Alexander Kobylinski 

*1964 in Erfurt bis 2017 (53)

 


Der verratene Verräter

Wolfgang Schnur: Bürger-
rechtsanwalt und Spitzenspitzel

 

DNB Buch    qwant Buch

2015 - 383 Seiten - Biografie

Bing Buch    Goog Buch

2015 in Mitteldeutscher Verlag, Halle


Alexander Kobylinski  Der verratene Verräter Wolfgang Schnur: Bürgerrechtsanwalt und Spitzenspitzel Biografie

wikipedia  Kobylinski 

DNB Name   bing Autor


detopia:

Pankowbuch    K.htm   Psychobuch

Zwickaubuch   Sterbejahr-K


Henrich-2019-Rückblick

Rainer Eppelmann  

Probst Heino Falcke


Lahann über Böhme  1992

Herzberg über Bahro 2002

Scheer über Fuchs  2007

Wensierski über Domaschk 2023

Verlag:
    
Kaum ein Protagonist der Umbruchszeit 1989/90 polarisiert bis heute so wie Wolfgang Schnur. Als Anwalt arbeitet Schnur (geb. 1944) in der DDR als Rechtsbeistand für Bürgerrechtler und Wehrdienstverweigerer. Nicht wenige sehen den Mitbegründer und Vorsitzenden des 'Demokratischen Aufbruchs' als kommenden Wahlsieger bei den Volkskammer­wahlen im März 1990 und damit als künftigen DDR-Ministerpräsidenten. Doch kurz vor der Wahl wird bekannt, dass Schnur seit den 1960er Jahren für die Stasi tätig war. Es beginnt ein langer Absturz mit dem Entzug der Anwalts­zulassung 1993 und diversen Verurteilungen.

Alexander Kobylinski, einst selbst Mandant von Schnur, folgt dessen Lebenslauf von der Jugend im Nachkriegs­deutschland, der Ausbildung zum Rechtsanwalt, seiner Anwerbung durch das MfS und der Tätigkeit als Spitzel bis zur Enttarnung 1990. Kobylinski zeigt, wie Schnur mit viel Geduld, aber äußerst zielstrebig vom MfS aufgebaut wurde und schließlich zu einer wichtigen Person in der Bürgerbewegung wurde. Und er lässt die »Einbrüche« in Schnurs Karriere erst richtig verstehen.

wikipedia W. Schnur  *1944 in Stettin bis 2016 (71)

 

Audio  Audio 2015 Kobylinski zum Buch   DLF, 12'

 

 

 

 

deutschlandfunkkultur  der-verratene-verraeter-von-alexander-kobylinski

 

Bei Amazon gibt es eine kräftige Leseprobe

 

stasibesetzung.de

 

doku:
 https://www.tagesspiegel.de/gesellschaft/medien/verraten-und-verkauft-5269483.html

 

Inhalt       Inhalt.pdf 

 

Prolog  (7)

 

Wie ich Wolfgang Schnur als meinen Anwalt kennenlernte (13)

 


I. Jugend ohne Orientierung (1944-1965) (17)

Ein „elternloses Kind" (17)   Auf dem Weg zur Mutter (24)

Acht Tage vor dem Mauerbau ... (28)  „Asyl" in der DDR (32)

Er will ein guter Genosse werden (35)

Wie die Staatssicherheit auf Wolfgang Schnur kommt (38)


II. Zum Üben - die ersten Einsätze (1965-1969)  (43)

Eine attraktive Hamburgerin (43) 

Er soll sich mal um „negative Jugendliche" kümmern 511

Seine erste Frau „macht" ihn zum Christen ... 53

... und hat eine interessante Familie 54

Gezerre ums Studium 57

Schnurs Geduld wird auf die Probe gestellt 60

Noch will die Stasi sich nicht endgültig festlegen 63

Die Entscheidung: Wird er in der Kirche „aufklären"? (66)


Exkurs: Was ist Schnurs Stasiakte wert?  (68)


