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1. Mysterien der Elemente

Metternich-1947

 

  Wasser, das Lebenselixier 

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Die moderne Genetik neigt immer stärker der Annahme zu, daß der erste Lebensfunken auf unserem Planeten im Wasser entzündet wurde und daß alles, was da kreucht und fleucht und atmet, vom nassen Element ausgehend das feste Land erobert habe. Die biologische und physiologische Funktion des Wassers ist durchaus geeignet, diese Deutung zu rechtfertigen.

Wenn es gestattet ist, unter den Lebensvoraussetzungen eine Rangordnung aufzustellen, so gebührt dem Wasser zweifellos der erste Platz. Es ist wichtiger als die Luft, wie das Dasein der anaeroben Bakterien in den tiefen Schichten der Erdrinde zeigt. Das Wasser bewahrt nicht nur das Lebensgeheimnis, das Wasser, dieser allgegenwärtige, farblose, durchsichtige und unendlich wandlungsfähige Stoff, trägt auch das Leben. Das Wasser, das die alten Griechen zu ihren vier Elementen zählten, ist eine wahrhaft mystische Erscheinung; es ist dies auch geblieben, nachdem der Chemiker es kühl, nüchtern und ohne jede Sentimentalität als die Verbindung von zwei Teilen Wasserstoff mit einem Teil Sauerstoff bezeichnet hat. Jenseits der nüchternen chemischen Analyse steht der mystische Lebensstoff Wasser.

Sieben Zehntel der Erdoberfläche bedeckt Wasser in Gestalt der Ozeane, Seen, Flüsse. Zu sieben Zehnteln bestehen der Mensch und die höheren Tiere aus Wasser. Es gibt Pflanzen, die in ihren Blättern und Früchten mehr als neun Zehntel ihres Volumens und Gewichts an Wasser aufweisen. Wenn das Wasser fehlt, stirbt das Leben, wo es aufhört, liegt die Lebensgrenze.

Die Wasserlosigkeit ist das Kennzeichen der Wüste; sie ist gleichbedeutend mit absoluter Lebensfeindlichkeit. An diesem negativen Beispiel erkennt man schon, welch wichtiger Faktor das Wasser im Haushalt der Natur ist. In der positiven Schau wird das noch viel deutlicher. 

Das Wasser ist der wichtigste Aufbaustoff und das wichtigste Aufbaumittel für die Pflanzenwelt, der der Mensch unmittelbar oder mittelbar seinen gesamten Nahrungs­bedarf entnimmt, indem er Pflanzen oder einzelne ihrer Bestandteile, Samen und Früchte, Wurzeln, Blätter und Stengel, verzehrt, oder indem er sie in anderer höherwertiger Form zu sich nimmt, nachdem die Nutztiere sie durch Umwandlung in Eiweiß und Fett veredelt haben. Nicht ein einziges Gramm der Kost, mit der der Mensch seinen Lebensunterhalt bestreitet, kommt auf andere Weise zustande. Indem das vielgestaltige Pflanzenkleid der Erde sich des Wassers bedient, wird es zu einem der wichtigsten Medien im Haushalt der Natur.

Im Sommer und Herbst fährt der Bauer schwerbeladene Wagen von goldblondem Getreide, von duftendem Heu, von prallen Kartoffeln und Rüben von seinen Nutzflächen in Scheunen und Mieten. Und woraus besteht diese segenspendende Fracht, die Menschen und Tiere unmittelbar zu nähren bestimmt ist und die zum anderen Teil in vielfältigen industriellen und gewerblichen Arbeitsprozessen weiter be- und verarbeitet wird? Die Antwort lautet: sie besteht zu zwei Teilen aus Wasser und aus chemischen Bestandteilen des Wassers, die unter dem Assimilationsvorgang im Pflanzenorganismus in feste Form überführt wurden und in diesem neuen Zustande befähigt werden, als sozusagen "trockenes Wasser" sogar lagerfähig zu werden.

