen Atomrüstung, Kernkraftwerke und die Vorherrschaft der Großmächte unterstützte.

1979 verbrachte Kohr den Sommerurlaub in Salzburg. Seine Freundin Elisabeth Mortimer machte ihn mit Alfred Winter bekannt, der sich bemühte, ihn einem breiten Publikum vorzustellen. 

Daraus entstanden intensive Freundschaften mit Salzburgs Landeshauptmann Wilfried Haslauer, dem Zukunfts- und Friedensforscher Robert Jungk, dem Philosophen und Theologen Ivan Illich und dem Begründer der Selbstversorgungsbewegung John Seymour.

1983 übersiedelte er von Aberystwyth in die südenglische Industriestadt Gloucester.

 

Umsetzung seiner Theorien:
1986 wurden in Neukirchen am Großvenediger die Leopold-Kohr-Akademie und der Kulturverein Tauriska gegründet, die seine Theorie der regionalen Eigenständigkeit in die Praxis umsetzten. Geleitet wird der Verein und die Akademie von Susanna Vötter-Dankl und Christian Vötter. In den 80er und frühen 90er Jahren wurde Kohr zu mehreren Gastvorlesungen an die Universität Salzburg eingeladen. Seit 2008 gibt es an der Universität Salzburg das Leopold Kohr-Zentrum mit Archiv (betreut von V. ASS. DR. Ewald Hiebl).

Europa der Regionen
1992 schrieb der Bierbrauer Alfred Heineken, angeregt durch die Philosophie Leopold Kohrs, einen Artikel über die Zukunft Europas mit dem Titel Eurotopia – Ein Europa der 75 Regionen, nicht der Staaten. Danach gab er bei Henk Wesseling den Entwurf einer entsprechenden Landkarte in Auftrag, die Leopold Kohrs Idee der Aufteilung der Nationen entwurfartig widerspiegelte und sich an historischen Regionen wie dem Königreich Asturien, der Normandie oder Galizien ausrichtet. 2011 publizierte Günther Witzany eine weiterentwickelte und feiner verteilte Version, welche sich nun auf Regionen wie Asturien, Basse-Normandie oder Woiwodschaft Kleinpolen aufteilt.[1]

Im Sommer 1993 traf Kohr erste Vorbereitungen für die Übersiedelung nach Oberndorf. Genau zu jener Zeit zerstörten Einbrecher sein Archiv in Gloucester.

Am 26. Februar 1994 starb Leopold Kohr im Alter von 84 Jahren kurz nach einer Herzoperation in Gloucester. Die Beisetzung von Kohrs Urne durch den Alterzbischof von Salzburg, Dr. Karl Berg, erfolgte Mitte März 1994 im Grab der Familie Kohr auf dem Friedhof in Oberndorf.

 

Denken

„Alles ist Gift. Ausschlaggebend ist nur die Dosis.“ – Dieser von Kohr oft zitierte Spruch von Paracelsus (bekannt als dosis facit venenum) ist grundlegend für seine „Philosophie der Größe“. „Die Größe – Kohr meint nicht die absolute, sondern die relative, die zu große Größe – [...] scheint das zentrale Problem der Schöpfung zu sein. Wo immer etwas fehlerhaft ist, ist es zu groß. [...] Die Größe – und nur die Größe! – ist das zentrale Problem der menschlichen Existenz, im sozialen und im physischen Sinn“ (Das Ende der Großen, Einleitung). Folglich gibt es für Kohr auch nur eine Rettung: „[...] die Idee und das Ideal der Kleinheit als einziges Serum gegen die krebsartige Wucherung der Übergröße [...]“ (a.a.O.).

Darüber hinaus prägte Kohr in seiner Geschwindigkeitstheorie den Slogan „slow is beautiful“, weil in der Langsamkeit auch die Massenwirkung abnimmt.

Während die Straßen einer Stadt zu normalen Tageszeiten völlig ausreichen, steht in den Stoßzeiten der Verkehr; während die Theater- und Kinoausgänge am Ende der Vorstellung völlig ausreichen, sind sie im Falle einer Panik zu eng. Leopold Kohrs Philosophie betont die Würde und Vernunft des Individuums, befähigt, kreativ zu sein und seinen Willen zu gestalten. Eine Masse aus Individuen aber zerstört die Freiheit und verhält sich nicht wie vernünftige Wesen, sondern wie leblose Teilchen, die statistischen Gesetzen gehorchen. Begibt sich der freie Mensch in die Masse, degeneriert er vom Kulturwesen zum Teil einer physikalischen Gesetzen unterliegenden Einheit. Der mit Leopold Kohr befreundete Salzburger Philosoph Günther Witzany vertritt die These, dass sich Kohrs Philosophie idealerweise mit den soziologischen Analysen von Elias Canetti (Masse und Macht) und Lewis Mumfords Technikphilosophie (Mythos der Maschine) ergänzt. Elias Canetti verdeutlicht akribisch das Verhältnis von Menschenmassen zu ihren Führern und das oft vernunftwidrige Verhalten von Massen, während Lewis Mumford auf einzigartige Weise die Entmenschlichung in zentralistisch organisierten und technokratisch regulierten Gesellschaften thematisiert.