III. Fortschritte bei der Einschleusung in die Kirche (1969-1972) 71

"Ein astreiner Mensch" - Schnur strebt ins Konsistorium (71)

 Schnur muss sich umorientieren (78)


IV. Die ersten „politischen Aufträge" (1973-1978)  (83)

Ein bisschen Spaß muss sein (83)   An der Bausoldatenfront (84) 

"Ein ganz raffinierter Feind" 93   Gibt es Wolfgang Schnur überhaupt? 98

Eine Ausschleusung - und was sonst noch so anfällt 101

Das aufregende Jahr 1976 103    Die Selbstverbrennung von Brüsewitz 105

Biermanns Ausbürgerung 109   Bewährung in Jena 110

Aufstieg zum Einzelanwalt (121)    Einrichtungsarbeiten (126)

"Torsten" bekommt Spickzettel (129)    Es soll sich endlich richtig lohnen (133)


V. Auf beiden Seiten des Eisernen Vorhangs (1978-1980) 137

Ohne Skrupel (137)  Völlig gegensätzliche Prozessanweisungen (140)  Lametta ist wichtig (147) 
Über Bande gespielt (149)  Schnur soll jetzt was anderes machen 157 I Ein Kollege wird verpfiffen 166
In der Kirche umstritten 170 I An die Kandare genommen 174 I Die Stasi macht sich Sorgen (181)


VI. Selbst im Visier der Stasi (1980-1983) 185

Operativer Vorgang „Heuchler" (185) „Da müsst ihr suchen ..." (193)  Ein enger Vertrauter (200)
Lothar Rochau wird abserviert (205)  Damit die Stasi mal sieht, was Liebe ist (212) Spitzelt auch die Kirche? (218) 
Vier Jahre für zwei Texte und einen Anstecker (225)  Schnur ahnt etwas ... (230)  Die Stasi knöpft sich Schnur vor (235)


VII. "Torsten" ist zu wichtig (1983-1987) 251

Anwalt von Roland Jahn (251)    Parole: „Die Akte Kobylinski..." (257) 

Der „Berliner Appell" (263)    Auf Tuchfühlung mit den Bürgerrechtlern (273)

Schnur schützt den XI. SED-Parteitag (283)  Auf dem gesellschaftlichen Parkett - und dennoch unglücklich (290)

Ein Versteck, das nicht mal die Stasi kennt (297)   Der Fall Gabriele Eckart (301)


VIII. Im Innern der Opposition (1987-1990) 305

Der turbulente Winter 1987/88 (305)   Verwirrung um die Ausreisen in den Westen 316

Jetzt zählt alles, was Schnur mitbekommt (325)  Wer war ich noch mal? oder Der Spitzenspitzel wird Parteivorsitzender (338)

Der Absturz (353)


Epilog (362)


Anmerkungen 363      Editorische Notiz 375

Abkürzungsverzeichnis 376    Personenregister 378 

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Autor -  Alexander Kobylinski (1964–2017), geb. in Erfurt, 1984/85 wegen »staatsfeindlicher Aktivitäten« in Haft. In Göttingen und an der FU Berlin studierte er Germanistik, Philosophie und Soziologie. Ab 1994 Arbeit als Fernsehjournalist beim rbb. Ab 2004 viele Jahre Autor beim ARD-Magazin »Kontraste«. Seit 2012 freier Autor. Der Autor Alexander Kobylinski wurde 1964 in Erfurt geboren, wuchs in einer Pfarrersfamilie auf, lebte in Sachsen und Thüringen. Mit 20 Jahren kam er in U-Haft. Der Grund: Seine Beteiligung an einer Flugblatt-Aktion. Schließlich wurde er "freigekauft", studierte Germanistik, Philosophie und Soziologie. Er arbeitet seit 1994 als Journalist, ist Autor und Publizist. Das Buch "Der verratene Verräter" ist auch ein Blick in die eigene Geschichte. Die Geschichte des Wolfgang Schnur schrieb er auf, als er 39 Aktenordner des IM „Torsten“ von der BStU zur Recherche erhielt. Auch er war einst Mandant des bekannten und beliebten Bürgerrechtler-Anwalts.“ 