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Die chemische Formel des Wassers lautet H2O. H bedeutet Hydrogenium oder Wasserstoff, O ist Oxygenium oder Sauerstoff. Zusammen mit einem dritten Element — C gleich Carbonium oder Kohlenstoff, und einem vierten, N gleich Nitrogenium oder Stickstoff — bilden sie die wichtigsten Bausteine jeder Pflanze. Dazu kommen noch gewisse Bestandteile mineralischer Art, die den Pflanzenorganismus aufbauen helfen und ihn befähigen, bestimmte Wachstums­funktionen auszuüben, z.B. Kali, Phosphorsäure, Kalk, Magnesium, Bor, Eisen, Natron, Kieselsäure, Chlor u.a. — In stark verdünnter Form nehmen die Wurzeln der Pflanze diese Stoffe auf und führen sie ihrer physiologischen Bestimmung im Pflanzenkörper zu. Das Medium, das sie aufnahme­fähig macht, ist das Wasser.

Auf dreierlei Art dient also das Wasser dem Pflanzenaufbau und dem Pflanzenwuchs. Zunächst dadurch, daß es, wie vorhin geschildert, mit seinen chemischen Bestandteilen der Pflanze Aufbaustoffe liefert. Dann dadurch, daß es in seinem natürlichen Zustande, also ohne in seine chemischen Bestandteile zerlegt zu sein, am Aufbau der Pflanze als sogenanntes Aufbauwasser teilnimmt. Dieser Wasseranteil ist in der Pflanze und ihren Zellen durch Kolloide, Zucker und Salze gebunden. Das Aufbauwasser kann in der grünen Pflanze bis zu 45 v.H. des Gewichts ausmachen, es steigt in einzelnen Früchten, wie Gurken, Tomaten usw. bis auf 90 v.H. des Gewichts. In der Pflanze verhält sich der Gehalt an chemisch notwendigem Wasser zu dem an Aufbauwasser wie 1:10.

Der Menge nach noch viel bedeutsamer ist die dritte Funktion des Wassers im Leben der Pflanze, die darin besteht, daß mit Hilfe des Wassers die Bodennährstoffe dem Pflanzenorganismus zugeführt werden, um dem Stoffwechsel auf der Grundlage der Assimilation und weiteren Zwecken im Rahmen des Pflanzenchemismus zu dienen. Der Boden, der die Pflanzen trägt, besteht aus einer großen Anzahl verschiedenartiger, zumeist schwer löslicher Bestandteile. Wäre es anders, so würden diese nährenden Stoffe sogleich bei jedem Regen völlig zerstört oder abgeschwemmt bzw. in den Untergrund gewaschen werden. 

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Bei der tatsächlichen Zusammensetzung des Bodens und bei dem ablehnenden Verhalten der einzelnen Bodensubstanzen dem lösenden Wasser gegenüber ist jede dem Boden zukommende oder in ihm enthaltene Feuchtigkeitseinheit nur im imstande, geringe, zum größten Teil sogar sehr geringe pflanzennährende Bodensubstanzen zu lösen. Es folgt daraus, daß die Pflanze, um auskömmlich mit jenen gelösten Nährstoffen versorgt zu werden, ganz gewaltige Mengen der relativ nährstoffarmen Wasserbrühe aufnehmen muß. Das im Pflanzenorganismus filtrierte und von den Nährstoff teilen befreite Wasser gibt die Pflanze auf dem Wege der Transpiration als Verdunstungswasser wieder ab. Konkrete Beispiele veranschaulichen am besten diese Funktion des Wassers im Pflanzenleben.

Um ein einziges Gramm oberirdische Pflanzenmasse zu bilden, braucht die Pflanze 250 bis 1000 Gramm Wasser. Bei den landwirtschaftlichen Nutz­pflanzen ist die von der Einzelpflanze benötigte Wassermenge über 250- bis 1000mal so groß wie die geerntete lufttrockene Menge. Der Wasser­verbrauch von je einem Gramm oberirdischer Pflanzenmasse in drei Tagen beträgt z. B. bei der Kartoffel 1,4 Gramm gleich 140 v.H. und bei Hafer 5,8 Gramm gleich 580 v.H.

