Gregory Fuller

Das Ende

Von der heiteren 
Hoffnungslosigkeit im Angesicht 
der ökologischen Katastrophe 

 

 

1993  bei Egon Ammann in Zürich

1996  bei Willi Köhler im Fischer-Taschenbuch

2017  bei Felix Meiner in Hamburg
            (aktualisiert und erweitert)

Das Ende von Gregory Fuller  -  Von der heiteren Hoffnungslosigkeit im Angesicht der ökologischen Katastrophe  (1993)   

1993 - 1996 - 2017

125-126-117 Seiten 

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detopia

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1990-Buch


Geulen-2023
(30 Jahre danach)

detopia und Dr. Fuller standen im Kontakt

Meiner.de  Das Ende  Im Buch lesen beim Verlag

 

Egon-Ammann-Verlag 1993 - First Editon - Das Ende - Von G. Fuller

Inhalt

Editorische Notiz 2017  von Gregory Fuller

Editorische Vorbemerkung 1996  von Willi Köhler

Vorspiel zum Finale  (9)

1  Herren und Besitzer  (23)

2  Totentanz ohne Trauer  (77) 

3  Untergang und Ungehorsam  (111)

4  Heitere Hoffnungslosigkeit (73)

Nachspiel zum Finale: Zur Aktualität (87)

Literaturangaben (109)

Nachweise (113)

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Das Ende: Die Leseberichte: 

2019   philosophisch-ethische-rezensionen.de/rezension/Fuller1.html  Czogalla

philosophisch-ethische-rezensionen.de/rezension/Themen/Fuller1.html


2013

Von Dr. Andreas Meissner in München -- 2013 bei Amazon. Dr-Andreas-Meissner.de   mit lesenswertem Blog zur Öko-Psycho-Problematik und seinem eigenem Buch mit selben Ziel wie Fuller Andreas Meißner bei detopia 2017. Ehemals Zukunft und Grenzen 

Akzeptanz des Unabänderlichen - auch ökologisch gilt diese Lebensweisheit

Gebraucht ab 0,01 Euro, erst eine Kundenrezension: das Buch scheint ja unwichtig zu sein! Das Gegenteil ist der Fall! Aber weil der Text von Fuller unangenehme Wahrheiten formuliert, will ihn niemand lesen! Dafür habe ich ihn jetzt zum zweiten Mal - nach 2008 - gelesen, und er hat nichts von seiner Wucht verloren. 

Jeder Satz ein Treffer! Über manche Sätze könnte man stundenlang nachdenken. "Man lerne sich und die Welt so anzunehmen, wie sie sich nun einmal entwickelt hat. Die Entwicklung mag schlecht sein, aber gab es eine Alternative? Nein. Die Weichen wurden vor langer Zeit gestellt, nicht auf einmal, sondern nach und nach über Jahrtausende."

Also: Dahin, wo wir heute mit Klimawandel, Rohstoffplünderung, Artensterben und jeglicher Naturzerstörung stehen, sind wir von selbst geraten, ohne böse Absicht. Hoffnung aber bleibt nicht. Es gibt kein Zurück. Aber auch ich "postmodernes Würstchen" habe ja den inneren Drang, etwas tun zu wollen. Entlastend, dass es um den großen Wechsel nicht mehr gehen muss. Sondern nur noch um die Wahrung der eigenen Würde, um Selbstachtung, um ein Bestehen vor dem eigenen Gewissen. Um nicht sich eingestehen zu müssen, nichts getan zu haben. 

"Man akzeptiere den Untergang, doch bestehe man vor sich selbst, indem man alles tut, um Natur und Mensch zu retten. Es gibt nicht mehr viel zu erledigen. Die großen Dinge sind getan. Die Rettung eines kleinen Feuchtbiotops, die Abwehr einer geplanten Autobahn, das Pflanzen eines Baumes - diese Bescheidenheit wird von uns nicht verlangt, sie ergibt sich zwangsläufig, wenn man sich und die Natur achtet."

20 Jahre alt ist dieser Essay jetzt. Leute, lest ihn! Und werdet ruhiger und entspannter dabei! Ich zumindest werde wieder einmal versuchen, den darin gezeichneten Weg aus Ohnmacht und Resignation zu gehen.

Die Argumentation ist schlüssig. Es ist schmerzhaft, Angst und Verleugnung abzulegen und der Realität ins Auge zu blicken. 

Aber die Chance, dadurch die heutige Situation zu akzeptieren, "in den Dingen zu schweben", und sich vom Druck zu befreien, so furchtbar viel erreichen zu wollen ökologisch gesehen, will genutzt sein!  

dr-andreas-meissner.de/oeko-psycho-blog/category/oeko-psycho-blog/

 

 


 

2010

 

Ein Buch, das (ent) hält ...     Von Yasmina Kelle 2010 bei Amazon 

 

... was sein Titel verspricht: Die Erzählung eines Menschen darüber, wie er zur Heiterkeit angesichts der Hoffnungslosigkeit kam. Geistreich und schonungslos, nüchtern und wertfrei, skizziert der Autor plaudernd die menschliche Evolution von den ersten Schritten bis zum Spätkulturmenschen und die Entwicklung vom Eingebundensein in die Mitwelt über die Nutzbarmachung der Mitwelt über die sich entwickelnde Beherrschung bis zur irreversiblen Ausbeutung der Umwelt. 