 

Anarchismus

Leopold Kohr rehabilitierte den Anarchismus als politische Theorie. „Frei von Ideologien! Das ist Anarchismus! Es ist die edelste der Philosophien. Aber eine Gesellschaft kann nur ohne Staat und ohne Regierung leben, wenn der Einzelmensch so ethisch erzogen ist, dass es niemandem einfallen würde, in den Bereich des anderen einzudringen. Ihm auf die Füße zu steigen. Anarchisten, die jemanden erschießen, die sind Lustmörder. Die sollen eingesperrt werden! Lebenslänglich. Nicht weil sie jemanden umgebracht haben, sondern weil sie sich Anarchisten nennen.“

Anarchismus ist für Kohr die gewaltfreie Form des Zusammenlebens, jeder Mensch ist kraft der Vernunft in der Lage, jedem anderen Menschen mit Würde und Respekt zu begegnen, gemeinsam eine Gesellschaftsform zu praktizieren, in der die gegenseitige, freie Anerkennung auf so hohem Niveau praktiziert wird, dass eine äußere (3.) Ordnungsmacht überflüssig ist. Kohr widerspricht damit diametral den Theorien der Großgruppenordnung, wie etwa denen von Thomas Hobbes und David Hume. Natürlich ist dieses Ziel des Anarchismus utopisch. Das ist aber zugleich seine Kraft und seine Sicherung gegen Missbrauch durch kapitalistische, sozialistische[2] oder andere Ideologien: Behauptet ein Führer, eine Partei oder eine Staatsmacht, das Ziel des Anarchismus sei erreicht, sind diese a priori als Missbraucher entlarvt, da dieses Ziel immer nur angestrebt, nie aber als historisch erreicht gelten kann. Obwohl global utopisch, lässt sich diese Gesellschaftsform zumindest zeitweise im Regionalen verwirklichen. Menschen, die diese Wertvorstellungen wenigstens vorübergehend gemeinsam leben, nehmen damit realiter an einer zukünftigen Gesellschaftsform teil.

 

Auszeichnungen

1983: Alternativer Nobelpreis (Right Livelihood Award)

1985: Ehrenring der Stadt Oberndorf 1986: Ring des Landes Salzburg 1986: Ehrenbürger der Stadt Salzburg 1989: Goldenen Ehrenzeichen der Republik Österreich

Werke

Sein Hauptwerk

Das oben angeführte Buch erschien zunächst auf Englisch: The Breakdown of Nations, London 1957; auf Deutsch erstmals 1986 im Orac Verlag, Wien.

Neuausgabe als Teil der Werkausgabe:

Das Ende der Großen. Zurück zum menschlichen Maß. Otto Müller Verlag, Salzburg 2002, ISBN 978-3-7013-1055-5

 

Weitere Werke

„Small is beautiful“. Ausgewählte Schriften aus dem Gesamtwerk. Deuticke Verlag, Wien 1995, ISBN 3-216-30105-2 Die überentwickelten Nationen. Müller, Salzburg 2003, ISBN 978-3-7013-1076-0 Weniger Staat. Gegen die Übergriffe der Obrigkeit. Müller, Salzburg 2004, ISBN 978-3-7013-1089-0 Die Lehre vom rechten Maß. Aufsätze aus fünf Jahrzehnten. Müller, Salzburg 2006, ISBN 978-3-7013-1116-3 Entwicklung ohne Hilfe. Die überschaubare Gesellschaft. Müller, Salzburg 2007, ISBN 978-3-7013-1129-3 Probleme der Stadt. Gedanken zur Stadt- und Verkehrsplanung. Müller, Salzburg 2008, ISBN 978-3-7013-1154-5 Literatur[Bearbeiten] Gerald Lehner: Die Biographie des Philosophen und Ökonomen Leopold Kohr. Deuticke, Wien 1994, ISBN 3-216-30107-9. Dieter Senghaas: Rettung durch den Kleinstaat!? Überlegungen zum „Anti-Leviathan“-Leitmotiv im Werk von Leopold Kohr. In: Leviathan. Zeitschrift für Sozialwissenschaft. Jg. XXXVIII, 2010, S. 251–267. Michael Breisky: Groß ist ungeschickt. Leopold Kohr im Zeitalter der Post-Globalisierung. Passagen, Wien 2010, ISBN 978-3-8516-5924-5. Franz Paul Enzinger, Martina Fischer: Kohr for Kids. Eine Reise zum menschlichen Maß, Illustriert von Graham Wiseman, Tauriska, 2009/2011. Günther Witzany, Hg.: Zukunftsfähige Stadt- und Verkehrsplanung. Wieviel Kohr braucht die City?, Books on Demand, Norderstedt 2010, ISBN 978-3-8391-7593-4. Gerald Lehner: Das menschliche Maß. Eine Utopie? Gespräche mit Leopold Kohr über sein Leben. Edition Tandem, Salzburg/Wien 2014, ISBN 978-3-902932-01-3.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

