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Die ungeliebten Ökologen  

PDS-Parteitag zu Ökologie, Süd-Nord und Feminismus droht zum Eigentor zu werden.

Von Marko Ferst (*)

 

Mit unserer Art zu leben sterben jedes Jahr etwa 27 000 Tier- und Pflanzenarten aus, sechs Millionen Hektar Wüsten kommen hinzu. Klimakonferenzen können nur noch als der Ausfluß einer pathologischen Gesellschaft aufgefaßt werden. Die ökologische Weltkrise droht zur Richtstatt der heutigen Zivilisation zu werden. Wir müssen zu einem Quantensprung in der Politik kommen, sonst bleibt eine dauerhafte Gesellschaft mit menschlichem Antlitz utopisch.

Vor etwa fünf Jahren kam die Idee auf. Aus der Idee wurden Parteitagsanträge. Als Ökologische Plattform bei der PDS versuchten wir auf drei Parteitagstagungen, einen Ökoparteitag zu initiieren. Aus Zeitmangel behandelte die Anträge später dann der Parteivorstand, der sie erwartungsgemäß ablehnte. Beim letzten Mal setzte sich in einer Abstimmung der Delegierten eine Option durch, die einen Parteitag mit den Themen Ökologie, Süd-Nord und Feminismus festschrieb. Das Abstimmungsverhalten zeigte: Große Teile der "Parteiobrigkeit" waren davon nicht begeistert. Der Parteivorstand schob das Thema über ein Jahr hinaus auf die dritte Tagung. Im Beschluß des Vorstands vom 10. 1. 2000 ist das, was eigentlich als generelles Parteitagsthema vom Parteitag beschlossen wurde, auf die Dimension von drei Kurzvorträgen plus Diskussion gestaucht. Den ursprünglich vorgesehenen Leitantrag wickelte man ab.

Um das Maß an Arroganz voll zu machen, soll nun auch noch jemand den Beitrag zur Ökologie halten, der sich linientreu und unkritisch zum Thema äußern wird. Die Ökologische Plattform hatte Bruno Kern als Redner nominiert. Als Kompromiß zum Kompromiß schlugen wir vor, das Eingangsreferat zu teilen. Aber die feine Art innerparteilicher Demokratie lautet: abgelehnt.

Dazu muß man wissen: In dem vom Rostocker Parteitag beschlossenen Antrag wurde ausdrücklich festgehalten, daß die AG zu Feminismus, Internationalistischem und die Ökologische Plattform den Parteitag "zu großen Anteilen konzeptionell mit vorbereiten". In der Realität wurden alle Vorschläge abgebügelt. Die SED läßt grüßen!

Den weitestgehenden Antrag an die Münsteraner Tagung zum eigentlichen Thema des Parteitages stellte die AG Umwelt Brandenburg. Sie stellt fest, der Rostocker Parteitagsbeschluß, auf dem 6. Parteitag den Themenkomplex Ökologie, Nord-Süd und Feminismus zu behandeln, wird nicht eingehalten. Da zu den Fragen ein umfassender Diskussionsbedarf besteht, beantragte sie, die Themen auf einer zusätzlichen Tagung des 6. Parteitages zu behandeln. Ein anderer Antrag sieht vor, die Tagesordnung des Parteivorstandes durch eine zu ersetzen, die nicht gegen die Beschlußlage verstößt. Orientierungspapiere zur Ökologie und zu Nord-Süd sollen an der Parteibasis, in den Vorständen und bei den Parlamentariern diskutiert werden und in die Überarbeitung des PDS-Programms einfließen.

Wir waren als PDS-Ökologen schon mal so vermessen, eine zweite Personalstelle in der PDS für die Ökologie zu fordern. Wir rechneten aber nicht mit der Rotstiftpolitik von Dietmar Bartsch als Bundesgeschäftsführer und vom Vorstand. Im Gespräch durften wir erfahren, daß wir eigentlich gar keine Ökologiestelle mehr brauchen.

Es gibt aber auch Beispiele dafür, daß es anders laufen kann: Die ökologische Konferenz "Für eine ökologische Zeitenwende", die kürzlich stattfand, war recht erfolgreich. All das baut aber auf die Initiative weniger Engagierter. So legte unter anderem Dieter Klein in dem Band "Reformalternativen" sozialökologische PDS-Vorschläge vor, die für einen ökologischen Kurswechsel in der PDS erste Grundsteine setzen könnten. Man findet hier und da aktive Ökopolitiker, wie Dagmar Enkelmann oder Eva Bulling- Schröter.

Das kann natürlich nicht darüber hinwegtäuschen, daß andere sich in Sachen zukunftsfähiger Politik wie Elefanten im Porzellanladen bewegen. Gregor Gysi will die Ökosteuer für mittlere und kleine Unternehmen im Osten abschaffen. Dietmar Bartsch wirbt für den chinesischen Megastaudamm, dessen Staugebiet so groß wie das Saarland wird. Das Projekt bezeichnet er als sozial und ökologisch verträglich. 1,3 Millionen Menschen müssen dafür umgesiedelt werden. Und Minister Helmut Holter will die Flugzeugindustrie im Norden ansiedeln, setzt also ohne Rücksicht auf Mensch und Umwelt auf die massive Ausweitung des Flugverkehrs, die dafür unternehmerische Voraussetzung ist.

 

(*) Unser Autor ist Mitglied des SprecherInnenrates der Ökologischen Plattform bei der PDS

 


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