Der Allgemeinverständlichkeit abträglich sind die lateinischen Redewendungen, sonst aber ist es eine wirklich erheiternde, leicht zu lesende Lektüre über die Unausweichlichkeit des folgerichtigen, zwingenden Endes unserer Spezies. Die Quintessenz des Buches: "Wir brauchen eine weltumspannende Moral. ... Das Ideal einer intersubjektiven Moral entschwindet auf Nimmerwiedersehen. Es gibt kein Recht mehr. Allein die individuelle, absurde Restmoral der Selbstachtung erlaubt uns, aus der erstarrten Untätigkeit auszubrechen und zu handeln. ... Es ist bereits aller Tage Abend." — Amen. Auch wenn das Buch (meine Auflage ist von 1993) vielleicht nicht ganz aktuell scheint... es ist aktueller denn je, wenn ich auch nicht jedem Gedankengang des Autor vollends beipflichten kann. 

 

detopia-2022: Taxacher-2012 zitiert aus dem Fuller-Buch mehrmals.


detopia-2020:

Der alte (große) Schriftsatz (1993 und '96) gefällt mir jetzt wieder besser. Der gibt einem dann doch mehr Zeit für den schwergewichtigen Inhalt.

Günter Kunert hat im ZDF-Zeitzeugen-Gespräch 1994 ebenfalls davon gesprochen, "lernen ohne Hoffnung zu leben" (und zwar gut und erträglich). Das ist auch rein logisch der geistige Ausweg - aus der Zwickmühle des Menschheits­idealisten. 

Zur Rezeption/Wirkungsgeschichte von <Ende> fand ich im ersten Jahrzehnt wenig (drei Erwähnungen), aber heute ist das Buch angekommen - und wird vielleicht mal die Stellung einnehmen, die vorher Horstmanns Untier innehatte, als halbliterarisches Sachbuch - bzw. das Ende stellt sich neben das Untier - auf dieser Klippe haben zwei Platz.

Ich selbst habe es 1997 in einem  (A4-) Fischer-Katalog-Heft gefunden.

Herr Egon Ammann hat 2009 im Radio bereits das Ende angekündigt - seines Verlages.  Wir danken Ammann für Fuller  ;-)

Audio 2009 Egon Ammann 

Manche Leseberichte beklagen die fehlende (versprochene) heitere Hoffnungslosigkeit. Ich sehe Augenzwinkern - sowohl beim Versprechen Fullers als auch beim Beklagen durch Leser. Die heitere Hoffnungslosigkeit ist in dieser Dimension eine neue Emotion. Die Prozessgröße ist größer als bei Buddha und geht auch über Neuffer hinaus . Das braucht Training. Das braucht Zeit.

 

das-ende war am 1.4.2000 das erste buch, das ich "ins netz stellte". (ich hatte den autor vorher gefragt und er hatte erstmal nichts dagegen.) ich hatte das internet total überschätzt und dachte: "jetzt wird das ende durch 'das-ende' verhindert." - und als 2002 deutschgoogle kam, da war ich gut zu finden (platz1-3)......wenn man nach dem googelte. aber wer googelte damals schon nach dem ende? - am anfang des internets waren wohl nur junge leute 'im netz unterwegs'; und die tun das noch weniger als die alten.

naja. ist gut. ist in ordnung.

das ende habe ich zwar noch nicht akzeptiert aber das ende von detopia kann ich mir gut vorstellen (lustlosigkeit wegen wirkungslosigkeit).

20 jahre war ein langer weg, mal schön, mal schmerzhaft.

danke fuller, ammann, köhler, meiner - und meißner

 

meißner hat das ende hochgehalten in zwanzig dunklen - quasi endelosen - jahren, 1997 bis 2017, z.b. bei amazon, neben einer einzigen rezension von yasmina. (ich hatte bestimmt auch mal eine geschrieben; aber ich lösche auch immer dort mal.)  ... und in seiner zeitschrift 'zukunft und grenzen'.

 

den zufälligen leser hier sei mitgeteilt, dass detopia sich noch ganz nicht mit dem ende abgefunden hat und auf der startseite eine 'antiendeutopie' publiziert, predigt - und zwar seit zwanzig jahren.

diese utopie hat aber noch keinen angesteckt. jedenfalls nicht so sehr, dass er mir rückmeldet, dass er gerade zwei-drei handgriffe für eine detopische utopie getan hat. und ja: diese utopie ist sehr weit hergeholt, von weit her. dennoch bin ich ab und an fürbass erstaunt ("amazing"), dass auch angesichts des endes, die leute lieber meckern und survivaltraining machen, als zwei-drei handgriffe für eine rettungsutopie. - diese auswegutopie muss ja nicht von mir kommen. aber ich wüsste auch von keinem linksradikalen, dass er sich dauerhaft nebenbei mit dieser art radikalem beschäftigt. -- naja, der leser möge bitte ahnen, was ich mitteilen will, nämlich dass das (heutige) volk (leider) nicht zu begeistern ist... für etwas radikales.... utopisches.... weltbewegendes. - das ist eigentlich unbestritten und selbstverständlich. durch die ablehnung einer detopischen utopie wissen wir es nun noch genauer (als nur durch die radikalen endebücher), dass das mit dem ende hinhaut.

als ich so vor 22 jahren mich mit fuller schrieb, was mir das noch nicht klar. da war ich noch ein bisl ddr-kind, dass zum ersten mal westbücher in der hand hat. g.f. gab sich viel mühe mit mir. wir hatten noch kein email/internet und diskutierten auf postkarten. - ja so war das.

 

auch ferst ist eine detopische utopie, auch bahro - alles, was die rechtsmäßigkeit bzw. zukunftsfähigkeit der privatbesitzvermehrungsideologie bestreitet. - ich habe das nur auf den kleinsten (mir möglichen) punkt gebracht - jedenfalls kleiner als bei ferst und bei bahro. nun ist sie so einfach, dass man sie auf 50 seiten ohne fremdwörter und lange sätze darlegen kann; also volkstauglich weil volksverständlich. (aber nunmehr wissen wir, dass das volk sich weigert, zu verstehen; damit hatte ich vor zwanzig jahren nicht gerechnet.)

