Rachel Carson 

Der stumme Frühling 

Silent Spring 

 

 

1962 by Houghton Mifflin Company, Boston

1962 im Biederstein-Verlag, München

2021 im Beck-Verlag

Rachel Carson Briefmarke

1962  380+40 Seiten

Wikipedia Autorin  *1907 in Pennsylvania bis 1964 (56)

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1960-Chronik   Sterbejahr   C.htm

 

Es war einmal eine Stadt im Herzen Amerikas, in der alle Geschöpfe in Harmonie mit ihrer Umwelt zu leben schienen. Die Stadt lag inmitten blühender Farmen mit Kornfeldern, deren Gevierte an ein Schachbrett erinnerten, und mit Obstgärten an den Hängen der Hügel, wo im Frühling Wolken weißer Blüten über die grünen Felder trieben. Im Herbst entfalteten Eiche, Ahorn und Birke eine glühende Farbenpracht, die vor dem Hintergrund aus Nadelbäumen wie flackerndes Feuer leuchtete. Damals kläfften Füchse im Hügelland, und lautlos, halb verhüllt von den Nebeln der Herbstmorgen, zog Rotwild über die Äcker.

Den Großteil des Jahres entzückten entlang den Straßen Schneeballsträucher, Lorbeerrosen und Erlen, hohe Farne und wilde Blumen das Auge des Reisenden. Selbst im Winter waren die Plätze am Wegesrand von eigenartiger Schönheit. Zahllose Vögel kamen dorthin, um sich Beeren als Futter zu holen und aus den vertrockneten Blütenköpfchen der Kräuter, die aus dem Schnee ragten, die Samen zu picken. Die Gegend war geradezu berühmt wegen ihrer an Zahl und Arten so reichen Vogelwelt, und wenn im Frühling und Herbst Schwärme von Zugvögeln auf der Durchreise einfielen, kamen die Leute von weither, um sie zu beobachten. Andere kamen, um in den Bächen und Flüssen zu fischen, die klar und kühl aus dem Hügelland strömten und da und dort schattige Tümpel bildeten, in denen Forellen standen. So war es gewesen, seit vor vielen Jahren die ersten Siedler ihre Häuser bauten, Brunnen gruben und Scheunen errichteten.

Dann tauchte überall in der Gegend eine seltsame schleichende Seuche auf, und unter ihrem Pesthauch begann sich alles zu verwandeln. Irgendein böser Zauberbann war über die Siedlung verhängt worden: Rätselhafte Krankheiten rafften die Kükenscharen dahin; Rinder und Schafe wurden siech und verendeten. Über allem lag der Schatten des Todes. Die Farmer erzählten von vielen Krankheitsfällen in ihren Familien. In der Stadt standen die Ärzte immer ratloser den neuartigen Leiden gegenüber, die unter ihren Patienten auftraten.

 

  

 

 

 

 

   

Rachel Carson  (1962)   Der Stumme Frühling  --  Silent Spring   -

 

 

        

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Lesebericht - Dreyhaupt

1962  Vorwort 1962 von Theo Löbsack

1976  Vorwort 1976 von Theo Löbsack


Audio

Audio 2012 - 50 Jahre Klassiker der Umweltliteratur  (Andruck, Ulmenkäfer, Georg Ehring)

Audio 2014 - Vor 50 Jahren starb R. Carson  (Nachruf)

Audio 2017 - Unsere Vögel (Von Berthold/Kaiser)   

Audio 2022 - 5min  dlf - Vor 60 Jahren


Text

2013  Der stumme Abschied der Singvögel heise 2013   

2006  Der stumme Frühling droht telepolis 2006 

2019  dlf - rachel-carson-magie-des-staunens-vogelgesang  2019 

2019  dw.com/de/vogelsterben-in-den-usa-und-kanada   2019, Deutsche Welle 

2022  dlf  rachel-carson-stumme-fruehling-ddt      Audio - 5 min


www

wikipedia  Rachel_Carson_Center_for_Environment_and_Society

carsoncenter.uni-muenchen.de

wiki  eng Carson     wiki  Silent_Spring 

wiki  The_Sea_Around_Us      wiki  The_Edge_of_the_Sea    wiki  Under_the_Sea_Wind 