Über den Autor Kobylinski

detopia-2013
Mit den  Biografiebüchern ist es manchmal verwirrend. Oben also: Kobylinski über Schnur
Und jetzt: Wensierski über Kobylinski (im Spiegel) und Ensikat über Kobylinski (im Tagesspiegel)

 

Bericht von Peter Wensierski (Domaschk-Buch)
über Weimar-1983 sowie die Koby-Rede im Wortlaut
spiegel.de  ddr-abitur-rede-die-rebellen-von-weimar 
mit 6'-Video mit Kobylinski


 

Von DAVID ENSIKAT
Nachruf auf Alexander Kobylinski
16.06.2017     
tagesspiegel.de  nachruf-auf-alexander-kobylinski-geb-1964-wozu-das-risiko

Wozu das Risiko? Sie hielten ihn für einen Aufrührer, gefährlich für den Staat. Ein Aufrechter war er, ohne Angst. In den Westen wollte er nicht, doch sein Anwalt, ein Mann im Stasi-Auftrag, empfahl es ihm. Ahnte er, dass die einzige Gefahr für ihn von ihm selbst ausging?

Mit 19 Jahren kam der Nicht-FDJler Alexander Kobylinski einer Bitte der FDJ-Leitung seiner Schule nach. Er war, wie er später sagte, „auch ein bisschen der Meinung, etwas zu sagen zu haben.“ Und wusste, dass das, was er sagen würde, kein bisschen den Vorstellungen der FDJ-Leitung entsprechen würde. Er wusste, dass er sein Abitur aufs Spiel setzte. Er wusste, dass er das System, das er so gern verändern wollte, kein bisschen verändern würde. Aber er konnte nicht anders.

Die Geschichte verrät einiges über diesen Mann und auch einiges über dieses System, das so menschengemacht war und folglich so oft so unsystematisch.

Es fängt schon damit an, dass die Ober-FDJler sich für die Abiturfeierrede diesen Langhaarigen aussuchten. Der war ja nicht nur kein Mitglied ihres Vereins, er war auch noch der Sohn eines Pfarrers. Wer ihn halbwegs kannte, wusste, dass aus seinem Mund nichts Staatsfrommes zu erwarten war. Da die DDR-Schule zwar viele Mitläufer aber wenig Redetalente hervorbrachte, waren sie froh, jemanden gefunden zu haben, der reden konnte und auch reden mochte.

Es bedarf eines gewissen diktatursensiblen Einfühlungsvermögens, die Rede, die Alexander am 1. Juli 1983 in der Aula der Friedrich-Schiller-EOS zu Weimar hielt, als so aufrührerisch und staatsgefährdend zu verstehen, wie dies die systemnäheren Teile der Zuhörerschaft taten.

Wenn er etwa Tucholsky zitierte: „Lass dir von keinem Fachmann imponieren, der dir erzählt: ,Lieber Freund, das mache ich schon seit 20 Jahren so.’ – Man kann eine Sache auch 20 Jahre falsch machen“, dann verstanden die Fachleute das als Generalangriff auf sämtliche sozialistischen Errungenschaften. Sätze wie: „Wir müssen lernen, mehr in Eigenverantwortung zu denken und zu handeln. Wir und unser Land brauchen Aufrichtigkeit“, konnte beklatschen, wer noch jung und offen war.

Viele Schüler klatschten, ein paar Eltern auch. Die Lehrer schwiegen entsetzt; die dümmeren fragten sich: Was nimmt dieser Kerl sich raus?, die denkenden: Warum riskiert er so viel?

 

Die Ratschlüsse des Systems

Warum sollte ich es nicht riskieren?, fragte Alexander. Es ging nicht um Naivität oder Draufgängertum. Es ging um genau das, worüber er sprach: Aufrichtigkeit. Ein aufrechtes Leben. Wenn alle die Klappe halten, heißt das doch, dass einer mal die Klappe aufmachen muss.