 

 

DLF am 11.08.2017:

Der Schweizer Verleger Egon Ammann ist tot. Er starb am Mittwoch im Alter von 75 Jahren in Berlin, teilte der Frankfurter S. Fischer Verlag mit. Der Schweizer hatte seinen 1981 gegründeten Verlag 2010 aufgegeben. Teile des Programms übernahm S. Fischer. Zu den bekanntesten Ammann-Autoren zählte Eric-Emmanuel Schmitt. Ammann arbeitete als Verlagslektor in Zürich, Barcelona, Madrid und Frankfurt am Main, bevor er 1981 seinen Verlag gemeinsam mit seiner Frau gründete. Insgesamt sind bei ihnen rund 1000 Titel erschienen. Wegen der zunehmend schwierigen Marktsituation für Literatur und seines fortschreitenden Alters gab Ammann seinen Verlag schließlich nach 29 Jahren ab.  wikipedia  Ammann_Verlag

 

amazon.de/s?k=Fuller+Hoffnungslosigkeit+Katastrophe   mit Buchlesen

Lesebericht von Jürgen Czogalla, 2019

philosophisch-ethische-rezensionen.de  ---  Fuller1.html 

 

 

 

Leseberichte

1997

Sven Sohr 1997 Einführung 

 

Der Vermutung, daß apokalyptische Visionen ein "Privileg" hohen Alters seien, kann ein Essay des Philosophen Fuller, der 1948 in Chicago geboren wurde, entgegengestellt werden — Titel: <Das Ende> (1996). Fuller vertritt die Auffassung, daß die Menschheit unaufhaltsam einer selbstverschuldeten Katastrophe entgegentreibe und dabei die Umwelt ohne Rücksicht auf das Wohlergehen kommender Generationen in einem Maße zerstöre, das nicht mehr rückgängig zu machen sei. 

Im Zentrum des Buches steht die Frage nach der psychischen Gestimmtheit im Angesicht des kollektiven Untergangs. Der Autor nimmt dabei Bezug auf Montaignes moralische Akzeptanz der Dinge. Der Untertitel — "Von der heiteren Hoffnungslosigkeit im Angesicht der ökologischen Katastrophe" — verrät, daß seine Reaktion eher positiv ausfällt. So gesehen könnte Fuller auch zu den Öko-Optimisten gerechnet werden. Allerdings ist die Diagnose von Fuller in ihrer Radikalität noch pessimistischer als alle anderen zuvor referierten Ansätze.

 

Während von Ditfurth (1985, S.367) sein "Apfelbäumchen" mit dem Satz "Es ist soweit" beschließt, beginnen die Ausführungen bei Fuller mit dem Satz "Es ist zu spät" (1996, S.23), sie enden mit den Worten "Es ist bereits aller Tage Abend" (S.126). Auf den gut einhundert Seiten dazwischen wird die ökologische Katastrophe als unabwendbar erklärt: "Man weiß nur nicht, wann es soweit sein wird. Zyniker schlössen Wetten ab, wäre ihnen nicht klar, daß niemand da sein wird, den Gewinn einzukassieren. Die ökologische Lage ist nicht ernst. Sie ist verzweifelt" (S.86).

 

Für Fuller neigt sich der "Tanz auf dem Vulkan" bereits dem Ende zu: "Jedes Individuum muß von neuem lernen, den Tod zu akzeptieren, damit es Friede finde vor dem Abgang. Beim Gattungstod verhält es sich nicht anders, nur daß der Lernprozeß ein kollektiver ist. Wir haben die Verhältnisse zum Tanzen gebracht, und nun ist ausgetanzt. (...) Es naht die Stunde des Abschieds" (S.95). Fuller empfiehlt, diesen Tanz mit mit dem "Prinzip Akzeptanz", einer "Art Ataraxie der Postmoderne" ausklingen zu lassen (S.97), denn "ganz gleich, was wir tun, es eilt nicht mehr" (Fuller 1996, S.111).

 


 

 

 


Rücktext 1996 Fischer TB

Die Menschheit treibt unaufhaltsam einer Katastrophe entgegen, die sie selbst verschuldet hat. Sie hat die Umwelt ohne Rücksicht auf das Wohl­ergehen kommender Generationen in einem Maße zerstört, das nicht mehr rückgängig zu machen ist.

Angesichts dieser unbestreitbaren Fakten sollte sich der einzelne in heiterer Hoffnungs­losigkeit dem Unver­meidlichen fügen und dem Ende gelassen entgegensehen. Gregory Fuller zieht dieses Fazit in einer sprachlichen Eleganz, die den düsteren Gehalt zuweilen vergessen läßt. 

 


 

Klapptext 1996 Fischer TB

In seinem ungemein eindrucksvollen Essay <Das Ende> beschuldigt Gregory Fuller die menschliche Gattung der Selbstüber­schätzung und Selbsterhebung und beschreibt in verständlicher, darum um so eindringlicherer Form die todbringenden Prozesse, die der Mensch in seiner Umwelt eingeleitet hat und die er weder rückgängig machen noch beherrschen kann. 

Des Menschen verhängnisvollste Neigung ist seine nur auf die Gegenwart bezogene Lebens- und Raffgier, die sich nicht im geringsten um das Wohlergehen der nachfolgenden Genera­tionen kümmert.

Die Tatsachen liegen auf dem Tisch, und sie führen, so Fuller, zu der Einsicht: »Es ist zu spät.« Wir sollten lernen, das Unab­änder­liche hinzunehmen. Leben heißt ohnehin sterben lernen. Diese zunächst nur für das Individuum gültige Maxime gibt der Autor der Gattung Mensch mit auf den noch verbleibenden Weg in die unabweisbare Katastrophe. 