Ein praktisches Beispiel veranschaulicht den gewaltigen Wasserumsatz noch deutlicher. Auf einem Hektar wachsen rund 20 Doppelzentner Roggen und 40 Doppelzentner Stroh. Um diese oberirdische Pflanzenmasse — die unterirdischen Teile sollen hier ganz außer Betracht bleiben — aufzubauen, müssen 12.000 Doppelzentner Wasser während der Vegetationsperiode durch den Organismus der Roggenpflanzen gehen und verdunstet werden. Das sind 1200 Tonnen Wasser auf einer Fläche, die 100 Meter in der Länge und in der Breite mißt. Welcher gewaltige Energieumsatz in diesem Zyklus der Pflanzen­physiologie wirksam wird, geht daraus hervor, daß beste Kohle unter einem Dampfkessel das Fünf- bis Siebenfache ihres Gewichts an Wasser verdampft. 

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Zur Verdampfung der 1200 Tonnen Wasser, die der Roggenaufwuchs eines Hektars braucht, wären also rund 200 Tonnen guter Steinkohle nötig. Diesen Beitrag zum Stoffwechsel der Pflanzen liefert die Sonne. Wasser und Sonnenstrahlung sind in Gemeinschaft mit dem Boden die wichtigsten Produktions­faktoren der Landwirtschaft. Nach dem Grad ihrer Wirksamkeit richtet sich die jeweilige Erzeugungskapazität der Landwirtschaft.

Man beklagt vielfach die "Raum-Enge" als das große Hindernis beim Streben nach Steigerung der Nahrungsproduktion. Die "Raum-Enge" war das fadenscheinige politische Argument der Leute, die sich gerne "Habenichtse" nannten und die Landgewinn um jeden Preis suchten, in Wirklichkeit aber bietet ein unter normalen Verhältnissen stehender Raum vielfältige Chancen für die Erzeugungssteigerung. Der Raum hat sich unter den Ideen der Landwirt­schafts­wissen­schaft und durch die Einschaltung der genialen Errungenschaften der Chemie und Technik als ernährungs­wirtschaftlich außer­ordentlich elastisch und dehnbar erwiesen. 

Es ist an vielen Stellen der Welt und in zahlreichen Ländern, die einem klugen Fortschritt huldigen, gelungen, mit gewissen wohlüberlegten Kunstgriffen des landwirtschaftlichen Metiers die Erzeugungskapazität der Flächeneinheit wesentlich in die Höhe zu schrauben. Anbau ertragsfreudiger Nutzpflanzen, die Ausschaltung zeitlicher Leerläufe in der Bodennutzung durch die systematische Kultur von Vor-, Haupt- und Nachfrüchten sowie von Zwischenfrüchten und Untersaaten hat bis heute schon namhafte Erzeugungssteigerungen gebracht und wird solche bei vermehrter und allgemeiner Anwendung derartiger Methoden auch noch weiterhin bringen. 

Die wirkliche Begrenzung findet die Bodenproduktion aber am Vorrat der natürlichen und der selbstverständlichen Produktionsfaktoren: am Wasservorrat und am Maximum an Sonnenstrahlung, die auf einer bestimmten Flächeneinheit nutzbar gemacht werden können.

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  Lebendige Materie 

 Nach der durchgängigen landläufigen Auffassung ist der Boden Materie, ein physikalischer Stoff, eine tote Masse. Im Wachsen und Werden in der Natur sieht man ein Wunder, aber dieses Wunder beginnt für die meisten Menschen erst im Leben der Pflanze. Der Boden, der die Pflanze trägt, bleibt für sie eine zwar verehrungswürdige und geheime Kräfte einschließende, aber doch eine leblose Materie, eine Sache.

Die Bodenkunde war bis an die Schwelle unserer Tage ausschließlich Forschungsgebiet der Geologie. Der Boden wurde lediglich nach physikal­ischen Tatbeständen klassifiziert als sandig, lehmig, tonig, sandig-lehmig, lehmig-sandig, usw. — Der Bauer stellte seine eigene grobe Klassifizierung auf, indem er zwischen "leichten" und "schweren" Böden unterschied. Diese Unterscheidung hat mit dem physikalischen Gewicht des Bodens nicht das geringste zu tun. Sandboden, den der Bauer "leicht" nennt, ist in Wirklichkeit schwerer an Gewicht als lehmiger Boden, den der Bauer als "schwer" bezeichnet. Die Bearbeitungs­möglichkeit allein war entscheidend für diese grobe Gruppierung.