 


Inhalt - 2019 - Beck

Der Watvogel. Das Vermächtnis von Rachel Carson - Vorwort von Jill Lepore (7)

1. Ein Zukunftsmärchen  (27)      2. Die Pflicht zu erdulden  (30)    3. Elixiere des Todes  (41)   

4. Oberflächengewässer und unterirdische Fluten (69)    5. Das Erdreich (85)     6. Das grüne Kleid der Erde (97)

7. Unnötige Verwüstung (124)    8. Und keine Vögel singen  (144)   9. Der Tod zieht in die Flüsse ein  (177) 

10. Gifte regnen vom Himmel (208)    11. Das übertrifft die kühnsten Träume der Borgias  (232)   

12. Der Preis, den der Mensch zu bezahlen hat (247)   13. Durch ein schmales Fenster  (262)      14. Jeder vierte  (285)

15. Die Natur wehrt sich (316)     16. Das erste Grollen einer Lawine (338)   17. Der andere Weg (354) 

Dank  (381)    Literaturverzeichnis  (383)     Namen- und Sachregister  (415)


 

Vorwort zur Ausgabe 1976 von Theo Löbsack 

6-8

Vierzehn Jahre nach der Veröffentlichung in Deutschland hat Rachel Carsons Buch nichts von seiner Aktualität verloren. Im Gegenteil, die Voraussagen und Warnungen der so früh verstorbenen amerikanischen Biologin haben sich auf bedrückende, ja erschreckende Weise bewahrheitet.

Nahezu alle Gefahren, auf die sie damals hingewiesen hat, haben sich nicht nur bestätigt, sondern mittlerweile sind durch den übertriebenen Einsatz von Schädlingsgiften in der Natur, durch Profitgier und kurzsichtiges Verhalten des Menschen Schäden entstanden, die teilweise nie wieder gutzumachen sind. Eine ausgerottete Tierart zaubert kein Chemiker zurück, und eine Pflanze, deren irdische Existenz einmal vernichtet ist, kann ihre Aufgabe in der Natur nie wieder erfüllen.

Zwar singen die Vögel noch; der Frühling des Jahres 1977 wird noch nicht stumm sein. Aber es ist schon stiller geworden ringsherum. Das wissen alle, die noch ein Ohr haben für die Stimmen der Vögel und die den Lärm der Technik noch von den Geräuschen der Natur zu trennen wissen. Unsere Vogelbestände gehen zurück,die Individuenzahlen schrumpfen, manche Art ist schon ausgestorben oder unmittelbar vom Aussterben bedroht. Man nehme jene >Rote Liste< des Internationalen Rates für Vogelschutz zur Hand, um dieses beschämende Treiben des Menschen beschrieben zu finden. Da sind die Opfer aufgezählt: die Steppenweihe, der Fischadler, die Rosen-seeschwalbe, der Steinrötel, der Wanderfalke, das Blaukehlchen, die Brandseeschwalbe, die Sumpfohreule und wie sie alle heißen. Sie sind ausgestorben oder sterben aus zugunsten von Allerweltsarten, weil ihnen ihr Lebensraum vom Menschen genommen wird, weil wildwachsende Hecken und Sträucher und damit Nistgelegenheiten niedergebrannt oder gerodet werden, weil ihre Nahrung durch sogenannte Pflanzenschutzmittel vergiftet wird.