http://www.dorfzeitung.com/old/dz/1999/10/Kohr.htm 

Leopold Kohr – Einsichten zum "menschlichen Maß"

Leopold Kohr – Insights to "human measure of things" 

Von Manfred W.K. Fischer 

Historiker und Leiter des Heimatmuseums Oberndorf

 

Der berühmte Philosoph und Nationalökonom Leopold Kohr erblickte vor 90 Jahren, am 5. Oktober 1909, in Oberndorf bei Salzburg das Licht der Welt. Er gilt als der Begründer des Mottos "Small is beautiful", das Friedrich Schumacher 1973 ausformuliert hat. Bereits vorherrschte, ständiges Wirtschaftswachstum könne alle Probleme lösen, trat Kohr dem entgegen. Er forderte die Rückkehr zum "menschlichen Maß". Kohr lieferte mit seinen Ideen viele Anregungen für die später entstehende Grün- und Ökologiebewegung. Seine wichtigsten Werke erschienen u.a. in Englisch, Spanisch, Französisch, Italienisch, Japanisch und Walisisch.

 

 

Das Ende der Großen

Bereits im September 1941 erschien im New Yorker Magazin "The Commonweal" ein Artikel Kohrs mit dem Titel "Disunion Now". Darin sprach er sich erstmals gegen den nationalen Größenwahn und für ein Europa der Kantone aus. Die nationalstaatlichen Einigungsprozesse der Vergangenheit hätten nur imperiale Großmächte hervorgebracht, die sich gegenseitig in den Haaren lägen, so Kohr damals. Anfang der 1950er Jahre vollendete Kohr dann sein Hauptwerk "The Breakdown of Nations" (Das Ende der Großen). Erst 1957 wurde das Buch in London veröffentlicht. Ein Indiz dafür, dass Kohr mit seinen Ideen seiner Zeit weit voraus gewesen ist.

Nach Kohrs Ansicht lag/liegt das Wohl des Menschen nicht im permanenten wirtschaftlichen Wachstum, sondern in der Rückkehr zum "menschlichen Maß". Er behauptete, dass hinter allen Formen des sozialen Elends eine einzige Ursache stünde: etwas (Staat, Wirtschaftseinheit, Betrieb, Institution) sei zu groß geworden. Um dies zu untermauern wies er auf die Analogie der Saurier hin, die ebenfalls an ihrer Größe zugrunde gegangen seien. Jede Vereinigung zu einer größtmöglichen Einheit sei die Vorstufe zum Verfall, so Kohr weiter. Als Beispiel führte er bereits damals einen Vielvölkerstaat wie die UdSSR an – heute längst in kleinere Einheiten zerfallen. Ein Staat sollte eine Bevölkerungsgröße von 12 bis 15 Millionen Menschen nicht übersteigen, denn dann würde er seine reibungslose Funktionsfähigkeit verlieren. Der Kontakt der Staatsspitze zur Bevölkerung wäre nicht mehr optimal gewährleistet.

 

Das "Anguilla-Projekt"

Sein Eintreten für kleine Staaten machte ihn zu einem Kämpfer für die Unabhängigkeit von Wales aber auch von Anguilla, einer kleinen Karibikinsel. Anguilla, zirka 300 km von Puerto Rico entfernt, zählte 6500 Einwohner und stand gemeinsam mit den Nachbarinseln Nevis und St. Kitts unter britischer Verwaltung. Die Inselbewohner erklärten sich 1967 unabhängig und wiesen dem britischen Gouverneur die Tür. Kohr lehrte damals an der University of Puerto Rico und sah sich berufen den Anguillanern zu helfen. Mit Hilfe von Freunden in den USA und Kanada organisierte er eine "Staatsgründungsaktion" und machte die Weltöffentlichkeit auf die Probleme dieser Insel aufmerksam. Der Bau amerikanischer Großhotels wurde auf Kohrs anraten ebenso verhindert wie die Errichtung einer Basis für die Schiffe des griechischen Reeders Onassis. Die Entwicklung der wirtschaftlichen Möglichkeiten sollte kleinräumig und ohne Gigantomanie erfolgen. Das "Angiulla-Projekt" wurde allerdings nach zwei Jahren über Initiative der Regierung Wilson in London beendet. Anguilla behielt die eigene Verwaltung bekam aber wieder einen britischen Gouverneur. 1981 erlangte die Insel dann endgültig ihre Unabhängigkeit.