Der Direktor fragte ihn, ob er das Gesagte zurücknehmen würde. Nein, antwortete Alexander. Und es hätte kaum jemand noch darauf gewettet, dass er am folgenden Tag sein Abiturzeugnis erhalten würde. Doch er erhielt es; die Ratschlüsse des Systems waren unergründlich.

Was konnte nun aus diesem aufrechten jungen Mann mit Hochschulreife werden? Seinen Studienwunsch, Germanistik, hatte ihm das System bereits ausgeschlagen. Er jobbte erst mal in der Uhrenfabrik und als Museumsaufsicht. Nach Dienst traf er sich mit seinen Freunden, um, wie es die Staatssicherheit deutete, die Sicherheit des Staates zu untergraben. Das Gegenteil war der Fall. Es ging ihnen um Demokratie und um den Frieden, den sie von den östlichen Atomraketen ebenso bedroht sahen wie von den westlichen. Da die DDR-Staatsmacht der Meinung war, dass die einzig legitime Friedensbewegung in der DDR sie selbst sei, stellte sie die vier jungen Weimarer unter strenge Beobachtung. Die Stasi installierte eine Wanze, protokollierte auch die weinseligste Unterhaltung minutiös und nahm Alexander und seine Freunde im Januar 1984 fest. Sie hatten Flugblätter gedruckt, auf denen sie zum Boykott der Kommunalwahl aufriefen.

Untersuchungshaft, ein halbes Jahr Zermürbung, Alexander besteht auf einen Anwalt, er kennt einen guten, der bei seinen Eltern aus- und eingegangen ist, der Anwalt kommt und erweist sich als große Hilfe – für alle Seiten. Er überzeugt die Häftlinge, ein Geständnis abzulegen; alles andere würde die Sache nur weiter verzögern, und letztlich laufe es ohnehin auf einen Freikauf in den Westen hinaus, je eher desto besser. Alexander wollte nie in den Westen. Jetzt aber hat er den Knast kennengelernt, und der Anwalt sagt: „Mach was aus deinem Leben, Junge. Geh rüber!“

Im Juni die Gerichtsverhandlung, Alexanders Urteil: zwei Jahre, zwei Monate wegen „Behinderung staatlicher oder gesellschaftlicher Tätigkeit“, ein weiteres halbes Jahr Knast, schließlich der Freikauf und im Januar 1985 die Ausreise ins gelobte Land der Freiheit und der Bürgerrechte.

Im Auffanglager die übliche Prozedur, Verhör durch die Geheimdienste, Aufnahme der Personalien, erkennungsdienstliche Behandlung. Alexander kann es nicht fassen: Er kommt gerade aus dem Überwachungsstaat und soll hier seine Finger­abdrücke abgeben? Kommt überhaupt nicht infrage! – Dann bekommen Sie keinen Ausweis. So verzögert sich die Prozedur um ein paar zähe Stunden, nach denen die Bundesrepublik Alexanders Fingerabdrücke und er ihre Staats­bürgerschaft erhält.

Viele, die aus der DDR-Subkultur in den Westen kommen, bilden dort, zumeist in West-Berlin, eine ganz ähnliche Subkultur. Man bleibt unter sich. Alexander nicht. Er beginnt sein Germanistikstudium in Göttingen. Und erhält seine erste Lektion in Freiheit: Nur weil man studieren kann, was man will, heißt das noch lange nicht, dass man studiert. Sein erstes Semester ist ein Streiksemester. Auf einer Versammlung lernt er Anja kennen. Er fällt ihr auf, weil er so besonnen ist. Wenn alle die Klappe ganz weit aufreißen, dann soll man sich zurückhalten. Er hat seine Meinungen, doch teilt er sie nur halb so laut mit. Womöglich meint es dieser Mann mit Migrationshintergrund einfach ernster als die lauten Ureinwohner.