 

 

FAZ  "Sich mit dem Unvermeidlichen abzufinden ist das letzte, was bleibt ... Diese stille, unaufgeregte Reaktion macht das Buch eindrucksvoller als die laute Sprache, in der die Apokalyptiker, insbesondere die deutschen, für ihre Sache eintreten." 


 

Radio Freiburg  "Fuller plädiert in seinem brillant geschriebenen Essay für Ehrlichkeit. Die Lage ist aussichtslos ... Seine Haltung erinnert an Camus: Gerade weil das Leben absurd ist, macht Moral Sinn." (Udo Marquardt, )


 

Badische Zeitung    "Fuller ist ein glänzender Stilist ... stark ist er vor allem in Anamnese und Diagnose unserer real existierenden ökologischen Verhältnisse." 

 

1998

Fünf nach Zwölf - Crash und Zukunft

Christoph Lauterburg 1998, S. 219 

All dem zum Trotz, haben sich immer wieder einzelne Skeptiker zu Wort gemeldet — wenige zwar, aber es hat sie gegeben. Einer von ihnen war beispielsweise der bekannte Wissenschafts­publizist Hoimar von Ditfurth mit seinem 1985 erschienenen Buch <So laßt uns denn ein Apfelbäumchen pflanzen. Es ist soweit>. Ein anderer heißt Gregory Fuller. Sein Buch ist 1993 erschienen und trägt den Titel <Das Ende. Von der heiteren Hoffnungslosigkeit im Angesicht der ökologischen Katastrophe>.

Man kann nicht behaupten, diese Autoren seien verunglimpft worden. Sie haben ihre Meinung gesagt, einige Leute haben ihre Bücher gelesen — und damit hat sich's gehabt. Die öffentliche Meinung ist davon kaum berührt worden. Für die meisten waren sie so etwas wie Exoten, die mit extremen und im übrigen nicht sonderlich realistischen Ideen Aufsehen erregen wollen. Man hat auch ein Etikett für diese Sonderlinge gefunden: Weltunter­gangs­propheten.


2018

Aufschrei eines Verzweifelten 

Von Peter O.  bei Amazon 2018

 

Es ist wirklich zum Verzweifeln: Wir sind auf dem Weg unsere Lebensgrundlage zu zerstören ... und trotz dieser heute verbreiteten Einsicht scheint uns ein "turn around" nicht zu gelingen, weder der Politik, noch einer genügenden Anzahl Einzelner. 

Es ist diese Verzweiflung, welche aus dem Text spricht, die heitere Hoffnungslosigkeit bleibt ein ein Vorschlag auf dem Papier. Der Autor ist zwar hoffnungslos, aber nicht heiter. Das Buch erfüllt das Titelversprechen nicht. Darüber hinaus ist die Argumentation nicht immer über alle Zweifel erhaben.

Zwei Beispiele: 

A) Im Kapitel "II. Totentanz ohne Trauer" wird die Selbstauslöschung des Menschen als "einzigartige Umkehrung des evolutionären Prinzips" bezeichnen. Dabei funktioniert die Evolution genau so: Jede Art breitet sich so weit aus, bis sie an die Grenzen stösst. Gerade jetzt (Sommer 2018) kann man das im Engadin erleben, es ist ein Lärchenwickler-Jahr: Dieser Schädling ernährt sich von den Nadeln der Lärchen. Er vermehrt sich, bis die Lärchen so stark geschädigt sind, dass sie im Folgejahr keine grünen Nadeln mehr entwickeln. Dem Lärchenwickler fehlt das Futter und es setzt ein Massensterben ein. Im nächsten Jahr erholen sich die meisten Bäume und der Zyklus beginnt von neuem. Er dauert 8 bis 9 Jahre. Mit dem Menschen wird es gleich verlaufen, die Zykluszeit ist einfach viel länger. 

B) Immer wieder wird das als "Restnatur" bezeichnet, was nach dem Aussterben des Menschen übrig bleibt. Ich habe den Eindruck, der Autor sieht die Evolution als Entwicklung zum Besseren und den Menschen als vorläufigen Höhepunkt, als Krone der Evolution. Und wenn er seine Umwelt und damit sich selber zerstört, so ist das Wichtigste verloren.

Die gegenteilige Sicht scheint mir glaubwürdiger: Wenn der Mensch dereinst ausgestorben sein wird, so fehlt der Natur, verstanden als System alles Existierenden, gar nichts. Die Evolution wird weiter fortschreiten und ... wer weiss was sie bringt? Wenn schon, dann ist der Mensch ein Rest der Natur, der dieser im Lauf der Evolution passiert ist und sie während einer kurzen Zeit etwas aus dem Gleichgewicht bringt. 

Die Einsicht, dass die Natur unendlich viel mehr ist, als wir Menschen, wäre vielleichte ein Ausgangspunkt, um die heitere Hoffnungslosigkeit tatsächlich zu gewinnen, welche in diesem Buch zu unrecht versprochen wird. Dieses unerfüllte Versprechen führt zur Bewertung mit 2 Sternen.  

 


 

 

2018

Von Elisa Prim-Levy  in der  ZEIT  6/2018

zeit.de/2018/06/gregory-fuller-essay-weltuntergang  

 

... Die darin genannten Fakten sind bekannt (Treibhauseffekt, Artentod, Überbevölkerung, blind handelnde Politiker et cetera). Jedoch in der Summe und in Fullers gedämpft apokalyptischem Ton wirken sie stärker und verstörender als der übliche Alarmismus. Dabei ist dieser Kassandraruf bereits 1993 erschienen, jetzt hat der Autor seine Positionen in zwei Kapiteln überprüft – ansonsten blieb der Text unverändert.