Wenn es einen Makel für das höchstentwickelte Lebewesen auf der Erde gibt, das sich weise nennt und human, so dieser: daß wir die wehrlose Kreatur ausrotten, deren einzige Schuld darin bestanden hat, sich ihres Lebens zu freuen und uns Menschen mit ihrer Anwesenheit zu zeigen, welche Schönheit jenseits der Düsenklipper und PS-starken Autos auf dieser Welt möglich war.

Eine in ihrem Ausmaß noch gar nicht abzuschätzende Bedrohung liegt darin, daß zahlreiche Insekten, die sich als Folge moderner Anbauverfahren übermäßig vermehrt haben, außerdem blutsaugende Mücken und Stechfliegen gegen die Bekämpfungsmaßnahmen widerstandsfähig - resistent - geworden sind. So erleben wir gerade in diesen Jahren allsommerlich katastrophale Mückenplagen am oberen Rheingebiet und am Bodensee.

Wie es dazu kommen konnte, ist kein Geheimnis. Nicht nur spielt hier der Rückgang der insekten­fressenden Vögel eine Rolle. Es liegt auch daran, daß mit der >Holzhammermethode< breitwirkender Insektengifte zahlreiche natürliche Feinde der Mücken aus der Insektenwelt mitvernichtet werden, Arten, die meist einen viel langsameren Generationswechsel haben und die ein begiftetes Gebiet daher erst viel später wieder neu besiedeln können als die rasch sich fortpflanzenden Mücken - darum vermehren sich die Plagegeister zu Myriaden. Obendrein werden sie gegen die chemischen Gifte resistent, weil einzelne, erbbiologisch gegen die Mittel widerstandsfähige Individuen sich selektiv vermehren und so zu Stammeltern giftharter Rassen werden können. Auch hier hat sich der Eingriff des Menschen in den Haushalt der Natur als Bumerang erwiesen.

Solche Beispiele lassen sich beliebig vermehren. Man könnte auf die DDT-verseuchten Nahrungstiere mancher Vogelarten hinweisen - zum Beispiel des Weißkopf-Seeadlers -, deren Eierschalen als Folge des gestörten Kalkstoffwechsels so dünn wurden, daß sie unter dem Gewicht der brütenden Tiere zerbrachen. Man könnte jene alarmierende Liste von Industrie-Chemikalien aus dem Jahre 1973 erwähnen, die der Niederschlag erster Untersuchungen des Freiburger Labors für Mutagenitätsprüfung gewesen ist: 14 Substanzen - fast ausschließlich Pflanzenschutzmittel - wurden da als >mutagen< angeprangert, das heißt, als schädlich für die Erbanlagen.

Oder man könnte auf den Rückgang zahlreicher Pflanzen in unserer Natur verweisen, die uns einmal beglückt haben: Rittersporn und Kornblumen sind selten geworden. Akelei, Erdrauch, Türkenbund, Knabenkräuter und viele andere sieht man kaum noch. Wo sind sie geblieben? Hat die >chemische Sense< sie vernichtet oder hat das uferlose >Erschließen< auch der letzten Quadratmeter irgendwie noch verwertbarer < Natur ihr Aussterben eingeleitet?

Wird der befürchtete <stumme Frühling> am Ende auch ein >grauer Frühling< sein? Dies alles sind Mosaiksteinchen eines Bildes, das den Menschen unserer Zeit ein beklagenswertes Zeugnis ausstellt.

Unter dem Vorwand, einer zügellos wachsenden Erdbevölkerung Nahrungsmittel bereitstellen zu müssen (statt das Bevölkerungswachstum zu bremsen), wird ein bedenkenloser Raubbau an Naturschätzen getrieben, werden Tier- und Pflanzenarten hingeopfert und werden die Reste der noch erhaltenen Naturlandschaft zerstört - ein Schicksal, dem in den nächsten Jahrzehnten auch der Amazonas-Urwald entgegenzusehen scheint.