Umringt von Glatzköpfen

Er zieht dann doch mit Anja nach Berlin, und auch dort streiken gerade die Studenten. Sie beteiligen sich an einer Hausbesetzung, Alexander lernt für eine Nacht auch mal den Westknast kennen, und als er mit dem Studium fertig ist, gibt es keine Mauer mehr. Doch fällt es ihm im Traum nicht ein, zurück in den Osten zu ziehen. Da hat er einen Strich gemacht. Und dann bekommt er es aus beruflichen Gründen auch noch mit den finstersten Seiten des Ostens zu tun: Als Fernsehreporter für die Sendung „Kontraste“ wird Alexander Spezialist in Sachen Rechtsradikalismus. Mit seinem Kamerateam fährt er durch Brandenburg und Sachsen, begibt sich auf Sommerfeste der NPD, ist umringt von Glatzköpfen – und bleibt ganz ruhig.

Die Kollegin, die immer mit ihm unterwegs ist, staunt: Der Mensch scheint wirklich keine Angst zu haben. Als die beiden über einen Medizinfirmenskandal recherchieren und mitbekommen, wie der kritisierte, mächtige Unternehmer Kontakte zur Intendantin des RBB knüpft, ist für sie völlig klar, dass man an die Intendantin einen Brief schreiben muss. Ein Unding in der öffentlich-rechtlichen Betonhierarchie! Entsprechend groß ist der Ärger. Andere hätten sich das nicht getraut, warum auch, so anders als der Osten war, ist der Westen nicht. Und Alexander ist im Westen kein anderer, als er im Osten war. Ein Angstfreier.

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Ahnt er, dass die einzige Gefahr für ihn von ihm allein ausgeht? Alexander ist Alkoholiker, einer, der sich viel zu früh an das Zeug gewöhnt und den Absprung nie geschafft hat. So mutig und konsequent er den Kleingeistern und Mutlosen begegnet, so hilflos ist er gegenüber seinem eigenen Verlangen. Da sind auch die Hilfsbereitesten hilflos. Er hält den Anstrengungen des Reporterjobs nicht mehr stand – und widmet sich jahrelang, unterbrochen von seinen Abstürzen, einem letzten Großprojekt.

Zufällig ist er dem Anwalt noch einmal begegnet, der ihn in der DDR vertreten hatte. Das war Wolfgang Schnur, einer der rätselhaftesten, skrupellosesten Stasiverräter. Alexander hatte Schnur damals für sein geradliniges, selbst­bewusstes Auftreten bewundert. Er hatte sich gut vertreten gefühlt. Inzwischen weiß er, dass Schnur im Stasi-Auftrag unterwegs war.

Das macht ihn nicht bitter. Es interessiert ihn einfach. Täter? Opfer? Nie hätte Alexander sich selbst als Opfer begriffen. Bei Schnur, dem Täter, ist das anders: Der ist ein Opfer, ein kleiner Mann mit wenig Rückgrat, der sich benutzen ließ, um anderen das Rückgrat zu brechen. Alexander ist, vordergründig jedenfalls, ungebrochen genug, um diese Geschichte zu ergründen.

Er wälzt Akten, spricht mit Schnur, er schreibt ein Buch und macht einen Film. Das Buch ist erschienen, und auch der Film ist fertig geworden. Er wird im Herbst im Fernsehen laufen, ein halbes Jahr nach Alexanders Tod.

Man mag das anders sehen, aber möglicherweise war die Rede, die Alexander Kobylinski mit 19 hielt, noch wichtiger als Buch und Film. Sie hat seinen Mitschülern gezeigt, dass man, wenn alle anderen schweigen, etwas sagen kann. Dass man das muss.

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aus wikipedia-2023

Alexander Kobylinski war ein deutscher Bürgerrechtler in der DDR und Journalist.