Seine düstere Einschätzung von damals findet der 1948 geborene Lektor und Philosoph Fuller trotz einiger positiver Entwicklungen bestätigt. In einem Punkt allerdings sind seine Erwartungen übertroffen worden: Das Tempo der Zerstörung von Bio- und Atmosphäre hat sich potenziert.

Das Ende ist immer noch gewiss, es kommt nur viel früher. Rechnen wir mit der zweiten Hälfte des 21. Jahrhunderts. ...

 

 

 

Weitere Leseberichte

 

Möller 2017

 

Herr Möller erlaubte detopia freundlicherweise den Nachdruck.

Autor: Frank Möller, Jahrgang 1954, Historiker, Publizist, Verlagskaufmann, Spectateur engagé. Lebt in Köln.

URL des Leseberichtes:  frank-moeller.eu/lesenswerte-buecher 

"Anregungen zum Weiterdenken:  Erinnerungskultur und Gegenwartsdeutung"

 

Der 1948 in Chicago geborene und 1957 nach Deutschland übergesiedelte Schriftsteller Gregory Fuller nahm und nimmt den Ausgang der ökologischen Entwicklung unseres Planeten als vorhersehbar an.

Anders als in Konferenzen, in denen Stapel von Papier mit folgenlosen Formelkompromissen darüber gefüllt werden, wie die Katastrophe des Klimawechsels einzudämmen, dem weltweiten Roden von Urwäldern Einhalt zu gebieten oder dem Artensterben zu begegnen ist, stellte er bereits 1993 fest: Es ist zu spät. Es gehört zu den Spezifika der Gattung der homines, ihre eigene Vernichtung zu betreiben. „Wir müssen lernen, unser Ende zu akzeptieren.“

Alles nur wohlfeile Dystopie, mit der jemand Aufmerksamkeit zu erheischen versuchte?

Leider wohl nicht, denn dazu war Fullers Arbeit zu konsequent durchdacht. Er zeichnete einen Prozess der Naturzerstörung im Anthropozän nach, der mit den Philosophien René Descartes und Francis Bacons an der Wende vom 15. zum 16 Jahrhundert ein festes Programm erhalten hatte: Naturbeherrschung im Dienste des Fortschritts. Diese Naturbeherrschung ging Hand in Hand mit der Entfremdung von der Natur. "Mit Galilei begann die eigentliche Quantifizierbarkeit der Welt, unterstützt durch Bacon’sche und kartesische Rechtfertigungs­programme. Und nun befinden wir uns in der Überlebenskrise."

Diese Überlebenskrise konkretisierte Fuller anhand zahlreicher Beispiele: der sprunghaft wachsenden Überbevölkerung, der Vernichtung der tropischen Regenwälder, der fortgesetzten Schädigung der europäischen Waldgebiete, dem Schwinden der biologischen Artenvielfalt, dem Treibhauseffekt, der Chemisierung der Welt, der Verseuchung des Grundwassers, der unlösbaren Entsorgung atomarer Rückstände, et cetera pp.

Die Verschärfung all dieser Krisenherde zu einer Form der Weltverwandlung vollzieht sich seit Jahrzehnten in unglaublichem Tempo. Drei Merkmale hatte Fuller ausgemacht, die sie charakterisieren: einerseits die einseitige und fehlgeleitete Herrschaft einer Spezies über alle übrigen, die kaum einen Winkel der Erde verschont; zudem eine autodestruktive Komplexität zerstörerischer Vorgänge, die das einfache Ursache-Wirkungs-Schema außer Kraft setzt; und drittens eine darauf fußende Eigendynamik von Entwicklungsprozessen, die ein erfolgversprechendes Gegensteuern unmöglich macht.

Wie aber lassen sich die Risiken, denen die Erde durch den Menschen ausgesetzt ist, letztlich bewerten? 

Mathematisch kann man Veränderungen in der Natur quantifizieren, das evolutionäre Risiko, das daraus erwächst, jedoch nicht. Fuller ordnete die Entwicklungen daher auf einer vierstufigen Skala zwischen „Streng irreversibel“ bis „Vielleicht reversibel“ ein. Die Ergebnisse waren keineswegs ermutigend. "Ansätze zu einer Verantwortungsethik sind nirgends auszumachen. Oder hält jemand unsere bescheidenen ökologischen Notprogramme für ernsthafte Ansätze?"

Was blieb zu tun?

Fuller riet 1993 mit Bezug auf Michel de Montaigne dazu, das absehbare Ende der eigenen Spezies zu akzeptieren: „Wir haben die Verhältnisse zum Tanzen gebracht, und nun ist ausgetanzt. […] Uns bleibt nur das reine Zusehen, die erzwungene Akzeptanz. Ganz gleich, was wir tun, es eilt nicht mehr.“ Um die Ausgestaltung eben jener Akzeptanz gehe es am Ende (nur) noch und damit um die letzte Würde und um die Aufrechterhaltung der Selbstachtung. „Es geht um die Bewahrung eines Restfunkens von Anstand im Angesicht der Verwüstung unserer Welt.“ Heitere Hoffnungslosigkeit empfahl Fuller gegen Verzweiflung und Resignation. „Wer die heitere Hoffnungslosigkeit verinnerlicht, erreicht einen Zustand ruhiger Wachheit. Dieser treibt in den zivilen Ungehorsam.“ Ein Ungehorsam allerdings, der kaum noch eine grundlegende Änderung der Verhältnisse wird bewirken können. In dieser Schlussfolgerung unterscheidet sich Fullers Essay grundlegend von anderen Schriften, die zum zivilen Ungehorsam auffordern, wie beispielsweise Stéphane Hessels Essay „Empört euch!“ aus dem Jahr 2010.