Das Albert-Schweitzer-Wort von der Menschheit, die die Erde noch zerstören werde, erweist sich als erschreckend wahr. Und die Frage erhebt sich, wieviel Zeit überhaupt noch für den Menschen bleibt, auf dem unheilvollen Weg umzukehren, den er mit der Vernichtung seiner Lebensgrundlagen auf der Erde beschritten hat.

Was Rachel Carsons Alarmruf vor 14 Jahren nicht vermochte - wird es ihr Buch jetzt bewirken? Nach allem, was wir um uns sehen, fällt es schwer, daran zu glauben.

8

Theo Löbsack

 

2007: So wichtig wie am ersten Tag 

Lesebericht von K. Beck aus Duisburg 

Für die meisten Menschen, die sich mit der Geschichte des Umweltschutzes beschäftigen, ist dies das Buch, das diesen Begriff in der breiten Öffentlichkeit überhaupt erst publik gemacht hat. Dabei konzentriert sich die Autorin auf den Bereich der Schädlingsbekämpfung durch den Einsatz chemischer Mittel. Minutiös weist sie nach, dass der Einsatz dieser Gifte in vielerlei Hinsicht nicht ihr erklärtes Ziel erreichen. 

Dabei geht es zunächst darum, warum überhaupt gesprüht wird und warum die dafür gefundenen Gründe nicht wirklich nachvollziehbar bzw. gelogen sind. Im nächsten Abschnitt wird dann auf die Geschichte und Entwicklung der chemischen Insektizide seit 1945 eingegangen, wobei auch ausführlich auf die molekularen Zusammensetzungen und die Wirkungskreisläufe der fraglichen Mittel hingewiesen wird. 

Dies ist zum Teil heutzutage Mittelstufenchemie - sofern man genug Chemielehrer findet - aber zu Beginn der 60er Jahre waren diese Kenntnisse teilweise noch so neu, dass man sie nicht mal unbedingt bei allen Medizinern voraussetzen konnte.

Im Folgenden werden die verschiedenen Bereiche beschrieben, die von Giftsprühaktionen betroffen werden, angefangen beim Oberflächenwasser und unterirdischen Flüssen, dem Erdreich, die Vegetationsdecke, die Luft und die Flüsse. 

Dabei weist sie immer wieder auf ältere, wirksamere und oft auch wesentlich billigere Methoden zur Schädlingsbekämpfung hin, die anstelle der neueren chemischen Methoden anwendbar gewesen wären. Die gegebenen Beispiele stammen in der Regel aus den USA - Deutschland und Großbritannien werden hier gelegentlich als positive Gegenbeispiele vorgestellt - wo solchen Aktionen durch die Bundesbehörden angeleiert und durchgeführt werden.

In weiteren Kapiteln werden die Probleme der Mischvorkommen von Insektiziden und anderen Giften angesprochen - die ja auch im Moment die EU-Nahrungskontrolleure bewegt. Die meisten Giftverordnungen und - untersuchungen beschäftigen sich in der Regel nur mit Grenzwerten für Einzelsubstanzen und selten mit Gemischen dieser Stoffe, die eine toxische Wirkung noch potenzieren können. 

Neben toxischen Wirkungen geht Frau Carson auch noch auf die karzinogene Wirkung vieler Stoffe ein und auf die Geschwindigkeit, mit der gerade die Insekten, die man loswerden will Resistenzen gegen Giftstoffe bilden - anders als deren Freßfeinde, so dass man nach einer Sprühaktion oft mehr Schädlinge vorfindet als davor.

Am Ende zeigt sie noch auf, wie die Selbstregulierungskräfte der Natur die Zahl der Schädlinge in der Regel gering halten und wie man sich dieses Vorgehen bei der landwirtschaftlichen Arbeit zum Vorbild nehmen kann. Ein grundlegendes Buch für den Umweltschutz, das auch heute noch wichtige Teilbereiche aufzeigt, die noch vernachlässigt werden.

 

 

 

 

      

 

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Silent Spring, Der Stumme Frühling, Von Rachel Carson - 1962