Kohrs Herkunft

Seine Ideen wurden von seiner Herkunft bestimmt. Auf seinen Geburtsort, den Flachgauer Ort Oberndorf, war Kohr Zeit seines Lebens stolz. Er selbst sagte, dass seine "Urbegriffe" nie global, kontinental oder österreichisch gewesen seien, sondern immer land-salzburgisch. Seine "Urdistanz", das Maß aller Entfernungen, blieb für ihn immer jene 22-Kilometer-Einheit, die Oberndorf von der Stadt Salzburg trennt. Gerade, weil sich Kohr seines Herkommens bewusst war und ihn dies mit Stolz erfüllte, war er kein Kleingeist, sondern ein Weltbürger.

Kohr wuchs in Oberndorf auf, besuchte hier die Volksschule und in Salzburg das Gymnasium. In Innsbruck und Wien promovierte er in den Fächern Rechts- und Staatswissenschaften. Nach dem Einmarsch deutscher Truppen und dem Beginn der nationalsozialistischen Herrschaft verließ er aus politischen Gründen Österreich. Über Paris erreichte Kohr auf dem Dampfer "Bremen" 1938 die Vereinigten Staaten. Hier half ihm der aus Oberndorf stammende Bäcker Lämmermeyer die erste Zeit zu überstehen. Kohr hatte viele Schwierigkeiten, besonders finanzieller Art, zu überwinden. Bei der schweren körperlichen Arbeit in einem kanadischen Goldbergwerk erlitt er einen Hörsturz. Doch bald knüpfte Kohr viele Kontakte zu amerikanischen Intellektuellen und Auslandsösterreichern. In der "Österreich-Frei-Bewegung" setzte er sich für die Befreiung Österreichs vom nationalsozialistischen Joch ein. Bei seinen Bemühungen um die Freiheit Österreichs verwies er immer wieder auf das reiche kulturelle Erbe des kleinen Landes im Herzen Europas. Besonders in der Weihnachtszeit verwendete er dazu die Entstehungsgeschichte des Weihnachtsliedes "Stille Nacht! Heilige Nacht!". Durch seine Artikel erfuhren viele US-Amerikaner woher dieses Lied überhaupt kam. Gleichzeitig machte er die kulturellen Leistungen Österreichs und den Willen zur Selbständigkeit bewusst.

1943 begann er mit seiner Lehrtätigkeit an renommierten Universitäten in den USA, Puerto Rico und Großbritannien. Die Verleihung des Alternativen Nobelpreises an Kohr im Jahre 1983 rückte ihn und seine Thesen dann verstärkt in das Bewusstsein der österreichischen Öffentlichkeit. 1986 kam es in Neukirchen am Großvenediger zur Gründung der "Leopold Kohr Akademie", die sich bis heute erfolgreich um die Verbreitung von Kohrs Ideen kümmert.

Der Kontakt zu seinem Heimatort Oberndorf riss nie ab. Im Sommer 1993 beabsichtigte Kohr nach Oberndorf heimzukehren. In der Pension "Salzachhof" in der Brückenstraße sollte eine Dachwohnung bezogen werden. Bevor er dieses Vorhaben aber verwirklichen konnte, starb er am 26. Februar 1994 in seiner englischen Wahlheimat. Seine letzte Ruhestätte fand Leopold Kohr im Familiengrab am Oberndorfer Ortsfriedhof.

Im Stille-Nacht- und Heimatmuseum Oberndorf (Homepage http://www.oberndorf.co.at/museum) ist Leopold Kohrs Andenken ein Ausstellungsbereich gewidmet, der die wichtigsten Fakten zu seinem Leben und seine Schriften präsentiert. Die Bibliothek Oberndorf und das Museum widmeten Leopold Kohr am 1. Oktober einen Gesprächsabend. Prof. Alfred Winter, der Kohr Anfang der 1980er Jahre wieder in das Bewusstsein der österreichischen Öffentlichkeit rückte, brachte den Zuhörern Kohrs Leben und Werk nahe.

Wer sich über das Leben und Werk von Leopold Kohr näher informieren will, kann dies in den zwei folgenden, im Buchhandel erhältlichen, Publikationen tun:

* Lehner, Gerald: Die Biographie des Philosophen und Ökonomen Leopold Kohr.- Wien 1994.

"Small is beautifiul". Ausgewählte Schriften aus dem Gesamtwerk.- Wien 1995.

 

 

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