Wie bereits erwähnt, Gregory Fuller hat seinen Text erstmals 1993 veröffentlicht. Er erschien damals im Zürcher Ammann Verlag und drei Jahre später als Fischer-Taschen­buch. Lange Jahre vergriffen, ohne dabei merklich an Aktualität eingebüßt zu haben, ist er 2017 im Felix Meiner Verlag, einem Wissenschaftsverlag, neu heraus­gebracht worden. Autor und Verlag haben den Text in seiner Ursprungsform belassen, ihn aber um zwei weitere Kapitel ergänzt. Das Kapitel "Heitere Hoffnungslosigkeit (2017)" ist eine erneute Bekräftigung, sich der Fakten, die auf das baldige Ende der eigenen Gattung hinweisen, nicht zu verschließen. 

Wie aber kann es gelingen, die Hoffnungslosigkeit als dauerhaftes Grundempfinden zuzulassen und sie dabei mit einem Gefühl der Heiterkeit erträglich zu gestalten?

Fuller gibt dazu zwei Hinweise. Zum einen sei es lohnenswert, "dasjenige, was wir rapide zerstören, unbedingt zu genießen: die Restnatur".

Zum anderen sei es hilfreich, sich den Künsten zuzuwenden, angefangen mit dem Gilgamesch-Epos, der Ilias, der Odyssee bis zu den künstlerischen Erzeugnissen der heutigen Zeit. Wem das zu wenig ist — so ließe sich ergänzen —, der suche sich andere Genussmittel, deren Konsum den eigenen Artgenossen und anderen Spezies auf der letzten Wegstrecke der eigenen Gattung zumindest nicht schadet.

Interessanter als dieser neue Abschnitt, der dem alten Ausblick nur wenig Weiteres hinzufügt, ist ein knappes Kapitel, in dem der Autor seine Prognosen von 1993 noch einmal auf den Prüfstand stellt. Die Ergebnisse bestätigen allerdings die fast ein Vierteljahrhundert zuvor getroffene Diagnose. Dabei geraten auch einige Instrumente scheinbarer Gegensteuerung in den Blick, wie der Handel mit Emissionszertifikaten, der den Schadstoffausstoß verringern sollte, die Natur aber bloß weiter verdinglicht hat, statt sie zu schützen. Inzwischen denken Wissenschaftler sogar über Pläne zu einem Geo-Engineering nach, über eine Möglichkeit also, die Sonneneinstrahlung auf die Erde zu reduzieren. Eine Idee, in der sich – so Fuller – bloß noch nackte Verzweiflung manifestiert.

Man mag Fullers Buch verärgert in die Ecke werfen oder es gar nicht erst lesen. Negative Zukunftsszenarien, die im Zusammenbruch einer Zivilisation münden, sind nicht gerade beliebt, sofern sie nicht in fernen Galaxien oder in ganz anderen Zeiten spielen. Aufgeschlossenen Leserinnen und Lesern könnte der Essay jedoch als willkommene Handreichung dienen, eine Haltung zu der Tatsache zu finden, dass die eigene Gattung sich dem Ende ihrer Existenz unumkehrbar nähert; einer Haltung jenseits philosophischer Plattitüden, verbiesterter Misanthropie oder stummer Verzweiflung.

Ein Annex noch.

Am Ende seines Essays streift Gregory Fuller die Frage, wie konkret sich 'Das Ende' ausnehmen könnte, welche der zeitgenössischen Dystopien letztendlich also "das Rennen macht".

Er erwähnt dabei auch den Roman von Cormac McCarthy „Die Straße“, ein literarisches Meisterwerk, dessen Original im Jahr 2006 erschien und das im Jahr darauf vom Rowohlt Verlag in der deutschsprachigen Übersetzung vorgelegt wurde.

Als ich das Buch vor einiger Zeit las, erschien es mir als eine der sprachlich gelungensten und düstersten Dystopien über die menschliche Zivilisation in der Endphase ihres Zusammenbruchs. Ein Mann folgt mit seinem Sohn einer Straße Richtung Küste. Amerika, das Land, das sie durchqueren, und vermutlich auch die übrigen Kontinente sind verbrannt und tot, Asche überall, Baumskelette und Ruinen. Beide wissen nicht, was sie an der Küste erwartet, hoffen aber auf ein noch halbwegs intaktes Meer, das Aussicht auf ein Überleben bietet. Die Suche nach Nahrungskonserven, die sie in einem Einkaufswagen vor sich herschieben, die Vorsicht vor marodierenden und längst dem Kannibalismus verfallenen Gruppen sowie die ständige Suche nach Schutz vor der Kälte bestimmen den Tagesablauf. 

Stark sind die knappen, auf existenzielle Fragen zielenden Dialoge zwischen Vater und Sohn. Im Verhalten der beiden Protagonisten zueinander kann man eine Ahnung davon gewinnen, was gemeint ist, wenn Gregory Fuller von der eingangs zitierten "Würde" — von der "Aufrechterhaltung der Selbstachtung" und von der "Bewahrung eines Restfunkens von Anstand im Angesicht der Verwüstung unserer Welt" schreibt. 

 

 

 

1996 

in Robert Jungk Bibliothek 

von W. S.

“Den Menschen trieb es dazu, seine kleine Sinngravur in die Welt einzuritzen. Er brachte jedoch nichts zustande als eine vergiftete Furche.” Dieser, das “Vorspiel zum Finale” resümierende Gedanke, läßt Gregory Fuller – der aus den USA stammende Autor studierte Philosophie, Kultur und Sprachwissenschaft in Deutschland und arbeitet als Verlagslektor in Stuttgart – als Weggenosse Ulrich Horstmanns erscheinen. 