Einen Schritt weiter in die Physik des Bodens tat die Geologie, als sie an die Wurzel der Dinge ging und eine Einteilung der Böden entsprechend ihrer Entstehung vornahm. Bei dieser Betrachtungsweise ergaben sich, vier Gruppen: die Urböden, die durch Zerfall des Urgesteins entstanden sind, die Schwemmland­böden, die ihren Ursprung den Sinkstoffen der Flüsse, Seen und den erdigen Verfrachtungen der Gletscher der Eiszeit verdanken, die Verwehungsböden, die ihr Dasein auf die Winderosion zurückführen, und die Böden organischen Ursprungs, die sich bildeten aus verwesenden und vertorfenden Pflanzenbestandteilen oder aus den kreidigen Bestandteilen der Schalen von Milliarden von Meerestieren.

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Als Grundbestandteile bilden diese Gruppen das physikalisch-geologische Profil der heutigen Kulturböden. Die Gruppen grenzen sich gelegentlich streng gegeneinander ab, dann wieder gibt es zahllose Überschneidungen und Übergänge. Immer aber wird der Boden, der aus Zerfallsprodukten entstand, erst dann fruchtbar und zur Ernährung der Pflanze geeignet, wenn er sich mit humosen Bestandteilen mischt, also mit Partikeln, die organischen Ursprungs sind und durch Verwesung von Pflanzen- und Tierkörpern entstanden.

Jeder Bestandteil, der humose und der mineralische, vermittelt der Pflanze bestimmte lebenswichtige Ursprungsstoffe. Nach dem heutigen Stande der Wissenschaft gibt es im Boden 31 verschiedene Stoffe, von denen nicht weniger als 19 als lebenswichtig erkannt sind. Für sich allein ist jeder dieser Bestandteile einschließlich der Humusbestandteile nur bedingt zur Pflanzenernährung imstande; in ihrer Vereinigung aber bilden sie die fruchtbare "Humuserde", die den Segen der Ernte erzeugt. Hier nähern wir uns der Wunderwelt, die der Boden bildet.

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Der Boden lebt, er atmet, er unterliegt fortgesetzt physikalischen und chemischen Veränderungen, Umsetzungen und Wachstumsvorgängen, genau wie der Mensch, das Tier und die Pflanze. Im Mittelpunkt des Boden­geschehens steht das Bodenleben. Das Bodenleben setzt sich aus Myriaden von Einzelleben zusammen. Die scheinbar tote Erde ist eine Wunderwelt des reichsten Lebens. In einem Kilogramm guter Acker- oder Gartenerde leben viel mehr Geschöpfe, als die ganze Erde Menschen trägt.

Der Boden, der uns als kompakte Masse erscheint, ist in Wirklichkeit zerklüftet und fn unzählige winzig kleine Höhlen, Gänge, Grotten und Klüfte aufge­lockert. Darin lebt die Bodenbevölkerung in Gestalt der Bakterien oder Spaltpilze. Darin leben aber auch deren Feinde, die bakterienzehrenden Protozoen. Vom Kleinsten und dem bloßen Auge Unsichtbaren steigt das Bodenleben über die Bakterien, Algen, Urtierchen und Würmer zu höheren Organismen auf.

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In einem Gramm guter Erde finden sich bis zu zehn Millionen Bakterien. Und trotz der ungeheuren Anzahl hat jedes dieser Wesen noch seinen auskömmlichen Lebensraum. Rund eine Milliarde von ihnen hätte Raum in einem einzigen Kubikmillimeter, denn die Länge dieser Lebewesen beträgt im Durchschnitt etwa 0,001 Millimeter.

Auch diese kleinsten Lebewesen stellen ihre bestimmten Ansprüche an das Dasein. Unter günstigen Verhältnissen entfalten sie sich besonders üppig. Ihr eigentliches Reich ist die oberste Schicht des Bodens bis zu einer Tiefe von 30 Zentimetern, also jener Bodenhorizont, der im wesentlichen auch das Leben der meisten Kulturgewächse trägt. Von dort sinkt ihre Zahl rapid. Auch jahreszeitlich unterliegt ihr Leben starken Schwankungen. Am reichsten entwickelt es sich im Frühling; die Jahreszeit, die dem Menschen die liebste ist, ist diesen kleinen Höhlenbewohnern gar nicht so angenehm, denn im Sommer sinkt ihre Zahl, namentlich bei langer Trockenheit, sehr stark herunter, weil ihre Feinde, Amöben und Wurzelfüßler, ihrerseits sich üppig vermehren.