Alexander Kobylinski besuchte das Friedrich-Schiller-Gymnasium in Weimar. Nach einer kritischen Abschlussrede 1983 wurde er vom Ministerium für Staatssicherheit überwacht. Ein Germanistikstudium wurde ihm verwehrt, und er arbeitete nach dem Abitur zunächst in einem Uhrenkombinat und im Stadtmuseum von Weimar. Zugleich war er im an der Weimarer Jakobskirche beheimateten "Montagskreis" aktiv, der Lesungen, Happenings und Diskussionen, Kunst- und Musikveranstaltungen und Friedenswerkstätten organisierte. Er wurde mehrfach zu Verhören vorgeladen und, nachdem er mit Freunden Flugblätter zur bevorstehenden Wahl in der DDR hergestellt hatte, im Januar 1984 neben drei weiteren Jugendlichen verhaftet. Auf Anraten des Rechtsanwaltes Wolfgang Schnur legten die Jugendlichen ein Geständnis ab und wurden im Juli 1984 zu zwei Jahren Haft wegen "Beeinträchtigung staatlicher oder gesellschaftlicher Tätigkeit" verurteilt und kamen in Chemnitz (damals: Karl-Marx-Stadt) in Haft. 1985 wurden sie von der Bundesregierung freigekauft.

 

Nach einem Studium der Germanistik, Philosophie und Soziologie an der Georg-August-Universität Göttingen und der Freien Universität Berlin arbeitete Kobylinski ab 1994 als Fernsehjournalist für den Rundfunk Berlin-Brandenburg (rbb). Ab 2004 recherchierte er für das Fernsehmagazin Kontraste zum Thema Rechtsextremismus. Für NPD auf dem Vormarsch – Wie Rechtsextreme in den Kommunen Wahlerfolge erzielen wurde er 2004 mit dem Deutschen Civis-Fernsehpreis ausgezeichnet.

Mit Caroline Walter veröffentlichte er die Reportage Patient im Visier.

Ab 2012 lebte er als freier Autor in Berlin.

Nach Gesprächen mit Wolfgang Schnur und Aktenstudium veröffentlichte er 2015 das Buch Der verratene Verräter. Wolfgang Schnur: Bürgerrechtsanwalt und Spitzenspitzel.

Einen Film zu dem Buch realisierte Kobylinski in seinem letzten Lebensjahr.

Es wurde im November 2017 vom rbb gesendet.

 

 

Schriften (Auswahl)
Patient im Visier: Die neue Strategie der Pharmakonzerne, Hoffmann und Campe 2017, ISBN 978-3-455-50151-3
Der verratene Verräter. Wolfgang Schnur: Bürgerrechtsanwalt und Spitzenspitzel, Mitteldeutscher Verlag 2015, ISBN 978-3-95462-438-6
Quellen
Kurzbiografie und Rezensionen zu Werken von Alexander Kobylinski bei Perlentaucher
Landesbeauftragter des Freistaats Thüringen zur Aufarbeitung der SED-Diktatur: In Gedenken an Alexander Kobylinsi, veröffentlicht 27. April 2017
Tagesspiegel, 16. Juni 2017: Wozu das Risiko? Nachruf auf Alexander Kobylinski
SPIEGEL Geschichte, 23. September 2015 – Peter Wensierki: "Diese Ratte". Abiturredner schockiert SED-Establishment

https://thla.thueringen.de/


 

       

 

 

Flugblatt 1983 Weimar

 

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  Leseberichte zum Schnurbuch 

zur doku auf tagesspiegel.de    https://www.tagesspiegel.de/gesellschaft/medien/verraten-und-verkauft-5269483.html

ergo-oetken
19.11.17 20:13
Solche gedoppelten Lebensläufe gab es in der DDR wohl unzählige. Angela Marquardt schildert die Rekrutierungsmethoden der Mielke-Bande in ihrem Buch Angela Marquardt, Vater, Mutter, Stasi.