Mit diesem, der die “Krone der Schöpfung” in Anbetracht des von ihr in Gang gesetzten ruinösen Weltenlaufs schlichtweg als “Untier” bezeichnet und in furiosem Elan nichts weniger als das ehestmögliche Abtreten des Menschen von der Bühne “Welt” gefordert hatte, teilt Fuller vieles: Bar jeder Vernunft, so Fuller, habe sich “Homo sapiens “. seines Verstandes bedient, um “nackt, dynamisch, gierig sich selbst die Rechtfertigung seiner selbst und seines Handelns zu schenken”. Und in der Tat: Lang und scheinbar ohne jede Aussicht auf Entkommen ist die Liste der Pyrrhussiege wider die Natur, “beispiellos der Vernichtungsfeldzug gegen die Arten, der sich gegen die Mörder kehren wird”. 

Ohne sich selbst und seine Leser zu schonen, reiht Fuller die überwiegend irreversiblen und mutmaßlich auch für die Gattung Mensch todbringenden Folgen des Fortschritts aneinander: Ob Atomtechnologie, Chemie oder Genforschung, sie sind begleitet von Treibhauseffekt, Ozonloch und Übervölkerung und Naturkatastrophen, deren Ausmaß und Folgen für die nähere Zukunft uns kaum noch bewußt sind. Doch eines, so Fuller, ist klar: Vergeblich “spielen wir va banque, und hoffen dabei auf den großen Gewinn”. 

Die Bilanz, wie Fuller sie zieht, und der Gewichtiges entgegenzusetzen nicht leichtfällt, ist knapp und ernüchternd zugleich: “Es ist”, so schreibt er, “zu spät.” Erforderlich wäre nichts weniger als sofortige Umkehr, ein “Super-Paradigmenwechsel”. zu dem weder der einzelne noch die (vorgeblichen) “Kontrolleure des Geschehens – Gesetzgeber und Verwalter – fähig” sind. Was uns anempfohlen bleibt, ist ein “Totentanz ohne Trauer”. Nicht selbstbezogene Gleichgültigkeit gelte es ob des Unwiderruflichen bis an den letzten Tag zu pflegen. Vielmehr plädiert Fuller – auch eingedenk der” Hoffnung als unausrottbarer Motivationsfaktor” – für “heitere Hoffnungslosigkeit”. Ihr Ziel ist nicht die Ruhe der Resignation. Sie ist, im Gegenteil, Voraussetzung einer inneren Klarheit, die zu guter Letzt “in den zivilen Ungehorsam treibt”. 

Als ein Stück “nackter Selbstachtung” bleibt demnach noch manches zu tun, gilt es doch “allen Signalen zum Trotz, den spezieseigenen Untergang vor Augen, im unendlich Kleinen sich für ein Weiterleben dieser Spezies auf Zeit einzusetzen”. Triebkraft Hoffnung zu allerletzt? 

URL: prozukunft.org/v1/1996/03/heitere-hoffnungslosigkeit-und-oekologische-katastrophe  

 

Die heitere Hoffnungslosigkeit - Zur Neuauflage

 Von GVS    2017   bei Amazon

 

Als ich vor Jahren damit anfing, meine Lebensweise zu Ende zu denken, kam ich zu einer gruseligen Erkenntnis. Um es gleich klarzustellen: Ich lebe ganz normal und „zu Ende” heißt nicht, bis zu meinem persönlichen Ende. Es ging mir darum, ein Bild davon zu bekommen, wohin uns - damit meine ich die Menschen - diese „ganz normale” Lebensweise am Ende führt. Die Erkenntnis war, obwohl wir ja angeblich nicht in die Zukunft schauen können, ziemlich eindeutig und absolut grausam. 

Hinter dem Wort „grausam” verbergen sich Begriffe wie Unausweichlichkeit, Hilflosigkeit, Ohnmacht, Schuld, Einsamkeit und natürlich die dazu gehörenden Gefühle wie Angst, Trauer, Wut und Verzweiflung. In der sich dadurch entwickelnden Hoffnungslosigkeit gab es die Hoffnung, auf Informationen zu treffen, die meinen Blick in die Zukunft widerlegen. Und tatsächlich gibt es reichlich davon. Denn die allermeisten Autoren versuchen Hoffnung zu geben, indem sie Pläne entwerfen, mit denen wir dem drohenden Ende unserer heutigen, weitgehend für selbstverständlich und dauerhaft gehaltenen, Lebensweise entgehen könnten. Sie empfehlen zum Beispiel eine deutliche Senkung des Kohlendioxid-Ausstoßes bis dann und dann oder die schnelle Umstellung auf biologische Landwirtschaft, den Verzicht auf Fleisch, eine Energiegewinnung aus Wind oder Sonnenlicht und so weiter. 

Doch all das ist so offensichtlich oberflächlich, begrenzt in seinem Horizont oder falsch, dass meine Sicht eher bestärkt wurde. Zumal ich auch einige Bücher fand, deren Autoren zur gleichen Erkenntnis gelangen wie ich. So schön es ist, Bestätigung zu finden, so allein blieb ich weiterhin mit meiner Suche nach einer Idee, einem Umgang und bestenfalls einem Sinn in diesem Geschehen. 

Und dann begegnete mir „Das Ende” von Gregory Fuller. Es wurde letztlich das für mich ehrlichste und sinnvollste Buch unter all den Veröffentlichungen zum Thema „Ökologische Katastrophe”, die ich gelesen habe. Und gleichzeitig ist es in seiner Kürze die klarste und umfassendste Stellungnahme und Hilfestellung, die ich mir vorstellen kann. „Hilfestellung” heißt hier, dass ich Anregungen bekomme und das Wissen, nicht allein zu sein. Mehr kann ein Autor in diesem Fall nicht leisten. Denn den wesentlichsten Schritt, nämlich meinen eigenen Weg angesichts des Endes zu finden, muss ich natürlich selber leisten. 