Je reicher das Leben der Bakterien im Boden ist, desto besser ist dieser und desto höher ist seine Eignung für die Pflanzenernährung. Die Bakterien schalten den Boden in den Kreislauf alles Geschehens in der Natur ein, der in ewigem Werden, ewigem Vergehen und ewigem Wiederwerden besteht. Das geschieht auf eine sehr kompliziert erscheinende, in Wirklichkeit aber sehr einfache Wirkungsart.

Die Anreicherung des Bodens mit Humusbestandteilen erfolgt durch die Verwesung der dem Boden zugeführten organischen Stoffe, der Tier- und Pflanzen­leichen, des Mistes, des Gründüngers, der Wurzelrückstände usw. Diese Verwesung aber ist nichts anderes als der Abbau komplizierter organischer Formen und ihre Zerlegung in die einfachsten Bausteine des Kohlenstoffs, des Stickstoffs und der verschiedensten Mineralien. 

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Die Bodenbakterien haben für diese Tätigkeit, die schrittweise erfolgt, eine feste Arbeitsteilung eingerichtet. In jeder Phase des Verwesungsprozesses sind andere Bakterienarten tätig, und in jeder Phase fallen neue Rohstoffe an, die für den Neuaufbau organischer, Substanz die Bausteine liefern. Vor allem liefern sie den für das Pflanzenleben wichtigsten Nährstoff, den Stickstoff. Durch die Bakterientätigkeit schließt sich der Stickstoff­zyklus im Boden- und Pflanzenleben, indem durch die Verwesungsprozesse Stickstoff der Pflanze zur Verfügung gestellt und dem in ihr wirksamen Chemismus zur Verarbeitung zugeführt wird.

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Ähnlich ist das Leben im Wasser organisiert, wo es sich ebenfalls von den kleinsten und primitivsten zu höheren Wesen erhebt. Irgendwo im Wasser und im Boden bewegen sich die Grenzlinien, wo sich unmerklich, unfaßbar und unerfaßlich das Tote mit dem Leben berührt, wo das Tote primitives Leben wird und ist und wo der primitive Lebensfunke eins wird mit dem "toten" Atom. 

Vielleicht ist es so, daß hier morgen lebt, was heute noch tot ist. In den Elementen, die unser Leben tragen, liegt wahrscheinlich das letzte große Geheimnis des Lebens und der Lebenswerdung verborgen, dort, wo Leben und Tod in eins zerfließen.

Riesige Ströme von Wasser durchfließen unsichtbar und unhörbar die Natur, verzweigen sich in Baum und Strauch bis hin zum letzten bescheidenen Grashalm. Ein verborgener Ozean umrauscht uns, besonders in der Zeit, wenn alles wächst, blüht und gedeiht. Diese Wasserströme sind die unabdingbare Voraussetzung für alles Geschehen im Reich des biologischen Universums. 

Sinken diese Ströme unter das Maß des Notwendigen, so leidet darunter das Leben, versiegen sie, so muß das Leben unweigerlich sterben. Zunächst das höher entwickelte, dann das primitive Leben, auch jenes geheimnisvolle Leben im Boden, das jegliches Wachstum bedingt.

Der Tod des Bodenlebens ist die letzte und entsetzlichste Phase einer grausamen Tragödie, jene Phase, in der die betroffenen Teile der Erdober­fläche biologisch, physiognomisch und physiologisch auf den Zustand der Oberfläche wasserloser Sterne erniedrigt werden — ohne Leben und ohne Lebens­möglichkeit. 

Der Herr der Wüste hat ein neues Reich gefunden, er kann ein neues Inferno der Öde, der Leere, des Entsetzens und der Lebens­feind­lichkeit gründen.

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Dr. Anton Metternich : Die Wüste droht : Die gefährdete Nahrungsgrundlage der menschlichen Gesellschaft