Aber die kriminellen Verfahrensweisen sind natürlich keine Erfindung des Ministeriums für Staatssicherheit oder militärnaher Sekten. Letztlich treffen wir überall auf sie, wo holistische Gefüge gebildet werden diese versuchen, Nachwuchs zu rekrutieren und zu konditionieren. Also genauso in Kirchenkreisen wie beim Leistungssport oder in weltanschaulichen Gruppierungen.

Anschaulich: die Missbrauchskriminalität, die das Bistum Hildesheim zu verantworten hat NDR, Eine schwere Hypothek für das Bistum und alles, was Opfer der DDR vor ein paar Wochen mit der Öffentlichkeit geteilt hatten UKASK, Öffentliches Hearing, Sexueller Missbrauch in der DDR

Bezeichnend, dass viele der mit der Aufklärung dieser Art von Verbrechen an Kindern und Jugendlichen der Evangelischen Kirche angehören.So auch der Verfasser dieses Untersuchungsberichtes Dr. Christian Sachse et al. Historische, rechtliche und psychologische Hintergründe des sexuellen Missbrauchs an Kindern und Jugendlichen in der DDR. Christian Sachse ist im Erstberuf evangelischer Theologe.
Ein Anfang ist gemacht, wie in anderen Fällen auch auf hartnäckiges Betreiben von Opfern und Mitbetroffenen. Die es in diesem Fall aus politischen und sozialen Gründen besonders schwer hatten, sich Gehör und Unterstützung zu verschaffen. Das, was sie unserer Gesellschaft schenken, ist von einzigartigem Wert und stellt wichtige Information für die Aufarbeitung der jüngeren deutschen Geschichte dar. Das hat besondere, nicht zuletzt tätig-praktische Anerkennung verdient.
Angelika Oetken, Berlin-Köpenick, eine von 9 Millionen erwachsenen Menschen in Deutschland, die in ihrer Kindheit und/oder Jugend Opfer schweren sexuellen Missbrauchs wurden
 


a24     19.11.17 11:51
… und warum läuft diese doku an einem sonntag erst kurz vor mitternacht - wie so manch beeindruckender spielfilm - statt derlei am abend auch für berufstätige zugänglich zu sehen? …


belein    19.11.17 13:45   @a24 am 19.11.17 11:51    
Weil diese Doku wie auch viele anspruchsvollen Filme nicht massenkompatibel sind. Leider hat der ör Sender rbb auch da keinen Mut. Sehr schade.


Presse

 

 deutschlandfunkkultur.de/der-verratene-verraeter-von-alexander-kobylinski-100.html 

Kaum ein Protagonist der Umbruchszeit 1989/90 polarisiert bis heute so wie Wolfgang Schnur. Als Anwalt arbeitet Schnur (geb. 1944) in der DDR als Rechtsbeistand für Bürgerrechtler und Wehrdienstverweigerer. Nicht wenige sehen den Mitbegründer und Vorsitzenden des Demokratischen Aufbruchs als kommenden Wahlsieger bei den Volkskammerwahlen im März 1990 und damit als künftigen DDR-Ministerpräsidenten. Doch kurz vor der Wahl wird bekannt, dass Schnur seit den 1960er Jahren für die Stasi tätig war. Es beginnt ein langer Absturz mit dem Entzug der Anwaltszulassung 1993 und diversen Verurteilungen. Alexander Kobylinski, einst selbst Mandant von Schnur, folgt dessen Lebenslauf von der Jugend im Nachkriegsdeutschland, der Ausbildung zum Rechtsanwalt, seiner Anwerbung durch das MfS und der Tätigkeit als Spitzel bis zur Enttarnung 1990. Kobylinski zeigt, wie Schnur mit viel Geduld, aber äußerst zielstrebig vom MfS aufgebaut wurde und schließlich zu einer wichtigen Person in der Bürgerbewegung wurde. Und er lässt die »Einbrüche« in Schnurs Karriere erst richtig verstehen. 

 deutschlandfunk.de/staatssicherheit-leben-in-einer-welt-des-verrats-100.html 

 

 

 

 

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Alexander Kobylinski  (2015) Der verratene Verräter - Wolfgang Schnur