Gregory Fuller ist einer von denen, die erkannt haben, dass all die oben genannten Vorschläge erstens viel zu minimal und keineswegs nachhaltig sind, zweitens viel zu spät kommen und drittens - so wie wir uns das Leben heute eingerichtet haben - gar nicht möglich sind. Was ihn aus der kleinen Gruppe derer heraushebt, die den Ernst der Lage erkannt haben und auch bereit sind, ihn zu benennen, ist seine Schlussfolgerung. Während andere zynisch werden oder ratlos, gibt er uns konkrete Ideen, wie wir an dieser Wirklichkeit innerlich wachsen können. Ähnlich wie der, dem die Begrenztheit seines Erdenlebens plötzlich vor Augen geführt wird, zum Beispiel durch die Diagnose einer tödlichen Krankheit, haben wir die Chance, aus der plötzlich auftauchenden Gewissheit des Endes Erkenntnis und Kraft zu gewinnen. So wie wir die letzten Stunden eines schönen Tages vielleicht anders nutzen, weil wir um seine Vergänglichkeit wissen, bleiben uns die letzten Jahre, um sie sinnvoll und mit Würde zu erleben. 

Sinnvoll heißt nicht kindlich („Wenn das Öl alle ist, finden wir was Neues”), nicht destruktiv („Jetzt lassen wir erst recht die Sau raus”) ,nicht verleugnend (Das Klima hat sich schon immer verändert”) oder verklärend („Ich denke, es wird ein Wunder geschehen”). 

Sinnvoll heißt zum Beispiel anständig. So also, dass wir uns über unser Leben hinaus in die Augen schauen könnten. Sinnvoll heißt zum Beispiel auch mutig, ehrlich und liebevoll mit sich selbst. Gregory Fuller gibt Beispiele aus seinem Leben, aber letztlich geht es ihm darum, dass jeder seinen je eigenen Weg damit findet. Hier endet er, weil ein Buch diesen persönlichen Schritt nicht leisten kann, schon gar nicht, wenn es sich um eine solche Dimension handelt. 

Die ökologische Katastrophe und das damit verbundene Ende unserer bis jetzt für dauerhaft und ewig sich fortsetzend gedachten Lebensweise ist eine große seelische und geistige Herausforderung, meiner Meinung nach die bislang größte, vor der die Menschheit und damit jeder Einzelne je stand. 

Psychologisch gesehen kann das nur gelingen, wenn wir der Wahrheit ins Gesicht schauen, sie anerkennen und ihr zustimmen. Al Gore nennt diese Wahrheit unbequem. Ich halte sie für das Schlimmste überhaupt, in ihrer Konsequenz für einen fühlenden Menschen nahezu unerträglich. Aber Al Gore spricht ja auch noch immer von einer technischen Lösung, die es nicht geben kann, wenn es kein Öl oder Gas mehr gibt. Was nicht heißen soll, dass ich sein Engagement im Kampf gegen den Klimawandel nicht achte oder schätze. 

Gregory Fuller geht auf eine ganz andere Ebene des Umgangs mit dem, was uns bedroht. Das zeigt sich auch in der Einfachheit und Schönheit seiner Sprache, die sowohl die philosophischen Gedanken als auch die wissenschaftlichen Fakten gekonnt miteinander verbindet und so beide Welten zusammenführt. 

Als Philosoph und Schriftsteller wählte er für sein Buch die Form des Essay, inspiriert von den Werken Montaignes, der bereits vor über 400 Jahren seinen Mitmenschen mit den „Essais” Hilfe in der Hoffnungslosigkeit gab.

Seine erste Auflage erlebte „Das Ende” 1993, was meine Hochachtung für die Klarsichtigkeit und den Mut des Autors noch steigert. Für die Neuauflage hat er das Original unberührt gelassen, es allerdings um zwei wesentliche Kapitel ergänzt. Das Buch schließt jetzt mit der Aktualisierung der vor fast 25 Jahre zugrunde gelegten Beschreibung des ökologischen Zustandes der Welt (Chemische Verseuchung, Anreicherung radioaktiver Abfälle, Wald- und Artensterben, Gentechnik, Ozonloch, Klimawandel und so weiter). 

Ging Gregory Fuller 1993 noch davon aus, dass das Ende eine Generation betreffen wird, die er nicht kennt, folgert er aus seiner aktuellen Bestandsaufnahme, für die er präzise Quellen angibt, dass es bereits seine Kinder und Enkel erleben werden. Diese Ansicht teile ich - und wie die meisten der Autoren, die zu diesem Ergebnis kommen, hoffe auch ich sehnsüchtig darauf, dass mich jemand widerlegt. 

Abschließend und einige Bücher, die sich ernsthaft und seriös, das heißt nicht beschönigend, mit der Thematik befassen. Ihren Autoren danke ich für die Sorgfalt und Tiefe, mit der sie sich dem jeweiligen Thema gewidmet haben. Allerdings fand ich bei keinem nennenswerte oder ernstzunehmende Folgerungen oder Hilfestellungen. Mein größter Dank geht deshalb ganz klar an Gregory Fuller, der mit der heiteren Hoffnungslosigkeit eine Richtung aufzeigt, die mir dient. Ich wünsche seinem Buch eine weite Verbreitung und seinen Leserinnen und Lesern eine ähnlich bereichernde und befriedigende Wirkung.  #

 

 

 

 

 

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Gregory Fuller - Das Ende - Von der heiteren  Hoffnungslosigkeit im Angesicht  der ökologischen Katastrophe